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Rezension zu
Ein Ire in Paris

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Warten

Von: Frau Lehmann
09.06.2018

Bisweilen passt alles zusammen, Buch, Leser und der Moment,den man zum Lesen eines bestimmten Buches wählt. Mir ging es mit Jo Bakers "Ein Ire in Paris" so. Das Leben verläuft leider nicht immer wunschgemäß. Ein mir sehr nahestehender Mensch ist sehr krank geworden und nun besteht mein Leben aus Warten. Warten auf den nächsten Befund, Warten auf Versicherungen, Krankenkassen, Warten auf den nächsten Tag mit neuer Kraft und Hoffnung, Warten... Und um dieses Warten geht es im Grunde auch in diesem Roman. Jo Baker spürt der Zeit nach, die der irische Schriftsteller Samuel Beckett im Zweiten Weltkrieg in Frankreich verbracht hat. Er ist trotz Kriegsbeginn zu seiner Geliebten Suzanne nach Paris gefahren und schließt sich dort dem Widerstand an. Nachdem seine Zelle auffliegt, müssen Beckett und Suzanne untertauchen. Und nun beginnt es, das Warten. Das Warten auf das Ende des Krieges, das Warten auf Hilfe, auf neue Papiere, auf Unterkunft. Dazwischen immer wieder gefährliche und anstrengende Fluchten, Hunger und Verzweiflung. Dazu die ständige Angst, erkannt oder verraten zu werden. Über diese Zeit hat Beckett sich immer mehr oder weniger ausgeschwiegen. Umso eindrucksvoller gelingt der Autorin diese Annäherung, die das Werk des Nobelpreisträgers zugänglicher macht. Zugänglicher deshalb, weil das Weglassen alles unnötig Gesagten, die Verknappungen, das Sinnlose im Alltäglichen hier ihren Ursprung gehabt zu haben scheinen. Weil erst das unmittelbare Erfahren des Kriegsalltags als Flüchtling Becketts Ausdruck geschliffen und geprägt hat. Ein Roman, der mich ergriffen hat. Man erlebt, wie die Wartehallenposition, das beständige kurz vor dem Sterben, aber nur halb tot sein, die Menschen zermürbt, ihre Gefühle untergräbt, wie das Warten an den kaum noch vorhandenen Kräften zehrt, und wie manch einer den Tod vorzieht, weil er den Wechsel zwischen Flucht und Stillstand nicht mehr erträgt. Wer sich für die Kriegsjahre und Literatur interessiert, dem kann ich nur eine klare Leseempfehlung aussprechen. Für mich ist der Roman eines der Buchhighlights des Halbjahres.

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