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Rezensionen zu
Der weiße Abgrund

Henning Boëtius

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Heinrich Heine am weißen Abgrund

Von: Lesesofa Allgäu

17.03.2021

Henning Boetuis "Der weiße Abgrund" ein Heinrich-Heine-Roman. Es gefällt mir wen es Autoren gelingt die Lebensumstände der Menschen so skizzieren zu können das man das Gefühl hat direkt anwesend zu sein. Bei historischen Bücher und Geschichten eine besondere Gabe. Diese Gabe hat der Autor. Heinrich Heine, der bekannte und schöne Dichter von den Frauen begehrt und verehrt. Der Schriftsteller der die deutsche Sprache prägte wie kein Zweiter. Im Roman "Der weiße Abgrund" geht es um seine letzten Jahre im Exil in Paris. Heine unheilbar krank, ans Bett gefesselt in der Lebensrückschau. In der Angst was kommt. Die schrecklichen Heilungsversuche der damaligen "Medizin", das Leiden, alles wird sehr realistisch vom Autor erzählt. Dabei entsteht ein Sittengemälde des Paris von 1850. Heines letzte überraschende Bekanntschaft mit einer jungen Frau, die Geschichte seiner Memorien die für alle Zeit verschollen sind. Mir hat es gut gefallen. Ein Buch für Frauen und für Männer.

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Literaturhistorisch interessantes Buch, was herausgekommen ist. Der weiße Abgrund hat mich begeistert, auch wenn es in der Form mein erstes Buch war, der Inhalt wie auch sprachlich top. Der Autor hat eine leichte Art zu schreiben, dass man es leicht Lesen kann. Es wird gut beschrieben in einer fachlichen Sprache, aber sodass man das super verstehen kann. Es ist aber nicht trocken, sondern wirkt belebend und beschreibt das 19. Jahrhundert. Das Buch finde ich ausgesprochen gutgeschrieben und einmal etwas anderes als die Bücher, die ich sonst lese. Ich kam nicht gleich in das Lesen rein, brauchte schon etwas, bis ich mich darauf einstellen konnte. Es war sehr interessant vom Inhalt her. Es war schon gut durchdacht, aber auch die politischen Ansichten sind ein Teil, der in die Geschichte gehört und darf auch nicht fehlen. Das Buch ist zu empfehlen und auch wenn es nicht meine Richtung ist. Aber der Autor und der Schreibstil haben mir richtig gut gefallen. Daher gebe ich dem Buch 5 Sterne.

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Heinrich Heine lebt in Paris, als es allmählich mit ihm zu Ende geht. Welche Krankheit ihn ans Bett fesselt, weiß niemand so genau – aber dass es keine Aussicht auf Besserung gibt, darin sind sich alle einig. Heinrich, genannt Henri, versucht dennoch, dem Dahinsiechen zu trotzen und schreibt in jeder freien Minute an seinem letzten großen Werk: seinen Memoiren. Boëtius zeichnet das Portrait eines eigenwilligen Menschen, dessen letzte Stunde geschlagen hat. Obwohl es nur um den letzten Lebensabschnitts des Dichters geht, wird deutlich, dass Heine nicht nur ein Schelm war, sondern auch ein Mensch der Extreme. Insgesamt habe ich dieses Buch mit echtem Mehrwert gelesen: Ich weiß jetzt mehr über Heine und seine Zeit, er ist mir als Person greifbarer geworden und vor allem hat sich mir das große Rätsel um seinen Tod, von dem ich vorher gar nichts wusste, nachhaltig eingebrannt. Ich muss allerdings zugeben, dass ich gerade anfangs ein Problem hatte, die Erzählstimme zuzuordnen, die irgendwo zwischen biographischem Bericht und allwissender Erzählung, in die sich Figurenbewertungen mischen, pendelt. Der Ausdruck ist eloquent, für die Symptome von Heines Krankheit werden beispielsweise Fachausdrücke verwendet. Heine selbst spricht und denkt manchmal in seinen Versen. Ich mochte das, aber als fast anderthalb Seiten lang ein anderes Werk auf Französisch zitiert wird, empfand ich das als einen leichten Bildungsbürgerton-Overload. Allerdings wird hierzu dann auch ein amüsanter Kontrast geschaffen, weil es zwischendurch um äußerst banal ausgedrückte Banalitäten wie Heines Stuhlgang geht. Insgesamt ein interessanter Roman über Heinrich Heine, dessen Höhepunkt – der weiße Abgrund – noch dazu mit unerwarteter Tragik und Spannung aufwartet. Für literarisch und historisch Interessierte, die nach Paris in die 1850er Jahre reisen, dort auf Literaten, Papageien und skurril anmutende Behandlungsmethoden treffen wollen, ist dieser schmale Roman das richtige Transportmittel.

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Wir befinden uns im Roman im Paris der 50er Jahre des 19. Jahrhunderts. Heinrich Heine ist unser Hauptcharakter. Wir lernen ihn kennen, als er von einer unheilbaren Krankheit heimgesucht, ans Bett gefesselt ist und schreckliche Schmerzen erdulden muss. Er möchte unbedingt noch seine Memoiren schreiben - sein Opus magnum (seine gute Arbeit). Die letzten Lebensjahr Heines werden lebendig, Autor Boëtius schafft es, das Paris dieser Zeit lebendig werden zu lassen und Heines Drängen, Arbeiten und Leiden zu beschreiben. Heine trifft sich mit deutscher Exilanten und französischer Künstlerfreunden. Er lernt Elise Krinitz kennen. Sie bewundert nach seinem Tod am 17. Februar 1856 verschollen bleiben. Ich finde die Art, wie der Autor diesen Heine-Roman geschrieben hat einfach wundervoll. Mitunter mit Witz und Ironie - somit trotz aller Schwere des Stoffes mit einer gewissen Leichtigkeit zu lesen. Sehr gut hat er das Hinscheiden eingebunden in die Zeit, in der Heine seine letzte Zeit verbringt. Angenehm zu lesen, erhellend und mitfühlend, als säße man dem Sterbenden zur Seite, hat mich dieses Buch gefangen genommen und nachhaltig beeindruckt. Heine empfindet das Schreiten in Richtung des weißen Abgrunds nicht als negativ, sondern als Erlösung. So empfindet man es als Leser. Die Liebe zu Elise wird sehr deutlich dargestellt und die Tatsache, dass sie ihm die letzte Zeit ein wenig erleichtert, aber ist da nicht eventuell etwas anderes, was Elise ist ... ??? Ich möchte hier nicht mehr verraten, lest selbst ... Ich fand es außerdem angenehm, dass der Autor Heine-Ferse in den Roman eingebunden hat - immer an den passenden Stellen.

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Henning Boetius ist anscheinend keiner dieser Autoren, die man kennen müsste. „Man“ meint natürlich Leute, denen so etwas wichtig ist. Der gehobene Literaturbetrieb, der Suhrkamp- Intellektualismus. Boetius hat, Wikipedia und der offiziellen Biografie des Verlags zufolge, nie Preise gewonnen, stand auf keinen Short- oder Longlists oder wurde anderweitig zumindest zeitweise kanonisiert. Kurz und gut? Wenn ich Bücher zum Rezensieren anfrage, achte ich durchaus ein wenig auf solche Dinge. Nicht weil die Einordnung ins gehobenes Spektrum ernsthaft bessere Literatur erhoffen ließe. Doch immerhin, wenn man verreißen muss, lesen es so meist ein paar Leute mehr und man kann sich sagen, wenigstens versucht zu haben, eine Fehleinschätzung geradezurücken. Boetius‘ Der weiße Abgrund habe ich aber auch angefragt, weil es kurz ist und mich interessiert, wie „Kollegen“ mit Stoffen rund um historische Persönlichkeiten umgehen. Kurze Romane haben generell eine bessere Chance, gut zu sein. Sie legen zumindest schon einmal nahe, dass der Autor sich konzentrieren kann. Und wenn nicht, ist das Elend schneller vorbei. Der weiße Abgrund ist, wie bereits der Titel verrät, ein „Heinrich Heine Roman“. Genauer kreist der Text um die Sterbewochen und Monate des Dichters in Paris. Zum Inhalt muss eigentlich nicht viel mehr gesagt werden. Der Text startet mit einer bilderreichen, dichten, nicht ganz genau zu verortenden Szene in Norddeutschland. Ein kleines Seestück, das die folgenden Themen schon anklingen lässt. Wäre der ganze Roman in dieser poetischen Weise verfasst, ließe das einiges hoffen. Das zweite Kapitel dämpft aber gleich die Erwartungen. Hier wirft der Autor, nun in Paris, zahlreiche Berühmtheiten zusammen und berichtet in streng naturalistischer Weise vom Umfeld Heines. Tatsächlich bekommt man im Textverlauf das ein oder andere Mal das Gefühl, mehr eine literarisierte Biografie als einen Roman zu lesen. Aber: Diese Passagen werden immer wieder aufgefangen von dichteren, mit schönen Wendungen ohne Angst vor einem leichten Pathos, der dem Gegenstand gut zu Gesicht steht, und mit der Zeit fügen sich die beiden Erzählweisen organisch zusammen, als hätte es nie anders sein können. Der Reigen berühmter Zeitgenossen, der anfangs wie simples Name-dropping wirkte, wird mit Leben gefüllt; die Figuren werfen so auch ein neues Licht auf den Protagonisten Heine, dessen Alters- bzw. Sterbenserscheinung wenig zu tun hat mit dem Bild des licht-lustigen Romantikers mit Biss, das sich seine Leser meist machen. Ein herrliches Beispiel, das auch zum Einlesen taugt, sind etwa die drei Seiten, in denen sich der Arzt Heines und der Romantiker Nerval über den Tod austauschen, ehe der Dichter schon heim ins Totenreich zu tanzen beginnt. Nerval treffen wir später noch einmal wieder als den Verbreiter bestialischen Gestanks, als physischen Todesboten bei Heine. Der Hummer, den er gern an einer Leine ausführte, ist verstorben, doch Nerval kann sich nicht von ihm trennen. Gelungene Mischung Das nur ein Beispiel. Boetius mischt Verbürgtes, Erfundenes, anekdotisch Erhaltenes zu einem dichten kleinen Text, auch das Seestück vom Beginn wird zum Schluss wieder aufgefangen. Das ist deutlich stärker als etwa die so viel bemühtere Romanbiografie über Virginia Woolf von Michael Kumpfmüller, die ich kürzlich besprochen habe. Und ich sehe auch nicht, wie man behaupten könnte, dass dieses Heine-Buch hinter den romanbiographischen Werken gefeierter Großschriftsteller wie Härtling oder Echenoz, etwa zu Verdi oder Ravel, zurückfallen sollte. Ja, Der weiße Abgrund scheint mir gelungener als die beiden letztgenannten Werke, die doch vor allem ein Leben nacherzählen und das mit ein paar Gefühlen aus Perspektive der Gefeierten anreichern. Boetius versucht mit seinem Werk mehr, zeichnet ein wirklich vielschichtiges Bild und das mit einer Leichtigkeit und L e s b a r k e i t, die diesen Roman und damit ein paar interessante Gedanken über Leben, Sterben und Dichtung für wirklich alle Leser zugänglich macht, die sich dafür begeistern können. Der weiße Abgrund ist prätentionslos, ja, aber man wird nie den Drang verspüren, das Buch aus der Hand zu legen. Ich sehe wirklich nicht, warum nicht auch ein solcher Text für Buchpreise in den Blick genommen werden sollte, statt immer wieder diese literarischen Experimente zu bemühen, die eigentlich einfachen Stoffen unnötige Zugangsbeschränkungen in den Weg bauen, und die in ihrem Experimentieren ja noch nicht einmal originell sind, sondern als Modernismus mit angezogener Handbremse das wirklich Wagemutige, was seit Beginn des 19. Jahrhunderts vorgelegt wurde, vorverdaut für das Bildungsbürgertum erträglich machen. Und dann teils noch mit Stoffen kombinieren, bei denen kaum ersichtlich ist, warum sie nach gerade dieser Form verlangen. Der weiße Abgrund dagegen ist zugänglich, doch gut geschrieben. Durchaus modern, ein Text, der einerseits nach 21. Jahrhundert klingt, andererseits jedoch so, dass die Figuren aus dem 19. darin nicht wie Fremdkörper wirken. Nein, dieser Roman müsste keinen Preis gewinnen. Aber es wäre auch kein Fehler, täte er es. Und den Autor darf man sich zur häufigeren Lektüre merken.

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Nicht nur literaturhistorisch interessierte Leser dürfte der im Juli im btb-Verlag erschienene Roman „Der weiße Abgrund“ von Henning Boëtius (81) begeistern, sondern alle Freunde der klassischen Literatur deutscher Sprache. Sprachlich grandios und überaus lebendig, auch für fachlich Unkundige leicht zu lesen, beschreibt der für die Literaturgeschichte des 19. Jahrhunderts ausgewiesene Fachmann die letzten Jahre und Wochen des Dichters Heinrich Heine (1797-1856) auf dem Sterbebett in seiner kleinen Pariser Wohnung, bescheiden möbliert mit Möbeln vom Flohmarkt. Fast glaubt man als Leser, auf Heines Bettkante zu sitzen und ihm beim Hinscheiden in den „weißen Abgrund“ zu beobachten. Der sterbenskranke Mittfünfziger ist längst kein Revolutionär mehr, weshalb er vor 20 Jahren nach Anfeindungen wegen seiner jüdischen Herkunft und seiner politischen Ansichten mit nachfolgendem Publikationsverbot ins Pariser Exil auswich. „Körperliches Leiden macht reaktionär“, vermutet Boëtius und fährt fort: „In den letzten Monaten seines Lebens, befreit von vielen ablenkenden Zwängen irdischen Daseins ... schreibt Heine seine besten Texte.“ Schon seit den 1830er Jahren leidend, seit 1848 in seiner „Matratzengruft“ dahinsiechend, während draußen die Industrialisierung voranschreitet und Paris sich auf die Weltausstellung vorbereitet, kann Heine schon lange nicht mehr an gesellschaftlichen Treffen in den Salons der Pariser Bohème teilnehmen. „Kein Wunder, dass sich Heine angesichts dieser Entwicklung wie ein Fossil vorkommt, dessen Reimereien nur noch ein schwaches Echo sind, zurückgeworfen vom Waldrand der Vergangenheit.“ Stattdessen empfängt der immer noch von vielen bewunderte, von manchen beneidete und von einigen auch ausgenutzte Dichter alte Freunde und neue Bekannte am Krankenbett. „Er hat viel Besuch in diesen Tagen. So etwas wie ein Leichenzug, der hinter einem Sarg herläuft. Dabei ist er noch gar nicht tot, aber er scheint für viele so etwas wie ein interessanter lebender Leichnam zu sein. …. Er ist ein sterbender König, mit seinem winzigen Dreizimmer-Versailles, seinem kleinen Hofstaat, seinen Schranzen, seinen Günstlingen, seiner Mätresse.“ Heine fürchtet sich nicht vor dem Tod, zumal der „weiße Abgrund“ für den Schwerkranken eher Erlösung ist. „Er findet ihn nur ärgerlich, zu banal, zu phantasielos, ein Philister des Nichts.“ Trost gibt ihm seine letzte große, wenn auch platonische Liebe Elise Krinitz, die als Heines Bewunderin hofft, ihn als Mentor für eigene literarische Ambitionen zu gewinnen. Ist sie es wirklich, die auf Druck ihres Freundes, des Schriftstellers Alfred Meißner, des Dichters Sterben durch mit Blei vergifteten Wein beschleunigt? Heines Leibarzt David Gruby erstattet jedenfalls nach dessen Tod bei der Polizei Anzeige: Heine sei sich zwar sicher gewesen, an Syphilis erkrankt zu sein. Doch extremes Erbrechen, die Koliken, wochenlang anhaltende Verstopfung, die Lähmung der Gliedmaßen, „all das passt eher zu einer Bleivergiftung“, zumal Heines Schaffenskraft bis zum Ende niemals nachließ. Boëtius schildert, wie Heine sein Schicksal mit beißender Ironie und Sarkasmus erträgt. Dem Sterben und Tod des Dichters hält der Autor Heines Spott über das Leben und seine Künstlerkollegen entgegen, wodurch dem Autor ein sehr "lebendiger" Roman gelungen ist. Wunderbar beschrieben ist vor allem der Abend im Salon seines Arztes, bei dem wir unter den illustren, doch Karikaturen ihrer selbst ähnelnden Gästen auf George Sand und Louise Colet, Liszt, Chopin und Berlioz, Baudelaire, Hugo und Nerval treffen, auch auf Gustave Flaubert, der gerade Stoff für eine Enzyklopädie der menschlichen Dummheit sammelt. Henning Boëtius' schmales Buch „Der weiße Abgrund“ ist dagegen ein erfreulich intelligenter Roman, von einem Kenner der Szene verfasst. Wer durch dieses Buch von Heines Sterben erfahren hat, wird sich anschließend gern über Heines Leben informieren wollen.

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Nicht nur literaturhistorisch interessierte Leser dürfte der im Juli im btb-Verlag erschienene Roman „Der weiße Abgrund“ von Henning Boëtius (81) begeistern, sondern alle Freunde der klassischen Literatur deutscher Sprache. Sprachlich grandios und überaus lebendig, auch für fachlich Unkundige leicht zu lesen, beschreibt der für die Literaturgeschichte des 19. Jahrhunderts ausgewiesene Fachmann die letzten Jahre und Wochen des Dichters Heinrich Heine (1797-1856) auf dem Sterbebett in seiner kleinen Pariser Wohnung, bescheiden möbliert mit Möbeln vom Flohmarkt. Fast glaubt man als Leser, auf Heines Bettkante zu sitzen und ihm beim Hinscheiden in den „weißen Abgrund“ zu beobachten. Der sterbenskranke Mittfünfziger ist längst kein Revolutionär mehr, weshalb er vor 20 Jahren nach Anfeindungen wegen seiner jüdischen Herkunft und seiner politischen Ansichten mit nachfolgendem Publikationsverbot ins Pariser Exil auswich. „Körperliches Leiden macht reaktionär“, vermutet Boëtius und fährt fort: „In den letzten Monaten seines Lebens, befreit von vielen ablenkenden Zwängen irdischen Daseins ... schreibt Heine seine besten Texte.“ Schon seit den 1830er Jahren leidend, seit 1848 in seiner „Matratzengruft“ dahinsiechend, während draußen die Industrialisierung voranschreitet und Paris sich auf die Weltausstellung vorbereitet, kann Heine schon lange nicht mehr an gesellschaftlichen Treffen in den Salons der Pariser Bohème teilnehmen. „Kein Wunder, dass sich Heine angesichts dieser Entwicklung wie ein Fossil vorkommt, dessen Reimereien nur noch ein schwaches Echo sind, zurückgeworfen vom Waldrand der Vergangenheit.“ Stattdessen empfängt der immer noch von vielen bewunderte, von manchen beneidete und von einigen auch ausgenutzte Dichter alte Freunde und neue Bekannte am Krankenbett. „Er hat viel Besuch in diesen Tagen. So etwas wie ein Leichenzug, der hinter einem Sarg herläuft. Dabei ist er noch gar nicht tot, aber er scheint für viele so etwas wie ein interessanter lebender Leichnam zu sein. …. Er ist ein sterbender König, mit seinem winzigen Dreizimmer-Versailles, seinem kleinen Hofstaat, seinen Schranzen, seinen Günstlingen, seiner Mätresse.“ Heine fürchtet sich nicht vor dem Tod, zumal der „weiße Abgrund“ für den Schwerkranken eher Erlösung ist. „Er findet ihn nur ärgerlich, zu banal, zu phantasielos, ein Philister des Nichts.“ Trost gibt ihm seine letzte große, wenn auch platonische Liebe Elise Krinitz, die als Heines Bewunderin hofft, ihn als Mentor für eigene literarische Ambitionen zu gewinnen. Ist sie es wirklich, die auf Druck ihres Freundes, des Schriftstellers Alfred Meißner, des Dichters Sterben durch mit Blei vergifteten Wein beschleunigt? Heines Leibarzt David Gruby erstattet jedenfalls nach dessen Tod bei der Polizei Anzeige: Heine sei sich zwar sicher gewesen, an Syphilis erkrankt zu sein. Doch extremes Erbrechen, die Koliken, wochenlang anhaltende Verstopfung, die Lähmung der Gliedmaßen, „all das passt eher zu einer Bleivergiftung“, zumal Heines Schaffenskraft bis zum Ende niemals nachließ. Boëtius schildert, wie Heine sein Schicksal mit beißender Ironie und Sarkasmus erträgt. Dem Sterben und Tod des Dichters hält der Autor Heines Spott über das Leben und seine Künstlerkollegen entgegen, wodurch dem Autor ein sehr "lebendiger" Roman gelungen ist. Wunderbar beschrieben ist vor allem der Abend im Salon seines Arztes, bei dem wir unter den illustren, doch Karikaturen ihrer selbst ähnelnden Gästen auf George Sand und Louise Colet, Liszt, Chopin und Berlioz, Baudelaire, Hugo und Nerval treffen, auch auf Gustave Flaubert, der gerade Stoff für eine Enzyklopädie der menschlichen Dummheit sammelt. Henning Boëtius' schmales, nur 190-seitiges Buch „Der weiße Abgrund“ ist dagegen ein erfreulich intelligenter Roman, von einem Kenner der Szene verfasst. Boëtius schafft es, mit seiner kurzen Romanbiografie auch solchen Lesern einen der bedeutendsten deutschen Dichter näher zu bringen, die sich mit Heinrich Heine noch nie zuvor befasst haben. Wer durch dieses Buch von Heines Sterben erfahren hat, wird sich anschließend gern über Heines Leben informieren wollen.

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Ob Heinrich Heine wohl trotz oder wegen seines chronischen Leidens noch im hohen Alter voller Schaffensdrang war? Von dieser letzten Lebensphase Mitte des 19. Jahrhunderts, die der Dichter in Paris verbrachte, handelt dieses Buch. Während Heine ans Bett gefesselt unter Kopfschmerzen, Schwindelanfällen und nachlassender Sehkraft leidet, geht seine Frau Mathilde gerne aus und trifft sich mit ihren Freundinnen zum Essen. Er denkt an all die Dinge, die er nun nicht mehr genießen kann wie durch die Stadt zu flanieren, ans Meer zu fahren oder schöne Frauen zu verführen und gibt dem Leser auf die Weise Einblick in sein vergangenes Leben. Er erinnert sich auch an frühere Verse, die inhaltlich passend eingebunden werden. Immerhin hat der kranke Poet einen Leidensgenossen, denn aus seiner Sicht leidet auch die Stadt Paris unter den städtebaulichen Maßnahmen, die Lärm und Hektik verbreiten. Die Beschreibung seines körperlichen Verfalls ist sicher nicht angenehm zu lesen, doch Boëtius‘ spöttischer Witz und seine Ironie verleihen der Geschichte Leichtigkeit und Heiterkeit. Besonders amüsant erzählt er von einem Essen, zu dem Heines Arzt David Gruby geladen hat und so illustre Gäste wie Gustave Flaubert, Alfred de Musset, Gustave Courbet oder Gérard de Nerval um sich versammelt. Dort kommen zum ersten Mal auch Heines geplante Memoiren zur Sprache, die im weiteren Verlauf eine zentrale Rolle spielen und um dessen Verbleib sich viele Legenden ranken. Das Porträt der letzten Lebensjahre ist ebenso interessant zu lesen wie die Szenen aus der Pariser Bohème und den literarischen Salons.

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