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Rezension zu
Die Frau im hellblauen Kleid

Leidernicht überzeugend

Von: Ponine T.
18.07.2018

Wien. Marianne Altmann, einst ein gefeierter Filmstar, ist schockiert, als sie von Plänen ihrer Tochter Vera erfährt. Diese möchte einen Film über ihre Familie drehen. Marianne fürchtet, dass nun auch die Abgründe der Familie ans Tageslicht kommen könnten, und mit ihnen ein lange zurückliegendes Vergehen. Es reicht zurück ins Jahr 1927, als ihre Mutter Käthe in einem geliehenen Kleid am Theater vorsprach. Der Beginn einer beispiellosen Karriere – und einer verhängnisvollen Bekanntschaft mit Hans Bleck, der zum mächtigen Produzenten der Ufa aufsteigen sollte ... Es ist immer doof, wenn man ein Rezensionsexemplar bestellt und dann beim Reyensionsschreiben verlautbaren muss, dass einem das Buch so gar nicht gefallen hat. Es fühlt sich wirklich undankbar an, aber leider muss ich bei diesem Buch von Anfang an zugeben, dass es mich absolut unbedeindruckt zurückgelassen hat. De Grund dafür ist ein sehr mieses Zusammenspiel aus drei Komponenten: mangelhafte Charakterisierung, flacher Aufbau der Geschichte und ein Erzählstil, als würde man das Neue Blatt auf 370 Seiten lesen. Fangen wir erst einmal mit dem Aufbau der Geschichte an. Der Roman setzt sich aus verschiedenen Zeitebenen zusammen. In der Gegenwartshandlung erleben wir Vera, die ihr Drehbuch schreibt und verkaufen will, dann noch die Liebesgeschichte ihrer Tochter Sophie und zuletzt Margarete, die sich öffnet und ihre Familiengeschichte ausbreitet. Diese nimmt den zweiten Rahmen ein und streckt sich grob von den End-Zwanziger Jahren über die ersten Kriegsjahre und die Sechziger Jahre, wobei nicht alle Jahre beleuchtet werden, sondern man eher sprunghaft von Ereignis zu Ereignis hüpft. Dabei springt man natürlich ziemlich herum und um ehrlich zu sein, es hat mich ziemlich gestört, von einer Szene zur nächsten gejagt zu werden, ohne mal die Aussicht zu haben, das Buch zu genießen. Jede Szene ist handlungstragend, jede Szene enthält mindestens eine Offenbarung - ich komme kaum zum Luftholen und kann mich nicht mehr auf die Handlung einlassen, so viel muss ich gleichzeitig verarbeiten. Bedingt durch diese Erzählstruktur wirken diese ganzen Familiengeheimisse so zusammengeschustert, dass die ganze Geschichte immer unglaubhafter wird. So oft wie sich hier innerhalb von achtzig Jahren alle Wege kreuzen, ist mir einfach viel zu viel. Dass das ganze Filmbuisness hier wirkt, wie aus dem Set einer Derrick-Folge abgezogen und mit österreichischem Dialekt versehen, war dann noch das i-Tüpfelchen. Die schwache Erzählstruktur spiegelt sich wieder in einer sehr oberflächlichen Charakterisierung und Darstellung der Figuren. Während zumindest Käthe noch einigermaßen in wechselnde Gefühle gestoßen wird, erfahren wir von den übrigen Figuren eigentlich nur plakative Zuschreibungen. Einmal mehr noch "betagt" oder "Diva" in Mariannes Beschreibung, und ich hätte losgeschrien. Sophie mit ihrem verzickten Teenager-Liebesgedönse nervt schon nach wenigen Seiten wirklich extrem, und Vera? Mal ehrlich, wenn ich als Autor nicht zeigen will, wie jemand auf all diese Familiengeheimisse reagiert, warum erzähle ich sie dann überhaupt? Vera zeigt für mich keine wirklich greifbare Gefühlsregung. Da wird zwar mal kurz gesagt, dass sie sich irgendwie fühlt, aber im nächsten Satz ist das schon wieder vergessen und hat keine spürbare Auswirkung auf den weiteren Handlungsverlauf. Auch Mariannes geziertes "hach, das erzähl ich dir, wenn es so weit ist" wirkt eher wie ein typisches Versatzstück des Genres als dass es in ihrem Charakter liegt - sonst plaudert sie nämlich einfach munter drauf los, da ist das plötzliche Abbrechen eigentlich nur Zeilenschinderei. Eigentlich hätte man sich diese gesamte Gegenwartshandlung schenken können mit ihren "höchstdramatischen" Ausflügen. Man merkt dem Buch durchaus an, dass die Autorin intensiv recherchiert hat - okay, außer diesem Eva-Braun-Schnitzer, aber Schwamm drüber - und warum hat sie dann nicht einfach diese Handlung ausgebaut und mich etwas mehr Luft drum herum schnuppern lassen, statt stur von A nach B zu gehen? Das wäre allemal besser gewesen, als es einzubetten in dieses seichte Gesülze übers österreichische Filmbusiness. Da hatte man nämlich eher das Gefühl, dass die Autorin schon ein wenig auf die ARD-Verfilumg spekuliert als auf das Erzählen ihrer Geschichte. Alles in allem also leider wirklich kein überragendes Buch. Wenn man es in einer Bibliothek findet, kann man es klar mal mitnehmen für den Urlaub, aber ein Meisterwerk ist es wahrlich nicht.

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