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Rezension zu
Zartbittertod

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Zartbittertod, du hast mich enttäuscht

Von: Fried Phoenix
12.05.2018

Liebes Zartbittertod, eigentlich hatte ich eine handelsübliche Rezension schreiben wollen, doch verlangt meine Enttäuschung nach einem Brief. Voller Herzschmerz, latenter Genervtheit und auch ein bisschen Schuld. Denn obwohl ich es wirklich wollte, dich zu mögen, obwohl ich deine Absichten ehrenhaft finde und das Thema, das du besprichst, hochinteressant, so hätte ich dich doch am liebsten in die Ecke geworfen. Mehrmals. Und noch Hulk gerufen, damit er – lassen wir das. Lass uns einen kurzen Blick auf deinen Anfang werfen. Dorthin, wo die Protagonistin Mia im Schoße ihrer Chocolatiers-Familie sitzt und ahnungslos über Schokolade und ein EinNashorn aus eben jenen dunklen Goldes sinniert, das auf einem uralten Familienfoto prangt. Um die Aufnahmeprüfung einer Journalistenschule mit Bravour zu bestehen, hängt sie sich an das Schokoladentier, um dessen Geschichte zu ergründen. Und die führt tief hinab in unschöne Familiengeheimnisse und hin zu einer anderen Chocolatiers-Familie, die sich von ehrenhafter Schokoladenkunst entfernt und sich der Massenware verschrieben hat. Im Zuge ihrer Recherchen taumelt sie in einen Sog aus finsterer Geschichte, detscher Kolonialzeit, Völkermorden der Vergangenheit und hinterrücksen Morden der Gegenwart. Die Prämisse hätte den Beginn einer wunderbaren Freundschaft markieren können. Zwar war ich auch da bereits von deinem Schreibstil nicht sonderlich überzeugt, zu spärlich gehst du mit atmosphärischen Beschreibungen um, zu simpel ist die Sprache. Doch hey, du bist ein Jugendbuch, da ist das wohl okay. Aber interessant finde ich Familienarchäologie durchaus und auch die da noch zarten Hinweise auf afrikanische Geschichte hatten es mir schnell angetan. Doch je mehr Seiten ich umblätterte, desto häufiger stolperte ich über Dinge, die mir nicht gefielen. Die Protagonistin ist mir selten unsympathisch. Ein typischer Fall „rotzige Teenagerin eines Jugendbuches“, die das Herz zwar irgendwie am rechten Fleck trägt, aber dennoch derart dreist durch das Leben schreitet, als gehöre ihr die Welt. Ihre Recherchen in allen Ehren, doch sich in ein Haus einer fremden Familie drängen, während dessen Vater/Großvater gerade in einem Sarg abtransportiert wird, ist an Dreistigkeit bereits kaum zu überbieten. Die Selbstverständlichkeit, mit der sie Aufmerksamkeit und Hilfe – wohlgemerkt anfangs lediglich für eine Aufnahmeprüfung, es ging weder um wenige Tage, noch um Mord und Totschlag – fordert, sucht ihresgleichen. Fortan nimmt sie sich alles raus, was irgendwie geht, fordert von jemandem, dessen Betrieb vielleicht pleite ist, dass er ihr Essen bezahlt und richtet sich im Gästezimmer häuslich ein. Kostenlos, natürlich. Sie ist ja die Protagonistin. Herzlichen Glückwunsch, Mia, hiermit bist du in meiner imaginären Rangliste der „Protagonisten, die ich furchtbar finde“ auf einen hohen Platz eingestiegen. Der Plot zieht sich, klebt schwer am Gaumen wie billige Schokolade. Die ersten 250 Seiten geschieht kaum etwas, auch die Nachforschungen gestalten sich in zähen Wiederholungen. Es ist frustrierend, ständig alte Informationen erneut vorgesetzt zu bekommen. Ebenso ist es schade, dass es schlichtweg nicht voran geht. Der Roman nennt sich „Thriller“ und das einzige, was ich beim Lesen spannend fand, war meine innerliche Frage nach meiner nächsten Mahlzeit. Atmosphärisch tut sich nicht viel. Spärlich nur werden Umgebungen und Figuren beschrieben, sodass kaum ein Bild in meinem Kopf entstand. Ich erwarte keine jahrelangen Ausführungen a’la Karl May oder J.R.R. Tolkien, doch kann denn atmosphärisches Schreiben schaden? In einem Roman, der zumindest ab und an ein paar unheimliche Momente haben soll? Bis zu deiner Mitte also las ich mit einem Gesichtsausdruck, der zwischen „Stein“ und „genervter Teenagerin“ schwankte. „Ob da noch was kommt?“, fragte ich mich und erinnerte an das Versprechen. „Die deutsche Kolonialgeschichte wird aufgearbeitet!“ etwa. Oder „Man wird sich beim Lesen der Herkunft der Schokolade bewusst und dass dort nicht alles mit rechten Dingen abläuft!“. Ich hatte mir gehofft, dass inhatlich mehr kommen würde. Das tat es auch. In drögen Diskussionen fabulieren die Figuren über eben jene Hintergründe. Der Herero-Aufstand wird in Erinnerung gerufen, politische Streitgespräche entbrennen und man erfährt tatsächlich das ein oder andere über die geschichtlichen Fakten. Eingebettet in ein Jugendbuch ist das eine wunderbare Idee, denn im Geschichtsunterricht wird lieber jahrelang das selbe Thema behandelt, als auch andere Kapitel aufzuschlagen, weshalb auch die geschichtliche Verbindung Deutschlands zu Afrika gerne unter den Tisch fällt. Durch Romane wird ein Bewusstsein dafür geschärft und man wird dazu angehalten, selbst weiter zu recherchieren und darüber nachzudenken. Leider verpasst du, Zartbittertod, die Gelegenheit, das Thema emotional in die Geschichte einzuflechten. Es bleiben Fakten, die zwar an sich löblich zu erwähnen sind, aber auch geschickter hätten eingewoben werden können. So, dass die direkte Verbindung hergestellt wird. Durch Emotionen kann eine Bindung zum Thema hergestellt werden. Bei mir hast du es nicht erreicht. Es bleibt flach, eher an der Oberfläche und lässt das Thema zu einem schmückenden Beiwerk verkommen. Nun bin ich vielleicht zu streng. Ich hatte von Anfang an hohe Erwartungen, die auch durch die auffallend positiven Bewertungen, die man im Netz finden kann, geschürt worden sind. Erwartungen, die du einfach nicht einhalten kannst. Ich will nicht sagen, dass du das schlechteste Buch bist, das ich in letzter zeit gelesen habe. Oh, da gibt es noch ganz andere Kandidaten. Aber du verschenkst unglaublich viel Potential, bleibst dabei flach und nicht spannend genug, als dass ich gerne die Seiten umgeblättert hätte. Elisabeth Herrmann möchte ich an dieser Stelle dennoch meinen Dank aussprechen: Das Thema ist großartig gewählt und auch das Nachwort liest sich hervorragend und hochsympathisch. Aber du, Zartbittertod, bist einfach nicht mein Fall.

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