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Rezension zu
Der Neue

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Eine wunderbare Neuerzählung von Shakespeares‘ Othello — Rassismus und Drama in den 70er Jahren

Von: Tina / Kill Monotony
16.06.2018

Tracy Chevaliers „Der Neue“ erschien im Rahmen des Hogarth Shakespeare Projekts, das die Klassiker von beliebten Autoren in ein neues, modernes Gewand stecken soll. Auch hier kenne ich das Original nicht, deshalb werde ich nur die Geschichte, wie sie ist, und nicht, ob sie nah am Original ist etc. besprechen. Es geht um Osei, auch schlicht O genannt, der zum wiederholten Male an eine neue Schule kommt. Obwohl das Washington der 70er Jahre als „Chocolate City“ bekannt ist, hat Osei es als einziger Schwarzer schwer. Alle Kinder beäugen ihn kritisch, mögen ihn nicht berühren und halten sich von ihm fern. Dass sich nun eines der beliebtesten Mädchen der Schule mit Osei anzufreunden scheint, passt einigen der Jungs auf dem Schulhof überhaupt nicht, und Ian, vor dem alle Angst haben, plant ein Komplott, dass Osei und Dee schnell wieder auseinander bringen soll… "Weiße stellten immer Fragen, die mit der Haarpflege zu tun hatten. Und konnten Schwarze eigentlich auch einen Sonnenbrand bekommen? Oder braun werden? Waren sie von Natur aus besser im Sport und wenn ja, warum? […]" Chevaliers Geschichte rund um Dee und Osei hat mir sehr viel Spaß gemacht; der Erzählstil ist flüssig und die Abschnitte des Buchs sind in „Große Pause“ oder „Mittagessen“ gegliedert, so weiß man sofort, in welchem Zeitrahmen man sich die Geschehnisse denken muss. Die Ankunft Oseis in der Schule gestaltet sich trotz der eigentlich toleranten Zeiten und Gegend schwierig, alle anderen Schüler scheinen ihn anzustarren und die Lehrer, die es eigentlich besser wissen sollten, stempeln ihn als minderbemittelten, dummen Jungen ab. Nur Dee ist sofort Feuer und Flamme für den „Neuen“, auch wenn sie sich bewusst ist, dass sie dafür zahlreiche komische Blicke erntet. Die Beziehung zwischen den Beiden entwickelt sich auch gleich zu einer kleinen Liebelei und noch in der ersten Pause fragt Dee Osei, ob er „mit ihr gehen“ möchte; die Zwei kommen also von vornherein miteinander klar. Dass das Neider auf sich zieht, ist klar, ist Dee doch eines der beliebtesten Mädchen an der Schule. Zudem wirbelt Osei mit seinem „Anderssein“ und seiner Art die Dynamik des Pausenhofs gehörig auf und dies bleibt ebenso wenig frei von Neid und Argwohn. Das Original von Shakespeare, das dieser Geschichte zugrunde liegt, Othello, kannte ich auch dieses Mal nicht (Schande über mein Haupt), dennoch finde ich, dass die Dramatik, mit der Beziehungen geschlossen und Feindschaften besiegelt werden, direkt an Shakespeare erinnert. Für 11-Jährige vielleicht ein wenig unpassend, doch denkt man sich Tracy Chevaliers „Der Neue“ an eine Highschool mit Teenagern, erscheint die Geschichte schon viel realistischer. Der Schreibstil von Chevalier gefällt mir wirklich wunderbar, er war flüssig zu lesen und erschien mir sehr authentisch, sodass ich das Buch direkt in einem Rutsch ausgelesen habe. Durch mehrere Rückblenden in die Zeit vor Oseis Umzug nach Washington erfahren wir zudem auch noch mehr über seine Schwester, die der Black Power Bewegung angehört, und auch über seine Eltern — spannend! Sehr gern hätte ich mehr über seine Familie gelesen. Während Osei und auch Dee so etwas mehr Hintergrund erhalten, bleiben die anderen Personen des Schulhofs etwas blass, besonders für Ian hätte ich mir etwas mehr Informationen gewünscht, warum er so ist, wie er ist, und warum er nach dem Unglück der anderen trachtet. Fazit: Tracy Chevalier ist hier ein wirklich toller Roman gelungen. Zwar kann ich keinen Vergleich zum Original ziehen, doch haben einige andere Rezensionen sich positiv über die Verarbeitung Shakespeares‘ Werk ausgesprochen. Ich jedoch kann lediglich den Roman für sich beurteilen. Chevaliers Erzählsprache ist wunderbar leicht und gut zu lesen, sodass man — schwuppdiwupp — relativ schnell durch den Roman fliegen kann. Wer das Original kennt, wird mit diesem Werk vermutlich noch mehr Spaß haben als ich, aber auch für „Unbelesene“ ist „Der Neue“ sehr empfehlenswert!

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