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Rezensionen zu
Fließsand oder Eine todsichere Anleitung zum Scheitern

Steve Toltz

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„Fließsand“ von Steve Toltz hatte ich mir auf dem Bloggerportal vor allem auf Grund des Klappentextes ausgesucht. Die Geschichte einer Freundschaft, die sich rund um die tragischen Versagen des einen sowie des anderen Hauptcharakters dreht, könnte unterhaltsam und subtil philosphisch sein. Dachte ich. Mein Fazit nach 100 Seiten ist: Es ist weder das eine noch das andere. Wenn Ihr erfahren wollt, wieso meine Meinung so ausgefallen ist, lest getrost weiter… Ein Anfang ohne Ende Die Geschichte um Aldo Benjamin – den chronischen „alles in den Sand-Setzer“ und seinem Polizistenfreund Liam Wilder wird aus Perspektive von Liam erzählt. Er stellt uns sich und Aldo bereits in einem sehr weit fortgeschrittenem Stadium der Tragödien vor, nämlich in einer Spelunke trinkend und Aldo sitzt – scheinbar behindert – im Rollstuhl. Die Ambivalenz von Liam gegenüber seinem unglücksseligen Freund wird schnell klar: Einerseits will er ihm helfen und er tut ihm leid. Andererseits kann er sich vor Zynismus und haßähnlichen Gefühlen gegenüber den hirnrissigen Geschäftsideen des Freundes kaum retten. Letztere führten auch stets in Krisen und in weiter fortschreitende Verschuldung. Aldo wird uns trotzdem als Stehaufmännchen vorgestellt. Die einzelnen Geschäftsideen (z.B. Gerät zum Aufspüren von Spuren von Nüssen, Gluten und Ähnlichem ODER Bräunungsstudio-Taxiservice…) und die skurrile Anfangssituation sollte wohl lustig sein. Ich finde die Ideen meist überzogen, ebenso wie den ganzen Einstieg. Stilistisch fiel mir sehr schnell der mühsame Satzbau sowie die langweiligen Dialoge negativ auf. Die Adjektive und Grundideen (siehe oben) sollen wohl eine Atmosphäre á la Quentin Tarantino zaubern. Nur… es klappt nicht. Als nächstes erfuhr ich als Leser einen Zeitsprung, der die Beziehung und den Werdegang der Freundschaft sowie diverse Nebencharaktere vorstellen sollte (z.B. Aldos Frau – ja, immerhin hat er geschafft jemanden dauerhaft für sich zu begeistern). Auch hier ist die einzige Kernaussage, was für abstruse Ideen und Lebensvorstellungen Aldo entwickelt, wie er sich durch Freundschaften mausert, sich an dem Wohlwollen von Freunden und Geschäftsbekannten entlangschlawienert. Die beschriebenen Verhaltensweisen machten mich persönlich beim Lesen eigentlich nur sauer und genervt. Eine tatsächliche Spannung beim Lesen wollte sich nicht einstellen. Die Freundschaftsabbruchversuche von Liam verlaufen als letztes im Sande und ich habe das Lesen dieses Werks endgültig aufgegeben, als Aldo versuchter Kindsmord (war sicher wieder nur eine ungünstig aussehende Coinzidenz….seufz) vorgeworfen wird. Manche Ergüsse muss man nicht weiter verfolgen. Wie meine Zwischenüberschrift schon andeutet, nimmt diese Einleitung einfach kein Ende. Es deutet sich keine zu lösende Hauptaufgabe oder Problematik an, geschweige denn interessante Wendung. Daher lege ich diesen insgesamt 525 Seiten starken Klotz beiseite. Sorry, Steve Toltz. Als letzte Anmerkung sei noch hier festgehalten, dass die stilistische Herangehensweise ev. durch Steves Tätigkeit als Drehbuchautor erklärbar ist. Seine Bemühungen Bilder in den Kopf des Lesers zu bekommen waren schon spürbar. Nur waren die Bilder eben nicht spannend.

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»Ich weiß, ich gerate ständig in die Bahnen fremder Kometen, und das ist irgendwie meine eigene Schuld, aber wie, Liam? Ernte ich wirklich, was ich gesät habe? Falls ja, was zum Geier säe ich, und wie säe ich es? Das weiß ich wirklich nicht. Manchmal, wenn ich abends ins Bett gehe, rechne ich fast damit, auf meinem Kissen eine Karte mit der Aufschrift "Mit freundlichen Grüßen, Luzifer" zu finden.« (S. 213) So einen richtigen Pechtag habt ihr bestimmt auch schon mal gehabt, oder? Ein Tag, an dem einfach nichts so richtig klappen will oder man von einem Fettnäpfchen ins nächste schlittert. Aber was wäre, wenn euch das Pech nicht nur einen Tag lang verfolgen würde, sondern euer ganzes Leben lang? Wenn ihr immer zur falschen Zeit am falschen Ort seid, mit den falschen Leuten zusammen seid oder das falsche sagt? Genau so geht es Aldo Benjamin aus Steve Toltz' tragikomischem Roman Fließsand oder Eine todsichere Anleitung zum Scheitern. Vor einigen Jahren konnte mich der Autor bereits mit dem genial-irren Buch Vatermord und andere Familienvergnügen begeistern und so musste ich auch hier wieder zugreifen. Und auch wenn das Buch seine zähen Passagen hatte, hat es mir insgesamt doch wieder staunende Lesestunden beschert. Abwechselnd zwischen Vergangenheit und Gegenwart zeigt uns die Geschichte, wie Aldo zu der tragischen Gestalt geworden ist, als die wir ihn am Anfang des Buches kennenlernen - ein körperliches Wrack, an den Rollstuhl gefesselt und permanent auf Hilfe angewiesen. Von Aldos Schickal erfahren wir durch Liam, seinem besten Freund, der eigentlich Schriftsteller statt Polizist werden wollte, dem aber die zündende Idee für sein Buch fehlte. Nun schildert er die unglaubliche Biografie seines Freundes, die wirklich mehrere Bücher füllen könnte. Aldo scheint wirklich zum Scheitern verdammt zu sein. Als Teenager wird er der Vergewaltigung einer Mitschülerin beschuldigt, obwohl er selbst noch Jungfrau ist. Seine Pläne, sich nach der Schule selbstständig zu machen mit teils irren, teils genialen Geschäftsideen, scheitern allesamt und lassen ihn hochverschuldet zurück. Weder in der Liebe noch im Beruf oder der Gesundheit ist ihm Glück vergönnt und vor Gericht landet er auch das ein oder andere Mal. Aber wird ihm am Ende vielleicht doch noch der geniale Coup gelingen? Ich bin echt immer wieder verblüfft von Steve Toltz' schier unendlichem Ideenreichtum, der sich auch in seinem opulent-überladenen und detailreichen Schreibstil wiederfindet. Aldo äußert dutzende interessante Geschäftsideen, und auch seine Einsichten über das Leben oder den Glauben regen zum Nachdenken an und inspirieren. Und auch hinsichtlich Aldos Schicksal konnte Toltz immer noch einen drauf setzen. Ich saß häufig einfach nur noch staunend vor den Seiten - staunend darüber, wie unheimlich viel Pech ein einzelner Mensch nur haben kann. Aber lasst euch nicht täuschen; auch wenn sich das Buch die Waage hält zwischen Komödie und Tragödie, ist es doch keine leichte Kost, denn was Aldo widerfährt, ist zeitweise echt heftig. Bei aller Genialität, die die Geschichte verströmt, hat das Buch doch auch seine zähen Passagen, bei denen ich ganz schönes Durchhaltevermögen gebraucht habe, um bis zum nächsten wieder fesselnderen Abschnitt zu kommen. Unterstützt wird das noch dadurch, dass weder Aldo noch Liam sonderlich großen Sympathieträger sind, mit denen man stark mitfühlen- oder leiden kann. Aber das Durchhalten wird trotzdem definitiv belohnt! Mein Fazit: Toltz' neuestes Werk präsentiert uns die tragisch-lustige Geschichte eines absoluten Versagers und vermag es dabei sowohl zu unterhalten, als auch geistig zu fordern. Es hat zwar seine schwachen Momente, aber allein um diese irre Lebensgeschichte kennenzulernen, sollte man dem Buch eine Chance geben. Steve Toltz, beim nächsten Buch bin ich definitiv wieder mit dabei!

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Jeder Mensch kennt vermutlich jemanden, dessen Leben genügend Stoff für einen Roman liefert. Liam, Protagonist dieser Geschichte von Steve Toltz, hat sogar das Glück, mit solch einer Person seit seiner Jugend befreundet zu sein. Dies bringt Liam, der statt Polizist viel lieber Schriftsteller geworden wäre und noch auf seinen großen Durchbruch wartet, auf die Idee, ein Buch über seinen Freund Aldo Benjamin zu schreiben. Dass Aldo eine ganz einzigartige Person ist, kann der Leser nach den ersten Kapiteln kaum bestreiten. Allein die Geschäftsideen, mit denen der mittellose Unternehmer zwar Investoren gewinnen, aber keine müde Mark verdienen konnte, füllen ein Buch für sich. „Lehrstücke im Versagen“ nennt Liam Aldos endlose Produkteinführungen. Höchst amüsant ist auch, wie sich Aldo ein Netzwerk von nützlichen Berufsvertretern wie Polizisten, Anwälte und Ärzte, allesamt „menschliche Feuerlöscher“ aufbaut, die ihm in jeder Lebenslage aus der Patsche helfen. Dies ist auch vonnöten, denn in der Patsche zu sitzen entwickelt sich für Aldo zu einem Dauerzustand. Er schlittert von einer Katastrophe in die nächste. Meint man, dass es nicht mehr schlimmer kommen kann, wird man eines Besseren belehrt. Verstärkt wird diese Aneinanderreihung von Desastern auch stilistisch. Steve Toltz ist ein Meister der Aufzählungen, sei es von unsinnigen Produkten, die Aldo auf den Markt lancierte, von Dingen, die er hasst oder von Arten, wie ein Mensch nicht begraben werden will. Da kann ein Satz locker über eine Seite hinausgehen. Man wird förmlich in den Gedankenstrom des Erzählers hineingerissen und staunt über den fantastischen Einfallsreichtum und schrägen Humor. Eine explosive Vitalität zieht sich durch den gesamten Roman. Manchmal trägt der Erzähler jedoch zu dick auf und man weiß nicht recht, was er damit bezweckt. Soll man Aldos Hass auf die Welt, auf die Absurditäten und Ungerechtigkeiten im Leben teilen oder ist alles so verrückt und grotesk, dass es gar nicht ernst zu nehmen ist? Der zweite Teil, der aus Aldos Sicht geschildert wird, verliert durch lange Ausschweifungen ein wenig an Schwung. Mit der Zeit nervte mich zunehmend die penetrante Auswalzung menschlicher Leidensfähigkeit. So ist der Roman durch den Wortwitz und die überbordende Fantasie durchaus lesenswert, kommt jedoch an Toltz’ erstes Werk „Vatermord und andere Familienvergnügen“, der mich vollends begeisterte, nicht ganz heran.

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Da muss schon einiges passiert sein, was den ständig auf „die große Nummer“ wartenden und ständig „big deals“ erprobende Aldo hinter sich hat, wenn er zu Beginn des Romans im Rollstuhl sitzend einen äußerlich erbärmlichen und innerlich aufgewühlten Anblick bietet. Und da muss mehr passiert sein, als das seine „große Liebe“ gerade dabei ist, einen anderen zu heiraten und „ihren“ Aldo natürlich mit Funktion zur Hochzeit eingeladen hat. Als Platzanweiser. Was alles sehr überzogen wirkt, zu Beginn, Was doch kaum sein kann, dass einem Mann ständig höchste Merkwürdigkeiten mit stark negativen Folgen für seine Gesundheit „über den Weg laufen“. Doch Toltz gelingt es, und das vor allem mit seiner lapidaren, ironisch-zynischen, genau beschreibenden Sprache, diesen Aldo für den Leser absolut greifbar und in all seinen Fettnäpfchen realistisch wirkend vor Augen zu führen. Was, neben der Sprache, auch an der zweiten Hauptfigur des Romans, des „heimlichen“ (da noch nicht veröffentlichten und bisher nur abgelehnten) Schriftstellers und, im Hauptberuf, Polizisten, Liam zu verdanken ist. Bester Freund seit Jugendzeiten, echter „Buddy“, der seinen Beruf nicht selten dazu nutzen muss, Aldo irgendwo heraus zu holen, wenn dieser sich wieder in einer Sackgasse befunden hat, aus der es ohne Verletzungen keinen Weg herausgab. Was liegt nun näher, als diesen Irrsinn, der Aldos Leben bestimmt, einfach als Stoff für den eigenen, neuen Roman zu nutzen? Und so nimmt Liam im Buch den Leser mit hinein in die Geschichte Aldos, in seine eigene (Verheiratet, so la la, Vater, „Broterwerber“) und die vielfachen Merkwürdigkeiten, die beide zusammen erlebten. Samt einer gehörigen Portion „Blick auf die Welt“, die Toltz seinen beiden Figuren unnachahmlich, mit trockenem Witz und massiver Ironie mit in den Mund legt. „Du weißt, früher wollten die Leute Rockstar werden und heute reicht es ihnen, wenn Rockstars auf ihren Geburtstagspartys spielen? Du weißt, dass wir Pornographie inzwischen für Meinungsfreiheit halten? Und wir haben schon immer gewusst, dass die Leute ihre Freiheit hassen, aber jetzt wissen wir auch, dass sie ihre Privatheit verachten“. Dies und noch viel mehr, das Buch strotzt geradezu davon, sind die Einsichten eines Mannes, der von der äußeren Erscheinung her schon sein Päckchen zu tragen hat, bei dem Pech hinzutritt, Wagemut überhand nimmt, und der dennoch nicht sich für falsch, sondern die Welt für einen merkwürdigen Ort hält. Wobei der Leser Seite für Seite mehr dazu neigt, diesem Aldo recht zu geben, der mit seinem auffälligen Verhalten Reaktionen provoziert, in denen sehr klar und präzise von Toltz ausgeführt wird, wie der Mensch der Moderne „so drauf“ ist. Und da wird weitaus Beschämenderes vom Zustand der Welt zur Sprache kommen als die jugendlichen „harten Kerle“, die Aldo zwingen wollen, den Tageshöchstbetrag aus dem Automaten zu holen. Wenn dieser nicht just in diesem Moment seine PIN vergessen hätte. Und wiederum nur mit Blessuren den Ort der Handlung verlassen wird. Wie stark dabei echte Freundschaft das Leben trägt, wie absolut direkt, klar, ehrlich und ohne jede Rücksichtnahme die Kommunikation der beiden verläuft, all das macht diesen Roman zu einem echten Pageturner und einer Gratwanderung zwischen Realität und Wahnsinn, die den Leser immer weiter im Sog der Erzählung hält. Im Blick auf „deinen Mordprozess und deine frappierende Aussage natürlich. Deine Unmengen an geschäftlichen Misserfolgen. Dein grässliches Pech. Deinen miserablen Gesundheitszustand. Deine schrille Verzweiflung. Dein totes Kind“. Was alles zur Sprache kommen wird in diesem hervorragenden Roman.

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