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Rezensionen zu
Wir sagen uns Dunkles

Helmut Böttiger

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Helmut Böttiger „Wir sagen uns Dunkles. Die Liebesgeschichte zwischen Ingeborg Bachmann und Paul Celan“ DVA 2017 ISBN:978-3-421-04631-4 Ich wollte dieses Buch lesen, weil ich dachte, es wäre eine Gedichtesammlung und ich sowohl die Gedichte von Paul Celan als auch die von Ingeborg Bachmann sehr schätze. Tatsächlich handelt es sich um eine Doppelbiographie mit dem Fokus auf die Beziehung zwischen den beiden. Eine durchaus interessante, detailreiche Biographie aus der ich eine Menge erfuhr, nicht nur über die beiden Lyriker sondern auch über etliche andere Personen, die in ihren Leben wichtig waren sowie über finstere Seiten des Literaturbetriebs. Die erste Begegnung zwischen Celan und Bachmann fand in Wien statt, was mir das Lesen der biographischen Daten erleichterte, weil ich viele der erwähnten Personen zumindest dem Namen nach kenne. Die Liebesbeziehung zwischen Celan und Bachmann war nicht nur unkonventionell sondern auch äußerst schwierig bis sie völlig unmöglich wurde. Ein ständiges Hin und Her zwischen Anziehung und Ablehnung, kurze gemeinsame Zeiten, dann wieder langes Schweigen und Entfremdung. Bachmann lebte zum Zeitpunkt der ersten intimen Begegnung mit Celan mit Hans Weigel zusammen. Celan heiratete kurz nach einem zweiten gescheiterten Versuch mit Bachmann zusammenzuleben Gisèle de Lestrange. Zwischen den kurzen Episoden des Zusammenlebens gab es manchmal eine sehr intensive Korrespondenz, manchmal lange Phasen des Schweigens. Zum Beispiel schrieb Celan zu einem Zeitpunkt an dem Bachmann den Eindruck hatte, dass es zu einer Annäherung gekommen war: „Lass uns nicht mehr von Dingen sprechen, die unwiederbringlich sind, Inge – sie bewirken nur, dass die Wunde wieder aufbricht, sie beschwören bei mir Zorn und Unmut herauf, sie scheuchen das Vergangene auf – und dieses Vergangene schien mir so oft ein Vergehen. Du weißt es, ich habe es dich fühlen ja wissen lassen – sie tauchen die Dinge in ein Dunkel, über dem man lange hocken muss, um sie wieder hervorzuholen, die Freundschaft weigert sich hartnäckig, rettend auf den Plan zu treten, – du siehst, es geschieht das Gegenteil von dem, was Du wünschst, Du schaffst, mit ein paar Worten, die die Zeit in nicht gerade kleinen Abständen vor dich hinstreut, Undeutlichkeiten, mit denen ich nun wieder ebenso schonungslos ins Gericht gehen muss wie seinerzeit mit Dir selber“ p.88 Sehr interessant fand ich die Analyse von Werken beider Autoren, die die gegenseitige Beeinflussung und das sich aufeinander Beziehen zeigen. Eigentlich unabhängig voneinander aber steuerten ihrer beider Leben auf die Katastrophe zu. „Man kann es nicht ohne Erschütterung lesen, wenn Klaus Demus, der jüngere, langjährige und bewundernde Freund, nach einem Besuch in Paris im März 1962 und einer Abweisung im April einen bewegenden Brief an Celan schrieb: „Mein lieber, mein geliebter Paul! Wenn Du mich lieb gehabt hast in so vielen Jahren, wie ichs ja weiß, wenn du meine Liebe gespürt hast: dann gib diesem Brief dem schwersten meines Lebens, soviel Gehör als Du kannst. Ich habe Dir das Äußerste, das Allerletzte zu sagen. Ich schwöre es Dir, dass es allein aus mir kommt, dass niemand mich beeinflusst hat , dass ich allein von mir zu Dir spreche. Alles hängt davon ab, dass Du mir das glaubst. Was ich zu sagen habe, kannst du mir wohl nicht glauben – es geschähe denn ein Wunder: weil diese winzigste Chance besteht, die letzte und äußerste, die meiner Freundschaft zu dir aufgegeben ist, habe ich es zu sagen. Paul, ich habe den entsetzlichen ganz gewissen Verdacht, dass Du an Paranoia erkrankt bist.“ p.239 Celan fühlte sich immer mehr auch von den wohlwollendsten Freunden angefeindet und verfolgt. Nach tragischen Vorfällen und mehreren Aufenthalten in psychiatrischen Kliniken, wählte er im April 1970 den Freitod. Bachmann starb 1973 mit 47 Jahren. Sie litt in den letzten Jahre ihres Lebens an einer gravierenden Angstneurose und an Panikattacken und hatte eine ausgeprägte Medikamentensucht.

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Als Germanistikstudentin hat man meistens ein ziemlich großes Interesse an allem, was im Entferntesten mit Literaturwissenschaft zu tun hat. Ich bin kein großer Fan von Lyrik und finde keinen rechten Zugang dazu und doch interessieren mich Bachmann und Celan auf rein persönlicher Ebene sehr. Die Beziehung der beiden blieb weiterstgehend verborgen und so war ich sehr gespannt, die Ausarbeitung Helmut Böttigers dazu zu lesen. Beim dem Buch handelt es sich genau gesagt nicht nur um die Untersuchung einer Beziehung, vielmehr bekommt der Leser eine Doppelbiografie präsentiert. Die Biografien der beiden überschneiden und trennen sich immer wieder und es ist interessant zu lesen, welchen Einfluss der eine auf das Leben des jeweils anderen nimmt und wie das alles sich wiederum in den Werken der beiden erkennen lässt. Man bekommt als Leser nicht nur ein Gefühl für die Beziehung zwischen Celan und Bachmann sondern auch ein breites Wissen über die Leben der beiden, die – so empfinde ich jedenfalls – zumindest in der Schule deutlich zu kurz kamen. Das gesamte Buch gliedert sich in mehrere Kapitel, die entweder nur Ingeborg Bachmann bzw. Paul Celan thematisieren oder sich mit der Beziehung der beiden Beschäftigen. Dabei wird immer ein besonders Augenmerk auf eine bestimmte Thematik oder ein bestimmtes Ereignis gelegt, was dem Buch eine schöne Struktur gab. Allerdings fiel es mir teilweise sehr schwer, den roten Faden nicht zu verlieren bzw. die Chronologie der Ereignisse m Auge zu behalten. Hier hilft es sicher enorm weiter, wenn man sich schon grob mit dem Leben der beiden auskennt oder sich kurz vor und immer wieder während dem Lesen einen chronologischen Lebenslauf aufruft. Ergänzt werden die Worte durch einige Bilder, die jedoch nicht überhand nehmen und das erzählte sehr gut unterstützten. Besonders gefielen mir hier die Bilder der Gruppe 47, da man sehr gut erkennen konnte, wie Bachmann und Celan innerhalb einer größeren Gruppe miteinander umgehen. Auch den Schreibstil von Helmut Böttiger empfand ich als sehr angenehm. Er schriebt so schön und bildlich, dass ich nicht nur viel Wissen über die beiden Lyriker mitnehmen konnte, sondern auch das ein oder andere schöne Zitat entdeckt und für mich markiert habe. Wir sagen uns Dunkles informiert uns nicht nur über die Beziehung von Ingeborg Bachmann und Paul Celan, vielmehr bekommt man als Leser eine gut recherchierte und wundervoll geschriebene Doppelbiografie präsentiert, die thematisch in einzelne Kapitel gegliedert ist.

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Ingeborg Bachmann gehört zu den wenigen Autorinnen, von denen ich nicht nur die Prosa liebe, sondern mich auch wirklich für ihr Leben interessiere. Nach der Biographie "Der dunkle Glanz der Freiheit", die ich praktisch verschlungen habe, war ich auch sofort wieder für dieses neue Werk zu haben und musste es haben. Hierin geht es natürlich nicht nur um ihr Leben, sondern vordergründig um die schwierige Beziehung zu dem Dichter Celan. Dieser übte auf mich trotz seiner bewegenden Lyrik nie einen solchen Reiz aus, aber die Verstrickung der beiden ist wirklich mehr als lesenswert! Zu erwähnen sei allerdings, dass Helmut Böttinger zum Teil eine sehr literaturwissenschaftliche Herangehensweise hat, was bedeutet, dass er nebst umfangreichen Recherchen über das Leben der beiden vieles auf Grundlage deren Gedichte analysiert. Ein wenig Sattelfestigkeit hinsichtlich germanistischer Termini sollte man besitzen, hier wird nämlich sehr viel evoziert und transzendiert, es tauchen Rezeptionsmuster, Daktylus und Anpäst auf. Ich muss zugeben, dass ich seine unterschiedlichen Auslegungen gespannt verfolgt, sie jedoch nicht immer völlig ernst genommen habe. An manchen Stellen ist eine Bezugnahmen der beiden Dichter nicht von der Hand zu weisen, an anderen hingegen fand ich Böttingers Interpretation sehr mutig. Fest steht allerdings, dass ich auch diesen Titel regelrecht verschlungen und wirklich unheimlich viele -für mich neue- biographische Details mitgenommen habe. Was mich bei Titeln wie diesem immer sehr fasziniert, ist der Einblick, den man mit den jeweiligen Biographien auch in die damalige Literaturszene bekommt. Ich spreche jetzt nicht nur über die Mitglieder der Gruppe 47, auch die jeweiligen privaten Kontakte, die die beiden pflegten waren für mich immer wieder eine Überraschung. Da geht Günter Grass bei Celan praktisch ein und aus und Bachmann trifft mal eben auf Erich Fried usw. Zurück zu den eigentlichen Akteuren dieses Buches: mir war nicht bewusst wie lange die beiden -trotz unterschiedlicher Lebenswege- eine derart intensive Beziehung zueinander aufrecht erhalten haben. Die Tragik mit der sie enden musste übertrifft jeden noch so kunstvoll ausgearbeiteten Liebesroman und ich war an mehreren Stellen sehr bewegt. Fazit: Ein überaus interessantes, brilliant recherchiertes Buch über die tragische Liebesgeschichte von Ingeborg Bachmann und Paul Celan. Es handelt sich allerdings um ein literaturwissenschaftliches Fachbuch, ein wenig Konzentration und Fremdwortkenntnisse werden vorausgesetzt.

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