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Rezensionen zu
Wolfgang Bosbach: Jetzt erst recht!

Anna von Bayern

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€ 19,99 [D] inkl. MwSt. | € 20,60 [A] | CHF 27,90* (* empf. VK-Preis)

Anna von Bayern ist als politische Biografin vorbelastet. Ihre Hommage an den einstigen Shootingstar Karl-Theodor zu Guttenberg und seinen Adelsglanz fiel durch, noch ehe Guttenberg selbst stürzte. Jetzt hat Anna von Bayern eine neue Biografie vorgelegt. Dieses Mal hat sie über einen Anti-Guttenberg geschrieben: Wolfgang Bosbach. WoBo glänzt nicht mit Adelstiteln, sondern mit Bürgernähe. Er ist kein schillernder Popstar der Berliner Republik, sondern ein unprätentiöser und skandalfreier Fach- und Sachpolitiker der zweiten Reihe - und Wolfgang Bosbach ist todkrank. Gerade erst hat er wegen seiner Krebserkrankung die Arbeit als Anwalt aufgegeben. All' das sind gute Gründe für eine außergewöhnliche Politiker-Biografie, die - um es vorwegzunehmen - auch außergewöhnlich gut gelungen (wenn auch unkritisch) ist. So kann eine Biografie beginnen: Es menschelt von der ersten Seite an. Allerdings ist es eine menschliche Tragödie, die den Leser mitten hinein ins Leben von Wolfgang Bosbach katapultiert: Der Vollblutpolitiker erfährt, dass sein Prostatakrebs unheilbar ist. Anna von Bayern, die das Schreiben unter anderem bei der BILD am Sonntag gelernt hat, beherrscht ihr Handwerk: Die schlechte Diagnose schildert sie szenisch, ohne jedoch niedere voyeuristische Instinkte zu bedienen. Im Gegenteil: Bosbach geht selbst ausgesprochen offensiv mit seiner Erkrankung um. Über den Krebs spricht er auch in Talkshowstudios (die für ihn ohnehin eine ganze Reihe zweiter Wohnzimmer sind). Der Kämpfertyp Bosbach begegnet dem Krebs mit offenem Visier. Aus der Hiobsbotschaft erwächst der titelgebende Trotz: Jetzt erst recht! Das gilt bei schon verloren geglaubten Tennisspielen (Bosbach ist begeisterter Sportler), vor allem aber für seine Arbeit als CDU-Bundestags-abgeordneter. Bosbach ist ein geschätzter Innen- und Rechtspolitiker (auch über Parteigrenzen hinweg), der weder aus seinem Herzen noch aus seinem Gewissen eine Mördergrube macht. Bestes Beispiel: Der fraktionsinterne Krach um den Euro-Rettungsschirm, dem Bosbach die Zustimmung verweigert, was ihm eine harsche Beleidigung des Partei-freundes und damaligen Kanzleramtsministers Ronald Pofalla einbringt. Auch diese verbale Entgleisung steht am Anfang des Buches. Sehr geschickt holt Anna von Bayern ihre Leserinnen und Leser mit den Anekdoten ab, die man am ehesten von Bosbach kennt, um anschließend seine politischen Positionen und seine Verwurzleung in den christlich-demokratischen Werten abzuarbeiten. Dann erst wendet sie sich der Herkunft und der politischen Laufbahn ihres Protagonisten zu. Dieser Aufbau überzeugt - vor allem in der Biografie eines Politikers aus der zweiten Reihe, die von einem solchen "Ach-der-ist das-Effekt!" profitieren kann. Umso spannender ist es, Bosbachs Werdegang nacherleben zu können. Das erlaubt der flotte Reportage-Stil, den Anna von Bayern die gesamte Biografie über durchhält: Bosbach ist 1952 in Bergisch-Gladbach geboren, seither rheinische Frohnatur und leidenschaftlicher Karnevalist (WoBo war sogar mal Prinz). Ausbildung im Einzelhandel, Aufstieg bis zum Supermarktfilialleiter, Abi und Juratudium auf dem zweiten Bildungsweg, Arbeit als Rechtsanwalt. Parteipolitisch seit der Jugend engagiert (JU und CDU), 1994 wird er erstmals direkt in den Bundestag gewählt. All' das erzählt die Biografin aus großer Nähe. Sie hat Bosbach bis in den Mallorca-Urlaub begleitet und leiht ihm in dem Buch gewissermaßen ihre Formulierungskünste. Kritisch ist die Biografie jedenfalls nicht - zumindest nicht in Bezug auf Bosbach. Andere kommen deutlich schlechter weg. Die Bundeskanzlerin beispielsweise. Angela Merkel hat Bosbach nie in eines ihrer Kabinette berufen, obwohl er immer wieder als Innen- und Jusizminister gehandelt wird und auch eigene Ambitionen hat. Anna von Bayern vermutet, dass der konservative Bosbach nicht so wichtig auf Merkels Weg in die politische Mitte ist. Bosbach ist ein konservativer Christdemokrat - keine Frage. Aber wer wie er zum 50. Geburtstag die "Höhner" einlädt, ist durchaus mittetauglich - und cool. Bosbach selbst trägt seine Enttäuschung über den versagten Regierungsposten mit Fassung und nicht nach außen. Seine Biografin findet dagegen harsche Worte: Ihre Charaktere bleiben sich fremd: Sie, die kühle protestantische Machttektonikerin, er der warmblütige katholische Rheinländer. Vielleicht fremdelt die aus gutbürgerlichem Hause stammende Merkel auch mit dem Aufsteiger Bosbach, dem die Liebe zu Richard Wagner nicht in die Wiege gelegt wurde. Fazit: Jetzt erst recht! ist eine erfrischende andere Politiker-Biografie - so erfrischend anders wie Wolfgang Bosbach im politischen Betrieb. Obwohl er bislang kein großes Regierungs- oder Parteiamt innehat(te), stehen sein rheinischer Frohsinn, seine Prinzipienfestigkeit und seine Fachkompetenz der Berliner Republik gut zu Gesicht. Anna von Bayern hat mit WoBo eine kluge Wahl getroffen - und dieser Protagonist verzeiht sogar die gelegentlich fehlende kritische Distanz seiner Biografin.

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