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Rezension zu
Die rote Frau

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

August Emmerich die 2.!

Von: Kerstin von KeJas-BlogBuch
20.07.2018

Wer den 1. Band um August Emmerich (Der zweite Reiter) noch nicht gelesen hat, es aber noch tun möchte, sollte auf diese Rezension verzichten – denn sie könnte spoilern. Wir schreiben das Jahr 1920 und begeben uns nach Wien. Die Autorin Alex Beer zieht einen wieder hinein, in diese Stadt die geprägt ist von all dem Elend, das der 1. Weltkrieg hinterlassen hat. Genau wie im ersten Band hatte mich auch hier wieder das Setting um diese Stadt und die dort lebenden Menschen in seinen Bann gezogen. Unverhohlen wird ausgesprochen was den Männern, Frauen und Kindern das Leben schwer macht. Armut durch Arbeitslosigkeit, dadurch Hunger und Krankheiten, was wiederum Schäden nicht nur am Leib sondern auch an der Seele anrichtet. Witwen, Waisen und Kriegsversehrte bebildern die Stadt. Kein schöner Anblick, noch weniger wie die elenden Quartiere in denen so mancher hausen muss. Daneben die feinen und reichen Herrschaften. Solche, die sich der Kunst des Schönen hingeben und dabei den Blick auf die Wirklichkeit übersehen. Ein Kontrast der größer nicht sein könnte. "Eine Handvoll Leute besitzt fast alles, während der Rest hungert und friert." (S. 167) Einer, der selbst an einer Kriegsverletzung leidet, ist Rayonsinspektor August Emmerich. Nach Kriegsende hat er eisern darum gekämpft in die Abteilung „Leib & Leben“ versetzt zu werden. Es ist ihm gelungen und doch ist er alles andere als glücklich. Neben seinem jungen Kollegen Winter verbringt er die meiste Zeit damit leidlichen Schriftverkehr zu machen und bekommt nicht den Hauch einer Chance auf einen „richtigen“ Fall. Aber Emmerich macht es niemanden leicht, nicht mal sich selbst und so bekommt er doch die Möglichkeit an einer ganz großen Ermittlung teilzunehmen – auch wenn er es niemanden verraten darf. Ein Mord in den feinsten Kreisen und das dort, ganz besonders dort, sehr viel Unrat aufwartet, überrascht niemanden mehr. Für Emmerich wird dies eine Ermittlung die nicht einfach nur Erfolg haben soll. Für ihn wird es eine fast schon persönliche Angelegenheit. Der arme Tropf, der des Mordes bezichtig in einer Zelle einsitzt, scheint unschuldig zu sein und es liegt einzig Emmerich am Herzen diesem zu helfen. Dafür braucht er den wahren Täter und vor allem die Hintergründe und ein Motiv. Nicht ganz einfach, denn auch in den eigenen Reihen gönnt ihm niemanden etwas. Vielleicht weil Emmerich nicht nur Polizist, sondern ganz viel Mensch ist. "…bis er die Krüppelbrigade eingestellt hat." (S. 18) Emmerich und Winter sind auch in diesem Band wieder ein erstklassiges Team. Der alte Hase und der unerfahrene Jungspund ergänzen sich immer mehr. Ein Team, das sich auf einander verlassen kann und mir wieder sehr gut gefiel. Ihre Dialoge haben mich des Öfteren zum Grinsen gebracht und besonders Winter hat eine recht tollpatschige Art, ohne dabei übertrieben zu wirken. Er ist gereift im Laufe der Zeit und lernt schnell und gut, vor allem dass er Emmerich absolut vertrauen kann, auch wenn dessen Art zu ermitteln manchmal recht unkonventionell ist. "Es ist an der Zeit, dass du endlich lernst, wie man ordentlich lügt…" (S. 75) Na na na, wer wird denn lügen? Emmerich bestimmt nicht, dafür ist er zu ehrlich. Winter? Er verheimlicht allemal etwas vor bestimmten ungeliebten Vorgesetzten, aber nicht aus Boshaftigkeit, sondern um Emmerich zu schützen. Die Haute­vo­lee kommt da schon eher in Betracht. Die feine Gesellschaft, die wie bereits erwähnt, dem Theater, der Musik und Kultur frönt, dabei verschwenderisch und übertrieben zu Tage geht, als gäbe es kein Morgen. Der Rest kann bleiben wo er ist und das an besten unsichtbar – obwohl, sie werden eh nicht gesehen. Frauen, die sich als Prostituierte verdingen um ihre Kinder versorgen können. Bettler, die von der Hand in den Mund leben. Krüppel an Körper und Geist, die kaum mehr in der Lage sind ihr tägliches Brot zu verdienen. Daneben diejenigen, die dem Alkohol verfallen sind und nebst dem Weibe auch die Kinder und alles, was sich ihnen in den Weg stellt, verprügeln. Eine Gesellschaft am Rande des Abgrundes. Und genau das hat mich wieder am meisten fasziniert. Das es neben dem Kriminalfall, auch gesellschaftskritische Darstellungen der Umstände gab. Schonungslos und offen, fast schon so nebenbei erfährt man immer mehr über diese Zeit. Historisch richtig großartig recherchiert und umgesetzt. Die ganzen sozialen und asozialen Missstände in dieser Zeit bildeten wohl einen mehr als ungesunden Nährboden. Was darauf wuchs ist uns bekannt. Emmerich ist ein sehr ehrgeiziger Ermittler. Im Wiener Alltag unterwegs, folgt man ihn durch die Straßen und Gassen und fast kam es mir vor als würde ich diese Ausdünstungen des Bösen und des Übels riechen. Die sehr bildhaften Beschreibungen erzeugen ein Bild dieser Zeit und dieser Stadt und ganz besonders dieser Menschen. "Die Geschichte war noch nicht zu Ende." (S. 407) Und egal wie es mit Emmerich und Winter weitergeht und wie lange ich warten muss – ich freue mich darauf! Rezension verfasst von © Kerstin ★★★★★

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