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Rezensionen zu
Der Traum vom Frieden zwischen Mensch und Tier

Michael Rosenberger

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Die Ausnutzung von Tieren hat seit Mitte des 20. Jahrhundert ein Ausmaß erreicht, wie nie zu vor. Industrialisierte Massentierhaltung, Tierversuche, falschverstandene Tierliebe und Qualzuchten in der Hobbytierhaltung: Es sieht nicht gut aus mit dem Tierwohl. Wenn man mit offenen Augen und Ohren durch die Welt geht, sieht und hört man in Sachen Tierhaltung und Tierschutz vieles, was jeden empören müsste, der ein fühlendes Herz besitzt. Das anthropozentrische Weltsicht, das der Mensch sich seit Jahrtausenden gezimmert hat, verharmlost Tierleid und Tierqual. Aber: Es erwacht -ganz allmählich- ein neues Bewusstsein. Tiere werden als das erkannt, was sie sind: Fühlende Mitgeschöpfe. Eugen Drewermann formulierte 2012: „Eine Ethik, die Rücksicht auf die Tiere nehmen würde, findet man in der Bibel nicht.“ Hat er damit Recht? Michael Rosenberger (Moraltheologe an der Katholischen Universität Linz) beleuchtet das Verhältnis zwischen Christentum und Tierethik. Er stellt biblische und christliche Vorstellungen von Tierethik auf den Prüfstand und versucht, einen Ansatz für eine christliche Tierethik zu bestimmen. Das klingt zunächst etwas sperrig und könnte diejenigen abschrecken, die sich ohnehin für Glaubensfragen nicht interessieren. Es wäre jedoch schade, sich vom Untertitel „Eine christliche Tierethik“ abschrecken zu lassen. Michael Rosenberger verengt den Blick nämlich gerade nicht auf Bibel und christlichen Glauben, sondern untersucht das Verhältnis Mensch-Tier sowohl historisch als auch philosophisch und – natürlich auch theologisch. Der rote Faden seiner Überlegungen ist die These, „dass man am Umgang des Menschen mit den Tieren ablesen kann, wie der Mensch ist und wer er ist und wie er auch mit Seinesgleichen umgeht.“ Das Tier-Menschverhältnis als Gradmesser jeglicher Moralität also. Die Bibel formuliert es pragmatisch: „Der Gerechte weiß, was sein Vieh braucht.“ Das Buch, das sich in den „Dreischritt“ Sehen-Urteilen-Handeln gliedert, ist sehr logisch strukturiert und trotz des hohen theoretischen Anspruchs gut lesbar verfasst. Stichworte, die man in hitzigen Diskussionen oft unpräzise gebraucht, präzisiert Rosenberger und hilft damit, sich ein tieferes Verständnis zu erarbeiten. Wie kann man zum Beispiel den Begriff „Selbstbewusstsein“ oder „Ichbewusstsein“ fassen? Und ist der Mensch tatsächlich der Einzige, der sich auf ein solches berufen kann? Wie sind Artengrenzen und Unterschiede zu definieren? Und sieht es nicht wirklich so aus, „als seien die Unterschiede zwischen Mensch und Tier eher graduell als prinzipiell“? Viele meiner Leserinnen und Leser (und vermutlich alle Hundebesitzer) werden diesem Ansatz zustimmen. Nach einer generellen Einführung in das Verhältnis des Menschen Mensch zum Tier folgt – und das ist der Hauptteil des Buches – eine Übersicht über philosophische (und theologische) Entwürfe. Rosenberger beginnt bei den Anthropozentrikern (Thomas von Aquin, Descartes und Kant) und gelangt über die Vertreter des Utilitarismus zu den animal rights und danach zur Tierethik in der Bibel. Mir hat diese Übersicht – die Rosenberger durch eine anschauliche Sprache und einige Beispiele sehr laienverständlich formuliert hat – sehr geholfen, meinen eigenen Standpunt zu differenzieren und vor allem auch zu fundieren. Natürlich kommt man, sobald man sich mit Tierethik befasst, nicht um die Frage herum, ob man Tiere töten und essen darf. Genügt eine artgerechte Tierhaltung (und was ist das überhaupt) um dem Tierwohl gerecht zu werden? Oder ist das Töten per se tierethisch nicht vertretbar? Rosenberger appelliert übrigens für eine erhebliche Reduktion des Fleischkonsums um 75% bei artgerechter und ökologischer Tierhaltung. Wenn dieses Ziel erreicht ist (ach wäre es das schon!), dann könne man weitersehen, ob ein Totalverzicht sinnvoll und (auch unter ökologischer Sicht) erstrebenswert ist. Aber bisher ist das eine Utopie, ein „Traum, vom Frieden zwischen Mensch und Tier“. Mein Fazit: Dieses Buch ist für alle diejenigen, die sich mit Tierschutz befassen, ein wichtiges Grundlagenwerk, das hilft Gedanken und Meinungen zu sortieren, um sie bei alltäglichen Entscheidungen und bei Diskussionen um Tierschutzfragen stets im Hinterkopf zu haben. Wünschenswert wäre es jedoch vor allem, wenn sich nicht nur Tierschützer mit den Fragen dieses Buches beschäftigten, sondern auch Entscheider in der Agrarindustrie, Politik und Forschung. Mir jedenfalls fiele eine ganze Reihe von Personen ein, denen ich das Buch gerne auf den Nachttisch legen würde. Und weil wir ja ein Hunde-Literatur-Blog sind, hier – last but not least – noch etwas zum Hund: Dem Hund als ältestem Haustier des Menschen widmet Rosenberger nämlich einen kurzen Exkurs: Ist wirklich der Nutzengedanke „der Anfang der Annäherung von Mensch und Tier“? Nein: „Beide ticken nicht so utilitaristisch, wie man denken möchte.“ Rosenberger ist sich sicher: „Und doch steht am Beginn nicht der Nutzen, sondern die zweckfreie Freundschaft.“ Zweckfreie Freundschaft! Als ob wir es nicht immer gewusst hätten.

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