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Rezensionen zu
Das kurze Leben des Ray Müller

Ralf Bönt

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€ 15,99 [D] inkl. MwSt. | € 15,99 [A] | CHF 23,00* (* empf. VK-Preis)

Klappentext Marko Kindler sitzt allein in einem Verhörraum der Polizei. Er wartet auf den Psychologen und versucht zu begreifen, was in der kurzen Zeit zwischen der Geburt seines Sohnes Ray und der Flucht geschehen ist: Da war die Nachricht vom Tod seiner engen Freundin, der New Yorker Malerin Nele Black. Ihre Krankengeschichte voller diffuser Symptome war, vom Zittern bis zur Schlaflosigkeit, seiner eigenen so ähnlich und fügte sich nahtlos in ihre Erzählungen über Missbrauch und familiärer Gewalt. Jetzt hat Marko sein eigenes Leben vor Augen: wie die Mutter ihn mied und der Adoptivschwester so nah war, wie der Alltag mit seiner Jugendliebe zu einem Korsett der Erwartungen und er ganz krank wurde. Dann die Gesundung und die große Freude über ein neues Leben mit Lycile und Ray. Aber nach der Trauerfeier für Nele Black übermannt ihn die Angst, dass er keine Erfüllung finden wird, auch nicht in dieser Vaterschaft. Es kommt zu einem Kurzschluss. „>Man sieht nur<, sagt sie beim Einbiegen in unserer Straße, >was man weiß<.“ (Seite 25) „Sehen lernen bedeutet, die eine richtige Verbindung zu trainieren und alle anderen zu kappen.“ (Seite 28) Marko ist glücklich. Seine Freundin Lycile erwartet in wenigen Tagen ihr erstes gemeinsames Kind. Endlich verläuft sein Leben, wie er sich immer erträumt hat. Nach der Entbindung wieder zu Hause, erfährt Marko, dass seine Freundin Nelly Black verstorben ist. Ihr Kontakt war einmal sehr eng, doch in den letzten Monaten nur noch sporadisch. Marko macht sich auf den Weg nach New York, um an der Trauerfeier teilzunehmen. Nach seiner Rückkehr ist allerdings nichts mehr wie es war. Etwas hat ihn verändert und lässt ihn eine Tat begehen, die er sich niemals hätte vorstellen können. „Eng war unser Kontakt aber schon da nicht mehr gewesen, denn ich erzählte ihr nicht mehr alles, ließ das Wichtige weg, und wenn man das Wichtige weglässt, erzählt man sich gar nichts mehr.“ (Seite 35) Im Verhörraum erinnert er sich an seine Vergangenheit. An sein Leben vor Lycile und vor Ray. Er erinnert sich an seine Zeit mit Nelly in New York und das er in ihr endlich eine Seelenverwandte gefunden hatte. Beide haben keine einfache Kindheit. Nelly wurde von ihrem Vater missbraucht und Markos Mutter vernachlässigte ihn, gab ihm nicht die Liebe und Zuwendung die er gebraucht hätte. Nelly und Marko scheinen sich so nah zu sein und dann doch wieder nicht. Während Nelly einen Mann kennen und lieben lernt, der allerdings die Muster der Vergangenheit wiederholt, trennt sich Marko von seiner großen Jugendliebe. Er wird krank und steigert sich immer mehr in diese Krankheiten hinein bis hin zur Tablettensucht und Wahnvorstellungen. Doch im Gegensatz zu Nelly schafft Marko den Absprung und wird wieder gesund. Er lernt Lycile kennen, die beiden bekommen ein Kind … alles scheint perfekt … bis zu jenem Tag … „Sie hätte mich krank gemacht, paranoid, hätte mich mit ihrem Denken wieder angesteckt, sie hätte mich nur noch mal in Dunkelheit getaucht, diese Kraft hatte sie, es fiel ihr ganz leicht. Satt mit ihr darüber zu reden, wie wir einen Sommer und einen Winter und noch einen Sommer lang über alles geredet und dabei zu oft das Elend erkannt hatten, das zwischen den Menschen blühte wie Löwenzahn auf einer Brache, hatte ich lieber geschwiegen.“ (Seite 39) Ralf Bönt Roman über „Das kurze Leben des Ray Müller“ lässt mich von der ersten Seite an nicht mehr los. Als Leserin weiß ich, dass eine schreckliche Tat geschehen wird. Wann sie sein wird und auch wie sie sein wird erfahre ich erst so ziemlich am Ende des Buches. Doch bis dahin geht mir das Leben des Marko Kindler unter die Haut. Vor allem konnte ich mir einfach nicht vorstellen, dass Marko seinem Sohn etwas antun könnte. Wenn man liest wie liebevoll er mit dem kleinen Kerl umgeht, geht einem das Herz auf und man denkt nur … was mag passiert sein, dass alle so eskaliert … Eigentlich möchte Marko alles richtig machen. Wie alle Menschen dieser Welt. Doch irgendwie schafft er das nicht und je mehr er es versucht, desto mehr verstrickt er sich. Immer schaut irgendwer verächtlich auf ihn herab … die Mutter, die große Jugendliebe, Lycile und selbst der Polizeipsychologe. „Je mehr Hände ich sah, desto besser ging es mir an der Hand meiner Mutter, denn der Augenblick, in dem ich unüberlegt und getrieben von dem Wissen, das Richtige zu tun, eine greife und weg sein würde, kam näher. Dachte ich. Wahrscheinlich erwartete ich, dass meine Mutter mich doch finden würde und an sich drücken, bebend vor Glück, mich wiederzusehen. Ich wäre nicht so distanziert durch mein Leben gelaufen, wenn das geschehen wäre, ich hätte die Welt und meinen Körper als Freund sehen können, hätte mehr zu geben gehabt. Wenn sie mich einmal so gehalten hätte, hätte ich das weiter geben können, statt nur unsicher nach der nächsten Falle im Leben zu schielen und mich dafür zu entschuldigen, dass ich da war. Was andere nervt. Aber ich ließ ihre Hand nicht los und wartete auf den richtigen Moment, bis sie es war, die zuerst meine Hand losließ, indem sie starb. Satt die richtige Hand zu finden, hatte ich die falsche verloren.“ (Seite 92/ 93) Ralf Bönt greift ein Thema auf, das in meinen Augen aktueller ist denn je. In Zeiten, in denen Frauen immer gleichberechtigter werden/ sind, bleiben viele Männer auf der Strecke. Sie fühlen sich unzulänglich und minderwertig. Manche stürzen dann vielleicht auch so ab wie Marko. Die Opfer–Täter–Sicht spielt hier für mich auch eine große Rolle. Ist Marko ein Täter weil sein Sohn ums Leben kommt oder ist er ein Opfer? Ein Opfer weil die Gesellschaft immer mehr von ihm verlangte? Er sollte/ wollte der perfekte Vater sein, der perfekte Mann, der perfekte Geldverdiener … doch nichts von dem ist ihm gelungen und alle schauen auf ihn herab … Ein Buch das mich nachdenklich zurück lässt ... und eine Frage bleibt ... sind wir nicht alle täglich Opfer und Täter zugleich?

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Der 1963 geborene Ralf Bönt studierte nach einer Handwerkerlehre Physik. Forschungsaufenthalte brachten ihn unter anderem ans Genfer CERN. Er veröffentlichte erfolgreich Erzählungen, Romane, Hörspiele und Essays und wurde für sein literarisches Werk mehrmals ausgezeichnet. Sein neuer Roman mit dem Titel “Das kurze Leben des Ray Müller” erschien im März 2015 bei DVA. Vom Opfer zum Täter Marko Kindler wartet auf sein Verhör durch einen Polizeipsychologen. Wenige Stunden vorher entführte er seinen kürzlich geborenen Sohn. Wie konnte es bloß soweit kommen? Markos Leben verlief recht kompliziert: mit seiner Jugendliebe Nadja hat er zwei Kinder, doch die Beziehung gerät unter den hohen Erwartungen an ihn in eine Krise und das Paar trennt sich schließlich. Außerdem leidet er an einer seltenen Schilddrüsenkrankheit, die ihn körperlich zum Wrack macht. Marko stellt Nachforschungen über die Ursachen seiner Erkrankung an und erkennt, dass er an einer Quecksilber-Vergiftung aufgrund einer fehlerhaften Zahnbehandlung leidet. Doch zum Glück bekommt er seine Krankheit in den Griff. In Rückblicken erinnert er sich an seine frühere Beziehung zu der psychisch gestörten New Yorker Künstlerin Nelly. Marko lernte sie bei einem Besuch in den USA kennen und beide fühlten sich seelenverwandt, zumal sie auch an den gleichen gesundheitlichen Problemen mit der Schilddrüse litten. Doch auch die platonische Beziehung mit Nelly verlief irgendwann im Nichts. Schließlich wagt Marko einen Neuanfang mit der netten Journalistin Lycile. Als ihr Sohn Ray zur Welt kommt muss Marko erkennen, dass seine Ideale von Vaterschaft wieder nicht zu erfüllen sind. Denn Rays Geburtstag ist zugleich Nellys Todestag. Als Marko von Nellys Beerdigung wieder zurück nach Deutschland kommt, empfindet er sein Leben nur noch als Gefängnis. In einer Kurzschlusshandlung entführt er seinen Sohn an die Ostsee und träumt von einem Leben als alleinerziehender Vater, der seinem Kind jeden Wunsch erfüllt. Der Roman endet im Verhörraum, in dem Marko bereits am Anfang des Buches sitzt. Jetzt erfährt man auch, wie die Entführung des Kindes endete. Fazit Der Roman über einen Mann, der immer wieder am Leben scheitert, ist keine leichte Kost. Markos Leben besteht nur aus Verlusten: seine erste Beziehung mit Nadja, seine platonische Beziehung mit Nelly, seine Gesundheit und schließlich Nelly durch ihren Tod. Erzählt wird der Roman aus Markos Sicht. So konzentriert sich das Geschehen hauptsächlich auf seine Gefühle und Erlebnisse. Nach und nach setzt sich Markos Leben wie ein Puzzle zusammen und wirft immer neue Fragen auf. Sein Leben ist eine Ansammlung von Tragödien. Marko ist ein Mann, der schwach und zugleich eifersüchtig auf das “schwache” Geschlecht ist. Sehr detailliert geht der Autor auf die Schilddrüsenerkrankung Markos und Nellys ein – meiner Meinung nach etwas zu detailliert. Man benötigt beim Lesen eine Menge Konzentration, um Markos Leben und seine Handlungen komplett zu begreifen. Dann wird man mit einem berührenden, teils heiteren und spannenden Roman belohnt. Das Buchcover passt perfekt zum Inhalt: ein leeres Boot in totaler Finsternis. Finster sind Markos Gedanken und der Titel “Das kurze Leben des Ray Müller” besagt, wie der Roman endet. “Das kurze Leben des Ray Müller” – Roman von Ralf Bönt, erschienen im März 2015 bei DVA, gebunden, 336 Seiten, 19,99 Euro, ISBN 978-3-421-04639-0 Herzlichen Dank an DVA für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares.

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Was hebt die eigene Welt aus den vertrauten Angeln, wie kann einem der Teppich unter den Füßen weggezogen werden? Wann wird aus Unschuld Schuld? Marko Kindler weiß darüber eine Geschichte zu erzählen, es ist seine eigene. Er blickt zurück auf die vergangenen Jahre, als er in einer Gefängniszelle auf den Psychologen wartet, nachdem er seinen nur wenige Wochen alten Sohn entführt hat. Dabei lief es für den Juristen, Übersetzer und Krimi-Autor doch alles wie am Schnürchen, nachdem er aus einem Tief wieder nach oben gekommen war. Nach einer gescheiterten Beziehung trifft er auf die Journalistin Lycile, das Paar bekommt mit dem kleinen Ray nach zahlreichen Fehlgeburten endlich das ersehnte Kind. Doch der Schein einer perfekten Familie trügt. Denn allzu viel ist passiert in jenen Jahren. Autor Ralf Bönt lässt in seinem aktuellen Roman “Das kurze Leben des Ray Müller” seinen Helden die besondere Erfahrung machen, einen Seelenverwandten gefunden zu haben. Marko lernt in New York City Nelly kennen, eine charismatische und gerade sehr angesagte Künstlerin. Marko soll sie für einen Band über Künstler der Stadt interviewen. In den weiteren Gesprächen wird ihnen beiden klar, dass sie gemeinsam unter einer Schilddrüsen-Erkrankung leiden, dieselben Medikamente nehmen. Mit diesem gemeinsamen Hintergrund kommen sie sich seelisch näher, nicht unbedingt körperlich. Denn Nelly ist lesbisch, Marko mit Nadja zusammen und Vater zweier Kinder. Trotz dieser kurzen Zeit in New York sind die Leben beider fest verschnürt, trotz der folgenden Zeit, die unaufhörlich verrinnt und sie beide verändert. Nadja trennt sich von Marko. Seine Krankheit, die sich unter anderem durch Allergien, Asthma, Schlaflosigkeit und einer erhöhten Libido bemerkbar macht, schwächt ihn so ernsthaft, dass er kaum seinen Beruf ausüben kann, nahezu vor dem finanziellen Ruin steht. Während eines Stipendium-Aufenthaltes in den USA lernt er schließlich Lycile kennen. Sein Leben bekommt Auftrieb. Durch eigene Nachforschungen kommt er der Ursache seiner Krankheit auf die Spur: Er hat eine Quecksilber-Vergiftung infolge einer fehlerhaften Zahn-Behandlung erlitten. Er bekommt sein Leiden unter Kontrolle, ein zweiter Krimi wird von seinem Verleger angenommen. Und da ist noch der kleine Ray, der die Beziehung eigentlich perfekt macht. Wenn nicht der plötzliche Tod Nellys, die so herrlich ehrlich mit Kraftausdrücken und aus purer Verzweiflung “über die Scheißwelt doziert”, Marko aus der Bahn wirft. Was dann geschieht, soll der Leser selbst erfahren. Nur dazu: Es erschüttert sehr. Mehr als der Tod der Künstlerin, obwohl auch dieser sehr tragisch ist. Denn Bönt konzentriert sich hauptsächlich auf seinen männlichen Protagonisten, auf dessen Erlebnisse und Erfahrungen, auf dessen Gefühle und Gedanken. Dafür nutzt er den besten Weg: Das Geschehen wird aus der Sicht Markos erzählt. Doch die Art und Weise ist auch die Besonderheit des Romans, die ihn auszeichnet. Einige Rezensenten haben kritisch bemerkt, dass dem Werk ein roter Faden, ein Thema fehle. Doch all dies gibt es in einer sehr speziellen Form. Wie ein Gedankenstrom, der sich verschiedenen Zeitebenen, verschiedenen Themen und Personen abwechselnd zuwendet, erscheint das Erzählen dieser Geschichte, die der Leser erst aus den vielen kleinen Berichten wie bei einem Puzzle-Spiel zu einem komplexen Bild zusammensetzen muss. Es gibt viele detailliert erzählte Szenen, und man bekommt den Eindruck, dass hinter jedem Gefühl, jeder Regung der Protagonisten eine weitere Schicht verborgen ist und auch bleibt. Dies verlangt Konzentration und Hingabe, keine Frage. Und Bönt gelingt es sehr oft, den Leser an seinen Helden zu binden und einen wunderbar runden Erzähl-Fluss zu gestalten. Vor allem die Szenen, in denen die enge auch körperliche Verbindung zwischen Vater und Sohn und dieses Wunder des neuen Lebens beschrieben werden, sowie jene Passagen, in denen von New York, dem 11. September und über den Konflikt zwischen der künstlerischen Elite und der politischen Entwicklung in den USA berichtet wird, zähle ich zu den schönsten Szenen des Buches. Auch der Humor, der immer wieder an einigen Stellen vor allem mit ironischen Seitenhieben auf die Literaturszene durchscheint, bereichert diesen Roman ungemein. Doch ab und an verlor ich selbst etwas die doch intensive Bindung zum Text, waren mir die Szenen rund um Sex und die Libido und die mit vielen medizinischen Fachwörtern versehenen Passagen über die Erkrankung und die Möglichkeiten der Behandlung etwas zu viel der Detailliebe. Dabei hätten die schwierige Mutter-Sohn-Beziehung, die Marko erlebt hat, sowie die schrecklichen Missbrauchs-Erfahrungen Nellys durchaus mehr Platz und Aufmerksamkeit verdient. Beides wird gefühlt nebenher erzählt oder taucht nur in kurzen Passagen auf. Bönts Roman – der Berliner Autor, bekannt für seine Werke “Das entehrte Geschlecht” und “Die Entdeckung des Lichts”, ist für sein schriftstellerisches Schaffen schon mehrfach ausgezeichnet worden – ist ein schonungsloser Bericht, ein Geständnis, eine Offenbarung, nichts wird verheimlicht. Vor allem die eigenen Schwächen nicht, ob sie nun physischer oder psychischer Art sind. In der Krankengeschichte des Protagonisten verbirgt sich auch ein Gegenentwurf zu all jenen Romanen, die Krankheit und körperliches Leid im Alter beschreiben. Hier trifft es einen jungen Mann, der durchaus erfolgreich sein könnte – als Mensch, Mann und Vater und als kreativer Autor. Der kranke Körper bremst den Geist aus. Und wenn dann die traumatisierenden Erlebnisse der Kindheit und Jugend sowie die eigenen Ansprüche und die der anderen hinzukommen, scheint das Fass überzulaufen. Und nur die Frage bleibt, was oder wer hätte die nachfolgenden Ereignisse aufhalten können.

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