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Rezensionen zu
Gullivers Reisen

Jonathan Swift

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€ 28,00 [D] inkl. MwSt. | € 28,80 [A] | CHF 37,90* (* empf. VK-Preis)

Gullivers Reisen von Jonathan Swift gehört gleichermaßen zu den bekanntesten und meistgekürzten Werken der Weltliteratur. Auch ich las als kleiner Junge lediglich die zensierten Fassungen und war gespannt, wie sich das Leseerlebnis mit der ungekürzten Fassung gestalten sollte. Jonathan Swift führte ein Leben im Zeichen des Widerstandes. Sein Vater verstarb bereits vor seiner Geburt und so wurde er von seinen Verwandten aufgezogen. Auf Wunsch eines Onkels absolvierte er ein Theologiestudium, das er nur mit viel Wohlwollen bestand. Er wurde zwar Priester, legte in diesem Beruf aber keine große Karriere hin. Das lag zum einen daran, dass er sich politisch auf die falsche Seite stellte und zum anderen an seinen satirischen Werken, in denen er unverblümt Missstände anprangerte. Diese Schriften verfasste er zwar zum größten Teil anonym, doch seine Identität war ein offenes Geheimnis. Sein Einfluss in der Bevölkerung war dadurch sogar so groß, dass sich keine Obrigkeit traute, ihn wegen seinen Schriften zu belangen. Gullivers Reisen reiht sich somit nahtlos in sein Schaffen als Autor ein. Man kann dieses Buch irgendwo zwischen phantastischer Reiseliteratur und Satire einordnen. Zu dieser Zeit erlebten (fiktive) Reiseberichte einen Boom und der belesene Swift war sich dessen durchaus bewusst: Er kopierte einige typische Eigenschaften dieser Gattung und verdeckte damit zumindest oberflächlich seine Gesellschaftskritik. So erleben wir die Geschichte zwar aus der Perspektive Gullivers, aber vor und nach der Handlung sind fiktive Briefe und Erläuterungen des vermeintlichen Herausgebers und Autors beigefügt. Wie bei Defoe finden sich auch hier vermeintlich präzise Zeit-, Positions- und Maßangaben, die dem Leser Authentizität vorgaukeln sollen. Als Autor benutzt Swift dabei gerne ausufernde Sätze und nicht enden wollende Aufzählungen, die die Aufmerksamkeit des Lesers fordern. Das muss man mögen, ansonsten droht schnell Langeweile oder Überforderung. Die ersten beiden Reisen ermöglichen es dem Autor die englische Gesellschaft aus unterschiedlichen Perspektiven zu kritisieren, auf Liliput etwa im Miniaturformat, um die großen Zusammenhänge zu beleuchten und auf Brobdingnag mit der Lupe, um mit deutlichen Worten Missstände anzuprangern. Auf seiner dritten Reise begegnet Swift vor allem verkopften Geisteswissenschaftlern, die völlig den Bezug zur Realität verloren haben. So etwa in der Universität von Lagado, in der sich innovative Wissenschaftler hoffnungsvollen Projekten, wie etwa der Gewinnung von Sonnenlicht aus Gurken oder der Abschaffung der gesprochenen Sprache, widmen. Seine Schilderungen sind dabei gespickt von Angriffen gegen zahlreiche Wissenschaftler der damaligen Zeit. Seine vierte und oft unterschlagene Reise führt ihn auf eine Insel, auf der die pferdeartigen Houyhnhnms herrschen und menschenähnliche Yahoos als und Nutztiere halten. Diese Reise soll ihn prägen, da sich die Houyhnhnms als moralisch überlegen herausstellen und ein Leben führen, in dem Begriffe wie Böse oder Lüge gar nicht existieren. Als er die Insel verlassen muss, bricht ihn das innerlich. Zu verhasst sind ihm die Yahoos, wie er die Menschen von da an nennt. Sie werden von kaum mehr als ihren Instinkten beherrscht und betrügen und belügen sich gegenseitig am laufenden Band. Hat er zuvor vornehmlich die Verhältnisse in England kritisiert, so wechselt hier der Schwerpunkt seiner Kritik auf die ganze Menschheit. Fazit: Gullivers Reisen ist ein Buch, dessen volle Bedeutung mir sich erst durch die Übersetzung von Christa Schuenke erschloss. Es handelt sich um keine klassische Abenteuergeschichte, sondern um eine bitterböse Satire über die englische Gesellschaft und im weiteren Verlauf über die Menschheit im Allgemeinen. Ein zeitloser Klassiker!

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„Gullivers Reisen“ von Jonathan Swift führen seinen Namensgeber Lemuel Gulliver bekanntermaßen zu vielfältigen, fantastischen Begegnungen allerorts. In das Land der Lilliputaner über das der Riesen bis hin zu einer schwebenden Insel, auf der geistig große Ablenkung herrscht. Wissenschaftliche Projekte beschäftigen die nächste Station, Geister erscheinen darauffolgend und die Kehrseite von Unsterblichkeit erörtert die Insel Luggnagg. Als Letztes öffnen sprechende Pferde Gulliver die Augen über seine eigene menschliche, selbstzerstörerische Rasse und lassen ihn vor sich selber ekeln. Überspitzte, pure Satire an die Gesellschaft des 18. Jahrhunderts eint seine Reisen, zum Teil etwas langatmig als Reisetagebuch beschrieben, aber wie immer wunderschön in der neuen Bibliothek des Manesse Verlags.

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Startschwierigkeiten, dann im Sog Ich habe Gullivers Reisen in der wunderbaren deutschen Übersetzung von Christa Schuenke gelesen. Nach einigen Startschwierigkeiten, weil ich die Sprechweise, die Swift für seinen Gulliver erdacht hat, als gekünstelt und anstrengend empfand, hatte ich mich spätestens nach dem ersten Teil an die floskelhafte Sprache gewöhnt. Dann konnte ich mich an Swifts Fabulierkunst erfreuen, denn die Abenteuer, die er seinen Reisenden erleben lässt, werden von Fahrt zu Fahrt bunter, wilder und verrückter. In der Manesse-Ausgabe, die ich gelesen habe, berichtet die Übersetzerin Schuenke von den Schwierigkeiten, vor denen sie bei der Übersetzung stand und freue mich, dass sie sich schließlich für wunderbare Worte wie „Neubegierde, Sacktuch (Taschentuch) und gezwungenlich (zwangsläufig)“ entschieden hat. Satirisch, bissig, misanthrop Jonathan Swift spielt mit seinem Leser ein literarisches Verwirrspiel. Dem Werk ist das Vorwort des fiktiven Herausgebers Richard Sympson vorangestellt. Dieser ist der Cousin des fiktiven Autors Lemuel Gulliver. Damit nahm Swift zu damaligen Zeit schon so manchen Leser auf den Arm; einige brüsteten sich gar damit, die fiktive Figur Gulliver persönlich zu kennen. Überrascht war ich von der Schärfe, mit der Swift Korruption, Standesunterschiede und die menschliche Natur im Allgemeinen anprangert. In Lilliput liest der Leser über die Spitzen gegen das britische Königshaus noch leicht hinweg. Zum Glück gibt es einen ausführlichen Anhang mit gut 200 Endnoten; viele zeitgenössische Witze sind ohne Hilfestellung heute gar nicht mehr zu verstehen. Spätestens im letzten Teil lässt Swift seinen Protagonisten den Glauben an das Gute (und die Vernunft) im Menschen vollends verlieren. Sein Gulliver ist angeekelt von menschlicher Gesellschaft und seine Kritik ist durch und durch misanthrop. Unappetitliche Gesellschaftskritik Während die ersten beiden Teile durchaus noch als Jugendliteratur durchgehen, verliert sich diese Eigenschaft bei Teil III und IV völlig. Zwar wird in diesen Teilen alles fantastischer, fast schon Science-Fiction-lastig, doch steht hier Gesellschaftskritik im klar Vordergrund. Diese untermauert der Protagonist in seinen Reden mit teils unappetitlichen Vergleichen und sexuellen Bezügen (siehe obiges Zitat zum Adel). Sein Abscheu vor der Menschheit findet sein Äquivalent in der Verrohung seiner Sprache. Fazit Alle vier Teile von Jonathan Swifts „Gullivers Reisen“ waren die Lektüre wert. Wer nur den ersten Teil liest und auf Lilliput verweilt, hat nicht einmal den halben Spaß. Durch die ausführlichen Anmerkungen im Anhang meiner Ausgabe habe ich in englischer und in römischer Geschichte was dazu gelernt. Hat man sich erst mit der umständlichen Sprache des Protagonisten arrangiert, ist der Weg frei für Swifts unterhaltsame Fabulierkunst und satirisches Talent.

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