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Rezensionen zu
Gleis 4

Franz Hohler

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Einfach genial

Von: Wolfgang-Peter aus München

01.10.2017

....auf Empfehlung meiner Buchhändlerin am Freitag gekauft und am Samstag war ich durch...das ist mir schon lange nicht mehr passiert.... genial. Schmeckt nach mehr...

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Nach einer Operation will Isabelle nun zwei Wochen Urlaub in Italien verbringen. Als sie auf dem Bahnhof Zürich Oerlikon zum Flughafen-Zug eilen will, bietet ein älterer Herr seine Hilfe an und trägt ihren Koffer die Treppen hinauf. Doch oben an Gleis 4 angekommen, bricht der Mann plötzlich tot zusammen. Vor seinem letzten Atemzug hat er noch "Bitte" in Isabelles Richtung hauchen können, die auf Grund des Geschehens ihren Flug verpasst. Nach Urlaub ist ihr nun allerdings sowieso nicht mehr zumute - sie fühlt sich am Tod ihres Helfers mitschuldig. Stattdessen möchte sie gerne herausfinden, wer der Verstorbene gewesen ist, der eine Mappe und ein Handy auf ihrem Koffer zurückgelassen hat. Entgegen ihres ursprünglichen Vorsatzes gibt sie beides dann doch nicht bei der Polizei ab und kommt zusammen mit ihrer erwachsenen Tochter und der Witwe des Toten schließlich einer erschütternden Familiengeschichte auf die Spur. Resümee: Obwohl anfangs einiges darauf hindeutet, hat der Schweizer Franz Hohler mit diesem Werk keinen Krimi, sondern einen Roman um eine Familientragödie geschaffen. In ihm geht es um das Schicksal eines Verdingkindes*), Egoismus, Neid, Missgunst, Ausbeutung, Erniedrigung. Ein Teil der Schweizer Vergangenheit kommt dadurch ebenso zur Sprache wie ein Vergleich des Umgangs mit unehelichen Kindern in den 50-er Jahren und die Problematik Alleinerziehender heute. Thematisiert wird auch die immer noch aktuelle Ausgrenzung von Kindern mit anderer Hautfarbe, wie Isabelles mittlerweile 22-jährige Tochter sie erfahren musste. Ihr Vater ist Afrikaner, der als Arzt in seine Heimat zurückgegangen ist. Sie stellt fest, dass seine Kultur und somit ein Teil ihrer Wurzeln ihr bislang fremd geblieben ist. Dies möchte sie in Zukunft ändern. Nicht nur der gesamte umfangreiche Themenkomplex ist interessant, sondern das Geschehen auch insofern spannend, als der Leser zusammen mit Isabelle, ihrer Tochter und der Witwe gerne erfahren möchte, wer der hilfsbereite ältere Herr wirklich war. War es ein Zufall, dass er und Isabelle sich an der Treppe zu Gleis 4 getroffen haben? Nach und nach fügen sich die einzelnen Puzzle-Teilchen der Recherche-Ergebnisse zu einer erschütternden Biographie zusammen. Dabei versteht es der Autor, mit einer präzisen, unverschnörkelten Sprache vor dem geistigen Auge des Lesers exakte Situationsbilder entstehen zu lassen. Dieser positive Aspekt hat allerdings auch eine Kehrseite: Die nüchterne Sprache lässt in ihrer Sachlichkeit kaum Emotionen entstehen. So konnte mich die Handlung trotz der interessanten Thematik und der Motivation, die drei Frauen auf der Suche nach der Lebensgeschichte des Toten zu begleiten, nie richtig packen. Statt in das Geschehen einzutauchen, sich vielleicht auch mit einem der Protagonisten zu identifizieren, blieb immer eine Distanz gewahrt. Hinzukommt, dass die einzelnen Schritte der Handlung und die daraus resultierenden Erkenntnisse der "Detektivinnen" auf mich oft konstruiert wirken, nicht miteinander verflochten, sondern aneinandergereiht sind. Da Rückblenden in die tragische Familiengeschichte mit der oben genannten komplexen Thematik sich mit dem Gegenwartsgeschehen in einer vergleichsweise (!) heilen Welt abwechseln, wird das entstandene Problembewusstsein sofort wieder aufgeweicht, bleibt oberflächlich und wird der Bedeutsamkeit nicht gerecht. Wenn dann noch Intermezzi mit Voodoo-Puppe, Voodoo-Zauber und afrikanischem Medizinmann hinzukommen - möglicherweise um auf die afrikanischen Wurzeln von Isabelles Tochter Bezug zu nehmen -, dann finde ich das in diesem Rahmen unangemessen, ja geradezu grotesk. Aus Gründen der Authentizität sind in viele Dialoge französische und englische Sätze eingefügt, die für den unkundigen Leser ins Deutsche übersetzt sind; manchmal bekommt er gar alle drei Versionen geliefert. Gut gemeint - aber diese Aneinanderreihung stört, denn sie bremst den Lesefluss. Fazit: ein interessanter Themenkomplex, dessen Problematik aber vor allem durch die Anlage des Romans aufgeweicht wird. *) So wurden in der Schweiz vor allem uneheliche und Scheidungskinder genannt, die als schwererziehbar galten und durch die Behörden bei Fremden untergebracht wurden. In der Regel handelte es sich bei den Pflegestellen um Bauernfamilien, die sie ernähren und erziehen sollten. Aber häufig wurden die Kinder als billige Arbeitskraft ausgenutzt und misshandelt.

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Eigentlich hat die Geschichte ja ganz vielversprechend begonnen: die Schweizerin Isabelle lässt sich am Bahnhof ihren Koffer von einem hilfsbereiten, älteren Herrn die Treppe hochtragen. Oben angekommen dauert es nicht lange und derselbe Mann bricht zusammen, schlägt mit dem Kopf am Bahnsteig auf, wird bewusstlos und stirbt gleich darauf. Der guten Isabelle ist das natürlich alles nicht geheuer und anstatt dass sie sich von diesem Schock erst mal erholt, beschließt sie lieber, im Leben des freundlichen Kofferträgers herumzuschnüffeln ... So weit, so gut. Bis hierhin war ich noch halbwegs angetan von der Story. Leider sind mir die Protagonisten dann aber nach und nach dermaßen auf den Senkel gegangen. Isabelle meinte nämlich, sie muss jetzt herausfinden, wer dieser Mann war und was er genau in der Schweiz zu suchen hatte, weil er ja eigentlich Kanadier ist und irgendwie kam mir die ganze Sache dann schön langsam wie ein sanfter Krimi vor, denn Isabelle, ihre erwachsene, halbafrikanische Tochter Sarah und Veronique, die Witwe des Verstorbenen, rennen von einem Amt zum nächsten, von einer Person zur anderen und versuchen, irgendwas aus dem Leben des Toten herauszufinden. Und das war erstens langweilig und zweitens sowas von unglaubwürdig. Also nicht das, was sie herausgefunden haben, sondern eher das ganze Drumherum: wieso hat der Tote mit seiner Frau nie über seine Vergangenheit gesprochen, wenn es doch angeblich nichts Böses war, was er getan hat? Weshalb wird hier kaum getrauert? - Ich meine: Veronique hat gerade erst ihren Mann verloren und dann stürzt sie sich einfach so (mit eigentlich unbekannten Leuten) in irgendwelche Ermittlungen ... Isabelle und Sarah, dieses Mutter-Tochter-Gespann habe ich auch überhaupt nicht verstehen können: warum mischen die sich denn in die Angelegenheiten von wildfremden Menschen ein? - Das ist mir so vorgekommen, als wenn die beiden einen sechsten Sinn hätten, der ihnen mitteilen würde, dass der Aufenthalt des Toten mysteriöse Umstände hat!? Und dann fangen sie eben an, wie Ermittler herumzuschnüffeln ... Also, ich weiß nicht. Meins ist dieses Unauthentische echt nicht. Hinzu kommt dieser Schreibstil, der meinen Lesefluss ziemlich gestört hat, weil ich ihn erstens recht holprig fand (Bsp.: "... er hat mir erzählt von Kanada, und wie es ihm gut ergangen war dort, er ...") und zweitens irgendwie eigenartige Ausdrücke dabei hatte, die ich (als Österreicherin) noch nie gehört habe und beim Lesen ebenfalls nicht besonders angenehm waren (Bsp.: "Ich hab ihm telefoniert deswegen, die ..."). Immer wieder findet man zwischendurch auch englische und französische Sätze, die leider nicht immer gleich danach übersetzt werden (Weil man vielleicht davon ausgeht, dass die paar Brocken jeder versteht?). Mit dem Englischen hatte ich kein Problem, das Französische hingegen habe ich nicht immer verstanden, was blöd war, weil ich kein Französischlexikon benutzen wollte. Folgen konnte ich der Geschichte aber trotzdem ohne Weiteres, allerdings bin ich ein Mensch, den das immer stört, wenn ich Sätze lese, die ich nicht verstehe. Alles in allem fand ich die Geschichte einfach nur langweilig. Spannung war für mich überhaupt nicht vorhanden. Alles nur sehr gemächlich und dahinplätschernd. Der Versuch, aus dem Roman einen Krimi zu machen, ist in meinen Augen kläglich gescheitert. Das Verhalten der Protagonisten im Angesicht eines kürzlichen (und so nahen) Todesfalls und deren Motive, sich als Ermittler zu betätigen, konnte und wollte ich vielleicht auch gar nicht nachvollziehen. Es tut mir leid, aber mehr als 2 Sterne kann ich hierfür einfach nicht vergeben.

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Inhalt: Isabelle Rast hat eigentlich nur ein Ziel: Urlaub, Meer und Strand. Doch als ein älterer Herr um die 70 ihr beim Tragen ihres Koffers behilflich ist, denn Isabelle hat eine Operation hinter sich, und dieser Minuten später tot umfällt, entscheidet sie sich dagegen, um der Polizei bei ihren Ermittlungen zu helfen. Der Name des Mannes ist schnell geklärt und seine Witwe aus Kanada auf dem Weg nach Zürich. Doch wieso hat Martin Blancpain ein zweites Handy, das zufällig in Isabelles Hände gerät und was wollte er ihr mit seinem letzten Atemzug und dem gehauchten „Bitte…“ sagen? Meinung: Alles scheint vom Zufall abhängig, als Isabelle Rast sich beim Tragen ihres Koffers helfen lässt, der ältere Herr plötzlich tot umfällt und sie in seinem letzten Atemzug um etwas bitten will, das er nicht mehr aussprechen kann. Aufgelöst und schockiert beschließt Isabelle ihren geplanten Urlaub abzubrechen, denn die Polizei möchte von ihr so viele Informationen von ihr wie möglich. Als sie entdeckt, dass die Mappe des Toten samt seinem Handy mit ihr nach Hause gelangt ist, ist sie unentschlossen, ob es der Polizei übergeben soll. Als dieses plötzlich klingelt und der anonyme Anrufer kein Wort sagt, ist Isabelles Neugierde geweckt. Denn Martin Blancpains Handy wurde in seinem Hotelzimmer gefunden. Also wieso hat der Fremde dann zwei? Als Isabelle die Witwe von Martin, Véronique, aus Kanada kennenlernt, werden immer mehr mysteriöse Informationen bekannt. Denn Tatsache ist, dass Martin ihr nie etwas von seiner Jugendzeit in der Schweiz erzählt hat. Kann es also sein, dass er vor so vielen Jahren ein Verbrechen begangen hat, weshalb ihn auch seine Familie nicht sehen will? Franz Hohlers Figuren sind nicht nur interessant, sondern stur und unnachgiebig. Sie ähneln sich auf der einen Seite und sind doch durch Kultur, Herkunftsland, Vergangenheit, Sprache und ihrem Altersunterschied ganz unterschiedlich. Aus drei Frauenperspektiven erzählt der Autor nicht nur die Geschichte von Martin Blancpain, der mit 17 Jahren aus der Erziehungsanstalt geflohen und nach Kanada emigriert ist. Er erzählt die Geschichte von Isabelles Tochter Sarah, deren Vater ein afrikanischer Arzt ist, der nach der Affäre mit ihrer Mutter in sein Heimatland und zu seiner anderen Familie zurückgekehrt ist. Er erzählt aber auch Véroniques Geschichte, die Martin erst mit 40 kennenlernte und nichts über seine Jugendzeit weiß und letztendlich erzählt Gleis 4 Isabelles Geschichte, die in einem Altenheim arbeitet und deren Neugierde sie dazu treibt mehr und mehr über den Fremden, dessen letzte Minuten sie miterlebt hat, herauszufinden. Isabelle lernt dadurch nicht nur eine neue Freundin aus einem fernen Land kennen, sondern findet in der Vergangenheit eine Geschichte, die nie ans Tageslicht gekommen ist, ein Familiendrama, das nicht nur ein Leben dauerhaft verändert hat und, dass der Zufall manchmal gar nicht so zufällig ist, wie es im ersten Moment scheint. In der Geschichte von Gleis 4 begibt sich Isabelle in detektivischer Manier auf die Suche nach der Wahrheit und lernt dabei auch etwas über die Vergangenheit ihres Landes kennen. Franz Hohler weiß dabei, wie er um die eigentliche Story noch Erzählstränge ausweitet, die am Ende wieder zusammenlaufen, womit er nicht nur einen Überraschungseffekt einbaut, sondern sich über den Zufall, der die Geschichte ins Rollen bringt, hinwegsetzt. Fazit: Gleis 4 ist ein wunderschön erzählter Roman mit leichten Krimielementen, der nicht nur die mysteriöse Geschichte des toten Martin Blancpain erzählt, sondern auch von einer Begegnung berichtet, die gar nicht so zufällig war, wie es auf den ersten Moment erscheint. Franz Hohler lässt drei Frauenperspektiven sprechen, die nicht unterschiedlicher sein könnten über ihre Generation bis hin zu ihren kulturellen Ursprüngen und ihrer Sprache und gibt dem Buch damit über die Handlung hinaus Tiefgang und eine weitverflochtene Struktur.

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