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Rezensionen zu
Der Sympathisant

Viet Thanh Nguyen

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Lange habe ich mit dem Pulitzer-Preis gewinnenden Buch "Der Sympathisant" gekämpft, nicht weil es mir etwa missfiel, sondern eher aufgrund von dem gewaltig gehaltvollen Inhalt. Geschrieben aus der Sicht eines namenlosen Doppelagenten, zwischen Vietcong und der USA hin und her gerissen, amerikanische Lebensweise aneignend und auch aus einer ähnlich zerrissenen Herkunft, mit einer vietnamesischen Mutter und einem französischen Priester als Vater. So reflektiert er im Nachhinein, zum Geständnis erzwungen, sein bisheriges Leben als Student und später Flüchtling in Amerika, Revolutionskämpfer auf der einen Seite und Verfechter der anderen Seite. Viet Thanh Nguyen gelingt dieser Drahtseilakt grandios, doch nicht ohne blutiger, hoffnungsloser Muße, weshalb ich vielleicht so viele Lesepausen einlegen musste.

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Der erste Satz: »Ich bin ein Spion, ein Schläfer, ein Maulwurf, ein Mann mit zwei Gesichtern.« Vietnamkrieg (1955-1975), ein Bild aus meiner Kindheit und Jugend, Literatur und Filme in meiner Jugendzeit, immer aus der Sicht des weißen Amerikas. Und hier haben wir das erste Buch aus der Sicht eines Vietnamesen. Der Icherzähler bleibt namenlos. Seine Mutter ist Vietnamesin, sein Vater war irgendein Franzose, eine Sache, die ihn hier wie dort nie dazugehören lässt. Die letzten Tage vor dem Fall von Saigon lassen den Roman beginnen. Der General und eine Auswahl von Menschen dürfen fliehen, der CIA und die US-Soldaten machen sich vom Acker, auf der Flucht vor dem Vietcong. Die NLF, die »Nationale Front für die Befreiung Südvietnams«, schwenkt längst die blauroten Fahnen. Der Icherzähler gehört zum engen Stab des Generals, aber er ist gleichzeitig ein Spion des Vietcongs, erfährt der Leser. An jeder Ecke betteln Menschen, mit auf die Flucht genommen zu werden, Straßen und Flughafen sind überfüllt mit Flüchtlingen, ein Luftangriff auf die Air-Base lässt viele Menschen sterben und in letzter Minute kann der General starten, sich mit seiner kleinen Truppe retten. Der Krieg ist vorbei. Circa fünf Millionen Vietnamesen sind tot. Weiter: http://www.sabine-ibing.ch/rezension-sabine_ibing-Der_Sympathisant-Viet_Thanh_Nguyen.htm

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So ungefähr beginnt der Berichterstatter seine Geschichte. Im Jahr 1975 ist er der Adjutant des Generals. Süd-Vietnam ist im Krieg. Der Schutz, den die Amerikaner bieten sollten, ist brüchig. Der General entschließt sich mit seiner Familie zur Flucht und sein getreuer Helfer darf mit. Nicht bekannt ist allerdings, dass es sich bei eben diesem Helfer um einen kommunistischen Spion handelt. Doch ausgestattet mit den notwendigen Mitteln zur Kontaktaufnahme, ergreift dieser die einmalige Gelegenheit, die den General auch in den USA auszuforschen. In einer dramatischen Aktion, die nicht für alle glücklich endet, werden der General und einige seiner Vertrauten aus dem umkämpften Land ausgeflogen. Dieser Bericht des Spions hat es wirklich in sich. Wie ist das Innenleben eines Menschen, der seine kommunistisch geprägten Werte verbergen muss. Wie schafft er es, in dieser exponierten Stellung nicht aufzufallen. Musste er keine Sicherheitsüberprüfungen durchlaufen, wie kann er sein wahres ich verbergen. Oder ist er etwa dabei, sein wahres ich zu vergessen. Wird seine westliche Umgebung bestimmend für sein Wesen. Kann er seinen Aufgaben als Spion überhaupt noch gerecht werden. Und wie schnell kann eine hingeworfene Bemerkung ungeahnte Gefahren hervorrufen. Doch ebenso wie in Asien ist er auch in Amerika der Bastard, der mit einem westlichen Vater und einer asiatischen Mutter. Nicht in einem Rutsch zu lesen ist dieser Roman. Manchmal ausgesprochen mitreißend, manchmal etwas befremdlich. Doch häufig das Gedankenkarussell in Bewegung setzend, wie kann ein Mensch durchs Leben kommen, der zwei Seelen in seiner Brust tragen muss, der nach außen so tun muss, als sei er dem kapitalistischen Westen zugeneigt, während er diesem doch nur Verachtung entgegen bringen kann. Je weiter man liest und erkennt, wieso gewisse Formulierungen und Formatierungen gewählt werden, desto häufiger bedarf es einer Pause, um das Gelesene einordnen und gedanklich und gefühlsmäßig auf ein Level zu bringen, das das Gelesene erträglich werden lässt. Es ist schon harter Tobak, den der Autor bietet. Und die Befürchtung, dass der Autor sich relativ nah an wahre Begebenheiten gehalten haben könnte, macht es nicht einfacher. Wenn man selbst eher unbelastet aufgewachsen ist, fällt es schwer die Erlebnisse des Spions einzuordnen, sie verarbeiten zu können, sie zu verstehen. Da möchten einzelne Passagen wirklich genauestens gelesen werden, da blättert man noch einmal zurück, um jede Nuance mitzubekommen. Es bleibt zurück, eine nachdenkliche Leserin, die nie eine solche Erziehung und Formung genießen möchte, wie der Autor sie seinem Sympathisanten angedeihen ließ. Ein Hoch auf die freiheitlich demokratische Grundordnung und die Möglichkeit, das Spionieren grundsätzlich anderen zu überlassen. 4,5 Sterne

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