Sie haben sich erfolgreich zum "Mein Buchentdecker"-Bereich angemeldet, aber Ihre Anmeldung noch nicht bestätigt. Bitte beachten Sie, dass der E-Mail-Versand bis zu 10 Minuten in Anspruch nehmen kann. Trotzdem keine E-Mail von uns erhalten? Klicken Sie hier, um sich erneut eine E-Mail zusenden zu lassen.

Rezension zu
Morgen wird der Himmel voller Farben sein

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Poetische Suche nach dem Wesen des Seins

Von: Michael Lehmann-Pape
02.05.2018

Jean-Gabriell Causse ist im „wahren Leben“ Farbendesigner. Und so ist dieses Romandebüt inhaltlich nur konsequent ausgestaltet, denn es geht um Farben, Vielmehr darum, was bei einem „Mangel an Farben“ dem Leben verloren geht. Eine Analogie auf das, was in den letzten Jahren und Jahrzehnten sich als „Moderne“ herausgeschält hat. Eine poetische Betrachtung des verloren gehenden „Inneren“ zugunsten eines „stromlinienförmig durch das Leben hetzen“. Wie eben auch seine Hauptfigur, Arthur, zu Zeiten mal ziemlich „oben“ in diesen Abläufen, inzwischen nicht nur „zur Seite geschoben wurde“, was das erfolgreiche Berufsleben angeht, sondern auch sich selbst mehr und mehr verloren geht. „„Ich sollte mit dem Trinken aufhören“, denkt Arthur, und winkt dem Kellner für das nächste Bier“. Was ihn noch hält, sind zu Anfang noch zwei Dinge. Seine (unterbezahlte) Arbeit in einer Buntstiftfabrik und seine Nachbarin von gegenüber, Charlotte, die er immer wieder aus dem Fenster heraus in ihrer Wohnung beobachtet. Die blinde Charlotte. Die aber keineswegs jemand ist, der sich nicht zu helfen wüsste. Die ihre kleine Tochter wunderbar im aufwachsen begleitet und die so ihre Möglichkeiten hat, auch ohne Sehkraft, zu merken, wenn ihr einer „auf die Pelle rückt“. Könnte es sein, dass Arthur in einem Anfall von Ärger für das zuständig ist, was nun auf der Welt passiert? Das ihm die drohende Insolvenz der Farbstiftfirma und die schon herumtanzenden „Heuschrecken“, bereit zur Plünderung der Wertgegenstände des alten Familienbetriebes zu einer unbedachten Handlung führt? Oder, auf höherer Ebene des Romans betrachtet, ist es das „Graue“ der Menschen, was dazu führt, dass innerhalb kürzester Zeit weltweit dem Leben die Farben entschwinden und die Welt sich in einem „schwarz-weiß Film“ wiederfindet? Mit Folgen, die den Nerv der Zeit treffen und die Causse, neben seiner Hauptgeschichte um die mögliche-unmögliche Liebe zwischen Arthur und Charlotte mit all ihren Irrungen und Wendungen herum, wunderbar wie nebenbei dem Leser ins Herz pflanzt. Wie plötzlich der Konsum einbricht und damit drastisch klar wird, dass dieser nur auf einer Welt der „bunten Bilder“ beruht. Die Hermes Tasche, die nun grau in grau völlig verwaschen und einfach hässlich aussieht. Die opulenten Gewänder der religiösen Vereinigungen. Die Online beworbenen Produkte, nun aller Farbenpracht beraubt. Die Welt in Verwirrung, keine Frage. Und zugleich setzt Causse eben mit der blinden Charlotte, dem eh alles düster sehenden Arthur und mit Charlottes Vater, einem rüstigen Pensionär in einem ganz besonderen Altersheim (das fast einen eigenen Roman wert wäre) wiederum „Farbtupfer“, Zeichen einer anderen inneren Einstellung, die bei diesen Personen eben nicht verloren geht und Lebensfreude auch in einer grauen Welt sich nicht nehmen lassen wird. Dass im Lauf der Jahrzehnte die ehemalige Lust an den Farben (was Kleidung, Lackierungen von Automobilen und vielem mehr) angeht einem strikten und eher uniformierten schwarz und grau in allen Richtungen bereits gewichen ist, auch dies lässt Causse, wunderbar nebenbei mitlaufend, in die Ereignisse des Romans mit einfließen. In einer bestens gesetzten, fließenden, poetischen Erzählweise, die von großem Sprachschatz und dennoch von einfacher Form gekennzeichnet ist. Ein, im wahrsten Sinne des Wortes, wunderbarer und berührender Roman, der das gegenwärtige Leben in ganz anderen „Farben“ lebendig werden lässt.

Wir stellen nicht sicher, dass Rezensent*innen, welche unsere Produkte auf dieser Website bewerten, unsere Produkte auch tatsächlich gekauft/gelesen haben.