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Rezension zu
Star Wars™ Thrawn

Sherlock Holmes in Star Wars - Thrawns kanonische Vorgeschichte

Von: Ben Braden | Jedipedia.de
31.05.2018

Hinweis: Die Rezension bezieht sich auf einen Kanon-Roman! „Es gibt Dinge im Universum, die man schlicht und ergreifend nur als böse bezeichnen kann. Ein Krieger versucht nicht, diese Dinge zu verstehen oder sich mit ihnen zu arrangieren. Alles, was er will, ist, sie zu zerstören.“ — Zitat aus Thrawn Blaue Haut, stechend rote Augen, Kunstliebhaber und taktisches Genie - Großadmiral Thrawn zählt mit Sicherheit zu den ikonischsten Legends-Figuren. Ursprünglich von Timothy Zahn in den 1990ern als neuer Antagonist für die Helden der Neuen Republik nach der Schlacht von Endor geschaffen, wurden ihm nach und nach mehrere Romanreihen, Comics und Rollenspielbücher gewidmet. Die Star-Wars-Fans fanden Gefallen an dem kompetenten, nicht-machtsensitiven Flottenanführer, der kein Lichtschwert schwingen musste, um eine ernst zu nehmende Bedrohung zu sein. Daher war die Frustration groß, als durch die Kanon-Umgestaltung durch Disney 2012 sämtliche seiner Auftritte zu Legenden erklärt wurden. Was zuerst für ein belangloses Gerücht gehalten wurde, wurde jedoch tatsächlich Realität: Der Großadmiral wurde von Dave Filoni wieder aus der Versenkung geholt – und das auch noch direkt auf die Leinwand! Als Hauptschurke der dritten und vierten Rebels-Staffeln fügt er der Phönix-Flotte schwere Verluste zu und ebnet den Weg für eine alles entscheidende Konfrontation, die im März 2018 in den USA als Serienfinale ausgestrahlt werden wird. Doch wie gelangte Thrawn ursprünglich in den Dienst des Imperiums und welche höheren Ziele verfolgt er? Diese Fragen sollen im gleichnamigen Roman beantwortet werden. 221B Chimaera Street Das Buch beginnt tatsächlich mit einer Adaption der Legends-Kurzgeschichte „Mist Encounter“, die das erste Aufeinandertreffen Thrawns mit dem Imperium beschreibt: Von der Aszendenz der Chiss ins Exil verbannt gelingt es ihm, die Crew eines imperialen Kreuzers in eine Falle zu locken und sich an Bord zu schleichen. Von seiner Raffinesse beeindruckt beschließt der diensthabende Offizier, ihn nach Coruscant zu bringen und dem Imperator vorzustellen. Dieser erkennt das enorme Potential des künftigen Großadmirals und bietet seinem Volk Schutz im Gegenzug für dessen Dienste als Berater für die Unbekannten Regionen. Außerdem schickt er ihn auf die imperiale Akademie, um die Offizierslaufbahn zu durchlaufen und so sein Talent im Sinne des Imperiums nutzen zu können. Begleitet wird Thrawn dabei stets von Eli Vanto, der ihm als Adjutant und Übersetzer treu zur Seite steht. Zwischen den beiden Männern entsteht rasch eine Beziehung, die sich am besten mit der von Sherlock Holmes und John Watson vergleichen lässt: Thrawns genialer Verstand ist für die meisten Außenstehenden nicht verständlich und seine Art kann zuweilen überheblich wirken. Vanto fungiert daher als Bindeglied zwischen ihm und den Durchschnittsimperialen, denen er die Gedankengänge seines Mentors oftmals „übersetzen“ muss, damit sie seine Befehle korrekt ausführen können. Als die größten Schwierigkeiten, denen sich die beiden stellen müssen, erweisen sich ironischerweise nicht die aufständischen Rebellensympathisanten, gegen die sie in die Schlacht ziehen, oder Thrawns mysteriöser Widersacher „Schattenschwan“, sondern vielmehr kulturelle Grundzüge des Imperiums: Die alles durchdringende Xenophobie sorgt dafür, dass der Chiss, den manche fälschlicherweise für einen missratenen Pantoraner halten, von seinen Kollegen oftmals nicht ernstgenommen wird. Dies wird verstärkt durch die strikte Hierarchie in der Flotte, die es inkompetenten Vorgesetzten ermöglicht, Thrawns Pläne als ihre eigenen Ideen auszugeben und ihn zugleich als Sündenbock für ihr persönliches Versagen darzustellen. Trotz aller Widrigkeiten gelingt es dem Nicht-Menschen in Rekord-Geschwindigkeit in der Rangordnung aufzusteigen, sodass sich seine Rivalen darauf beschränken müssen, Vanto wiederholt die Beförderung zu verweigern, was zu Spannungen zwischen den beiden führt. Eli zweifelt zudem an Thrawns Absichten ihm gegenüber, da er ihn als Übersetzer eigentlich überhaupt nicht mehr benötigt, und befürchtet, den Rest seiner Karriere im Schatten des Chiss' verbringen zu müssen. Dabei bemerkt er gar nicht, dass dieser ihm eine besondere Stellung zugedacht hat und sich sein strategisches Denken allmählich auf ihn abfärbt. Mittel zum Zweck Der andere Handlungsstrang des Romans dreht sich um Arihnda Pryce, die spätere Gouverneurin von Lothal. Ursprünglich im lokalen Minenunternehmen ihrer Eltern tätig taucht sie nach deren unrechtmäßigen Verhaftung und Enteignung in die Welt der Intrigen und Korruption auf Coruscant ein, um sich ihren Weg zur Spitze zu erarbeiten und zurückfordern zu können, was ihr gehört. Dabei hat sie keinerlei Skrupel, auch ihre Freunde oder Vorgesetzten zu verraten, um dadurch wieder ein Stück mehr Einfluss zu erlangen. Als sie in die Falle eines hochrangigen Imperialen gerät, wendet sie sich an einen vielversprechenden blauhäutigen Offizier, dem sie zuvor begegnet ist und bietet ihm ein Bündnis an: Im Gegenzug für seine militärische Unterstützung würde sie ihm in der Politik Rückendeckung geben, um sein mangelhaftes Gespür für Diplomatie und Ränkeschmieden zu kompensieren. Thrawn missbilligt ihre radikalen Methoden zwar, erkennt durch seine bisherigen Erlebnisse mit anderen Politikern aber auch den Nutzen ihrer Hilfe. Dadurch wird der Weg für die Geschehnisse in Rebels bereitet und erklärt, woher sich die beiden gekannt haben. Zwei weitere Schlüsselfiguren, die ebenfalls in der TV-Serie auftauchen, sind Großmoff Wilhuff Tarkin und Colonel Wulff Yularen. Während Tarkin für Pryce ein Mittel ist, um ihre Versprechungen Thrawn gegenüber einhalten zu können, arbeitet Yularen mit dem Chiss zusammen, um den Rebellenführer „Schattenschwan“ aufzuhalten und beschafft ihm Geheimdienstinformationen. Eine weitere Person, die anscheinend in einer nicht unwichtigen Beziehung zu Thrawn steht, ist Anakin Skywalker alias Darth Vader. Ihre gemeinsame Vergangenheit, die in diesem Buch nur angedeutet wird, wird dem Cover nach zu urteilen eine entscheidende Rolle in der Fortsetzung "Thrawn – Alliances" spielen. Dem aufmerksamen Großadmiral entgeht selbstverständlich auch nicht, dass ein geheimes Projekt des Imperators Unmengen an Ressourcen verschlingt (die Hintergründe dazu erfahrt ihr in diesem Buch) und wie gefährlich nahe er der Wahrheit nur anhand von Deduktionen kommt, ist ein weiterer Beleg für seine Intelligenz. Kontinuität Die entscheidende Frage ist nun aber: Wie fügt sich "Thrawn" in die Reihe der bereits existierenden Werke ein? Zum einen wäre da natürlich Rebels: Der Roman endet mehr oder weniger direkt vor dem Pilotfilm der dritten Staffel, "Ein dunkles Geheimnis", in dem die beiden Hauptcharaktere ihren ersten animierten Auftritt haben. Während gerade Pryce aufgrund der begrenzten Screentime in der Serie relativ eindimensional wirkt — die meiste Zeit schreit sie Befehle durch die Gegend —, ermöglicht "Thrawn" eine nuanciertere Darstellung der Figuren. Arihnda bleibt zwar eine machthungrige und ruchlose Unsympathin, aber man kann zumindest teilweise nachvollziehen, wieso sie so geworden ist. Obwohl Thrawn selbst in der Haupthandlung vor allem aus Eli Vantos Sicht beschrieben wird, beginnt jedes Kapitel mit einem Tagebucheintrag des Großadmirals, das inhaltlich ein Pendant zu Sunzis "Die Kunst des Krieges" darstellen soll. Auch Thrawns Beobachtungen seiner Gesprächspartner (vergleichbar mit Sherlocks Deduktionen) werden gesondert hervorgehoben, indem sie im Präsens verfasst sind. Persönlich finde ich diese Spielereien eher unnötig: Der Tempus-Wechsel stört den Lesefluss und die Monologe sind so abstrakt geschrieben, dass ich ihre Aussagen zwei Seiten später bereits vergessen habe. Dennoch tragen sie im Gesamtbild wohl dazu bei, die entscheidenden Charakterzüge des Chiss' zu verdeutlichen. Leider sind mir auch ein paar Diskrepanzen zwischen "Thrawn" und der Serie aufgefallen, die den Eindruck erwecken, dass Thrawns Story in Rebels zum Zeitpunkt der Buchentstehung noch nicht vollständig umrissen war. In Zahns Roman ist der Großadmiral sehr bemüht, Kollateralschaden und zivile Opfer zu vermeiden, wohingegen er in Rebels unbarmherzig gegen vermeintliche Rebellen vorgeht (man denke an die Speederbike-Szene mit Morad Sumar) und sogar ein orbitales Bombardement von Capital City anordnet. Den Widersachern, die er als würdig erachtet, erweist er zwar in beiden Medien Respekt, doch während er in der Serie als imperialer Loyalist dargestellt wird und vor Folter und Hinrichtungen nicht zurückschreckt, sieht er Palpatines Regime im Buch deutlich kritischer und wird kreativ beim Umgehen von inhumanen Vorschriften. Von Rukh, der eine größere Rolle in Staffel 4 spielt, fehlt jede Erwähnung, obwohl sie sich sinnvollerweise zumindest gegen Buchende gekannt haben müssten. Unumgänglich ist natürlich auch der Vergleich mit der „originalen“ Thrawn-Trilogie: Die für den Chiss charakteristischen Kernelemente wie der respektvolle Umgang mit seinen Untergebenen, das ausgeprägte Interesse für die Kunst fremder Welten und sein taktisches Können wurden erwartungsgemäß übernommen genau wie kleinere Easter-Eggs mit eingebaut. Im Gegensatz zur Trilogie muss sich der Chiss in "Thrawn" seine militärische Stellung allerdings erst mühevoll erarbeiten, was unterstrichen wird durch die Tatsache, dass der kampferfahrene Gilad Pellaeon durch den eher naiven Vanto ersetzt wurde. Wer Thrawn in Hochform erleben will und Gefallen an seiner Figur gefunden hat, dem kann ich die Legends-Romane unbedingt empfehlen. Handlungstechnisch erinnert mich das Buch sehr an James Lucenos "Tarkin". Beide Romane sind stark biographisch angehaucht und versuchen dies zu verschleiern, indem sie ihre Titelcharaktere einen mysteriösen Rebellenanführer jagen lassen, der letztendlich von mäßiger Relevanz ist. Dies ist generell mein Kritikpunkt an vielen Kanon-Romanen in letzter Zeit: Ein packendes Buch lebt für mich von einem guten Lesefluss, Spannung und Emotionen. Ersteres ist (in der Regel) die Voraussetzung, um Star Wars schreiben zu dürfen und Spannung kann bei den eben genannten Beispielen nur beschränkt aufkommen, da der Ausgang vorhersehbar ist. Daher hätte man meiner Meinung nach ordentlich Drama einbauen müssen, was bei Tarkin, der weniger Emotionen als ein Stück Durastahl hat, zugegebenermaßen ein schwieriges Unterfangen ist. Auch bei Thrawn kann man sich große Gefühlsausbrüche nur schwer vorstellen, aber (vgl. Sherlock) vielleicht hätte man ihn aus seiner stoischen Ruhe bringen können, wenn man Eli etwas mehr in Gefahr gebracht hätte. Der Autor Timothy Zahn war im Legends-Universum eine feste Größe und wurde von vielen Fans als der beste Star-Wars-Autor schlechthin gefeiert. Er legte mit seiner Thrawn-Trilogie den Grundstein für die Post-Endor-Geschichten der Filmhelden und schuf bekannte Charaktere wie Mara Jade, Garm Bel Iblis oder Talon Karrde. Auch der Name der galaktischen Hauptstadt, Coruscant, ist auf ihn zurückzuführen. Seine literarische Karriere begann mit einer schlechten Fernsehserie: Überzeugt davon, eine bessere Geschichte schreiben zu können, ließ er sich eine eigene Kurzgeschichte einfallen und fand rasch Gefallen an seinem neuen Hobby. Heute hat er zahlreiche New-York-Times-Bestseller veröffentlicht und ist stolz darauf, Thrawns Weg auch über fünfundzwanzig Jahre seit seinem ersten Auftritt noch gestalten zu können. Auch abseits von Star Wars schreibt er Fantasy- und Science-Fiction-Romane. Fazit Timothy Zahns Roman „Thrawn“ wird seinem namensgebenden Charakter auf jeden Fall gerecht und eignet sich gut als literarisches Begleitwerk zur letzten Hälfte von Rebels. Nachdem nun die Grundlagen für Thrawns Re-Kanonisierung geschaffen worden sind, erhoffe ich mir von der Fortsetzung wortwörtlich einen Ausflug in die „unbekannten Regionen“, wo sowohl Thrawn als auch Vader auf echte Herausforderungen treffen können.

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