Sie haben sich erfolgreich zum "Mein Buchentdecker"-Bereich angemeldet, aber Ihre Anmeldung noch nicht bestätigt. Bitte beachten Sie, dass der E-Mail-Versand bis zu 10 Minuten in Anspruch nehmen kann. Trotzdem keine E-Mail von uns erhalten? Klicken Sie hier, um sich erneut eine E-Mail zusenden zu lassen.

Rezensionen zu
Bismarck

Ernst Engelberg, Achim Engelberg

(1)
(1)
(0)
(0)
(0)
€ 24,00 [D] inkl. MwSt. | € 24,70 [A] | CHF 33,50* (* empf. VK-Preis)

Die Kanzlerin reist von Krisengipfel zu Krisengipfel: In Elmau wird über Klimaziele und das Verhältnis zu Russland diskutíert, in Minsk über die Ukraine, in Brüssel über Griechenland, in Berlin über diverse Spionagevorfälle. Angela Merkel ist so etwas wie Europas Krisenmanagerin. Gut 150 Jahre vor ihr hat der erste deutsche Kanzler, Otto von Bismarck, eine ganz ähnliche Rolle als ehrlicher Makler Europas gespielt. Vom "Sturm über Europa" berichtet nun ein neu aufgelegter Klassiker der Bismarck-Biografik. Das Bismarck-Bild ist nahezu versteinert. Die bedrohliche Pickelhaube und der preußisch strenge Blick des Eisernen Kanzlers verdecken ein weiches Gemüt: Der kluge Staatenlenker ist schon als preußischer Ministerpräsident (seit 1866) nah am Wasser gebaut. Ergebener Diener und doch heimlicher Herr ist er für den greisen König Wilhelm I. Im Moment ihres größten Erfolges aber zanken sich die beiden höchsten preußischen Staatsmänner hemmungslos. Soeben haben ihre Truppen die Österreicher in der Schlacht bei Königgrätz geschlagen (1866). König Wilhelm I. (1797-1888) will seinen Triumpf mit dem Einzug in Wien krönen. Doch Bismarck widerspricht, weint vor Ohnmacht, will die Habsburger nicht mehr als nötig demütigen. Er weiß, Preußen hat nicht nur die Schlacht, sondern auch den Bruderkrieg um die Vorherrschaft unter den deutschen Staaten gewonnen. Österreich ist fertig und aus dem zu schaffenden Deutschen Reich gedrängt. Doch dieses Reich wird Österreich-Ungarn als starken Verbündeten brauchen, nicht als gedemütigte Weltmacht. Wilhelm will das nicht wahrhaben und bricht seinerseits in Tränen aus. Da droht Bismarck mit Rücktritt und Wilhelm, der den Lenker seines Staatsschiffs nicht verlieren will, lenkt ein.Daran tut er gut. Bismarcks gewiefte Außenpolitik beschwert Wilhelm kurz darauf eine noch viel größere Genugtuung: Den Sieg über den Erzrivalen Frankreich. Auf den Kaisertitel (auch wenn der alte Wilhelm darauf eigentlich nicht so sehr bedacht ist). Aber er ist das Resultat einer resoluten Außenpolitik in der zweiten Hälfte der 1860er Jahre: In drei kurzen Einigungskriegen schmiedet Bismarck das Deutsche Reich zusammen und steuert es dann als außenpolitisch gemäßigter Kanzler und Staatenlenker auf Flaggschiff-Kurs. Während Bismarck im Inneren Probleme mit den Sozialdemokraten, den Katholiken und teils auch mit den Liberalen hat, ist, ist die deutsche Diplomatie gefragt in Europa. Auf dem Berliner Kongress 1878 vermittelt Bismarck in einer (der vielen) Balkankrisen und handelt eine südosteuropäische Friedensordnung aus. Auch die eigene Bündnispolitik ist vom Feinsten: Bismarck sichert sich und Deutschland nach allen Seiten ab - mit dem Rückversicherungsvertrag übrigens gegenüber Russland. Wie kein Zweiter versteht Bismarck das Spiel mit der Machtbalance. Wie schade, dass der zweite Wilhelm nicht auf ihn gehört hat und Bismarck nach einer kurzen Gnadenfrist davon jagt. Nur wenig länger dauert es, bis sich Deutschlands westliche und östliche Nachbarn verbünden: Frankreich und Russland bilden den Zweiverband, der Deutschland im Ersten Weltkrieg an zwei Fronten bindet. Zum Glück ist das dieser Tage keine Gefahr - dank der langjährigen deutsch-französischen Freundschaft und auch dank der wachsenden Führungsrolle des (wieder) vereinten Deutschlands in Europa. Sturm über Europa.   Es lohnt es sich, sich den den "Sturm über Europa" zu wagen und in dem neu aufgelegten Monumentalwerk zu blättern. Allerdings sei wetterfeste Leseausrüstung empfohlen: Einst erschien die Bismarck-Biografie von Ernst Engelberg in zwei Bänden gleichzeitig in der DDR und in der Bundesrepublik. Pünktlich zu den Feierlichkeiten zu 25 Jahren Deutscher Einheit gibt's auch den Biografien-Klassiker in einem Band. Obwohl seither viele Bücher über den Schmied der deutschen Einheit erschienen sind, ist "Sturm über Europa" nach wie vor ein Top-Titel der Bismarck-Literatur.

Lesen Sie weiter

Der Großvater von Ernst Engelberg hatte die Revolution von 1848 miterlebt und in deren Zuge das adlige „von“ abgelegt. Der Vater hatte 1898 den SPD-Ortsverein von Haslach im Kinzigtal ins Leben gerufen. Engelberg selbst gehörte der KPD an, lebte während des Dritten Reichs im Exil und lehrte später in der DDR, wo er Mitglied der SED und nach dem Mauerfall der PDS war. Von der Biographie Bismarcks erschien 1985 der erste von den zwei Bänden – und zwar als eines der ganz wenigen Bücher zeitgleich im Osten und im Westen des damals noch geteilten Deutschlands. Der Sohn, Achim Engelberg, hat nach dem Tod seines Vaters dessen Archive übernommen und eine gekürzte einbändige Fassung der Biographie für die Veröffentlichung vorbereitet. Vier Generationen in einer solchen Verbundenheit, da ist das Ergebnis sehr interessant. Engelberg beschreibt das Leben Ottos von Bismarck sehr lebendig und farbenfroh. Der Leser meint immer wieder, selbst mitten im Geschehen zu stehen, die Fragen beantworten zu müssen, denen sich der erste Reichskanzler stellen muss. Es ist in erzählerischer Sicht ein wahrer Genuss, dieses ausführliche und doch so kompakte Buch zu lesen. Engelberg erzählt von der Familie, in welche Bismarck hineingeboren wurde; es war eine Familie von Gutsbesitzern, Landjunkern und Beamten in Pommern. Nach einer Kindheit auf dem Lande besuchte er das Gymnasium in Berlin, wo er in der Stadtwohnung seiner Familie lebte. Dort war jeweils für den Winter und das Frühjahr auch „Onkel Fritz“ zu Hause, der immer wieder hochgestellte Persönlichkeiten zu Besuch hatte. Nach einem Studium und Referendariat kehrte Bismarck zurück ins Pommersche, wo er mithalf, den elterlichen Kniephof zu modernisieren. Dort machte er nun auch vermehrt die Bekanntschaft mit den Vertretern der Pommerschen Erweckungsbewegung um Adolf von Thadden-Trieglaff, der wiederum die Berliner Brüder Ludwig und Leopold von Gerlach beeinflusste, und letztlich war es Ludwig von Gerlach, der Bismarck in die Politik zu bringen vermochte. An der Stelle muss ich Engelberg ein großes Lob aussprechen. Es ist ihm gelungen, eine Biographie zu schreiben, welche die damalige geistliche Entwicklung der Regionen Pommern und Berlin ernst nimmt. Das findet man selten – und das gerade von einem ziemlich links orientierten Historiker. Und doch schafft er es, die Ansichten der Hochkonservativen ernst zu nehmen und zu würdigen. Davon dürfte es ruhig mehr geben. Das habe ich richtig genießen können beim Lesen. Auch dass Engelberg diese so oft stiefmütterlich behandelten pietistischen Erweckungskreise wieder zur Sprache bringt, rechne ich ihm hoch an. Bismarck erlebte die Revolution von 1848, ja, er erlebte sie nicht nur, sondern beteiligte sich im Lager der Konservativen an ihr, das heißt, er wandte sich gegen das Revolutionäre an ihr und für die bisherige Machtverteilung. Schließlich war er ein Preuße von ganzem Herzen, und so setzte er sich für dieses sein altbekanntes Preußen ein. Mit den Gebrüdern von Gerlach besprach er sich des Öfteren, und machte durchaus auch mal Geschäfte hinter dem Rücken des Königs Friedrich Wilhelm IV, da auf diesen zuweilen kein Verlass war. Wie es wohl nicht anders geht, nimmt auch der Erfolg Bismarcks mit den Gesetzen zur Unfall- und Krankenversicherung der Arbeiter ein Kapitel bei Engelberg ein. Schließlich konnten so die Sozialdemokraten, aus welchen seine Familie stammt, Punkte sammeln. Man merkt an vielen Stellen dem Autor seine politische Herkunft an, was allerdings in Ordnung ist. Schließlich lässt er auch die andere Seite zu Wort kommen. So entsteht ein rundes Ganzes, ein Buch, das man gerne liest, und eine Schilderung, die den Leser in die Zeit hinein nimmt, in welcher sie spielt. Wer sich für die Person Ottos von Bismarck interessiert, dem empfehle ich diese Biographie sehr. Mir hat auch das Nachwort gefallen, in welchem die Herkunft des Autors sowie die Entstehungsgeschichte der Biographie noch näher erläutert wird.

Lesen Sie weiter

Wir stellen nicht sicher, dass Rezensent*innen, welche unsere Produkte auf dieser Website bewerten, unsere Produkte auch tatsächlich gekauft/gelesen haben.