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Rezension zu
Der Sohn

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Präzise beobachteter Entwicklungsroman und Zeitgeschichte in einem

Von: Michael Lehmann-Pape
23.02.2018

Bereits im sechsten Band nun breitet Jan Guillou seine episch angelegte Familiengeschichte der „Lauritzens“ vor den Augen der Leser aus. Diesmal in der Zeit der 50er Jahre des letztens Jahrhunderts in Schweden und diesmal auch von mit einem „Niedergang“ begleitet, im Laufe dessen die Hauptfigur des Romans, Eric, der eigentlich seinen Großvater Oscar Lauritzen als Firmenlenker beerben sollte, die Höhen und Tiefen des Lebens in vollem Umfang kennenlernen wird. Doch das Leben ist nicht planbar und kontrollierbar, noch viel weniger, als es geschäftliche Dinge wären. Denn all hängt ja davon ab, dass die „Zustände“, zumindest die familiären, tragfähig sind. Was aber tun, wenn ein plötzlicher Todesfall, komplizierte Verhältnisse und Trennungen dazu führen, dass man sich „ganz unten“ wiederfindet? So ist es vor allem die Geschichte um den „Kern einer Persönlichkeit“ aus enger Perspektive heraus, zudem einer heranwachsenden Persönlichkeit, die Guillou in diesem Roman zum Zentrum gestaltet. Und nicht der von Vorgängerbänden gewohnte „breite Familienblick“. „Aber es hängt von der Auswahl und Zusammensetzung der Details ab, ob sich eine weiße oder eine schwarze Wahrheit ergeben“. Und natürlich von der persönlichen Blickrichtung auf das Leben. Eric zumindest, der die Geschichte seiner Mutter, seines Bruders, seiner Familie am Rande weiterhin miterzählt, nimmt auch die Schläge des Lebens an, ohne daran zu zerbrechen. Er kämpft, was sich im Buch nicht zuletzt im sportlichen Bereich niederschlägt. „Tarzan ist down“, ruft der Freund Eric, dem Schwimmer zu. „Vor einiger Zeit hatte ich einen der fürchterlichsten Augenblicke meines Lebens durchlebt, als ich Clarks Bericht über Sylvia las. Und jetzt dies: Tarzan ist down“. Aus Niederlagen Siege kreieren, auf die wichtigen Dinge achten, sich seinen Weg suchen, das sind die Themen des jungen Eric und dafür geht er auch ungewöhnliche Wege. Die nicht gradlinig zum Ziel führen, sondern immer auch innere Stärke bedürfen, das Einsehen von Sackgassen, das neu Ansetzen des Weges. Wege, die durch das Schweden der 50er Jahre führen, die die Zeitgeschichte und die Atmosphäre im Land griffig mit ins Spiel bringen. Und nicht ohne Grund wird der Weg Erics in ein persönliches, anderes „gelobtes“ Land mit „göttlichem Käse“ führen, wo dann stabiler Boden unter seinen Füßen warten wird. Das allerdings wird erst später geschehen und als eingeschobene Rückblicke erzählt. Bei all dem wird ihm helfen, was er von seinem Großvater lernte. Auf einer gemeinsamen Reise nach Afrika, als alle Ampeln des Lebens noch auf „Grün“ geschaltet zu sein schienen. Ein inneres Vermächtnis, das prägt und dass dem Leser zeigt, dass die Kraft zum Leben von innen kommt, nicht aus den äußeren Ereignissen herausgegeben oder genommen wird. Was allerdings in phasenweise zu eintöniger Form wie eher ein Bericht, denn wie ein emotinal aufwühlendes Erleben gestaltet wird. Als Bruch und Neuanfang zu den vorhergehenden Bänden und eher mit der Frage nach der Entwicklung einer einzelnen Person beschäftigt, tauchen hier und da Längen auf und einige zu wenig beachtete mögliche andere Stränge der Familiengeschichte werden zu wenig mitverfolgt. „Zu spät bemerkte ich, dass die anderen den Hering nicht entgräteten, sondern ihn komplett mit Flossen aßen“. Hier und da hätten mehr „Gräten und Flossen“ auch dieser Geschichte gutgestanden. Am Ende verbleibt eine weitgehend flüssige, kundige Lektüre, ein Bild einer Zeit, in der es möglich war, aber auch galt, aus eigener Kraft einen eigenen Weg zu finden und im Scheitern den Neuanfang zu finden.

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