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Rezension zu
Sie sprechen mit der Stasi

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

"Belege für die Banalität des Bösen"

Von: Travel Without Moving
12.03.2018

"Belege für die Banalität des Bösen" (Joachim Gauck, Booklet Seite 4) ‚Sie sprechen mit der Stasi‘ beinhaltet Tonbandaufnahmen des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR, die von Andreas Ammer und FM Einheit ausgewählt, geschnitten und mit Musik hinterlegt wurden. Hier erfährt man von Denunzianten und Denunzierten, lauscht Telefongesprächen und Verhören, hört weinende, verängstigte, wütende und rachsüchtige Menschen, lernt aber auch solche kennen, die Widerstand leisteten, z.B. den ‚Telefonterrormenschen‘, der regelmäßig anrief, um die Telefonleitung der Stasi zu belegen. "Wir hören plötzlich zu, wie die Stasi ein Verhör führte. Wir kennen die Situation gut, aus jedem Kriminalfilm, aber wir haben sie noch nie in ‚Wirklichkeit‘ gehört. [...] Wir hören, wie ein Mensch zerbricht: besser, wie er gebrochen wird. Wir hören, wer schuld ist." (Andreas Ammer, Booklet Seite 9f) Ich habe das Hörbuch zwei Mal direkt nacheinander angehört und dann erst das Booklet gelesen. Mich hat sowohl das Gehörte als auch das Gelesene sehr berührt, zumal ich selbst in der DDR aufgewachsen bin. Auch vor dem Fall der Mauer wusste man als DDR-Bürger, was in der DDR passiert, obgleich man natürlich keine genaue Vorstellung von den Ausmaßen der Bespitzelung und der schieren Menge an Inoffiziellen Mitarbeitern hatte. Nichtsdestotrotz hat mich z.B. der Besuch im Stasigefängnis Hohenschönhausen sehr aufgewühlt, denn es ist eine Sache, wenn man weiß, was in dem eigenen Heimatland gang und gäbe war, und es ist etwas ganz anderes, wenn man plötzlich am Ort des Geschehens steht, wenn Geschichte ein Gesicht und einen konkreten Ort bekommt. Das Hörbuch ‚Sie sprechen mit der Stasi‘ war für mich eine ganz ähnliche Erfahrung wie das Gefängnis in Hohenschönhausen, hat mich sehr betroffen gemacht und war bewegend, weil ich hier anhand tatsächlicher Beispiele aus dem echten Leben hören konnte, wie die Verhörmethoden der Stasi aussahen und dass normale Mitbürger ihre Nachbarn oder gar Familienmitglieder verraten und ausgeliefert haben. Ich empfand das Hörbuch als extrem beklemmend, aber gleichzeitig als enorm wichtig und als großartiges Zeitdokument. Manche Aufnahmen haben mich emotional richtig aufgewühlt, z.B. diejenige eines weinenden Mannes. Das Hörbuch zeigt die ganze Härte des Lebens in einer Diktatur und veranschaulicht, was eine Denunziation bei der Stasi bzw. eine Überwachung durch die Stasi für das Individuum bedeutet hat, wie Menschen gebrochen, wie Leben zerstört wurden. Auch das Geleitwort von Joachim Gauck sowie die Ausführungen von Ammer, in denen man mehr zur Entstehung von ‚Sie sprechen mit der Stasi‘ erfährt, fand ich einfach grandios, so dass ich dieses Hörbuch und das zugehörige Booklet wirklich jedem ans Herz lege. Andreas Ammer und FM Einheit: Sie sprechen mit der Stasi. Originalaufnahmen aus dem Archiv der Staatssicherheit. der Hörverlag, 2018; 14,99 Euro.

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