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Rezensionen zu
Spiel der Zeit

Ulla Hahn

Die Geschichte der Hilla Palm (3)

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"Vorsicht Spoiler" Die ersten beiden Teile von Ulla Hahns autobiographisch inspiriertem Bildungsroman, „Das verborgene Wort“ und „Aufbruch“, habe ich mit Begeisterung gelesen. Sie erzählen die Geschichte von Hilla, die in den 1950ern und 60ern in einem Dorf in der Nähe von Köln aufwächst. Hilla ist hochbegabt und bildungshungrig, aber sie ist auch eine „katho-lische Arbeitertochter vom Lande“, wie Rolf Dahrendorf in einer Studie in den 1960ern die soziale Gruppe definiert hat, die damals die größte Bildungsbenachteiligung ausgesetzt war. Im dritten Band, „Spiel der Zeit“, hat Hilla sich gegen ihre Familie durchgesetzt und entgegen aller Wahrscheinlichkeit doch einen Studienplatz ergattert. Der Roman begleitet sie, wie sie in der Großstadt, im Studium und der Achtundsechziger-Bewegung abkommt. Diesmal habe ich etwa 50 Seiten gebraucht, bis mich der Roman gefesselt hat. Zum einen lag das daran, dass seit der Lektüre des zweiten Bandes mehrere Jahre vergangen sind und ich mich an manche Details und Nebenfiguren nicht mehr genau erinnert habe. (Insofern empfiehlt sich der Roman auch nur eingeschränkt für diejenigen, die die beiden ersten Teile nicht kennen.) Zum anderen hat Ulla Hahn stärker als in den vorherigen Bänden eine zweite Erzählebene eingeführt, auf der sie die Handlung kommentiert und einordnet. So erklärt sie gleich zu Beginn den Ausgangspunkt der Handlung und ihre Motivation als Autorin: „Hilla Palm ist aus Dondorf weg, nach Köln, studiert dort Germanistik und Geschichte, wohnt in einem Haus für katholische Studentinnen, dem Hildegard-Kolleg. Und nur wegen ihr mache ich mich jetzt an den dritten Band, denn wie gesagt, ich kann sie doch nicht hängen lassen, verkommen lassen nach dieser Nacht auf der Lichtung im Krawatter Busch.“ Es hat sich aber gelohnt, trotz des etwas sperrigen Einstiegs weiterzulesen, denn Ulla Hahn beschreibt die Achtundsechziger aus einer Perspektive, die selten ist: Als Teilnehmerin, aber eben als Katholikin, Frau und Arbeiterkind mit einem anderen Blickwinkel als der Großteil der Achtundsechziger. Einerseits sympathisieren sowohl Hilla als auch die Autorin Ulla Hahn mit den Studierenden, die eine gerechtere Gesellschaftsordnung fordern. Andererseits werden die blinden Flecken der Bewegung deutlich. Auf einer Party erzählt ein Student aus gutem Hause empört, wie er die Arbeiter einer nahen Fabrik vergeblich zum Klassenkampf aufgerufen habe und dafür nur ausgelacht worden sei. In der darauf folgenden Diskussion mehrerer junger, gutsituierter Männer bleibt Hilla stumm. Dabei ist sie die einzige, die aus einer Arbeiterfamilie stammt, selbst als Jugendliche am Band gearbeitet hat und dabei sogar einmal erfolgreich einen Streik für bessere Arbeitsbedingungen organisiert hat. Aber so weit reicht der Gleichheits-anspruch dann doch nicht, dass nun sogar Mädchen aus der Unterschicht nach ihrer Meinung gefragt würden… Insofern bleibt Hilla eher am Rand der Bewegung. Dazu trägt auch bei, dass sie als Germanistik-Studentin mit einer Vorliebe für Sprachspiele die Rhetorik von Dutschke & Co nie richtig ernst nehmen kann. Einige der amüsantesten Szenen des Buches beschreiben, wie sie mit ihrem Freund Hugo Zitate aus der Mao-Bibel auf Alltagssituationen wie das schlechte Mensa-Essen anwendet. Das zweite große Thema von „Spiel der Zeit“ ist die Frage, wie man trotz schlimmer Erfahrungen und schlechter Startbedingungen ein glückliches Leben führen kann. Ulla gelingt es mit Hugos Unterstützung, sich mit dem traumatischen Erlebnis, das ihr zwei Jahre vorher zugestoßen ist, soweit zu arrangieren, dass es nicht mehr ihr Leben dominiert. Und sie söhnt sich mit ihrer Familie aus. Für mich als Leserin unerwartet gelingt es ihr nun, da sie nicht mehr daheim wohnt, eine positive Beziehung zu ihren Eltern aufzubauen und selbst ihrem Vater sein früheres Verhalten zu verzeihen. Und den Eltern gelingt es ihrerseits, endlich einmal stolz auf Hilla zu sein und sie – wenn auch widerwillig – sogar zu unterstützen. Somit endet „Spiel der Zeit“ versöhnlicher als die beiden Vorgänger-Romane. Wie es mit Hilla weitergeht, wird schließlich der vierte Band der Reihe zeigen, der letzten Herbst auch schon erschienen ist.

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Hildegard Palm, Protagonistin der Romantrilogie von Ulla Hahn, ist zurück. Im dritten Teil ist die Tochter einer rheinischen Arbeiterfamilie aus dem ländlichen Dondorf nach Köln gezogen, um Germanistik zu studieren. Die Kornblumen auf dem Buchcover symbolisieren die Wanderschaft. Passend dazu unternehmen wir gemeinsam mit Hildegard, kurz Hilla genannt, einen Streifzug durch die Stadt, „gehen, sehen und lauschen“ und nehmen die geballten Eindrücke in uns auf. Die Sprachverliebtheit und Fabulierkunst der Autorin ist dabei so einnehmend, dass sich sogar die Vorführung eines modernen Mixers in einer Einkaufspassage höchst amüsant und spannend liest. Wie in den 60er Jahren die Technik Einzug in den Wohnungen hält, ist nur ein Aspekt, der den damaligen Zeitgeist vor unseren Augen aufleben lässt. Hilla lebt sich im katholischen Studentinnen-Kolleg ein und hört auf Feten Songs der Beatles und Rolling Stones. Auf einer Kostümparty verliebt sie sich in den vermögenden Intellektuellen Hugo, der ihre Liebe zur Poesie teilt und sie geistig anfeuert. Er ist es auch, der ihr hilft, ein düsteres Kapitel in ihrer Vergangenheit aufzuarbeiten. Mit Hugo an seiner Seite ist Hilla in der Lage, ein neues Leben zu beginnen. Ihm zuliebe nimmt sie an Friedensdemonstrationen, Teach-Ins und Grundsatzdiskussionen teil, obwohl sie mit Politik nicht viel am Hut hat. Offen gibt sie zu, dass sie sich viel lieber mit ihrer literarischen Arbeit zu Hause beschäftigen würde. Was diese autobiografisch gefärbte Erzählung zu etwas Besonderem macht, ist der Bezug zur Sprache, der die gesamte Trilogie durchzieht. Die Autorin beschäftigt sich eingehend damit, welchen Einfluss Wörter und ihr Gebrauch auf unser Leben haben. Das Aussprechen von Wörtern kann helfen, ein Trauma zu bewältigen oder Ängste zu überwinden. Ein Wort wie „Student“ kann durch gesellschaftliche Ereignisse völlig andere Assoziationen wecken, von akademischer Unnahbarkeit bis hin zu Gammler und Randalierer. Sprachbegeisterte wie ich werden ihre Freude an diesen Exkursen haben; alle anderen könnten es als langatmig empfinden, wenn Hilla und Hugo sich mit Schiller, Nietzsche oder Hölderlin beschäftigen und detaillierte Textanalysen betreiben. So überzeugt der dritte Teil der Hilla-Romane vor allem durch die Sprachkraft und das interessante Gesellschaftspanorama und weniger durch eine spannende Handlung.

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Die Hahn`sche Verschmelzung von Erfindung und Erfahrung, von Fiktion, Autobiographie und „Bei-gebrachtem“ – wir nehmen sie ihr erneut ab, schlüpfen in ihre Haut, als sei es die unsere: Ihre erste Nacht im katholischen Studentenwohnheim, ihre ersten Seminare an der Kölner Universität oder der Kampf mit ihrer inneren „Kapsel“, in der sie das Trauma der Vergewaltigung auf der Lichtung im Krawatter Busch einzuschließen versucht. Vom ersten eigenen Geld – ein Stipendium nach Honnefer Modell macht´s möglich – kauft sie dem Vater einen Saftmixer bei Karstadt. Die Eltern, die Oma, der Bruder – Hillas Herkunft redet dazwischen, derb und auf Kölsch. Der Dialekt durchzieht auch diesen Band wieder wie ein Jeck: Was für ein Vergnügen, den Dondorfern zuzuhören! Aber für Hilla ist es nicht ganz so lustig. Sie will da raus. Doch noch ist sie ganz eingeschnürt in die Vergangenheit, ganz Raupe, zum Karneval verkleidet sie sich als solche, mit Kissen ausgestopft bis zur Unkenntlichkeit. Und wird doch entdeckt von einem Käfer, von Hugo aus wohlhabendem Haus. Er wird Hillas große Liebe, auch er ein Geschädigter, Hugo hat einen Buckel und sein Elternhaus klirrt vor Kälte. Umso wärmer haben es die beiden miteinander. Sprachverliebt und lebenshungrig verhelfen sie sich gegenseitig zur Entpuppung. Das jungen Paar stellt die Frage nach der Verantwortung von Literatur angesichts der Wirklichkeit, nach dem Verhältnis von Geist und Realität, Theorie und Tat. Dutschke wird von einer Kugel getroffen, Hilla von Ezra Pound, und vom Attentat liest sie erst in der Zeitung. Ihre Reflexion definiert eine Enklave im Wirbel der Revolte. Literatur als Auge im Sturm? Als Inne-werdendes Bewusstsein? So wie Hilla ihre Nase in die Angelegenheiten von Spartakus, Teach-ins, RCDS und Hörsaal-Demos steckt, ohne dort eine Rolle zu spielen, so steckt die Autorin die ihre in den fortlaufenden Text und meldet sich ganz plötzlich zu Wort: „Wurde cool in den späten Sechzigern schon gebraucht wie heute? Ich habe es überprüft: ja.“ Da hält der große Text auf einmal inne und muss einer kleinen vorwitzigen Stimme stattgeben, um dann, wie nach einem Schluckauf, weiter dem Lauf der Dinge zu folgen. Es sind sprachspielerische und selbstreflexive Knüppel, die sie dem Text zwischen die Beine wirft, und womöglich übertreibt es Ulla Hahn etwas, wenn sogar Verweise auf das noch ausstehende dichterische Werk Hillas auftauchen und Ulla Hahn damit ihre eigenen Veröffentlichungen phantasiert. Alles ist möglich dem, der da schreibt, und es mag Teil des Spiels sein, das Ulla mit Hilla und der Sprache treibt, aber man hat bisweilen nicht übel Lust, der Autorin ein „Psst!“ zuzuzischen, um nicht abgelenkt zu werden von Hilla. Denn es sind ihre Geschichten, die davon erzählen, wie Geschichte entsteht, das Spiel der Zeit, und wie es geht. Und es ist wiederum ein Zeichen der ersten Güte dieses Romans, dass die Figur Hilla dies vermag: Der eigenen Autorin weit überlegen zu sein an Anziehungskraft und Unbedingtheit. Dass es noch einen weiteren Band mit Hilla geben wird, gehört nach der Lektüre denn auch zu den schönsten Nachrichten des Tages.

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Schon seit ich im Frühjahr 2013 in der DVA-Vorschau gesehen hatte, dass Ulla Hahn endlich den dritten Teil der Trilogie um ihr Alter Ego Hilla Palm geschrieben hat, war ich hibbelig – und vor ein paar Wochen lag das Buch endlich in meinem Briefkasten. Vielen Dank an DVA für mein Leseexemplar! Warum diese große Begeisterung? Wie kürzlich schon einmal erwähnt, hatte Band 1 der Trilogie, „Das verborgene Wort“, maßgeblichen Anteil an meiner späteren Studien- und damit auch Berufswahl. Dieser Roman (den ich mit 16 Jahren gelesen habe), hat meine ohnehin schon ziemlich ausgeprägte Liebe zur Literatur geradezu potenziert und einiges in mir bewirkt – bis hin zum Literaturstudium und späterer Anstellung in einem Verlag :-) Auch den zweiten Band, „Aufbruch“, in dem wir Hilla während ihrer Jugendjahre und dem allmählichen Erwachsenwerden begleiten, habe ich in kurzer Zeit verschlungen. Worum geht es nun in „Spiel der Zeit“? Wir treffen Hilla als frischgebackene Studentin in Köln. Im turbulenten Jahr 1968 versucht sie hier heimisch zu werden, erkundet die Welt der Sprache, genießt die Freiheit des Denkens und sehnt sich nach Orientierung im Leben. Sie liest sich durch die großen Theoretiker der deutschen Literaturwissenschaft, besucht erste Demos und lernt zwischen Literaturseminaren und „Ho-Ho-Ho-Chi-Minh“ ihre erste Liebe kennen: Hugo, der auf intellektueller wie auch körperlicher Ebene ein Seelenverwandter zu sein scheint. Es wird diskutiert und debattiert, geliebt und gezweifelt. Raus aus dem erzkatholischen und wenig von Liebe und Zuneigung geprägten Elternhaus, rein ins pralle Studentenleben also – jedoch immer in dem Wissen, dass sie auch ein Stück weit ihre Vergangenheit ist und bleibt. Sie ist immernoch „Hilla Selberschuld“, sie bleibt „dat Kenk vun nem Prolete“, das nun seinen Platz inmitten von jungen Erwachsenen aus dem Bildungs- und Großbürgertum finden muss. Die Nacht auf der Lichtung (wer „Aufbruch“ kennt, weiß wovon ich rede) kann sie so schnell nicht abschütteln. Auch die Werte, die ihre Erziehung geprägt haben, muss sie erst mühsam abstreifen wie eine Raupe bei der Verpuppung. Auffallend oft tritt dann Ulla Hahn als Erzählerin aus dem Hintergrund nach vorne und lässt uns an ihren Gedanken über ihr Alter Ego Hilla teilhaben: „So sehr ich weiß, dass es weitergehen muss, so dringend mein erzählerisches Pflichtgefühl gebietet, Hilla endlich vorwärtszuschicken ins neue Leben, so mächtig treiben mich meine Gefühle zurück zu den Orten und Menschen meiner Kindheit. Erst jetzt beim Schreiben merke ich das. All das Neue, das Hilla erlebt, wird erst neu, wird erst zur Gewissheit, zum Eigen, wenn es sich widerspiegelt im Alten, wenn es zum Vergangene in Beziehung gesetzt wird.“ Hilla auf dieser Reise zu begleiten hat mir große Freude gemacht. Ich bedauere es sehr, dass die Trilogie nun abgeschlossen ist – aber zum Glück kann ich ja jederzeit zu Hilla zurückkehren. Zusammen genommen ist diese Trilogie ein wunderbarer Entwicklungs- und Bildungsroman, eine kraftvolle und sprachgewaltige Liebeserklärung an die Macht der Literatur und der Sprache, die ich jedem ans Herz legen möchte. Ob man nun direkt beim dritten Band einsteigt oder sich die Freude macht, ganz von vorne zu beginnen: ich bin mir sicher, dass jeder, der Literatur mag, direkt angefixt sein wird.

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Worte sind das, womit Ulla Hahn meisterlich umgehen kann und Worte ermöglichen es ihrer Protagonistin Hilla Palm sich die Welt zu erobern und über den Tellerrand ihres kleinbürgerlichen Elternhauses zu schauen.Im dritten Buch, der zum Teil autobiographischen Romane, hat Hilla es geschafft und geht aus der Kleinstadt am Rhein und der Enge ihres Elternhauses nach Köln um die Freiheit zu genießen und zu studieren. Das geschieht 1968 und Hilla gerät mitten hinein in die Zeit der Studentenrevolte. Doch schnell wird klar, dass ihre Vergangenheit auch ein Teil ihres Lebens ist. Erst als sie Hugo, Kommilitone und Sohn aus reichem Haus kennen und lieben lernt schafft sie es, die Vergangenheit zu bewältigen und frei zu werden für das neue Leben. Mit Hugo verbindet sie die Liebe zur Sprache und die Freude an der intellektuellen Herausforderung. Gemeinsam erlebt sie mit ihm die wilden 68er mit all ihren Facetten. Nach “Das verborgene Wort” und “Aufbruch” schildert “Spiel der Zeit” einen weiteren Abschnitt in Hilla Palms Leben, der gleichzeitig einen guten Einblick in ein Stück deutscher Geschichte zulässt. Für Leser, die ihre Kindheit und Jugend ebenfalls zu dieser Zeit im Rheinland verbracht haben, eine Begegnung mit der eigenen Vergangenheit, für die Jüngeren ein informativer Einblick in diese Zeit. Auch diesmal wieder hat Ulla Hahn es geschafft, mich derart zu fesseln, dass ich das Buch kaum aus der Hand legen konnte und die 600 Seiten in Rekordzeit verschlungen habe. Absolut empfehlenswert!

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