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Rezension zu
Marie

Sehr emotional, traurig, bewegend.

Von: SeekingZamonia
23.04.2018

Der zwölfjährige Frido erzählt seiner kleinen Schwester Chiara eine Gute-Nacht-Geschichte. Spannend ist sie, ein Baby wird entführt von einem alten Mann, etwas, das er mal in einer Zeitung gelesen hat, wie er sagt. Chiara ist begeistert und erzählt ihrer Mutter davon. Doch die reagiert anders als erwartet: sie verpasst ihrer Tochter schockiert eine Ohrfeige. Ab diesem Moment wird es anders in der kleinen Familie in ihrer Etagenwohnung einer Siedlung. Die alleinerziehende Mutter von drei Kindern Veronika ist sowieso schon immer überfordert mit sich, ihrer Situation, ihrem Leben. Der Mann, den sie liebte hat sie verlassen, schon fast sieben Jahre ist es her, als Chiara noch ein Baby war, lebt nun mit neuer Frau und kleiner Tochter zusammen. Er zahlt für die Kinder, kümmert sich jedoch nur aus der Distanz. Veronika leidet unter der Einsamkeit, gibt ihren Kindern die Schuld an ihrer Lage, betäubt sich mit Tabletten, Fernsehen und Männern. Frido, Chiara und ihre Schwester Mira sind weitestgehend auf sich selbst gestellt, Frido der „Mann im Haus“, verantwortlich für seine kleinen Geschwister, sich und seine Mutter. Die Gute-Nacht-Geschichte von Frido weckt schlafende Dämonen, Schuldgefühle, Erinnerungen an eine unfassbare Tat, die bisher verschwiegen wurden und die jetzt ihre Schatten werfen auf eine sowieso unhaltbare Familiensituation und aufbrechen, was nur schwer zusammenhält. - Eine traurige Geschichte ist „Marie“. Unglaublich berührend, von Seite1 an. Geschrieben pragmatisch, kurze Sätze, fast emotionslos. Beschreibend, erklärend, aus der Distanz erläuternd. Was einen reinzieht, einem die Freiheit lässt, selber zu fühlen. Und es macht traurig das Buch, fassungslos, es zieht einen runter. Man möchte sie in den Arm nehmen, die drei Kinder, die gar nichts dafür können wie es ist, Man ist wütend auf Veronika, ihre Selbstsucht, ihren Mangel an Gefühlen, ihre Fluchtversuche. Und leidet doch mit ihr, möchte sie es doch so gerne ihre Kinder lieben. Immer wieder weiss sie, was sie eigentlich tun, sagen und fühlen sollte - kann es aber nicht. Nicht zulassen, nicht akzeptieren. Krank ist sie, psychisch labil und eigentlich unfähig, vor Allem alleine die Kinder zu betreuuen. Wütend macht das Buch, auch auf den Vater, der es sich so einfach macht. Liebe kann verschwinden und eine neue entstehen. Beziehungen gehen auseinander und er hat ein neues Glück gefunden. Es sei ihm gegönnt und vielleicht, so wie es im Buch angesprochen wird, hätte es auch unabhängig von einer neuen Liebe ein Ende gegeben, durch Veronikas Instabilität bedingt. Aber es sind seine Kinder, und sie sind ihm zuviel. Drei auf einmal möchte er nicht sehen an den wenigen Wochenenden, die er sie sowieso nur hat. Maximal zwei, und dann muss er doch arbeiten. Fassungslos macht das Buch auch, wieso niemand einschreitet. Wieso können drei Kinder nach dem Suizidversuch ihrer Mutter alleine zuhause bleiben? Wieso bemerkt niemand den desolaten Zustand dieser vollkommen zerrütteten Familie? Selbst Lehrer weichen aus, bemerken, aber fragen lieber nicht genauer nach. Lassen sich mit Lügen abspeisen, wollen lieber die Ruhe als Probleme. Ich habe das Buch gelesen in zwei Stunden. Ich konnte es nicht weglegen. Ich habe erst nach Beenden erfahren, dass es einen Vorgänger gibt, „Glückskind“. Ich habe es mir direkt bestellt, auch wenn ich befürchte, dass es mich ebenso aufwühlen wird. Manchmal muss das wohl sein. „Marie“ ist ein Buch, dass man lesen sollte. Es ist nicht Zeitvertreib, es liest sich nicht einfach runter. Es bricht einem das Herz und lässt einen nicht so schnell wieder los. Mir fehlen ein bisschen die Worte, ich habe selber drei Kinder und leider ist es ein bekanntes Phänomen, dass Eltern bei Kinderthemen sensibel reagieren. Ich werde wohl noch eine Weile nachdenken über „Marie“, es sacken lassen müssen. Und vielleicht noch einmal lesen, weil es so ein wichtiges Buch ist.

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