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Rezensionen zu
13 Stufen

Kazuaki Takano

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„Die Todesboten erschienen um neun Uhr morgens.“ (Buchbeginn) Jeden Tag laufen die Wärter durch das Gefängnis. Jeden Tag lauschen die Gefangenen ihren Schritten. Hoffen und Bangen. Zittern am ganzen Leib. Bitten um Gnade. Dann gehen die Schritte weiter. Diesmal sind die verschont. Jemand anderen hat es getroffen. Aber wie lange geht das gut? Im Trakt, wo alle zum Tode verurteilt sind? Auch Ryo Kihara sitzt in diesem Trakt. Seit einigen Jahren. Bisher sind die Wärter immer an seiner Zelle vorbeigelaufen. Aber die Zeit rennt. Bald ist auch er dran. Während Ryo auf seinen Todestag wartet, wird Jun’ichi – Insasse Nummer 229 – auf Bewährung entlassen. Nach knapp zwei Jahren ist der junge Mann wieder auf freiem Fuss und macht sich, gemeinsam mit seinem Vater, auf zu seinem Elternhaus. Freude, Tränen, Wut und Entschlossenheit vermischen sich auf emotionaler Ebene. Nun muss Jun’ichi lernen sich wieder einzugliedern und der Vergangenheit zu stellen. Diese lauert in Form von seinem Bruder, seiner Jugendliebe und alten Bekannten an jeder Ecke. Genauso wie der Gefängnisaufseher Nango. „Du fragst dich sicherlich, weshalb ich hier aufgekreuzt bin, oder?“ „Ja.“ „Keine Angst. Es ist nichts schlimmes. Nun, ich möchte dich um einen Gefallen bitten. Es geht um einen Job auf Zeit.“ (S.52) So kommen zwei ungleiche Gestalten zusammen, mit einem gemeinsamen Ziel: Den wahren Täter einer grausamen Mordreihe zu finden, damit der ihrer Meinung nach, unschuldig verurteilte Ryo freigelassen wird. Aber dafür benötigen sie Beweise, vorher brauchen sie nicht mit einem neuen Antrag an die Behörde herantreten. Zudem lockt eine Menge Geld, welches ihr Auftraggeber bereithält. Doch rasch bekommen sie die Steine zu spüren, die ihnen vor die Füße geworfen werden und ihre Hoffnung, die Wahrheit zeitnah auf den Tisch zu legen, rückt immer weiter weg. Neben den Fakten, denen sie auf der Spur sind, begeben sich die beiden auf eine Reise in die Vergangenheit. Schließlich geht es in „13 Stufen“ nicht nur um eine Rettungsaktion. Nein, die Todesstrafe wird hinterfragt und diese wird in Japan immer noch aktiv betrieben. Derzeit sitzen 129 Personen* im Gefängnis warten auf ihren Tod durch den Strick. Diese Bestrafung kommt nur bei Mord und Verbrechen mit Todesfolge zum Einsatz. Aber sind wirklich alle jene Menschen zu Recht verurteilt? „Dreizehn Personen. Der Staatsanwalt rechnete nach, wie viele Formalitäten erledigt werden mussten, bis die Verkündung des Todesurteils zur Vollstreckung gelangte. Es waren 13 Schritte. Dreizehn Stufen. Ein Synonym für den Aufstieg zum Galgen.“ (S.39) Diese Frage hat sich Oberaufseher Nango bereits öfter gestellt. Werden die Staatsdiener – in dem Fall die Gefängniswärter – ebenfalls zu Mördern, wenn die einen Mörder hängen? Was, wenn er unschuldig ist? Er seine Taten aufrichtig bereut? Warum wird manch einer begnadigt und ein andere nicht? Warum wird die Todesstrafe zeitweise (Machtwechsel) ausgesetzt? Gibt es nicht Gesetze, an die man sich halten muss und sollte? Zahlreiche Fragen werden aufgeworfen und man fragt sich selbst als Leser, wie steh ich selbst dazu? Aber auch Jun’ichi hat Schatten aus seiner Vergangenheit, die ihn bis heute verfolgen und sein Handeln beeinflussen. Letztlich ist es gerade diese Kombination aus Krimi und Tatsachenbericht, die ich an dem Buch so mochte. Man beobachtet zwei Männer bei ihrem Kampf gegen Windmühlen und möchte am liebsten selbst mit einschreiten und helfen. Selbst in den Momenten, der Zweifel und Skepsis. Wo man den eigentlichen Pfad der Suche verlässt und andere Dämonen bekämpft. Alles in allem hat mir das Buch sehr gut gefallen. Es schlägt einen ruhigen und zugleich spannenden Tonfall an, dem man gerne lauscht. Wer also einen nervenaufreibenden Kriminalroman erwartet, sollte die Finger davon lassen. Wer dagegen selbst seinen Kopf zu dieser Thematik anstrengen möchte, sollte zugreifen.

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un’ichi wurde soeben aus dem Gefängnis entlassen und soll mit Strafvollzugsbeamten Nango die Unschuld eines Häftlings beweisen, der im Todestrakt sitzt und auf seine Hinrichtung wartet. Ryo Kihara, der im Todestrakt seit sieben Jahren sitzt, soll sein Bewährungshelfer ermordet haben und setzt alle Hoffnung in Jun’ichi. Ob Ryo wirklich der Mörder ist? Fakt ist, er kann sich aufgrund einer Kopfverletzung nicht mehr an den Tatabend erinnern und der Richter sieht es vor, das nur Verbrecher Begnadigung erhalten, die Reue zeigen. Ryo kann jedoch keine Reue zeigen, den er kann sich einfach nicht mehr daran erinnern, was an jenem Abend passiert ist. Jun’ich, der nun aufklären soll, ob Ryo den Mord begann haben soll oder nicht, ist schon ein seltsamer Junger. Wenn man die Story so liest, könnte man denken, er war niemals im Gefängnis. Wirkte er doch so freundlich und sehr verantwortungsvoll. Allerdings hat er eine Tat begangen, die er nicht bereut. Doch warum? Das liest man selber erst zum Schluss. Eine wirklich spannende Story, die auch zeigen kann, wie ungerecht manche Menschen bestraft werden. Recht gut fand ich immer wieder die falschen Fährten und Geheimniskrämerei. So weis man wirklich erst zum Schluss, was wirklich am Abend passiert ist und warum am Ende alles so gekommen ist. Auch warum ausgerechnet Sträfling Jun’ichi den besagten Abend aufklären soll.

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Vor zwei Jahren überraschte der Japaner Kazuaki Takano mit seinem Thriller "Exctinction", der zugleich mit hohem Tempo und tiefgreifenden Gedanken ausgestattet war, damals mein Hörbuch-Highlight des Jahres [http://www.buecherkaffee.de/2016/02/kolumne-aufgelesen-zuruckgehort-meine.html]. Nun veröffentlichte der Penguin-Verlag seinen bereits im Jahr 2001 erstmals erschienenen Roman "13 Stufen". Die schlechte Nachricht: Ein das menschliche Selbstverständnis infrage stellendes Hochgeschwindigkeitsrennen durch die Seiten wie "Exctinction" sollte man sich nicht erwarten, die beiden Romane unterscheiden sich fundamental. Die gute Nachricht: "13 Stufen" entzieht sich dem Vergleich, indem es eine weitaus intimer dimensionierte Geschichte erzählt, die eine interessierte Leserschaft weit in die japanische Kultur führt. Der soeben aus dem Gefängnis entlassene Jun'ichi wird mit einer ungewöhnlichen Aufgabe betraut. Gemeinsam mit dem Strafvollzugsbeamten Nango - im Klappentext fälschlicherweise mit dem Verurteilten verwechselt - soll er die Unschuld eines Häftlings beweisen, der im Todestrakt seiner Hinrichtung entgegensieht. Dem verurteilten Ryo Kihara wird nämlich der Mord an seinem Bewährungshelfer zur Last gelegt. Üblicherweise werden als Protagonisten in einem Krimi hauptamtliche Ermittler gewählt, da diese einerseits die größtmögliche Handlungsfreiheit und andererseits einen jederzeit umfassenden Informationsstand gewährleisten. Nicht so im vorliegenden Werk. Die resultierende Einschränkung wird jedoch durch das Spezialwissen der beiden Hauptfiguren, ihre Erfahrungen innerhalb einer Haftanstalt, kompensiert. Diese ermöglichen nicht nur Empathie mit Kihara und unkonventionelle Gedankengänge zum Tathergang, sondern erlauben es dem Autor auch, Überlegungen zum japanischen Vollzugssystem anzustellen, die tief unter die Oberfläche reichen. Insbesondere die berührende Betrachtung der Todesstrafe zwingt den Leser förmlich, Stellung zu beziehen. "Ist das Gesetz gerecht? Ist es wirklich unparteiisch?" (S. 390) Die beiden Hauptfiguren Jun'ichi und Nango symbolisieren die gegensätzlichen Standpunkte zum Hauptthema des Romans. Nango als Justizwachebeamter ist mit der Unerbittlichkeit eines hochbürokratischen Systems konfrontiert, dessen Anfälligkeit für Fehler im Laufe der Berufsjahre seine Zweifel genährt haben. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt den Fall von "Nummer 160" - Gefangene werden depersonalisiert - in dem Nango eigenhändig das Urteil vollstrecken mußte, womit er in seinen Augen selbst zum Mörder wurde. Jun'ichi hingegen hat in seiner Zeit auf der anderen Seite der Zellentür einerseits Zeitgenossen kennengelernt, die er für nicht resozialisierbar hält und andererseits die persönlichkeitszerbrechende Isolation von der Gesellschaft am eigenen Leib erfahren. Seiner Meinung nach ist der Todestrakt als Endstation die einzig wirksame Abschreckung. Diese beiden ähnlichen und in ihren Ansichten doch unterschiedlichen Figuren repräsentieren zugleich auch die Gesellschaft, die zwar offen die Todesstrafe ablehnt, sie jedoch insgeheim befürwortet. Die zahlreichen Überlegungen zum japanischen Justizsystem, die detaillierten Abläufe und der behördliche Schriftverkehr drosseln zwar in der ersten Hälfte des Romans das Tempo, zwingen den Leser jedoch, zu wohldefinierten und vielstrapazierten Begriffen wie Gerechtigkeit, Justiz und Sühne Stellung zu beziehen. Wie beim Erlernen einer Fremdsprache ruft man sich das Vokabular und die Grammatik des eigenen Rechtssystems ins Gedächtnis, blättert zurück, um Passagen ein weiteres Mal zu lesen, vergleicht, dringt tiefer in die Geschichte ein. Jun'ichi muß etwa für seine Tat um Entschuldigung bitten, damit die Strafe als vollständig abgegolten gilt ... für europäische Verhältnisse eher ungewöhnlich. "Angenommen, sein eigenes Kind wäre ermordet worden, dann würde er dem Verbrecher das Gleiche antun wollen. Aber wenn nun jeder Selbstjustiz üben würde, stürzte dies die gesamte Gesellschaft ins Chaos." (S. 191) Nangos Zweifel werfen weitere Fragen auf: Kann es ein letigimes Motiv für Mord geben? Wie soll der Staat mit Schwerverbrechern umgehen? Was, wenn Zweifel an der Schuld bestehen? Was, wenn ein Verurteilter aufrichtige Reue zeigt? Was, wenn hingegen keine Aussicht auf Resozialisierung besteht, er den Hinterbliebenen ins Gesicht spuckt? Ist der Akt der Hinrichtung selbst auch Mord? Inwieweit kann blinder Gehorsam ohne Augenmaß ein Verbrechen sein? Mit einem nachdenklichen, sachlichen Erzählstil orientiert sich der Autor an seinem schwierigen Thema, das ihm so wichtig ist, daß er Faktisches nicht mit zu viel Fiktivem verwässern will. Die Sprache ist oft von erfrischend naiver Direktheit, die zudem nahelegt, daß dem Autor mit seinem Debütroman die Botschaft ein größeres Anliegen ist als der literarische Anspruch. Erst als ein stabiles Fundament gelegt ist, scheint Kazuaki Takano auch bereit, darauf eine Geschichte zu errichten, die gerade im Ausklang noch mit raffinierten Wendungen überrascht. Persönliches Fazit "13 Stufen" wirkt anfangs wie ein Essay mit dramaturgischen Elementen, erweist sich jedoch nach und nach als knifflige Detektivarbeit vor einer detailliert ausgestalteten japanischen Kulisse.

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Eigentlich ist die Zahl Vier in Japan und China die Unglückszahl. Aber im Debütroman des Japaners Kazuaki Takano ist es eindeutig die 13. Denn es sind 13 Stufen, die Verurteilte von dem Galgen trennen und 13 Beamte, die für die Vollstreckung zustimmen müssen. Ryō Kihara ist so ein Verurteilter. Seit sieben Jahren sitzt er in der Todeszelle des „Nullbezirks“ in der Justizvollzugsanstalt Tokyo. In seiner 5m² kleinen Zelle gibt es gerade mal Platz für einen Waschtrog, eine Kloschüssel und eine Tatamimatte. Den ganzen Tag leuchtet eine Neonröhre von der Decke und auch nachts wird es nicht dunkel, denn durch die nächtliche 10-Watt-Birne ist sichergestellt, dass die Gefangenen durchwegs beobachtet werden können. Jetzt ist es so, dass Kazuaki Takano gleich mal alle Register zieht. Denn Ryō Kihara hat einfach Pech. Pech, weil er sich nicht an den Tatabend - aufgrund einer Kopfverletzung und einer daraus entstandenen retrograder Amnesie - erinnern kann. Das Gesetz sieht vor, dass nur die Verbrecher Begnadigung erhalten können, die Reue zeigen. Aber ohne Erinnerung kann keine Reue entstehen. „Man wird mich hinrichten. Für eine Tat, an die ich mich überhaupt nicht erinnern kann.“ Zitat S. 10 Anders ergeht es Jun’ichi Mikami, der vorzeitig aus seiner Haft entlassen wird. Aber auch das schildert Takano mit einigen Schauderelementen. Jun’ichi würde man als den netten Jungen von nebenan bezeichnen. Er ist höflich, er fühlt sich verantwortlich, aber insgeheim bereut er seine Tat nicht. Warum, wird erst gegen Ende der Geschichte klar und als Leser wird man mit der Frage konfrontiert, ob manche Morde nicht doch gerecht seien. Erschreckend, oder? Vom Gefängniswärter Shōji Nangō wird Jun’ichi angeheuert, die Unschuld Kiharas zu beweisen und ihn dadurch vor dem Galgen zu retten. Die Story zeigt einerseits wie ungerecht manche Todesstrafen vollzogen werden, wie erschreckend Bürokratie und Gesetz ausgelegt werden, aber andererseits gibt es auch eine vertrackte Story mit vielen falschen Fährten und Geheimniskrämerei. Leser, die Sinn und Tiefe in Geschichten suchen, kommen hier voll in den Genuss. Takano beleuchtet die Todesstrafe von allen Seiten: Von Verurteilten, die zitternd auf den Spruch der Todesboten warten, von Henkern, die das Urteil vollziehen müssen und zwischen Mitleid und dem Gefühl von Ungerechtigkeit und Abscheu und dem Gefühl von Gerechtigkeit hin- und hergerissen sind. Auch die Angehörigen der Opfer werden verschiedenen beleuchtet: Die einen, die trotz der Tat eine Begnadigung für den Täter fordern, und anderen, die unbedingt Rache in Form des Todes möchten. Aber auch Leser, die eine gute Unterhaltung suchen, werden mit vielen falschen Fährten und einer Handlung, die sich langsam steigert und schließlich thrillerartig endet, belohnt. Der Stil ist an manchen Stellen sehr japanisch. Sehr nüchtern, stellenweise sehr höflich, manchmal aber auch trocken. Der Stil zeigt aber auch, den kulturellen Unterschied zwischen uns und den Japanern. Emotionen werden verborgen, sind zwischen den Zeilen zu finden, ganz anders als bei uns. Anfangs befremdlich zu lesen, doch mit ein paar gelesenen Seiten gewöhnt man sich daran und lässt sich ein, in japanisches Denken und Leben. Was Takano hier vorgelegt hat, ist ein Roman, der einen am Ende nicht mehr loslässt. Der die Frage, ob eine Todesstrafe gerecht ist oder nicht, nicht beantwortet. Der aber dazu anregt, sich mit diesem Thema zu beschäftigen, weil es den Leser nicht mehr loslässt. So einfach sind Lebens- oder wie in diesem Fall - Todesfragen nicht zu beantworten. Von daher sehr glaubwürdig, sehr erschreckend, sehr nachwirkend. Ohne zu urteilen oder zu bewerten, wird der Leser sich seine Antwort auf die Frage nach der Gerechtigkeit der Todesstrafe selbst suchen müssen.

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Intelligent konstruierte Ermittlungen

Von: Michael Lehmann-Pape

13.11.2017

Einer sitzt in der Todeszelle und wartet darauf, die „13 Stufen“ nach oben zum Schafott gehen zu müssen. Vor fast genau 10 Jahren soll der Mann ein Ehepaar brutal ermordet haben. Ein anderer wird dagegen, auch wenn auch er einer ist, der einen anderen getötet hat, kurz vor Ablauf der offiziellen Haftstrafe freigelassen werden. Was darauf zurückzuführen ist, dass ein dritter Mann, ein Angestellter des Strafvollzuges, seine ganz eigenen Gründe hat, diesem Jun´ichi Mikamani nicht nur bei der Beurteilung vor der Kommission sehr zur Seite zu stehen, sondern diesen ebenfalls umgehend als „Assistenten“ anzuwerben. Um eben den Fall des zuerst genannten Todeskandidaten neu aufzurollen und zu verhindern, dass ein Unschuldiger hingerichtet wird. Warum aber gerade Mikamani der „Mann der Wahl ist“, das wird sich ebenso erst im Verlauf der ausufernden Ermittlungen und Recherchen zum damaligen Mord erweisen, wie so manche andere Überraschung auf den Leser wartet. Dies gilt vor allem in Fragen der Bewertung und Einschätzung der handelnden Personen. Denn der erste Eindruck täuscht ja nicht selten und in diesem Thriller sogar überaus häufig. Wie nebenbei lässt Takano während der intensiven Fortschreibung des eigentlichen Falles den Leser einen ebenso tiefen Einblick in die japanische Kultur erhalten. Das Rechtssystem. Die penible Ordnung notwendiger Unterschriften auf Todesurteilen werden ebenso flüssig erläutert, wie die, dem Westen eher eigentümlich wirkende, gesellschaftliche Haltung mit ihren Folgen an sich. Da die japanische Kultur auf umfassender Gemeinschaft aufbaut, gilt bei Verbrechen zunächst eine Wiedergutmachung zu leisten (auch wenn das, wie im Falle Jun´ichis, die eigenen finanziellen Möglichkeiten und die der eigenen Familie bei Weitem übersteigt. Zudem muss sich jeder Straftäter bei seinem Opfer, im Fall eines Totschlages oder Mordes bei dessen nächsten Angehörigen, persönlich und überzeugend entschuldigen. Was befremdlich wirkt, hier aber vor allem durchaus erweiternd und dem Fall am Ende dienend vollzogen wird. Dass die Zeit knapp wird, der Spuren nur wenige zu finden sind, kaum einer der Befragten mit der ganzen Wahrheit herausrückt und zudem das ein oder andere verdeckt falsche Spiel betrieben wird, erhöht einerseits die Fantasie des Lesers, der lange nicht wirklich greifen kann, in welche Richtung die Auflösung des Falles sich entwickeln wird, und sorgt zudem für spannende Momente gerade im Finale des Buches, in dem Takano zeigt, dass er durchaus auch die „härtere Gangart“ sprachlich bestens in Szene zu setzen vermag. Ein interessanter Fall, ein guter Einblick in eine doch fremde Kultur und, trotz der ruhigen Form, eine anregende Unterhaltung.

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