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Rezensionen zu
Das Sexleben siamesicher Zwillinge

Irvine Welsh

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Neben Chuck Palahniuk und Michelle Houellebecq zählt Irvine Welsh zu den großen Gesellschaftskritikern im literarischen Feld, die gewisse Themen gern einmal auf drastische Art und Weise angehen. In Welshs Romanen geht es häufig um Individuen, die durch übermäßigem Drogenkonsum versuchen einer Welt zu entfliehen, in der sie nicht bestehen können. Oftmals haben diese Figuren etwas traumatisches erlebt und versuchen es dementsprechend zu kompensieren. So stellt es sich auch in seinem neuen Roman "Das Sexleben siamesischer Zwillinge" dar. Wir lernen die übergewichtige Künstlerin Lena Sorenson und die knallharte Fitnesstrainerin Lucy Brennan kennen, die sich eines Nachts begegnen, als Lucy gerade einen vermeintlichen Amokläufer zur Strecke bringt und Lena dies filmt. Daraufhin finden die beiden zusammen, denn Lena möchte bei Lucy ein Personal Training beginnen. Die beiden Protagonistinnen repräsentieren zwei extreme! Seiten einer (amerikanischen?) Gesellschaft - auf der einen Seite Menschen, die an extremen Esssüchten leiden und auf der anderen Seite Menschen, die sich in totalen Fitnesswahn versteigen und einen regelrechten Hass schieben auf jedes Gramm Fett. Auf Lucy trifft letzteres zu, sie schafft es in keinem Satz einen nicht ihren Idealen entsprechenden Menschen einmal nicht auf sein primäres Geschlechtsorgan zu reduzieren. Der Autor hält sich dahingehend mit Beschreibungen und Beschimpfungen nicht zurück, ebenso wenig wie mit sexuellen und gewaltvollen Handlungen. Pikante Details sind Welshs Spezialgebiet und das findet man spätestens auf Seite 50 heraus. Als die beiden Frauen aufeinandertreffen, die sich so enorm unterscheiden, muss es einfach zum totalen Crash kommen und wie das aussehen wird, lohnt sich zu entdecken. Welsh hält den Spannungsbogen der Geschichte immer aufrecht. In den Kapiteln der Geschichte begegnen uns nicht nur Lena und Lucy aus der Ich-Perspektive, sondern auch tagebuchartige Einträge, Reflexionen und Email-Korrespondenzen. Die Darstellung von Sex und Gewalt ist stets sehr explizit. Homosexualität wird auf Seiten beider Frauen dargestellt, recht natürlich und normal zwar, aber dank Welshs Hang zu Details auch sehr spezifisch und zu genau. Seine Kritik an diesen beiden Extremen in der Gesellschaft empfand ich als überaus gelungen, jedoch störte es mich etwas, dass er sich am Ende doch für eine Seite entscheidet. Ein offenes Ende hätte ich hier durchaus für passend gehalten, um den Leser zum Nachdenken anzuleiten. Nichtsdestotrotz steckt hinter der oft vulgären und saloppen Oberfläche vom Roman ein Aufruf für ein gesünderes Körpergefühl. Weder Medien noch die Gesellschaft sollten einen bei der Wahl des eigenen Wohlfühlgewichts reinreden können. Zu seinem ungewöhnlichen Titel gelangt das Buch im Übrigen durch eine Sendung, die im Fernsehen des Romans läuft. Dort geht es um siamesische Zwillinge, deren Geschichte erzählt wird und deren alsbaldige Trennung bevorsteht - diese Geschichte verfolgen auch Lena und Lucy, sie reflektieren darüber und tauschen sich ebenso aus. Eine gut angelegte Parallelhandlung! Meine Wertung: 3,5-4,0 Sterne

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Hart, härter, Welsh?

Von: Gackelchen

04.05.2015

Worum es geht: Lucy Brennan ist die härteste Fitnesstrainerin von Miami Beach - und ein Star: Seit sie dabei gefilmt wurde, wie sie per Frontkick einen Amokläufer zur Strecke brachte, kann sie sich vor Aufträgen kaum noch retten. Auch die Planungen für ihre eigene Reality-TV -Show machen Fortschritte. Doch dann meldet sich die unsichere, stark übergewichtige Künstlerin Lena Sorenson zum Personal Training bei ihr an; eine Frau, die all das verkörpert, was Lucy hasst. Langsam, aber unaufhaltsam gerät ihr erbitterter Kampf gegen die Fettleibigkeit außer Kontrolle ... - Klappentext Heyne Verlag Meine Meinung: Manche Bücher erreichen einen zur richtigen Zeit. Als ich mir den Klappentext auf englisch durchgelesen hatte, konnte ich herzlich wenig damit anfangen. Nach dem deutschen erscheinen war ich allerdings Feuer und Flamme. Dank dem Bloggerportal und der Lieben Frau Keis von Randomhouse konnte ich das Buch als Rezensionsexemplar erhalten. Seit kurzem habe ich eine Ernährungsumstellung gemacht und beschäftige mich mehr und mehr mit Fitness und Körper. Ich weiss nicht ob mir das Buch unter anderen Umständen gefallen hätte, jetzt hatte es allerdings einen Nerv getroffen. Bereits auf der ersten Seite hat Lucy mich mehrmals laut auflachen lassen und für sich gewonnen. Wieder eine Überraschung, war ich mir doch sicher dass meine Sympathien eher an die Übergewichtige Lena gehen würden. Aber mit den Sympathien ist es hier nicht so einfach. Welshs Figuren, wie jeder Mensch, hat gute und schlechte Seiten und er nimmt kein Blatt vor den Mund. Die Darstellung der Lucy und ihre Obsession gegen die Fettleibigkeit ist richtig gehend unheimlich. Wie schnell ein Mensch sich im Strudel seiner Überzeugung verlieren kann wird deutlich als Lucy bereits in der Hälfte des Buches kaum noch identifizierbar ist mit der Lucy der ersten Seite. Die Detailfreude wird einigen Aufstoßen, da sollte man schon hart im Nehmen sein. Hart, härter, Irvine Welsh? Doch obwohl soviel abscheuliches dargestellt wird weiss Welsh zu fesseln! Wie weit wird er mit Lucy gehen um ihr Ziel zu erreichen, vor allem wenn sie wortwörtlich bereit ist ALLES zu tun? Es scheint keine Grenzen zu geben und dem Leser wird ab verlangt seine eigenen über Bord zu werfen. Positiv: - Für mich mal was ganz anderes - Entwicklung der Figuren Negativ: - Das Ende war dann recht enttäuschend, wenn man die restlichen 90% der Handlung schaut. Hat für mich so irgendwie nicht reingepasst.

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Die taffe Fitnesstrainerin Lucy Brennan macht sich mit ihrem 1998er Cadillac DeVille gerade auf den Weg nach South Beach, als ihr zwei Männer mit wedelnden Armen auf dem fast verlassenen Causeway entgegenlaufen. Während der eine Typ über ihre Motorhaube abrollt, wird sein Begleiter von einem anderen Fahrzeug voll erwischt. Schließlich taucht ein dritter Mann mit einer Pistole aus dem Dunkeln, den Lucy beherzt entwaffnet. Von einer Zeugin wird der Vorfall mit einem Handy gefilmt, Lucy avanciert in Blitzeseile zu einer Heldin, der von VH1 sogar eine eigene Fernsehshow in Aussicht gestellt wird. Allerdings wendet sich das Blatt, als herauskommt, dass der Mann, den Lena entwaffnete, Opfer eines Pädophilenrings gewesen ist, der zwei der Triebtäter verfolgt hat. Statt einer eigenen Fernsehshow bekommt Lucy nun die Zeugin Lena Sorensen als Klientin, die bei einer Körpergröße von 1,60m ordentliche 100 Kilogramm auf die Waage bringt. Dabei ist Lucy gar nicht so eine Loserin, wie sie auf den ersten Blick erscheint, sondern eine populäre Künstlerin, die mit ihren Skulpturen aus Tierknochen bereits auf einige erfolgreiche Ausstellungen und Verkäufe zurückblicken kann. Da sie allerdings nicht die Vorgaben ihrer Trainerin erfüllt, greift Lucy zu drastischeren Mitteln und sperrt Lena in dem verlassenen Apartment ihrer Mutter ein, das sie erst wieder verlassen darf, wenn sie wieder ihr Normalgewicht erreicht hat. „Bis du endlich erwachsen geworden bist und ich dich ernst nehmen kann, werde ich alle Entscheidungen für dich treffen, in deinem Interesse. Denn deine schlechten Entscheidungen wirken sich negativ auf mein Leben aus! Dieses Video von mir dem Fernsehen zu geben: schlechte Entscheidung! Dir den Mund mit Scheiße vollzustopfen, obwohl ich alles unternehme, damit du abnimmst: verdammt schlechte Entscheidung!“ (S. 210f.) Der im schottischen Leigth nahe bei Edinburgh geborene und mittlerweile in Chicago lebende Irvine Welsh ist durch die kongeniale Verfilmung seines Debüt-Romans „Trainspotting“ durch Danny Boyle weltberühmt geworden. Nachdem er 2012 mit dem epischen „Skagboys“ die Vorgeschichte zu diesem Bestseller erzählte, folgt nun mit „Das Sexleben siamesischer Zwillinge“ quasi das amerikanische Pendant dazu. Hinter dem etwas kurios anmutenden Titel verbirgt sich ein beißender Kommentar auf den hedonistischen Körperkult und Schönheitswahn, wie er im Miami wohl am eindrucksvollsten zur Schau gestellt wird. Mit der körperbewussten Lucy und der zurückhaltenden Lena lässt Welsh zwei Frauentypen aufeinanderprallen, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten, und doch hängen sie wie die titelgebenden siamesischen Zwillinge zusammen, die immer mal wieder wie ein McGuffin in bester Hitchcock-Tradition auftauchen. Die Geschichte der sechzehnjährigen siamesischen Zwillinge Amy und Annabel aus Arkansas taucht immer wieder in den Medien auf, weil sich das eine Mädchen von dem anderen trennen möchte, um mit seinem Freund ungestört zusammen sein zu können. Wie Lucy und Lena miteinander umgehen, ist schon grenzwertig und wird von Welsh auch in expliziter Sprache wiedergegeben. Vor allem bei den Sexszenen nimmt der Bestseller-Autor kein Blatt vor den Mund und lässt der Fantasie nicht viel Raum. Der Roman weist gerade in der Mitte auch einige Längen auf, wenn sich die Story nicht wirklich weiterentwickelt. Dafür präsentiert Welsh immer wieder interessante Intermezzi wie die tagebuchähnlichen „Morgenseiten“, die Rezeption von Lenas Kunst in der Fachpresse und verschiedene email-Kommunikationen. Zum Schluss hin nimmt „Das Sexleben siamesischer Zwillinge“ aber wieder mächtig an Fahrt auf und präsentiert einige interessante Wendungen und Hintergründe zum Verhalten der Protagonistinnen. Lucy und Lena präsentieren hier zwei Vorzeigefiguren des „American Way of Life“, den Fitnesswahn und Körperkult ebenso wie die Abhängigkeit von Fast Food auf der einen Seite, die Medienhysterie auf der anderen Seite.

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