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Rezension zu
Vorwärts küssen, rückwärts lieben

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Leider habe ich das Gefühl, dass hier eine Mary Sue geschaffen wurde

Von: Franzy.liest.und.lebt
04.04.2018

Anfang »Im Alter produziert die Sehnsucht Speckröllchen«, hat meine Tante Rutti mal zu mir gesagt. Da war sie seit vierzig Jahren in Sean Connery verliebt und wog 156 Kilo. Ein paar Wochen später, kurz vor Weihnachten, musste Papa sie aus ihrem Schaukelstuhl heraussägen. Tante Ruttis Sehnsucht hatte sich so ungut zwischen Sitzfläche und Armlehnen ausgebreitet, dass der Stuhl sie einfach nicht mehr freigeben wollte. »Lasst ihn das nicht mit ansehen«, wimmerte meine Tante, als Papa sich mit einer Laubsäge an die Arbeit machte. Mama bedeckte den Fernseher mit ihrer bunten Fransentunika, drehte drei kleine Bilderrahmen zur Wand und strich ihrer Schwester liebevoll über den Oberarm. Dann rieselten die ersten Späne. Meine Meinung Dieses Mal habe ich den kompletten ersten Absatz des Prologes unter "Anfang" mit euch geteilt. Einfach weil ich ihn so unglaublich gut fand, dass ich der Meinung bin, dass ihr ihn auch lesen müsstet. Der gesamte Prolog gefällt mir wahnsinnig gut und ich hätte gehofft, dass sich diese Begeisterung und Euphorie durch das komplette Buch zöge - dem war aber nicht so. Leider! Nach diesem Absatz und dem wirklich gelungenen Prolog, waren meine Erwartungen sehr hoch gesteckt. Ich hatte gehofft, ja eigentlich schon vorausgesetzt, dass mich das gesamte Buch über so tolle Szenen und der wunderbare Sprachstil in den Bann ziehen würden. Doch leider wurde ich enttäuscht und die Euphorie ging so schnell wie sie kam. Gregory Peck saß eine Weile mit am Abendbrottisch und aß Mettbrötchen. Clark Gable schrieb seitenlange Liebesbriefe und spickte sie mit gepressten Blumen aus der niedersächsischen Fauna. James Stewart durfte sie das erste Mal küssen. Und James Dean! Über seinen frühen Tod gibt es in unserer Familie eine ganz eigene Geschichte. Aber das waren alles nur Techtelmechtel. "Nette Kerlchen , erst bei eurem Onkel hat es richtig gefunkt", schwärmt Rutti oft und betrachtet dabei versonnen den schmalen Ring an ihrem Finger. (Seite 11) War mir Pia und die Suche nach dem Pizzaprinzen (sie trafen sich zum ersten Mal an der Tiefkühltruhe und griffen nach der selben Schachtel) zu Beginn noch sympathisch und die Nummer mit dem verschenkten Räuberbein wirklich charmant, wurde es mir doch schnell zu viel und übertrieben, was die ganze Sache etwas blöd und fad werden ließ. Es fing an einer Tiefkühltruhe an. An einer Tiefkühltruhe mit romantischem Potenzial. Später nannten wir sie auch "Schicksalstruhe", "Truhe der Verdammnis" oder "Pias kaltes Grab". (Seite 18) Es gibt einige Stellen, die so gewollt witzig sein sollen, dass es mir irgendwie sauer aufstieß. Viele Dialoge und Sitautionen scheinen so abstrus zu sein, dass sie in der Realität so sicherlich nicht stattfinden würden. Und wenn doch, hätten solche Menschen sicher keine Freunde und in jedem Laden Hausverbot. Auch werden uninteressante Belanglosigkeiten manchmal so weit ausgeschlachtet, dass man das Gefühl bekommen kann, dass hier Seiten gefüllt wurden. Holt man sich Informationen zu der Autorin ein, so bekomme ich doch ganz stark das Gefühl, dass hier eine Mary Sue erschaffen wurde. Dies bezeichnet den Umstand, dass Autor oder Autorin die Hauptperson nach seinem/ihrem Bild erschaffen hat, aber die Figur noch hübsch verziert und charakterlich verschönt wird. Quasi ein Selbstporträt, ohne mögliche Mängel oder Schwächen oder aber Situationen, die man selbst auch gerne mal erleben würde. Protagonistin Pia ist ebenso wie Autorin Sybille Hein Autorin und Illustratorin von Kinderbüchern, spielt in einer Band, kommt gebürtig aus keiner Großstadt und beide leben in Berlin. Würde mich nicht wundern, wenn auch tatsächlich beide einen Kater namens Glitzi haben/hatten und sich auch Frau Hein mal im Lebensmittelladen in jemanden verguckt hätte. Auch hätte jede Frau gerne einen schwulen besten Freund - sieh an, Pia hat ja Eddi, der genau diesen Traum erfüllt. Nach etwas mehr als der Hälfte wird aus dem Liebesroman "Vorwärts küssen" der Fantasyroman "Rückwärts lieben". Anders kann man es nicht beschreiben. Das muss nicht unbedingt negativ sein, aber es ist eben erstmal eine merkwürdige Sitaution, wenn man nicht darauf eingestellt ist. Fazit Insgesamt ist "Vorwärts küssen, rückwärts lieben" ein ganz netter Großstadtroman mit einer chaotischen, fast schon zu übertriebenen und stellenweise nervigen Protagonistin, die sich auf die Suche nach der großen Liebe macht. Dabei setzt sie sich Scheuklappen auf und vergisst das ein oder andere mal ihre Freunde, ohne die sie sicherlich gar nicht überlebensfähig wäre. Auch wenn ich an einigen Stellen schmunzeln musste, war mir der Humor oftmals zu übertrieben und aufgesetzt und die Protagonistin durch ihr Verhalten nicht wirklich sympathisch. Es gibt einige begeisterte Stimmen zu diesem Roman - meine zählt leider nicht dazu. Man kann das Buch gelesen haben, muss man aber (meiner Meinung nach) nicht unbedingt. Als Sommerlektüre für den Urlaub aber sicherlich gut zu gebrauchen, wenn man diese Art Geschichten mag!

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