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Rezensionen zu
In den Wäldern Sibiriens

Sylvain Tesson

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Als jemand, der immer Sehnsucht nach einer einsamen Blockhütte hat, las ich "​In den Wäldern Sibiriens - Tagebuch aus der Einsamkeit" von Sylvain Tesson. Der französische Schriftsteller, Filmemacher und Reisende tat genau das, wovon ich stets träume: ein halbes Jahr verbrachte er in einer einsamen Blockhütte am Baikalsee. Er hatte keine unmittelbaren Nachbarn, es gab keine Zugangsstraßen und das nächste Dorf lag 120 km entfernt. Sein Laptop hatte sich direkt am ersten Abend in die ewigen Abgründe verabschiedet und sein Notfall-Satellitentelefon zeigte sich sehr unzuverlässig. Mit einer Grundausstattung an Lebensmitteln & Wodka, ca. 60 mitgebrachten Büchern, Zigaretten und einem Notizbuch war er auf sich allein gestellt. Wollte er ein menschliches Gesicht sehen, musste er sich auf Tagesmärsche begeben, denn ein Fahrzeug gehörte nicht zu seinem Equipment. Ab und an bekam er allerdings auch Besuch in seiner Hütte. Tesson, der den Winter und den Frühling für seinen Aufenthalt wählte, setzte damit sein Vorhaben um: vor seinem 40. Lebensjahr als Eremit in den Wäldern zu leben und frei über seine Zeit verfügen zu können. Als jemand, der zuvor schon einige Expeditionen unternahm - durch den Himalaya, zu Fuß von Sibirien nach Indien, mit dem Fahrrad um die Welt -, kam er zwar weit rum, aber sich ausschließlich an einem Ort aufzuhalten und dieses bewusst auszuhalten, war für ihn neu. In dem er in dieser Zeit Tagebuch schrieb, lässt er seinen Leser an Gefühlen, Gedanken und Eindrücken teilhaben. Dieses Buch hat meine Sehnsucht nicht gestillt, eher im Gegenteil: wie gerne würde ich es ihm gleichtun! Wenngleich mit ein paar Abweichungen, denn ganz so mutig wie Tesson bin ich nicht. Es würde mir schwer fallen zu angeln, ich hätte regelmässig einen Herzinfarkt, wenn mir unbekannte Menschen am Horizont auftauchen oder gar in meine Hütte "einfallen" würden, ich hätte mich garantiert bei den Wanderungen verlaufen und wäre entsprechend nicht auf eine 3-Tages-Tour aufgebrochen und zu guter Letzt würde ich sicherlich nicht soviel Wodka trinken. Aber die Beschreibung seines genügsamen Lebens vor Ort, wie er sich mental veränderte, sich einrichtete und die Zeit zu sich kommen ließ, statt ihr hinterher zu rennen, gekoppelt mit den Schilderungen seiner immer größer werdenden Naturverbundenheit, liessen mich noch sehnsüchtiger werden. Dabei war Tesson nicht hochgradig analytisch unterwegs und versuchte auch nicht psychologisch etwas hervorzugraben, wo es nicht zu graben gab. Vielmehr schilderte er manchmal ganz pragmatisch, manchmal philosophisch, manchmal auch eingetönt von den Themen der Bücher - welche er zu dem Zeitpunkt las - und oftmals mit einer guten Portion Humor seine Tage und damit die Zeit, die er vor Ort verbrachte. "Ein großartiger Ort, um sich umzubringen." (Sergej zu Tesson) Tesson war weit entfernt davon, sich umbringen zu wollen. Vielmehr entdeckte er für sich den Müßiggang, saß lange am Fenster und schaute raus. Er beobachtete den See, die Vögel, Insekten und Bären. Er hackte Holz für seinen Ofen, übernachtete auf dem Felsvorsprung und fand in zwei jungen Hunden - quasi die russischen Alarmanlagen gegen Bären - treue Begleiter. Und während er anfangs kaum zu atmen wagte aufgrund der Aussicht auf all die Tage, so fand er für sich schnell den Rhythmus, den es brauchte, um immer weiter anzukommen. In diesem neuen, anderen Leben, in dem die Zeit zu ihm kommt und er nicht mehr wegrennen kann und will. Unglaublich, dass dieses Buch tatsächlich ein halbes Jahr umfasst. Von mir aus hätte es noch weitere Monate, wenn nicht gar Jahre andauern können. Allzu schnell war es durchgelesen und ich hätte gerne mehr davon gehabt. Und mich hätte interessiert, wie es Tesson nach seiner Rückkehr mit dieser Erfahrung erging.

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