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Rezension zu
Würde

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Orientierung und Kompass

Von: Michael Lehmann-Pape
21.03.2018

Bekannt ist Hüther in aus seinen Beiträgen zur Bildung („Etwas mehr Hirn Bitte“), aber auch zur Demenz („Raus aus der Demenzfalle“). Grundverschiedene Themen, könnte man auf den ersten Blick sagen, aber aus neurobiologischer Sicht eben alles eine Frage „des Kopfes“, des Gehirns, des Verstands. Was auch für das aktuell nun vorliegende Thema gilt. Würde. Für Hüther nicht auf einzelne, konkrete Momente des Lebens bezogen („Würdig einen Anlass begehen. Würdig Sterben“) sondern vielmehr, und das ist überaus interessant zu lesen, eine „Grundhaltung des Lebens“, welche der Mensch benötigt, um die4ses, sein Leben zu Gestalten mit klarer Linie. Mit, wie immer, auch dem schönen Schuss trockenen Humors an den rechten Stellen („In diesem Buch erfahren sie nicht, wie sie noch schöner und noch erfolgreicher werden können“ in Anspielung auf tausende Ratgeber zur „Selbstoptimierung“, die einem in Teilen fast schon eher die Würde nehmen, als den Menschen innerlich wirklich aufzurichten). Ein Werk, dass nicht angetrieben ist vom Effizienzdenken und Erfolgsstreben der Zeit. Und das nicht nur, weil Hüther ein „anderes Gleis“ befahren würde, ein „Thema neben all dem“ zum Kern macht, sondern klar und deutlich „auf Konfrontation geht“. „…denn die Wiederentdeckung des Gefühls oder gar die Bewusstwerdung der eigenen Würde ist mit dem, was dieses Streben nach Anerkennung des Erfolgs dem Menschen abverlangt, unvereinbar“. Ein Buch genau in den Moment zunehmender Verunsicherung der Welt, in dem tatsächlich eine klare Orientierung not tät, in dem vielfache öffentliche Diskussionen und Äußerungen gegeneinander zu stehen scheinen, den Menschen ratlos eher zurücklassen, denn zur Klärung beizutragen. Mit einer immer stärker spürbaren Suche nach Orientierung, nach tragfähigem Grund. Was nicht unbedingt die „Würde“ dann alleine ist, wozu eine „würdige Haltung“ und eine innere Klärung aber unabdingbare Voraussetzungen darstellen. „Zu viel Durcheinander im Gehirn verbraucht zu viel Hirn“. Ordnung, Komplexitätsreduzierung muss also her. Und Hüther zeigt sachlich und ruhig auf, wie dieser Weg in eine gewisse innere Ordnung gegangen werden kann. Appelle, Vorgaben, politische Rahmungen scheinen da, wie man sieht, nicht unbedingt wirksam Hilfe zu bieten. So leitet Hüther die Notwendigkeit „innerer Instanzen“ folgerichtig her. „Und manche Vorstellungen entwickeln wir auch, weil sie uns helfen, wir selbst zu bleiben“. Dass dies „Würde“ ist und wie dieses eher altertümlich klingende Wort neu zum Leben erweckt wird, das ist eine lohnenswerte Lektüre, die stark zur eigenen Besinnung und Reflexion einlädt. Auch wenn, vom Fach und vom Buch her, zunächst der Intellekt gefordert und der Verstand überzeugt wird, auch die Verankerung im emotionalen Bereich setzt Hüther als wichtiges Element und vergisst diese nicht, wenn er das „innere Bild“ ins Spiel bringt, dass den „Kompass“ liefern kann (im Kapitel: „Wie entsteht das Bewusstsein für die eigene Würde“. Umfassend widmet Hüther sich dem Thema, verweist auf die „Un-Würde des Menschen“, der sein Biotop zerstört (mit vielen kleinen, lokalen Beispielen) und wird nicht müde, „Auch wird niemand, der sich seiner Würde bewusst ist, andere Menschen würdelos behandeln, sie also zum Objekt seiner Absichten, Bewertungen oder gar Maßnahmen machen“. Und nicht nur andere Menschen nicht. Ein Buch mit Sprengstoff für das moderne Leben, das Würdelos macht und in innere, getriebene Sklaverei „den Mächten“ gegenüber führt und ein Plädoyer für ein inneres Erwachen, dies nicht mehr alles mit sich machen zu lassen und auch nicht anderen anzutun.

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