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Rezensionen zu
Berlin 1936

Oliver Hilmes

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16 Tage lang im August 1936, vom 1. bis zum 16.8., bietet sich dem Berlin des Dritten Reiches die Möglichkeit, die Diktatur in den Hintergrund zu rücken, um sich der Welt bestmöglich zu präsentieren. Statt zu Hetzschriften wird die Presse zu fairen Berichterstattungen angehalten – weder soll auf Siege Deutschlands verstärkt hingewiesen, noch sollen sie unter den Tisch gekehrt werden. Vielmehr beeindruckt als abgeschreckt werden rund hunderttausend Gäste durch den großen Aufwand, die sorgfältige Planung und den reibungslosen Ablauf. Auch das Aufgebot an eindrucksvollen Inszenierungen ist schon allein bei der Eröffnungsfeier pompös: Erstmalig findet ein olympischer Fackellauf zur Eröffnung statt, der mit einer Länge von 246 Metern zu den größten jemals gebauten Luftfahrzeugen gehörende Zeppelin „Hindenburg“ zieht über dem Stadion seine Runden, während unten in der Arena das Olympische Synphonie-Orchester große Stücke vertont.Aber auch außerhalb des Stadions gibt es viel zu erleben, beispielsweise locken Bars und Cafés. Oliver Hilmes nimmt einen auf eine Reise in die Zeit der Sommerspiele mit, zeigt einem die verschiedensten Schicksale auf, sodass man nicht nur Interessantes über die Olympischen Spiele, sondern auch durch die Beschreibung neben den Spielen ablaufender Geschichten ein Gefühl für die damalige Zeit erhält. Dem Autor gelingt es, verschiedenste Schicksale und Ereignisse, welche sich in nur sechzehn Tagen zutragen, dicht miteinander zu verknüpfen. Dabei führt er einige Personen an, die man eine Weile begleitet, bis sie wieder zu einem späteren Zeitpunkt aufgegriffen werden. Sehr gut gefällt mir auch der Aufbau des Buches: Jedem Tag ist ein Kapitel gewidmet, das stets mit einer Fotografie und einem kurzen Bericht des Reichswetterdienstes für Berlin beginnt, sodass man sich genau in den Sommer fühlen kann. Danach folgt man jemandem durch den Tag und erfährt im Anschluss daran etwas darüber, was im Stadium vor sich geht. Es folgt ein Einschub aus den täglichen Anweisungen der Reichspressekonferenz, die einen Blick hinter die Kulissen gewähren. Im Anschluss daran wird der Tag aus Sportler-, Berliner- oder Politiker-Sicht beschrieben, sehr interessant sind meines Erachtens Tagebucheinträge, zum Beispiel von Goebbels. So erfährt man von Auseinandersetzungen oder bemerkt, wo die Fassade zu bröckeln beginnt. Immer wieder werden die Sequenzen und einzelnen Erzählstränge durch Tagesmeldungen der Staatspolizei Berlin, die deutlich machen, dass die nach außen so mühsam gespielte Harmonie und Weltoffenheit mit Ende der Sommerspiele ihr Ende finden wird und auch in den sechzehn Tagen der Spiele nicht tatsächlich nach diesen Werten gelebt oder regiert wird, und durch Auszüge aus dem Berliner Lokal-Anzeiger aufgebrochen. Ich muss gestehen, dass ich mich für sportliche Ereignisse keineswegs begeistern kann; dennoch hat mich dieses Buch in seinen Bann gezogen. Denn es ist keineswegs eine Berichterstattung über die sportlichen Wettkämpfe, sondern vielmehr ein unfassbar lebendiges Portrait. Meines Erachten ist dieses Sachbuch sehr zu empfehlen, sollte man in die Zeit der Olympischen Spiele 1936 eintauchen, sie aus verschiedenen Perspektiven erleben und dabei auch hinter die Kulissen schauen wollen – auch wenn man sich nicht sonderlich für Sport begeistern kann, ist diese Lektüre sehr spannend und vermittelt, da sie sich eben mit der Zeit an sich und nicht nur den Spielen beschäftigt, Wissen zu der Diktatur.

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Der Monat August beginnt. Die Menschen sind in Vorfreude. Die ganze Welt blickt auf die Stadt. Es könnten unbeschwerte und lebendige Olympische Spiele werden, bei denen sich Sportler aus aller Herren Länder im fairen Wettstreit messen können. Doch man schreibt das Jahr 1936, die Stadt trägt den Namen Berlin, die Nationalsozialisten haben seit mehr als drei Jahren das Dritte Reich im festen und unerbittlichen Griff. Der Führer Adolf Hitler und seine oberste Riege wissen, die Spiele für ihre Zwecke zu missbrauchen, eine glanzvolle Scheinwelt zu inszenieren. In seinem Band „Berlin 1936. 16 Tage im August“ entwirft Autor Oliver Hilmes ein lebendiges und facettenreiches Bild dieses sportlichen Großereignisses und der pulsierenden Hauptstadt. Er führt an verschiedene Orte, erzählt von verschiedenen Personen – von sowohl „Normalsterblichen“ als auch prominenten Köpfen. Die meisten der realen Protagonisten verfolgt Hilmes wie an einem roten Faden über längere Zeit: da sind unter anderem der amerikanische Autor Thomas Wolfe und sein deutscher Verleger Ernst Rowohlt, da ist die jüdische Dichterin Mascha Kaléko und Leon Henri Dajou, der Besitzer der Kult-Bar „Quartier Latin“. Manche tauchen indes nur kurz, nahezu schlaglichtartig auf. Viele dieser Schicksale ergreifen und zeigen das wahre Gesicht des Regimes, das unter der inszenierten Scheinwelt nahezu verborgen bleibt. Da werden Sinti und Roma verschleppt und in ein Lager im Stadtteil Marzahn inhaftiert, Homosexuelle, Juden und Andersdenkende verfolgt, die Gesetze systematisch verschärft, die Denunzierung erlebt Hochkonjunktur. Viele dieser grausamen Ereignisse finden im Hintergrund statt, nahezu unter Ausschluss der Öffentlichkeit, die von diesem sportlichen wie medialen Ereignis ge- und verblendet wird. Nur wenige schauen hinter die Maske der heuchlerischen Fratze der Nationalsozialisten. Die Medien sind gleichgeschaltet, die Reichspressekonferenz gibt konkrete Anweisungen an die Medien heraus. Das junge Medium Fernsehen erlebt seine Bewährungsprobe. Die Welt staunt ob des Ausmaßes und der schier gigantischen Organisationsmaschinerie. Es sind Massen, die in das Olympia-Stadion strömen, an Aufmärschen teilnehmen. Doch da gibt es noch eine andere Welt abseits des gleichgeschalteten Reiches: die Bars und Kneipen, in denen sich nicht nur Intellektuelle und Promis aller couleur treffen, sondern in denen auch das normale Volk begrüßt wird. Im Club „Nobel“, in der Sherbini-Bar und im Quartier Latin findet sich allabendlich eine illustre Gästeschar ein – zu einem Glas Wein oder Whisky, zur verpönten Swing-Musik bekannter Kapellen. Hilmes gelingt es, mit zahlreichen Fakten aus seiner sehr intensiven Quellen-Recherche zu informieren und zu überraschen sowie unterhaltsam zu erzählen – oft mit einem herrlich augenzwinkernden Humor. Als einen herben, ja düsteren Kontrast lässt er beim Leser ein Gefühl der Beklemmung entstehen angesichts jener Vielzahl an Schicksalen und Menschen, die unter der braunen Diktatur leiden, deren Leben nicht nur auf den Kopf gestellt wird, sondern schlichtweg in großer Gefahr ist. Kleine kurze Andeutungen weisen in die Zukunft der jeweiligen Personen voraus, von denen letztlich in einem abschließenden Abschnitt mit dem Titel „Was wurde aus…“ erzählt wird. Mit oft traurigen Erkenntnissen, wie zum Beispiel zum Schicksal des deutschen Weitspringers Carl Ludwig „Luz“ Long, der mit seinem Konkurrenten, dem mehrfachen Olympiasieger und amerikanischen Leichtathletik-Star Jesse Owens, Freundschaft schließt. Unter dem leuchtenden Spektakel taucht der dunkle Abgrund auf; das beweist nicht nur die hohe Selbstmordrate in jenen Wochen, sondern auch jene „geheimnisvolle Reisegesellschaft“, die sich von Deutschland aus auf den Weg nach Spanien macht. Es sollen nur noch drei Jahre vergehen, bis der große Krieg ausbricht. Der Bürgerkrieg im Süden Europas ist dessen Prolog. In Hilmes‘ unvergleichlich lebendigem Porträt jener 16 Tage im August finden sich nahe sämtliche gesellschaftlichen Bereiche wieder: Sport und Kultur, die Bühne der Diplomatie genauso wie die große Politik. Der Autor, der sich in früheren Werken unter anderem mit den Biografien von Cosima Wagner, Franz Liszt und Bayern-König Ludwig II. beschäftigt hat, stellt sowohl die Nazi-Größen mit ihrem fanatischen Machtstreben und Rassen-Wahn als auch jene Diplomaten westlicher Nationen sowie Vertreter des olympischen Komitees bloß, die anstatt kritisch Stellung zum Rassismus und Antisemitismus im Dritten Reich zu beziehen, vielmehr wegschauen und kuschen. „Berlin 1936“ ist ein bemerkenswerter Band, der, angereichert mit kleinen und großen Geschichten und mit Original-Zeitdokumenten, den Leser über die Lektüre hinaus weiter beschäftigt und kräftig nachhallt.

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Klappentext: Im Sommer 1936 steht Berlin ganz im Zeichen der Olympischen Spiele. Zehntausende strömen in die deutsche Hauptstadt, die die Nationalsozialisten in diesen sechzehn Tagen als weltoffene Metropole präsentieren wollen. Oliver Hilmes folgt prominenten und völlig unbekannten Personen, Deutschen und ausländischen Gästen durch die fiebrig-flirrende Zeit der Sommerspiele und verknüpft die Ereignisse dieser Tage kunstvoll zum Panorama einer Diktatur im Pausenmodus. Die »Juden verboten«-Schilder sind plötzlich verschwunden, statt des »Horst-Wessel-Lieds« klingen Swing-Töne durch die Straßen. Berlin scheint für kurze Zeit eine ganz normale europäische Großstadt zu sein, doch im Hintergrund arbeitet das NS-Regime weiter daran, die Unterdrückung zu perfektionieren und das Land in den Krieg zu treiben. In »Berlin 1936« erzählt Oliver Hilmes präzise, atmosphärisch dicht und mitreißend von Sportlern und Künstlern, Diplomaten und NS-Größen, Transvestiten und Prostituierten, Restaurantbesitzern und Nachtschwärmern, Berlinern und Touristen. Es sind Geschichten, die faszinieren und verstören, überraschen und bewegen. Es sind die Geschichten von Opfern und Tätern, Mitläufern und Zuschauern. Es ist die Geschichte eines einzigartigen Sommers. Meinung: Sachbücher, die sich mit dem dritten Reich und dem 2. Weltkrieg, mit Hitler und dem Holocaust beschäftigen, gibt es natürlich unzählige auf dem Markt. Und doch ist dieses Thema heutzutage leider aktueller denn je, schaut man sich die aktuellen Ereignisse und die Einstellungen vieler Menschen an. Oliver Hilmes richtet sein Augenmerk in diesem Buch auf die olympischen Spiele 1936, welche Hitler nutzte, um Größe und Macht, sowie bis dahin noch nie dagewesene Spiel zu demonstrieren. Wie gewaltig und auch beeindruckend die Organisation und die Technik, die für die Spiele zum Einsatz kam, waren, stellt der Autor ebenso eindrucksvoll vor, wie die menschlichen Schicksale, die eng mit den Spielen verknüpft sind. Deshalb begegnet man hier nicht nur historisch bekannten Figuren, sondern auch viele eher unbekannte Einzelschicksale werden mit eingebunden und zu Wort gebracht. Dabei schafft der Autor es mühelos, die einzelnen Geschichten zu einem kompakten Roman zu verknüpfen. Dieses Sachbuch liest sich daher wie ein Gesellschaftsroman, stellenweise wie ein Krimi, manchmal wie ein Tatsachenbericht und fesselt die Leser an diesen dichten Roman. Man merkt dem Buch an, das der Autor sehr gut und genau recherchiert hat, und ich ziehe meinen Hut vor der Leistung, dermaßen viele Dokumente zusammenzutragen und zu ordnen, um diese in sinnvolle Zusammenhänge zu setzen. Jedes Kapitel durchläuft genau einen Tag und wird mit einer Fotografie eingeleitet, gefolgt von dem jeweiligen Wetterbericht des Tages. Oliver Hilmes Schreibstil hat mir sehr gut gefallen. Er weiß, wie er Spannung im Roman aufbaut, sein Fachwissen belehrend, aber nicht weniger unterhaltend einbringt und dabei trotzdem sachlich zu bleiben. Neben den kleinen Einzelschicksalen und Episoden gibt es auch größere Konstrukte im Roman, deren Verlauf die 16 Tage maßgeblich beeinflusst und der Geschichte den roten Faden geben. Natürlich hat man als Leser schon eine Ahnung, was auf die Betroffenen zukommen wird und manch eine zum damaligen Zeitpunkt sportliche Überraschung ist uns heutzutage natürlich schon bekannt, trotzdem verfolgt man nahezu atemlos diese Ereignisse und hofft, bangt und fiebert mit den Protagonisten und Athleten. Vielen Dank an den Siedler Verlag für das Rezensionsexemplar. Fazit: Berlin 1936 ist nicht nur gut recherchiert, sondern auch wirklich stark und unterhaltsam geschrieben. Gerade bei den aktuellen Geschehen in unserer Welt, sei es die Flüchtlingskrise, die politische Entwicklung oder die allgemeine Einstellung der Bevölkerung, ist dieser Roman ein wirklich wichtiges Buch, dass einem vor Augen führt, wohin Hass und Unterdrückung führen, und dass der äußere Schein oft mehr als trügen kann. Von mir gibt es 5 von 5 Punkten.

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BERLIN 1936

Von: Janine

04.07.2016

Egal, ob man sie mag oder nicht, Sportgroßereignisse lässt sich schwer aus dem Weg gehen. Olympiaden und Fußball-Meisterschaften bestimmen in einem festen Turnus immer wieder die Berichterstattung und lassen Zuschauer verschiedenster Nationalitäten mit fiebern. In seinem Buch Berlin 1936 nimmt der Historiker Oliver Hilmes den Leser mit zu solch einem Großereignis: Den Olympischen Spielen in Berlin. Warum sollte man sich mit einem Sportereignis beschäftigen, dass achtzig Jahre zurück liegt? Berlin ist 1936 eine Metropole der Gegensätze. Die Nationalsozialisten sind bereits seit drei Jahren an der Macht, Juden und andere Minderheiten werden zunehmend verfolgt und Vorbereitungen für einen Krieg getroffen. Durch die Olympischen Spiele bietet sich dem Regime nun die Möglichkeit einer Selbstinszenierung als friedliches, weltoffenes Deutschland. So schön die Vorstellung von „es geht nur um den Sport“ auch wäre – es steckt jede Menge Kalkül und politische Taktik dahinter. „Ein Redakteur des Berliner Lokal-Anzeigers beweist vermutlich eher unfreiwillig feinen politischen Humor, als er seinem Artikel über die aktuelle Scala-Saison eine Überschrift voranstellt, die auch auf die gesamten Olympischen Spiele gemünzt sein könnte: „Herrliche Welt des Scheins.““ – S. 132 Hilmes teilt sein Buch in die sechzehn Augusttage der Spiele ein und lässt sie anhand verschiedener Anekdoten und Persönlichkeiten Revue passieren. Das Text ist episodenhaft, einigen Personen wie dem Schriftsteller Thomas Wolfe begegnet man als Leser aber immer wieder. Eine große Stärke des Buchs ist es, dass nicht nur bekannte Persönlichkeiten aufgegriffen werden, sondern auch normale Bürger, die teilweise ganz andere Sorgen und Nöte haben als das Abschneiden der Deutschen im Medaillenkampf. Hier gibt es den Jungen, der dem Stadionbesuch mit seinem Vater entgegenfiebert, genauso, wie den Transvestiten, der in ständiger Angst vor Denunziation und Verfolgung lebt. Natürlich wird auch von einigen Wettkämpfen berichtet, aber Hilmes Hauptaugenmerk liegt tatsächlich eher auf dem Leben in der Stadt. Ergänzend gibt es neben den einzelnen Episoden den täglichen Wetterbericht, Anweisungen der Reichspressekonferenz, Meldungen der Staatspolizeistelle Berlin, einige Fotografien sowie Auszüge aus Goebbels Tagebuch. Zum Schluss erläutert Hilmes in einem weiteren Kapitel, wie es mit einigen der vorgestellten Personen nach den Spielen weiterging. Mich hat das Buch direkt von der ersten Seite an gefesselt. Ich wusste im Vorfeld nicht besonders viel über die Spiele, aber Hilmes schafft es gut, einen direkt in den August 1936 mitzunehmen.Durch die verschiedenen Episoden ergibt sich nach und nach ein spannendes Ganzes: Vor allem die Ambivalenz zwischen dem, was die Ausländer und die Deutschen selber wahrnehmen, fasziniert dabei ungemein. Genauso fasziniert haben mich die Beschreibungen des Nachtlebens und der verschiedenen Parties in der Stadt, gerade, da sowas meist nicht in Sach- und Geschichtsbücher Einzug hält. Obwohl schon unheimlich viel Material zum Dritten Reich existiert, wirkt Hilmes Buch frisch und vermittelt noch nicht gehörtes. An ein paar Stellen hätte ich mir vielleicht mehr Bildmaterial gewünscht, aber dieses kleine Manko wäre auch mein einziger Kritikpunkt. Wer ein Buch sucht, dass die Olympischen Spiele von 1936 im kleinsten Detail Revue passieren lässt, wird mit Berlin 1936 nicht gut bedient – wer sich dagegen mehr für das Drumherum interessiert, und wie durch Propaganda ein schöner Schein aufgebaut wird, ist bei Hilmes Buch genau richtig.

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Berlin im Jahre 1936. Die Olympiade. Die ganze Welt schaut auf Berlin, auf diese pulsierende Metropole. Als wäre alles wie früher. Früher, in einem Berlin ohne Nazis. Aus den Kneipen und Lokalen dringt der Swing nach draußen. Die "Juden verboten"-Schilder sind verschwunden. Berlin eine Stadt, in der die ganze Welt zu Gast ist. Eine Stadt, ganz offen und herzlich mit jubelnden und fröhlichen Menschen. Von den Massen unbemerkt, vor den Toren Berlins entsteht das KZ Sachsenhausen. "Berlin 1936 - Sechszehn Tage im August" - ein Buch, das mich fasziniert hat, ein Buch, das aus der Masse heraussticht. Der Autor Oliver Hilmes lässt in seinem Buch Menschen zu Wort kommen. Menschen von damals. Besucher der Olympiade, Berliner, Schauspieler, Nazis, Stars, Sportler. Der Leser taucht so ein in ein realistisches Berlin von damals. Menschen und Schauplätze werden lebendig. Als Leser spürt man das prickelnde Leben, den Jubel im Stadion und dann wieder, fast unverhofft, die Angst. Menschen, die zurückgezogen leben. Menschen, die nicht in das Weltbild der Nazis passen.Menschen, die sich unsichtbar machen. Erschreckend und faszinierend zugleich, welche Propaganda-Maschinerie die Nazis in Gang gesetzt haben. Wie konnten so viele Menschen, ja Massen, darauf hereinfallen? Hat man wirklich nicht sehen können, was sich hinter den Kulissen abgespielt hat oder hat man es nicht sehen wollen? 16 Tage im August. Jeder Tag ein Kapitel. Jedes Kapitel beginnt mit dem Wetterbericht des Reichswetterdienstes für Berlin. Dann die Geschichten der Menschen. Manchmal eine kurze Geschichte, manchmal eine Geschichte, die der Leser durch das gesamte Buch folgt, aber immer eine Geschichte, die fesselt, sei sie auch noch so kurz. Mittendrin immer wieder Auszüge aus den täglichen Anweisungen der Reichspressekonferenz und Fotos. Dem Leser wird schnell klar, wie die Propaganda funktioniert hat. Gänsehaut beim Lesen dieser Anweisungen ist gewiss. Genau so ist es mir mit den kurzen Tagesmeldungen der Staatspolizeistelle Berlins ergangen. "Berlin 1936 - Sechzehn Tage im August" ist mitreißend, spannend, atmosphärisch. Das Buch ist verstörend, es ist großartig.Unbedingt lesen!

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Mich als Dokujunkie und Geschichtsbegeisterten hat Oliver Hilmes' neues Sachbuch sofort interessiert. Ich lese ja, wie ihr wisst, verhältnismäßig viele Romane und auch Sachbücher zum Thema Holocaust und Drittes Reich, doch in Bezug auf die Olympiade von 1936 war ich noch ein relativer Neuling. Deswegen ist meine Rezension natürlich sehr subjektiv, denn wer bereits ein gewisses Basiswissen zu diesem Thema besitzt, liest Hilmes' Buch mit Sicherheit ganz anders als ich. Was mir von Anfang an sehr gut gefallen hat: Berlin 1936 ist klar und logisch strukturiert und in 17 kurze Kapitel unterteilt. Jeder der sechzehn Tage der Olympischen Spiele entspricht einem Kapitel und abgeschlossen wird das Buch von einem weiteren Abschnitt mit dem Titel "Was wurde aus... ?", in dem Hilmes kurz umreißt, wie es mit den einzelnen Personen, deren Schicksale er beleuchtet, nach 1936 weiterging. Die Abfolge ist chronologisch und so findet man sich als Leser leicht zurecht und kann die Geschehnisse gut nachvollziehen. Das Besondere an diesem Sachbuch ist jedoch der Schreibstil: Oliver Hilmes bedient sich nämlich des Prosastils, erzählt im Präsens und lässt bisweilen auch die Gedanken und Gefühle der verschiedenen Personen mit in seine Betrachtungen einfließen. Das ist recht ungewöhnlich für ein geschichtliches Sachbuch (obwohl ich diesen Stil schon kannte, z.B. von Mattias Boströms Von Mr. Holmes zu Sherlock) und hat zumindest auf mich zu Beginn etwas befremdlich gewirkt. Letztlich sorgt dieser spezielle Erzählstil aber vor allem dafür, dass sich das Buch sehr gut und flüssig lesen lässt - eben wie ein Roman und nicht wie ein trockener historischer Bericht. Meiner Meinung nach ist das eine gute Möglichkeit, um eben auch Menschen anzusprechen, die sonst eher selten zum Sachbuch greifen. Die einzelnen Kapitel sind jeweils mit dem Datum überschrieben (1. - 16. August) sowie mit einem kurzen Bericht des Reichswetterdienstes für Berlin und werden mit einer Fotografie eingeleitet. Diese Stilmittel versetzen den Leser sozusagen mitten ins Geschehen und belegen außerdem die Authentizität von Hilmes' Ausführungen, ebenso wie die kurzen Auszüge "aus den täglichen Anweisungen der Reichspressekonferenz" und die "Tagesmeldungen der Polizeidienststelle Berlin", die in die Kapitel eingebunden sind. Beides erlaubt bereits einen Blick hinter die Fassade der schillernden Hauptstadt und des angeblichen Friedens und erinnert den Leser kontinuierlich daran, welch fatalen Fehler große Nationen wie die USA und Frankreich begingen, indem sie sich von dem Glanz und der Weltoffenheit der Olympischen Spiele blenden ließen. Denn dass große Politiker, Künstler und sogar die deutschen Juden im August 1936 Hitler und dem Nationalsozialismus auf den Leim gingen, belegen die einzelnen Schicksale verschiedenster Menschen, die Hilmes innerhalb eines jeden Kapitels erzählt. Er zeichnet gelungen nach, was bekannte Persönlichkeiten wie der us-amerikanische Autor Thomas Wolfe und der Berliner Verleger Ernst Rowohlt, aber auch "normale" Bürger und jüdischstämmige Einwohner Berlins sowie Nazigrößen wie Joseph Goebbels und Hermann Göring während der Olympiade taten und dachten. Es entsteht tatsächlich der Eindruck von einem weltoffenen Berlin, von einem gönnerhaften und (es tut mir so weh, das zu sagen) einem liebenswerten Führer, aber das lässt Hilmes richtigerweise so nicht stehen. Immer wieder richtet sich sein Blick auch auf all die Dinge, die die ausländischen Gäste übersehen: Den Bau des Konzentrationslagers Sachsenhausen unweit von Berlin, dem Einrichten eines Ghettos für Sinti und Roma in Marzahn und die vermehrte Verfolgung von Juden und "Halbjuden". So bildet Hilmes meisterhaft und absolut authentisch die zwei Seiten einer Medaille ab, zeigt die Zwiespältigkeit des sportlichen Großereignisses auf. Man versteht als Leser, wie gerissen die Nazis vorgingen und wie sich so viele blenden lassen konnten. Kann aber auf der anderen Seite nicht nachvollziehen, wie derart viele Größen des Weltgeschehens das doch eigentlich Offensichtliche keines Blickes würdigen konnten. Die Olympischen Spiele waren eine meisterhaft inszenierte Täuschung, die bis zur Perfektion geplant und ausgeführt wurde. Und dennoch: Wie konnten eine fulminante Eröffnungsshow, ein reges Nachtleben und ein öffentlich zur Schau gestellter Führer, der jüdische Sportler in der eigenen Mannschaft und farbige Sieger in den Reihen der ausländischen Teilnehmer duldet und deswegen ja ein guter Mensch sein muss, alle Skepsis und jeden Zweifel, die im Vorfeld durchaus vorhanden waren - vor allem in den USA - so einfach wegwischen? Hinterher ist man immer schlauer, aber man gewinnt den Eindruck, dass man es einfach nicht sehen wollte. Dass man die Lüge von diesem friedlichen, diesem weltoffenen Deutschland ganz einfach glauben wollte. Und wir wissen, welche grausamen Folgen diese Einstellung hatte. Einen einzigen Kritikpunkt habe ich an Hilmes' Sachbuch: Mit gefällt es zwar außerordentlich gut, dass so viele verschiedene Personen zu Wort kommen und dass deren Schicksale auch weiterverfolgt werden, denn so gewinnt man als Leser einen umfassenden Einblick in die Welt des Berlins 1936. Andererseits hat es mir bei gewissen Episoden nicht ganz eingeleuchtet, wieso Hilmes sich nun gerade für diese Person entschieden hat. Manchmal fehlte mir auch der Bezug zur Olympiade - es gibt Kapitel, in denen man als Leser gar nicht in das Olympiastadion zurückkehrt. Meinem Empfinden nach hätte Hilmes hier noch ein wenig fokussierter vorgehen können. Ansonsten aber haben mich seine Ausführungen komplett überzeugt. Mein Fazit: In Berlin 1936 beleuchtet Oliver Hilmes die Schicksale verschiedener Menschen, die sich während der Olympiade von 1936 in der Hauptstadt des Deutschen Reichs aufhielten, und damit auch zwei Seiten der gleichen Medaille. Hervorragend recherchiert, überaus spannend und geschickt erzählt und fesselnd zu lesen, ist Hilmes' Sachbuch die ideale Einstiegslektüre in ein schwieriges Thema und bietet definitiv viel Stoff zum Nachdenken.

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Pünktlich zum 80jährigen Jubiläum der Olympischen Spiele von Berlin im Jahre 1936 erscheint Oliver Hilmes’ neues Buch, das anekdotenweise prominenten und unbekannten Deutschen und ausländischen Gästen während der sechzehntägigen Olympischen Spiele im August 1936 folgt und den Kontrast zwischen dem weltoffen propagierten Berlin und der gleichzeitig weiter forcierten Unterdrückung von Juden, politischen Gegnern, sogenannten Asozialen und weiteren Kriegsvorbereitungen herausstellt. Er zeichnet das Bild einer Diktatur im Pausenmodus, die mit perfekt organisierten und friedlichen Spielen die Welt täuscht, um danach umso mehr ihr hässliches Gesicht zu zeigen. Ich bin durch die vielen sehr positiven Bewertungen auf dieses Buch aufmerksam geworden, das zusätzlich auch noch eine meiner Hauptinteressen im sportlichen Bereich abdeckt: die Olympischen Spiele. Leider behandelt es diese aber nur am Rande und auch sonst wurde ich leider enttäuscht. Aber erst einmal der Reihe nach: das Buch ist chronologisch aufgebaut und stellt kapitelweise die Geschehnisse in Berlin an jedem der sechzehn Tage der Olympischen Spiele (1. bis 16. August) dar, um in einem Epilog noch zu erläutern, was aus den vielen Menschen geworden ist, die im Buch auftauchen. Jedem Kapitel ist ein Bild, das eine Szene aus dem damaligen Berlin zeigt, vorangestellt wie auch der Wetterbericht für die Hauptstadt an jedem Wettkampftag. Im Text folgt man dann vielen verschiedenen Personen, die hauptsächlich während der Olympischen Spiele in Berlin weilten, aber auch Menschen im Ausland wie Thomas Mann, die die Ereignisse in Deutschland mitverfolgten. Im Fokus stehen dabei nicht etwa Sportler, wobei bekannteren von ihnen wie Jesse Owens breiter Raum gegeben wird, sondern nationalsozialistische und ausländische Politiker und Diplomaten, Schriftsteller wie der US-amerikanische Schriftsteller Thomas Wolfe und vor allem Nachtclubbesitzer und andere Personen aus der Unterhaltungsbranche. Außerdem erhält man Einblicke in Informationen, die während der sechzehn Tage in der Reichspressekonferenz und durch die Staatspolizei vermutlich für den internen Gebrauch herausgegeben wurden. Somit könnte man eigentlich ein umfangreiches Bild des damaligen Berlins und seiner Bewohner und Gäste gewinnen, doch leider sind die Anekdoten sehr oberflächlich gehalten und durch die erwähnte Fokussierung auf die Geschehnisse in verschiedenen Etablissements und bei Veranstaltungen der Nationalsozialisten gewinnt man nur einen sehr einseitigen Eindruck, wie das Leben zur Zeit der Olympischen Spiele 1936 in Berlin ausgesehen haben mag. Wenn ich mein Buch „Berlin 1936. Sechzehn Tage im August“ nenne, erwartet man schon eine ausführlichere Behandlung der vielen sportlichen Aktivitäten, die aber bis auf ein paar, die sowieso sehr bekannt sind, viel zu kurz kommen. Auch die Unterdrückung von Juden und anderen Gruppen, die während der Olympischen Spiele nicht aufhörte, bloß mehr von Berlin ferngehalten wurde, wurde nur knapp angerissen. Da das gesamte Buch zudem zu sehr in einer Rückschau geschrieben ist, mit dem Blick auf die Ereignisse, den nur wir haben können, weil wir wissen, was danach geschah, bekommt man keinen wirklichen Eindruck davon, wie es gewesen sein mag, damals die Olympischen Spiele mitzuerleben. Das Buch liest sich immerhin sehr leicht runter und ist durchaus interessant, wenn die vielen Bargeschichten geringer ausgefallen wären, doch es geht eben kein bisschen in die Tiefe. Man bekommt kurzweilige, oberflächliche Unterhaltung, die anscheinend vielen, die dieses Buch bis in den Himmel gelobt haben, ausreichte. Möchte man aber mehr über die sportlichen Aspekte der Spiele erfahren und nicht mit oberflächlichen Geschichten abgespeist werden, dann kann man mit diesem Buch nicht zufrieden sein. Der Anhang bietet noch einige Literaturtipps zur weiteren Beschäftigung mit der Thematik, die ich somit eher empfehlen würde. Fazit Ich hatte wirklich mehr von diesem Werk von Oliver Hilmes erwartet und kann die vielen positiven Bewertungen nicht nachvollziehen. Über die Olympischen Spiele 1936 erfährt man sehr wenig, dafür umso mehr über Nachtclubbesitzer in Berlin und Feste von Nazigrößen während der Spiele. Man kann Hilmes nicht vorwerfen, er habe nicht gut recherchiert oder wichtige historische Aspekte rund um die Spiele weggelassen, doch alles wurde nur oberflächlich angerissen und hinterließ daher auch keinen bleibenden Eindruck. Schade!

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Anlass: Wie ihr in letzter Zeit gemerkt habt, habe ich aktuell ein Faible für echte Geschichtsschreibung und plastisch erzähltes. Inhalt: Die Berliner Olympiade 1936 wird hier beschrieben in tageweisen Abschnitten - spannend ist daran, dass wir nicht nur wissen, wer an welchem Tag in welcher Disziplin antrat und gewann - untermalt mit eindrücklichen Bildern von zum Beispiel Jesse Owens. Sondern auch, was hinter den Kulissen geschah, wer welche Abendgesellschaft gab, um ausländische Diplomaten zu umgarnen, wer wen betrog, wohin man ausging und wer die jeweiligen Lokale führte. Dazu gibt es - ganz nebenbei - den größeren Kontext: zeitgleich Umsiedlungen von Sinti und Roma in Berliner Randgebiete, Bau von Konzentrationslagern, Verschleppung von Juden, Verleumdung von Personen, die schlecht über das Regime reden. Auch über Berliner Nachtlebengrössen und was aus ihnen wurde, weil sie nicht reinrassig arisch waren, verschwinden wollten oder sich kritisch äußerten wird berichtet- und was aus ihnen wurde. Und wie die Diplomaten, Journalisten, Schriftsteller sich dazu verhielten, wer sich einlullen ließ, wer abgestoßen ist, wer zweifelt und wer sich umworben und gut dabei fühlt. Meinung: Wunderbares Zeitzeugnis im Stil von Ferdinand von Schirach. Sehr ruhig, neutral-beobachtend und damit manchmal irritierend, aber gerade deshalb gut und beunruhigender. Zuzusehen, wie Menschen es gut und als freie Meinungsäußerung empfinden, dass man so über Juden reden kann, wie Frauen sich AH an den Hals warfen, das ist..widerlich! Ich musste das Buch ab und an aus der Hand legen und tief ein- und ausatmen, um mich zu beruhigen. Für wen: Die, die nicht vergessen wollen und sich ab und zu die Frage stellen, wie normale Menschen sich korrumpieren lassen. Und ob man selber die Kraft gehabt hätte zu widerstehen. Ich halte mich definitiv für eine Kämpferin - Studentenrat, für Kollegen aufstehen, Freunden den Rücken zu stärken, Partner sein in schweren Zeiten - aber das ist doch eine ganz andere Nummer mit dem beständigen Druck von außen und der Schlinge, die sich zuzieht.

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