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Rezensionen zu
Die Anatomie des Erwachens

Eleanor Catton

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€ 10,99 [D] inkl. MwSt. | € 11,30 [A] | CHF 15,50* (* empf. VK-Preis)

Was Eleanor Catton hier mit gerade einmal Anfang zwanzig geschaffen hat, ist wahrlich bewundernswert. Im Fokus dieses Romans über das Erwachsenwerden stehen eine Reihe von Jugendlichen und ihre ersten Erfahrungen im Bereich Beziehung und – wie sollte es auch anders sein – Sexualität, die gleichzeitig aber auch erstickt und beeinflusst wird von den Vorstellungen, Ansichten und Leitlinien der Erwachsenen. Im Fokus des Buches steht ein Skandal. Victoria, eine achtzehnjährige Schülerin, hat eine Affäre mit ihrem Musiklehrer. Sie wird von der Schule suspendiert, er verliert seinen Job. Der eigentliche Verlauf der Affäre bleibt hierbei im Dunkeln, verborgen hinter einer Reihe von anderen Geschichten und Perspektiven. Letztendlich aber fungiert der Skandal als Bindeglied zwischen zwei Handlungssträngen. Da wären die Saxophonlehrerin und ihr Studio, in dem sie ihre Schülerinnen nicht nur unterrichtet, sondern auch mit fast schon voyeuristischer Begeisterung beobachtet und seziert. Durch die Eltern der Schülerinnen als auch durch die jungen Mädchen selbst – eine davon Victorias Schwester Isolde – wird der Skandal in das Studio getragen, schwingt mit zwischen den Zeilen, vermischt sich mit den Geschichten der anderen Charaktere. Vorhang auf für den zweiten Haupthandlungsstrang: Eine Gruppe von Theaterstudenten nimmt die Affäre als Anlass, ein Stück zu inszenieren. Beweggründe, Verhaltensweisen und Charaktere werden zerlegt, auf körperlicher und emotionaler Ebene. Die Grenzen verschwimmen, Wahrheit und Fiktion vermischen sich. Keiner der Charaktere, die Catton zu Wort kommen lässt, weiß tatsächlich, was zwischen Victoria und dem Musiklehrer geschehen ist. Aus Fragmenten setzen sie sich ihre Version der Dinge zusammen, und auch der Leser selbst ist dazu verdammt, sich diesem Puzzlespiel zu stellen, bei dem Szenen langsam ineinander fallen wie ein Satz Spielkarten. Vergangenheit und Gegenwart überlappen, Imagination wird zu Realität, wenn sich die unterschiedlichen Perspektiven vermischen, und selbst die Ansichtsweisen der Erwachsenen, die in ihrer idealen Rollenwelt gefangen sind, in der sie selbst fehler- und tadellos daherkommen, unzuverlässig erscheinen. Catton testet mit „Die Anatomie des Erwachens“ die Grenzen des Erzählens, die Grenzen ihrer eigenen Fähigkeit als Schreiberin. Der Roman bietet bei aller Liebe keinen leichten Stoff, und gerade zu Beginn fühlt sich der Leser zwischen den einzelnen Fragmenten von Szenen und dem wechselnden Erzählstil, der den Ton der Teenager mit knallhartem Realismus und theatralischem Ausdruck vermischt, vor allem zu Beginn allein gelassen. Doch genau wie man den Charakteren Zeit lassen muss, ihre Ängste und ihr Verlangen zum Ausdruck zu bringen, muss sich der Leser selbst Zeit lassen, hinter die Kulissen zu schauen. In „Die Anatomie des Erwachens“ findet Eleanor Catton ihren ganz eigenen Ton, um eine Geschichte über das Erwachsenwerden zu erzählen. Mit einem Ohr für den Zauber der Sprache und der Macht des geschriebenen Wortes, dem Wissen um die Kraft der Musik und den Zauber des Theaters, hat Catton einen brutalen, ehrlichen und faszinierenden Roman geschaffen, der die eigene Selbstinszenierung und deren Wirkung nach außen untersucht, der wie die Jugendlichen in der Pubertät verschiedene Identitäten untersucht und fallen lässt. „Die Anatomie des Erwachens“ ist vielleicht nicht perfekt, doch was ist schon perfekt? Virtuos geschrieben ist Cattons Roman aber definitiv ein Werk, welches man lesen sollte.

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