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Rezensionen zu
Anklage: Sterbehilfe

Martina Rosenberg

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INHALT: 2012 wird ein junger Mann zu einer 3 jährigen Haftstrafe verurteilt. Warum? Weil er seine Mutter nach über 8 Jahren Wachkoma erlöst hat. Allein gelassen von Ärzten, Pflegepersonal, Krankenkassen, Gesetzen und Politik traf dieser Mann eine mutige (aber umstrittene) Entscheidung. Wie kam es dazu? Und was lief falsch? FAZIT: Nach dem Buch "Mutter, wann stirbst du endlich?" ist dies das zweite Buch der Autorin, was sich mit der Problematik rund um zu pflegende Angehörige beschäftigt. Am Anfang dieses Buches tat ich mich allerdings schwer, da die persönliche Geschichte von Jan meiner Meinung nach ein wenig zu lang geraten ist. Dies dient allerdings dazu, Jan und seine Familie und wie es dazu kam, kennen zu lernen. Beide Titel sind reißerisch, so dass man schiefe Seitenblicke erntet, wenn man von den Büchern und den Inhalten redet. Aber warum ist Pflege und der Tod ein Tabuthema? Meist können nur akut Betroffene dieses nachvollziehen - selbst von entfernten Verwandten erntet man Verständnislosigkeit-. Ärzte, Pflegepersonal, Krankenkassen und Behörden leiden an akutem Personalmangel und haben oft nicht die Zeit aufzuklären und zu beraten. Die Gesetzgebung gibt nahezu unüberwindbare Hindernisse auf. Dieses Buch zeigt an dem Beispiel des jungen Jan und seiner Mutter auf, dass es jeden treffen kann. Dieses Buch ist nicht nur für diejenigen, die sich für Sterbehilfe interessieren. Es ist auch vielmehr ein mahnendes Beispiel dafür, was alles schief gehen kann, wenn jemand zum Pflegefall wird und nicht ausreichend Vorsorge durch Patientenverfügungen, Vollmachten, Versicherungen etc. getroffen hat. Familienmitglieder sind häufig ohnmächtig gegenüber den Verwaltungsapparaten und wissen nicht, welche Rechte und Pflichten sie haben. Dieses Buch stimmt nachdenklich. Dieses Buch lässt einen überlegen, ob man selbst alles geregelt hat. Dieses Buch kann überforderten Angehörigen Mut zum Handeln geben. 4,5 von 5 Punkten, da der Schreibstil trotz des schwierigen Themas gut zu lesen war und es ein Thema anspricht, was viel mehr publik gemacht werden sollte. http://kleeblatts-buecherblog.blogspot.de/2015/04/martina-rosenberg-anklage-sterbehilfe.html

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Anklage: Sterbehilfe MARTINA ROSENBERG blanvalet Die traurige Geschichte von Jan ... Zugegeben, ich war zunächst ein bisschen skeptisch. Es handelt sich ja hier doch um kein einfaches Thema und ergo um keine leichte Kost. Ich hatte schon Befürchtungen, dass mich dieses tragische Thema in einen emotionalen Abgrund stürzen könnte. Schließlich wissen wir alle nicht, was das Schicksal für uns bereithält. Und schlimme Dinge passen ja leider täglich ... Aber: Das Buch von Martina Rosenberg hat mich zum Glück nicht in eine depressive Dauerstimmung gebracht, wenngleich ich beim Lesen schon sehr, sehr oft mit den Tränen zu kämpfen hatte und mit Jan und seiner Mutter mitgelitten habe. Und ich habe mich oft gefragt, wie man so einen Fall schlussendlich beurteilt. Für mich persönlich gab's da gar keine Zweifel. Ich habe Jan von Anfang bis zum Schluss verstanden. Ich kann seine Tat nachvollziehen und ich finde es sogar sehr, sehr, sehr mutig, was er getan hat. Dass er dafür, dass er aktive Sterbehilfe geleistet hat, in's Gefängnis muss, das wusste er, das hat er einkalkuliert, darüber war er sich im Klaren. Er wollte nur eines nicht mehr: Seine Mutter weiter leiden sehen. Er hat das nur aus einem Grund getan: Damit seine Mutter nicht mehr länger leblos im Wachkoma liegen muss. Er hat es aus Liebe getan, aus Liebe zu seiner Mutter. Und aus Mitleid und Mitgefühl. Wer könnte ihn da nicht verstehen? Wer einen lieben Menschen in so einem Zustand jahrelang sehen muss, der mag ihn irgendwann vielleicht nur noch von diesem Leid, das niemals mehr besser wird, erlösen. Ich kann Jan verstehen. Dass er für seine Tat ins Gefängnis muss bzw., dass ihm von niemandem eine Hilfestellung angeboten wurde, das muss man wohl deutschen Gesetzen zur Last legen. Denn in anderen Ländern geht man mit diesem Thema anders um. Martina Rosenberg hat dieses Buch geschickt geschrieben. Ich hatte eigentlich fast eine Art Sachbuch erwartet und war dann sehr froh, dass es ganz anders ist. Es ist eigentlich ein Roman oder ein Drama, so habe ich es zumindest empfunden. Aber der Titel klingt so sachlich, dass ich eigentlich keine so persönliche Geschichte erwartet hätte. Es geht um Jan. Martina Rosenberg erzählt seine Geschichte von Anfang an. Vom frühen Tod des Vaters und wie seine Mutter und er trotzdem ein gutes, vor allem liebevolles Leben führen. Die Mutter liebt den Jungen und der Junge seine Mutter. Sie kommen gut miteinander aus. Als die Mutter schließlich einen neuen Mann kennen lernt, klappt auch das zunächst ganz gut und Jan hat wieder so etwas wie eine Familie. Dann kommt die Pubertät ... Und die Pubertät kann für alle schwer sein, für die ganze Familie. Und so war es auch hier ... Und dann, genau in dem Moment, als Jan älter und vernünftiger wird und wieder Zugang zu seiner Mutter und seinem Stiefvater findet, wo alles sich irgendwie zu regeln scheint, passiert dieses unsägliche Unglück. Die Mutter, obwohl erfahrene Reiterin, stürzt vom Pferd und liegt in Folge jahrelang im Wachkoma ... Martina Rosenberg erzählt die Geschichte sehr gekonnt in zwei Phasen, die perfekt ineinander übergehen: Sie besucht ihn im Gefängnis und lässt sich von ihm alles erzählen, von Anfang an. So schreibt sie also von ihren Besuchen bei Jan im Gefängnis und auch ihren persönlichen Empfindungen, gleichzeitig erzählt sie Jan's Geschichte chronologisch. "Anklage: Sterbehilfe" von Martina Rosenberg ist kein Sachbuch, sondern ein dramatischer Roman, der die Geschichte von einem Jungen erzählt, der seine Mutter liebt und am Ende nicht mehr sehen kann, wie sie leidet. Auch, wenn das natürlich unfassbar traurig ist, so versteht es Martina Rosenberg, die Geschichte so zu erzählen, dass man in Jan's Geschichte und auch in ein Thema eintaucht, das durchaus diskutierwürdig ist. Ich zumindest verstehe Jan und was er getan hat. Er hat es aus Liebe getan und aus Mitgefühl. Er wird nach seiner Haftstrafe zurück in sein Leben finden. Das wünsche ich ihm von Herzen! c) M. / 20.3.2015

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Nachdem ich von der Autorin bereits das Buch "Mutter, wann stirbst Du endlich?" gelesen habe (Rezension hier), in dem sie schildert wie es ihr ergangen ist mit ihrer Mutter, die an Alzheimer erkrankte, hat mich auch ihr neues Buch zum Thema Sterbehilfe interessiert. Zu dem Thema habe ich zuletzt das Buch von Küng : Glücklich sterben, gelesen (Rezension hier). In dem Buch von Martina Rosenberg, geht es darum, wie auch der Untertitel sagt, ob unsere Gesetze Angehörige zu Straftätern machen. Die Autorin hat sich mit dem Fall von Jan beschäftigt, der aktive Sterbehilfe bei seiner Mutter geleistet hat. Jan, der als Kind schwierige Zeiten durchgemacht hat, lieber ins Heim wollte, als bei seiner Mutter Katharina leben bleiben, kann das Leiden seiner Mutter nicht mehr ertragen. Katharina lebt mit Jans Stiefvater Thomas zusammen. Mit ihrer Freundin geht es auf nach Italien in Reiterferien. Eines Tages bekommen Jan und Thomas die Nachricht, dass Katharina einen schweren Reitunfall hatte. Sie holen Katharina nach Deutschland in eine Klinik. Es wird ihnen von den Ärzten mitgeteilt, dass die Schädel - und Gehirnverletzungen so schwer sind, dass Katharina wohl nicht mehr aus dem Wachkoma aufwachen wird. Die Ärzte stellen die Behandlung um auf eine Erhaltung der Funktionen. Es beginnt für Katharina ein vor sich hin Vegetieren. Thomas reibt sich auf zwischen Job und Besuchen bei Katharina. Seine Frau muss in ein Pflegeheim. Der ganze Druck, der Stress führt bei Thomas zum Burn-Out. Jan kann es auch kaum noch ertragen seine Mutter zu besuchen. Thomas ist nicht mehr in der Lage weiterhin die Betreuung seiner Frau zu übernehmen. Es kommt zur Übernahme der Betreuung durch eine externe, vom Gericht bestellte, Betreuerin. Wie leider viele Menschen, hat auch Katharina keine Patientenverfügung. Nur der mutmassliche Wille ist bekannt, dafür gibt es auch Zeugen. So will Katharina nicht leben. Jan wird drogensüchtig, das Leben ist für ihn nicht mehr erträglich, er findet keine Arbeit mehr. Er kommt in eine Therapie, schöpft neue Kraft. 7 Jahre liegt seine Mutter mittlerweile im Wachkoma, 7 unerträgliche Jahre. Thomas und Jan sind sich einig, so soll es nicht weitergehen. Katharina soll erlöst werden, so wie es ihr Wille gewesen wäre. Es kommt, wie es kommen muss, die Betreuerin entscheidet sich dagegen. Im vollen Bewusstsein, dass er eine Straftat begeht, tötet Jan seine Mutter. Er stellt sich der Polizei und wird inhaftiert. Die Autorin bekam die Chance ihn häufig in der JVA zu besuchen und viele Gespräche mit ihm zu führen. Auch hat sie akribisch recherchiert im Verwandten- und Freundeskreis von Katharina, bei Behörden, Juristen, usw. Das Buch schildert genau die Gefühle der Angehörigen. Dieses Buch ist ein Appell an alle, an so wichtige Dinge, wie eine Patientenverfügung zu denken. Auch ein Appell an Angehörige, miteinander zu reden in solch schmerzlichen Situationen, sich zu beraten, alle zu involvieren und rechtliche Möglichkeiten auszuschöpfen. Auch eine Anregung mal darüber nachzudenken, wie man selbst in einer solchen Situation behandelt werden möchte, welche Auswirkungen so eine Situation auf das Umfeld hat, usw. ist dieses Buch. Viele Tipps gibt es am Ende des Buches. Mich hat das Buch, wie auch das erste Buch der Autorin, sehr beeindruckt.

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Martina Rosenberg fragt sich: Machen unsere Gesetze Angehörige zu Straftätern? Sie berichtet dazu die Geschichte eines jungen Mannes. Jan, 26 Jahre alt, ist seit 3 Jahren inhaftiert, weil er das Leiden seiner Mutter beendet hat. Jahrelang hat er mitgelitten, seitdem sie bei einem Reitunfall im Urlaub ein schweres Schädel-Hirn-Trauma erlitten hat und von da an im sogenannten Wachkoma lag. Die Geschichte ist authentisch und die Autorin hat sich sehr genau mit diesem Thema auseinander gesetzt, denn sie hat selbst Angehörige gepflegt. Meine Meinung Sterbehilfe, immer wieder ein aufrührendes Thema, das zu Diskussionen anregt. In einigen Ländern haben Betroffene die Möglichkeit, ihr Leben zu beenden, wenn sie selbst dazu in der Lage sind. In diesem Fall aber ist das anders: Katharina liegt im Wachkoma, sie selbst kann nichts dafür tun, einen Abschluss zu finden. Und eine Patientenverfügung hat sie nicht angelegt, obwohl sie als Krankenschwester vielleicht näher am Thema stand und keinesfalls so enden wollte, wie sie verbal häufig geäußert hat. Ein Thema, das mich sehr neugierig gemacht und berührt hat. Zu lesen, wie hilflos Angehörige sind, wenn im Vorfeld nichts festgehalten wurde. Die Steine, die ihnen im Weg liegen, egal, ob es um Behördengänge, Formulare, Anträge oder Unterbringung in geeigneten Einrichtungen geht, sind schier unüberwindbar, wenn man keine Unterstützung erhält. Und die ließ hier scheinbar sehr zu wünschen übrig. Das ging mir sehr nahe, denn es zeigt einmal mehr, wie schnell sich ein Leben ändern kann. Zitate wie "In unserem Heim stirbt keiner" (siehe Seite 166) oder "Uns geht es nur um das Wohl der Patienten" (siehe Seite 166) haben mich erschüttert. Das Wohl des Patienten kann es doch wohl nicht sein, wenn man 7 Jahre lange vor sich hinliegt, Schläuche jeglicher Art in sämtlichen Körperöffnungen liegen hat, abgesaugt werden muss, um nicht am Schleim zu ersticken, und über eine Sonde ernährt wird. Wer will das? Also ich nicht! Es ist sicher sehr schwierig, sich hier ein Urteil zu bilden, das steht mir garnicht zu, aber Frau Rosenberg hat meinen Respekt, sich dieser Geschichte anzunehmen. Den Schreibstil finde ich sehr angenehm zu lesen, der Text ist auch für Laien gut verständlich. Die Autorin hat zu diesem Thema gründlich recherchiert, und beschreibt ausführlich jeden ihrer Schritte und lässt den Leser auch an ihren Überlegungen teilhaben. Um Jan näher kennen zu lernen, beginnt die Geschichte schon in seiner Kindheit, die nicht besonders leicht war, denn seine Mutter war alleinerziehend, hatte nicht immer Zeit für ihren Sohn und es gab immer wieder schwierige Situationen im Leben der beiden. Am Ende des Buches gibt es jede Menge Verweise und Internetlinks zu Formularen im Bereich Patientenverfügung, Einrichtungen, und rechtliche Hinweise und Unterstützungen, die sich allesamt mit dem Thema Sterbehilfe auseinander setzen. Unterm Strich Auch wenn es ein schwieriges Thema ist, muss darüber geredet und gehandelt werden. Das zeigt dieses Buch sehr deutlich.

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Es war ein Fall, der 2012 durch die Medien ging: ein junger Mann wurde angeklagt, seine Mutter, die nach einem Reitunfall seit sieben Jahren im Wachkoma lag, getötet zu haben. Er dagegen wollte sie von ihrem Leiden erlösen und sah sich von Behörden und Ärzten in seinen Wünschen (stellvertretend für seine Mutter) nicht verstanden und behindert. Doch war es nun Mord oder doch längst überflüssige Leidenserlösung? Es war ein Fall, dessen innewohnendes menschliches Leid und dessen Tragik jemand, der damit nie konfrontiert wurde, nicht nachvollziehen kann. Martina Rosenberg, Journalistin, dagegen kann aus eigener Erfahrung sprechen; sie selbst war pflegende Angehörige und ihre Erlebnisse und Erfahrungen aus der Pflege und mit der Pflegesituation in Deutschland stellte sie in ihrem vor drei Jahren veröffentlichten Buch »Mutter, wann stirbst du endlich?« (Blanvalet) vor. Nun erschien vor einigen Wochen ihr zweites Buch zum Thema: »Anklage: Sterbehilfe. Machen unsere Gesetze Angehörige zu Straftätern?« (Blanvalet) heißt es und es dreht sich um den 26-jährigen Jan und seine Mutter Katharina. Dabei will Rosenberg auch den Versuch unternehmen, die Rechtslage zu beleuchten, ethische und soziale Standpunkte zu finden, dabei auch die wissenschaftlich-medizinische Seite nicht zu kurz kommen zu lassen, um eine Positionierung zum Thema Sterbehilfe zu etablieren. Ernsthafte Wissenschaftlichkeit und nüchterne, objektive Darstellungen eines so heiklen Themas sucht man allerdings vergebens. Zwar bemüht Rosenberg, wie sie immer wieder gern betont, für Studien und Informationen die Internetsuche und listet dann ihre Fundergebnisse zu Sterbebegleitorganisationen wie EXIT oder den verschiedenen Formen von Komata auf, aber das ist in aller Konsequenz immer subjektiv gefärbt. Es menschelt doch sehr im Buch. Mag man bei einem so tragischen Problem vielleicht noch verstehen, aber dann doch bitte trotz allem objektiv. Und diese Objektivität kann Rosenberg nicht immer durchsetzen. Sie läßt sich zu stark von ihren eigenen Emotionen lenken und läßt das den Leser auch zu deutlich wissen. Ein Absatz aus dem Buch ist prädestiniert, das zu illustrieren: während fast das gesamte Umfeld Jans (selbst eine recht positive Figur) durchweg als liebenswert, aber vom Schicksal gebeutelt, dargestellt werden, wird die Mutter Katharinas auf etwa anderthalb Seiten abgehandelt. »Wir unterhalten uns fast zwei Stunden. Am Ende bin ich sehr betroffen.« (S. 56) Was der Leser von den zwei Stunden Gespräch als runtergedampfte Quintessenz erfährt, sind marginale Buchteile, kurz angerissene Probleme. Die knappe Darstellung einer prinzipientreuen und offensichtlich distanzierten Frau. Was dann am Ende dieses Absatzes aber folgt, ist stellvertretend für den Duktus im gesamten Buch: »Ich mache mich mit meinem Wagen auf den Weg ins Hotel. Nach einigen Minuten halte ich es nicht mehr aus. Ich fahre rechts ran und steige aus, öffne die Hintertür. Mein Hund […] springt mir aufgeregt entgegen. […] [I]ch springe zu ihm auf den Rücksitz, stecke meine Nase tief in sein Fell und drücke ihn fest an mich. Er gibt mir das, was ich im Haus von Jans Großmutter vermisst habe – Wärme und Geborgenheit.« (S. 57) Nackenschlag für Katharinas Mutter und unnütze Passage für den Leser. Der ein oder andere mag’s wohl menschlich, emotional, zu Tränen rührend finden, aber das ist es nicht. Es ist der Hang zur Selbstdarstellung. Immer wieder wechselt Rosenberg Schilderungen aus Jans Werdegang mit ihren eigenen Gedanken ab. Mit jedem neuen Kapitel darf man erst einmal ihrer Gedankenwelt zum vorherigen Abschnitt, ihren Gefühlen und den Schilderungen ihres immer wiederkehrenden Ganges zur JVA beiwohnen. Ihr gelingt die Abgrenzung zwischen reiner biographischer Schilderung und des eigenen Lebens nicht. Es wird dem Leser auch nicht immer klar, was Rosenberg mit ihrem Buch nun wirklich erreichen will. Ist es eine biographische Schilderung des Lebens eines jungen Mannes, der an der Situation zerbricht; ist es die romanhafte Erzählung einer wirklich geschehen menschlichen Tragödie oder ist es ein Sachbuch über die Lage der Sterbehilfe und die Beantwortung rechtlicher Fragen? Es will zu vieles auf einmal sein und beißt sich in Bereichen fest, die für das eigentliche Thema irrelevant sind. Seitenlang darf man über die Kindheit und Jugend Jans lesen, man erfährt, wie er auf die schiefe Bahn geraten konnte und von seinem Verhältnis zu seinem Umfeld. Wenngleich man sagen könnte, daß es der menschlichen Note in diesem Fall gut tut, trotzdem vollkommen überdehnt und nicht wichtig. Nach geschlagenen neunzig Seiten – das heißt, knapp bei der Hälfte der Erzählung – kommt man dann endlich zum eigentlichen Geschehen, das Ursache für das Drama war: Katharinas Reitunfall. Und damit zur Problematik, der sich Rosenberg, wie im Titel angekündigt, annehmen wollte. Hier folgen nun auch endlich Kapitel, die das Dilemma von Angehörigen der Komapatienten illustrieren und den Leser ernsthaft auch zum Abwägen der Argumente anregen, wenn die Möglichkeiten der Sterbehilfe vorgestellt werden oder über das Selbstbestimmungsrecht eines Menschen, der nicht mehr in der Lage ist, selbst zu bestimmen, gesprochen wird. Wenige Seiten vor dem Ende des Buches kommt auch endlich die Sprache auf denkbare Hilfsmöglichkeiten für Betroffene und auf die Rechtslage, die an zwei Fallbeispielen kurz umrissen wird. Besser wäre es gewesen, man hätte dem Teil mehr Platz eingeräumt. Leider hebt in meinen Augen auch der Schreibstil das Buch nicht heraus. Er ist zu romantisch, um ein Sachbuch zu sein. Auch wenn Rosenberg Jan interviewte, sind – davon ist auszugehen – viele Sätze und Zitate so nie gefallen sein und werden sinngemäß von ihr wiedergegeben worden sein. Aber in Romanform verpackt. Wäre nicht klar, daß es ein wirkliches Ereignis war, es könnte auch ein schlichter, etwas trauriger Jugendroman sein. Zum Ende finden sich gern vermehrt Wiederholungen, die unangenehm ins Auge fallen. So weiß Rosenberg zum Gefängnisleben folgendes zu sagen: »Ein Luxus, den es nicht überall gibt. Wer das Buch von Jo Bausch Knast gelesen hat, erfährt, dass es durchaus noch Zellen mit drei oder vier Insassen gibt.« (S. 223) Zwei Seiten weiter erfährt man selbiges, mit etwas anderen Worten und dem Zusatz, daß sich das wohl nach Alter des Gebäudes richte, nochmal. Der Eindruck entsteht, daß das Buch mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln künstlich optisch verdickt werden sollte, damit es auf die Durchschnittsstärke von zweihundert Seiten kommt. Genau genommen zweihundertneununddreißig und die erreichte man über eine etwas größere Schrift, einem vergrößerten Zeilenabstand, der einen oder anderen leeren Seite vor dem nächsten Kapitel und einem Viertel freien Platzes auf der Seite des neuen Abschnitts. Dieses Buch ist ein kleiner Fingerzeig auf eine Tragödie, die stellvertretend für die vielen anderen stehen mag. Jan und seine Familie waren nicht die ersten und werden nicht die letzten sein, denen das Schicksal einen solchen herben Schlag versetzt und die sich dann in einer seelischen und bürokratischen Sackgasse sehen. Und wenn Rosenberg in ihrer Widmung wünscht, daß Angehörige von todkranken Menschen wieder Mut fassen sollen, so ist das schön zu lesen und ein Anliegen, daß man so nur unterschreiben kann. Aber das Buch bietet weit weniger Zündstoff als ihr vorheriges. Es verspricht vieles, und sei es nur mit der Frage im Untertitel »Machen unsere Gesetze Angehörige zu Straftätern?«, kann aber nur einige Versprechen erfüllen. Für mich leider kein lohnenswertes, Eindruck hinterlassendes Buch. Ich danke Blanvalet (Randomhouse) für das Rezensionsexemplar. Live. Love. Be. Believe. Eure Shaakai.

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