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Rezension zu
Hexensaat

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Hexensaat – Margaret Atwood erzählt Shakespeare

Von: Chochi Rain
22.06.2018

Wie nicht anders von Atwood zu erwarten ist ihre Version von Der Sturm – Hexensaat alles andere als eine reine Neuinterpretation des Shakespeare Dramas. Ihre Geschichte betrachtet Shakespeares Drama, interpretiert es, inszeniert es neu und das mit einem Protagonisten, der nicht bemerkt, dass er auf seiner eigenen verwunschenen Insel festsitzt. Hexensaat begleitet den Drehbuch-Autor / Regisseur / Schauspieler Felix, der auf dem Höhepunkt seiner Karriere zunächst seine Frau, seine Tochter und schließlich seine Karriere verliert. Mit seinen Ersparnissen zieht er sich in die Einöde in ein nah zu verlassenes Örtchen zurück, wo er mit dem Geist seiner Tochter Miranda gemeinsam die Zeit an sich vorbeistreichen lässt. Eines Tages liest er von einer freien Stelle als Leiter des Literaturprogramms in einer Haftanstalt und kann gleich den Job ergattern. Jahr für Jahr interpretiert und inszeniert er mit den Insassen ein Shakespeare-Stück nach dem anderen. Bis sein erbitterter Feind – sein ehemaliger Assistent und Grund für sein abruptes Karriereende – ankündigt die nächste Aufführung ansehen zu wollen. Für Felix die Chance endlich die Fassung von Der Sturm aufzuführen, die er schon immer auf die Bühne bringen wollte. Die Ebenen des Romans Hexensaat von Margaret Atwood liest sich beinahe wie eine Romanfassung von Inception. Auf der obersten Ebene befindet sich Felix, der mit den Insassen der Haftanstalt gemeinsam Der Sturm interpretiert. Er legt alle Motive und Themen offen, weist auf Gefängnisse innerhalb des Stücks hin und den Gegensatz von Macht und Machtlosigkeit. Er zeigt wie Shakespeare verschiedene Gesellschaft- und Herrschaftsformen innerhalb des Dramas aufbaut und diese Vergleicht. Gleichsam schaft Felix – und damit natürlich Atwood – eine Reinterpretation des Sturms durch die Aufführung von Felix Theatergruppe, bei der Ariel zum Superhelden-Alien a là Superman wird und Caliban zum Rapper, der sich selbst befreien kann. Es ist eine vollkommen plumpe Interpretation des Stücks, die viel zu offensichtlich geschieht, als das sie die wirkliche Nacherzählung des Sturms innerhalb von Hexensaat darstellen kann. Es ist natürlich Felix eigene Wirklichkeit, die unterste Ebene des Romans, die den wahren Sturm beinhaltet. Ein Theaterdirektor, der durch eine nahstehende Person ins Exil getrieben wird und dort mit seinen Geistern gemeinsam leben muss. Nur sein Zauber kann seine Geister dabei am Leben erhalten und wirft dabei die Frage auf wie viel von Prosperos eigener Wahrnehmung auf der Insel der Wirklichkeit entsprach und wie viel nur seinem eigenen Zauber. Gleichsam wie Prospero mit seiner Verbannung kämpft, muss auch Felix mit seinem selbstgewählten Exil leben. Nur seine Kreativität hält ihn am Leben und nur das Wissen, dass seine Tochter Miranda – ein zunächst zufällig gewählter Name, der Felix schnell zum Verhängnis wird – als Geist immer bei ihm sein wird, sorgt dafür, dass er bei Verstand bleibt. Atwood hält Shakespeare den Spiegel vor Mit ihrer offensichtlichen Interpretation, ihren Reinterpreation und schließlich der darunter liegenden wirklich Nacherzählung des Sturms – bei der von der Gefängnisleiterin, bis zum hackenden Insassen jede Figur einer Figur aus dem Sturm zugewiesen werden kann – erzählt Atwood eine mutige Romanfassung von Der Sturm. Ihre Figuren wirken allesamt originell und wie von ihr erschaffen, während sie gleichsam von Shakespeares Schatten begleitet werden. Sie erzählt nicht nur eine Geschichte nach, sie macht sie zu ihrer eigenen und erklärt gleichsam ihren Ursprung. Dieses Vorgehen, verbunden mit der von Atwood zu erwartetenden Intensität der Erzählung und elaborierten Wortwahl, ergibt einen wirklich grandioser Roman der seines gleichen sucht.

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