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Rezensionen zu
Gehe hin, stelle einen Wächter

Harper Lee

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Harper Lee schrieb 1960 „Wer die Nachtigall stört“. Das Buch wurde ein Welterfolg und erhielt unter anderem den Pulitzerpreis. Drei Jahre zuvor hatte sie bereits den Roman „Gehe hin, stelle einen Wächter“ geschrieben, doch der wurde damals nicht veröffentlicht. Erst 2014 fand eine Freundin der Autorin zufällig das angeblich verschollene Manuskript. Fast 60 Jahre später wurde der Roman 2015 weltweit zeitgleich veröffentlicht. Es sind die 1950er Jahre. Jean Louise Finch, auch Scout genannt, ist inzwischen 26 Jahre alt und lebt in New York. Wie in jedem Jahr verbringt sie den Sommer in ihrer Heimatstadt Maycomb, im Süden der USA, bei ihrer Familie. In dem kleinen Städtchen hat sich inzwischen einiges verändert. Es gibt Rassenunruhen und eine Bürgerwehr. Jean Louises hohe Meinung über ihren Vater zerbricht, als sie zufällig erfährt, dass er und auch ihr Freund Henry Mitglieder der Bürgerwehr sind. Die erste Hälfte des Buches plätschert so dahin und es passiert nicht wirklich etwas. Jean Louise ist zum Glück noch genauso unkonventionell und verrückt wie als Kind. Leider ist ihr Bruder Jem inzwischen an Herzversagen gestorben. Das fand ich sehr schade, denn er war ein sympathischer Charakter. Dafür taucht er in den kleinen Geschichten aus der Vergangenheit wieder auf. Diese Geschichten waren für mich die Highlights des Buches. Dann erfährt Jean Louise, dass ihr Vater und Henry bei der Bürgerwehr sind, die gegen die Gleichstellung der Schwarzen ist. Für sie bricht eine Welt zusammen. Ihr Vater, den sie bisher für völlig unfehlbar hielt und den sie sehr verehrte, hat sie dadurch tief verletzt. Atticus hatte bisher immer zu den Schwarzen gestanden, ihnen geholfen und sie unterstützt. Trotzdem fand ich ihre Reaktion ihm und auch Henry gegenüber sehr überzogen und unangebracht. Das Ende kam für mich dann zu schnell und war unglaubwürdig. Fazit: Als Folgeroman von „Wer die Nachtigall stört“ hat mich „Gehe hin, stelle einen Wächter“ leider nicht überzeugt, es fehlte der Zauber des Vorgängers.

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DER NEUE ROMAN VON HARPER LEE IST EIN ENTWURF

Von: Tanja Jeschke aus Stuttgart

02.06.2016

Rezension Harper Lee: Geh hin, stelle einen Wächter. Roman, DVA 2015, 314 Seiten. DER NEUE ROMAN VON HARPER LEE IST EIN ENTWURF Von Tanja Jeschke Die US-Autorin Harper Lee hatte einen zweiten Roman in der Schublade. Was für eine Sensation, als das im letzten Jahr entdeckt wurde! Denn wer kennt nicht ihren wunderbaren Bestseller „Wer die Nachtigall stört“, der 1962 mit Gregory Peck erfolgreich verfilmt wurde und drei Oscars bekam. Wer würde da nicht voller Neugier zu ihrem neuen Roman greifen, zumal man auch hier wieder auf Scout trifft, auf ihren Vater Atticus und das Städtchen Maycomb in Alabama? Es geht zwar das Gerücht, dass die inzwischen 89-jährige Harper Lee, die in den vergangenen Jahrzehnten sehr zurückgezogen lebte, selbst gar nicht überzeugt war von der Veröffentlichung. Dennoch schafften es die Verlage in der ganzen Welt, ihren „neuen Roman“ gleichzeitig herauszubringen und die Sensation dadurch noch zu steigern. Bei DVA ist er also unter dem Titel „Geh hin, stelle einen Wächter“ erschienen. Was ist nun dran an dieser Entdeckung? Überzieht uns wieder die Gänsehaut des Mitfieberns mit der Gerechtigkeit, der Atticus in der „Nachtigall“ so großartig seine Stimme leiht? Spüren wir wieder die Schwüle des amerikanischen Südens, vollgesogen mit den Düften üppiger Begonien? Zittern wir mit Scout und ihrem Bruder auf der Schwelle des Begreifens, wie diese Welt wirklich ist? Nein, all das ist nicht der Fall. Aber lassen wir die Sensation doch ruhig platzen, lassen wir diesen neuen Roman das sein, was er ist: Der Entwurf einer werdenden Autorin. Mehr nicht, aber auch nicht weniger. Dieser Entwurf ist von 1957, d.h. er ist älter als die „Nachtigall“, gleichzeitig sind auch die Figuren älter, Scout bereits 26, in New York lebend, sie kommt heim und gerät in eine tiefe Auseinandersetzung mit Atticus. Denn, und das hören wir gar nicht gern: Atticus ist hier nicht der grandiose Gerechte, der es den rassistischen Südstaatlern zeigt, nein, er ist selber ein erzkonservativer Knochen, unbelehrbar in seinem Denken über die „Neger“. Das ist ein harter Bruch, über den man nicht so recht hinweg kommt. Die Frage, wie dieser Mann, der hier in der Bürgerwehr reaktionärer Südstaatler mitwirkt, in der „Nachtigall“ als ein solcher Gentleman auftreten kann, steht ungelöst im Raum, ungelöst wie auch vieles andere. Aber genau das ist das Recht eines Entwurfs. Die vielen Dialoge zwischen Atticus und Scout leisten die mühsame Denkarbeit für die literarische Ausbalanciertheit ihres späteren Nachtigall-Romans. Deshalb wirkt dieser „neue“ Text unfertig, unorganisiert, er plaudert vom Weg ab und Scout erzählt weitschweifige Anekdoten aus der Familien- und Stadtgeschichte. Am Ende hört sie schließlich doch auf ihren Onkel, der sie väterlich belehrt, und auch das liest man nicht gern. Aber ein Entwurf darf das. Er darf sich nur nicht für einen guten Roman halten. Und das wusste Harper Lee.

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Das Leben der Familie Finch in Maycomb, Alabama, hat sich in den letzten 20 Jahren sehr verändert. Atticus Finch arbeitet noch immer als Anwalt, doch sonst ist nichts mehr, wie es einst war. Jem, sein einziger Sohn, starb mit knapp 30 Jahren an Herzversagen, wie schon seine Mutter und aus der kleinen, rebellischen Scout wurde Jean Louise Finch. Diese hat Maycomb verlassen und lebt in New York. Zwar kehrt sie regelmäßig nach Hause zurück, doch Zuhause ist sie in Maycomb nicht mehr. Es sind die 1950er und auch in diesem Sommer wird die 26-jährige Jean Louise wieder in ihre alte Heimat zurückkehren und dort einige Zeit verbringen. Ihr Vater ist mittlerweile über 70 Jahre alt und von Krankheiten gezeichnet, so zum Beispiel Arthritis, die es ihm schwer macht, den Alltag zu bewältigen. Ihm zur Hand geht seine Schwester Alexandra, die bereits seit einigen Jahren bei ihrem Bruder wohnt und ihm den Haushalt führt und ihm zur Hand geht. Eigentlich ist alles wie immer und doch wird sich alles ändern. Während einer Bürgerversammlung, welche natürlich nur Männer besuchen, entdeckt Jean Louise, die sich heimlich hineingeschlichen hat, was hinter der Fassade der Bürger von Maycomb County steckt - sowohl Atticus, wie auch Henry, Atticus Vize nach Jems Tod und Jean Louises Verehrer, sind Mitglieder im KKK und noch dazu lassen sie Aufrührer gegen die farbige Bevölkerung vor ihrem Rat sprechen. Sind denn alle Menschen in Maycomb, alle, die sie ihr Leben lang kannte, in Wirklichkeit ganz anders, als sie sie bisher gesehen hat? Kann es sein, dass der Rassismus im County noch immer tief verwurzelt ist und sich nun seinen Weg in die Öffentlichkeit bahnt? 20 Jahre später ... Der Plot des Buches wurde anschaulich und abwechslungsreich erarbeitet, wobei ich gestehen muss, dass ich hier eindeutig sehr irritiert war. Wie bereits in der "Nachtigall" übernimmt Jean Louise den Erzählerpart und lässt uns hier an Erinnerungen aus ihrer Kindheit (zu Zeiten der Nachtigall und auch danach) teilhaben und was soll ich sagen - diese stimmen teilweise überhaupt nicht mit der Nachtigall überein, obwohl sie genau in diesem Zeitrahmen spielen und in der Nachtigall Erwähnung fanden. Die Figuren wurden authentisch erarbeitet, haben allerdings in meinen Augen, gerade auf Grund er Veränderungen, die sie durchlaufen haben, etwas an ihrem Reiz verloren. Wo ist der strahlende Anwalt geblieben, der in der Nachtigall so verbissen für seinen Mandanten kämpfte und Gerechtigkeit predigte? Wo das kleine Mädchen, dass immer ihrem Herzen folgte, ohne auf die Konsequenzen zu achten? Den Schreibstil empfand ich als angenehm zu lesen, jedoch konnte dieses Buch nicht an die Nachtigall heranreichen, ja schlimmer noch, ich hatte das Gefühl, dass dieses Buch von jemand ganz anderem geschrieben wurde. Kann es sein, dass die Autorin tatsächlich, wie bereits gemutmaßt, die Nachtigall nicht alleine schrieb und warum hat sie nicht wenigstens die Nachtigall nochmals gelesen, damit wenigstens dieser Nachfolger stimmig mit der Nachtigall ist? Ich hatte mir hier, gerade nach der Nachtigall, so viel erhofft und bleibe doch enttäuscht zurück.

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Der Roman ist wie eine Zeitkapsel, die nach langer Zeit ausgegraben wird. Ich fand das Buch sehr schwierig zu lesen, weil ich das Gefühl hatte, dass die Autorin ganz intuitiv ein Verständnis der damaligen Lebensumstände, der politischen Lage und der gesellschaftlichen Konventionen voraussetzt. Der Leser wird nicht herangeführt, sondern fällt einfach da hinein und muss dann zurechtkommen, so als würde man in ein unbekanntes Gewässer plumpsen und muss dann schwimmen, komme was wolle. Die Thematik ist natürlich nach wie vor von großer Brisanz, denn bedauerlicherweise ist die Gleichberechtigung der Afro-Amerikaner nicht überall gleichmäßig vorangekommen und bedarf auf jeden Fall einer Behandlung in der Literatur. Ein gutes Buch, aber es gibt Bücher die es übertreffen und deren roter Faden leichter zu greifen ist. Wer mehr dazu erfahren möchte kann gerne auf meinem Blog http://buchundliteratur.blogspot.de/2015/12/gehe-hin-und-lies-nicht-unvorbereitet.html den Post nachlesen. Beste Lesegrüße Caroline Schultz

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Wer die Nachtigall stört gehört zu meinen absoluten Lieblingsbüchern und so war ich sehr neugierig auf das Vorgängerbuch, das zeitlich 20 Jahre später angesiedelt ist. Es wurde sehr viel Werbung über dieses Buch gemacht, es gab einige Specials, ich konnte gar nicht daran vorbei gehen. Die Erwartungshaltung war entsprechend hoch … … doch schon lange habe ich mich mit einem Buch nicht mehr so schwer getan wie mit diesem Buch. Viele Jahre sind vergangen und nicht nur Scout hat sich verändert. In vielen Rückblenden lässt Harper Lee Scouts Kindheit wieder aufleben und mich in Erinnerungen schwelgen. Nette Anekdoten aus der Vergangenheit rund um Maycomb runden die Reise in die Vergangenheit ab. Dennoch plätschert die Geschichte anfangs so vor sich hin, sprachlich konnte sie mich auch nicht wirklich begeistern. Lediglich die Dialoge sind brillant, vor allem wenn Scouts Onkel, Dr. Jack Finch redet. Er ist für mich die Schlüsselfigur in diesem Buch, die Atticus in den Hintergrund drängt und Scout mehr als einmal zur Vernunft bringt. Im Gegensatz zu „Wer die Nachtigall stört“ lebt dieses Buch von den Dialogen und Beschreibungen. Zwischendurch verfiel es in Langatmigkeit, manche Anekdoten ergaben für mich nicht so wirklich Sinn und mir fehlte der Bezug zum Hauptthema. Und zum Titel, der zwar erklärt wird, den ich aber dennoch nicht für gut gewählt halte. Ein weiteres Problem war für mich Scout. So cool und taff ich sie als Mädchen fand, so zickig und nervig wirkte sie auf mich als junge Frau. Für mich ist es meistens wichtig, dass ich die Hauptperson mag, da ich mich ja die meiste Zeit mit ihr beschäftige. Und mir fiel es ziemlich schwer, die junge Frau zu mögen, die mich als Kind so begeistert hat. Ich konnte viele ihrer Reaktionen nicht verstehen und hätte sie genau hingehört und geschaut, wäre es zu dem Konflikt mit Atticus erst gar nicht gekommen. So war meine Enttäuschung vorprogrammiert. Ohne „die Nachtigall“ hätte mir das Buch bestimmt viel besser gefallen, aber so war meine Erwartungshaltung einfach zu hoch.

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Harper Lee ist besonders in den USA eine der größten und berühmtesten Autorinnen und das, obwohl sie jahrelang nur ein Buch veröffentlicht hatte. Aber "To Kill A Mockingbird" (auf deutsch: "Wer die Nachtigall stört") ist einfach einer der amerikanischen Klassiker schlecht hin. Ich selbst habe "To Kill A Mockingbird" für die Schule, für meinen Englisch LK gelesen und ich mochte es total! Und nun, Jahre nachdem Klassiker, wurde eine Fortsetzung veröffentlicht. Das ganze hat einen riesigen Hype ausgelöst - wie bei einer Harry Potter Premiere sind Leute zu Mitternachtsverkäufen gegangen und haben sich das Buch so bald es raus kam geschnappt. Die generelle Begeisterung ist aber sehr schnell abgeklungen und es gab viele negative Rezensionen. Ich habe beschlossen das Buch trotzdem zu lesen, einfach weil ich mir selbst eine Meinung bilden wollte. Leider muss ich mich der breiten Mehrheit anschließen: Das Buch hat mir nicht sonderlich gut gefallen. "Geh hin, stelle einen Wächter" ist die Fortsetzung von "Wer die Nachtigall stört" und es geht um Jean Louise "Scout" Finch, die inzwischen erwachsen ist und wieder nach Maycomb zurückkehrt um etwas Zeit mit ihrem Vater Atticus zu verbringen. Die einzige andere Person, die wirklich eine Rolle spielt und schon im ersten Teil vorkam ist Scouts Tante Alexandra. Dill lebt schon lange nicht mehr in Maycomb und, was mich am meisten schockiert hat: Gleich zu Beginn erfährt man, dass einer der Hauptcharaktere des ersten Buches bereits gestorben ist. Das war schon die erste Sache, die mich gestört hat. Einer der zentralen Charaktere des Original Buches ist einfach nicht mehr da und man hat nicht mal wirklich die Möglichkeit richtig um ihn zu trauern. Auch ansonsten ist wenig wie in "To Kill a Mockingbird". Zum einen gibt es irgendwie weniger Handlung in "Geh hin, stelle einen Wächter". Es ließ sich zwar vom Schreibstil her gut lesen, aber dennoch war es irgendwie langweilig und hat sich für mich auch ein wenig gezogen, einfach weil auf den 300 Seiten nur relativ wenig geschehen ist. Die Handlung sieht nämlich eigentlich nur wie folgt aus: Jean Louise (in diesem Buch wird sie kaum noch "Scout" genannt) kommt nach Maycomb um ihre Familie zu besuchen, trifft Henry auch genannt "Hank", der bei Atticus gelernt hat und mit dem sie schon Jahre lang zusammen ist und fragt sich ob sie ihn heiraten soll. Sie findet heraus, dass sowohl Atticus als auch Hank ziemlich rassistisch sind, so wie eigentlich alle in Maycomb und im Süden zu dieser Zeit, und bekommt auf Grund dessen eine Identitätskrise. Ich muss sagen, ich finde es gut, dass es um so ein wichtiges Thema geht. Damals war die Debatte der Rassentrennung in den USA von riesiger Bedeutung und ich bin auch froh etwas darüber gelesen zu haben. Nur leider gefällt mir einiges an der Umsetzung bei diesem Buch nicht. Zum einen finde ich es blöd. wenn man Charakter nimmt und sie in der Fortsetzung eines Buches ganz anders sein lässt, als sie das im Original waren. Das ist in "Geh hin, stelle einen Wächter" passiert und das ist einer der Gründe, warum es so viel Kritik bekam. Atticus ist in "To Kill a Mockingbird" ein super toller, bewundernswerter Charakter. Er ist moralisch und gutherzig und ein super Vorbild. Er verteidigt als Anwalt einen Schwarzen und macht sich nichts daraus, was die anderen darüber sagen. Er bringt seinen Kindern bei, dass alle Meschen gleich seien. Jetzt, im zweiten Teil entpuppt Atticus sich als totaler Rassist. Es gibt eine Passage, in der der darüber redet wie minderwertig Schwarze seinen und Scout fragt, ob sie es denn verantwortlichen könnte, dass ihre Kinder eines Tages mit dunkelhäutigen Kindern zur Schule gingen... Es war einfach untypisch und auch irgendwie traurig, das ausgerechnet Atticus so etwas sagen würde. Ansonsten, wie bereits gesagt, hat es mir einfach an Handlung gefehlt. Es hätte mehr passieren müssen. Ich mochte wie Scouts Onkel in die Geschichte eingebaut wurde und einfach generell sein sonderbares Verhalten. Der Schreibstil was auch wirklich schön und ließ sich gut lesen. Leider nur ist es meiner Meinung nach kein Vergleich zu "To Kill A Mockingbird" und ich finde es schade, dass Harper Lee nicht noch mehr Bücher geschrieben hat, von denen manche vielleicht so gut wie "To Kill a Mockingbird" hätten sein können. Dieses ist das meiner Meinung nach leider nicht. Ich vergebe letztendlich 3 von 5 Herzchen. Es war ein Buch, dass sich mit einem sehr wichtigen Thema auf gute Art und Weise beschäftigt und auseinander setzt und manchmal hatte ich beim Lesen auch wirklich Spaß. Aber leider konnten meine Erwartungen nicht erfüllt werden, es gab zu viele Veränderungen im Vergleich mit dem Vorgänger und hatte inhaltlich nicht genug zu bieten für mich.

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Es gibt kaum jemanden, der “Wer die Nachtigall stört” noch nicht gelesen hat, das glaube ich jedenfalls. Bei uns stand es für den Englisch-Leistungskurs in der Schule sogar regelmäßig auf dem Lehrplan, ich selber hatte nie Englisch-Leistungskurs, war aber neugierig und las es trotzdem zu Schulzeiten, weil ich es nicht ertragen konnte, dass Leute aus meinem Jahrgang über ein Buch sprechen, das ich selber nicht kannte. Und was soll ich sagen – ich habe mich sofort verliebt, in die Figuren, die Handlung und insbesondere den Schreibstil, der sich unverkennbar auch in “Gehe hin, stelle einen Wächter” wiederfindet, obgleich dort noch nicht so ausgereift und wortmalerisch, wie in “Wer die Nachtigall stört”. Ein wenig hatte ich mit mir gerungen, ob ich “Gehe hin, stelle einen Wächter” lesen sollte. Auf der einen Seite war ich wirklich neugierig, wollte wissen, was Harper Lee sich ursprünglich für eine Geschichte erdacht hatte und hatte auch nichts dagegen, abermals in das spannungsgeladene Maycomb einzutauchen. Auf der anderen Seite standen die zahlreichen negativen Rezensionen, die ich überall schon im voraus las und die für das Buch nichts gutes verhießen. Ich wollte mir auch nicht mein Bild der Charaktere, das ich aus “Wer die Nachtigall stört” nachträglich verderben lassen. Letztendlich hat aber doch meine Neugierde gesiegt und ich habe mich völlig unvoreingenommen an das Buch herangewagt. Harper Lee ist es abermals gelungen, ein atmosphärisches Maycomb zu erschaffen. Jean Louise, die in diesem Buch bereits 26 ist und nur noch selten mit ihrem Spitznamen aus der Kindheit, “Scout”, angesprochen wird, lebt mittlerweile in New York und ist nur noch einmal im Jahr zu Besuch in ihrer alten Heimat. Umso erschütterter ist sie, als sie bei diesem Besuch plötzlich Seiten an ihrem Vater, ihrem Fast-Verlobten und überhaupt an der gesamten Bevölkerung Maycombs entdeckt, die mit ihren eigenen moralischen Überzeugungen alles andere als im Einklang stehen. Gerade von ihrem Vater, den sie stets moralisch über alles erhaben angesehen hat und der ihre gesamte Kindheit, Jugend und auch jetzt noch im Erwachsenenalter absolutes und unanfechtbares Vorbild in all seinen Meinungen und Handlungen für sie war, ist sie mehr als enttäuscht, nachdem sie herausgefunden hat, dass er sich an einem Bürgerrat beteiligt, der die Rechte der Schwarzen begrenzen und kontrollieren will und auch Treffen des Ku-Klux-Clans beiwohnte. Für sie gerät ihr gesamtes Weltbild durcheinander, da sie sich plötzlich der schmerzhaften Tatsache bewusst wird, dass auch ihr Vater nicht unfehlbar ist und es an der Zeit ist, ihr eigenes Gewissen und ihre eigenen Überzeugungen von denen ihres Vaters abzukoppeln und sich von ihm zu emanzipieren. Es ist ja ein wenig umstritten und angezweifelt, wie “Gehe hin, stelle einen Wächter” nun plötzlich doch wieder aufgetaucht ist und warum es gerade jetzt veröffentlicht wurde, ob das wirklich alles mit rechten Dingen zugegangen ist, oder ob es sich nur um eine Farce handelt – ich für meinen Teil glaube jedenfalls nicht – und dieses Gerücht ist durchaus im Umlauf – dass das Buch von einem Ghostwriter geschrieben wurde. Dafür ist der Stil von Harper Lee einfach viel zu unverkennbar und nicht nachahmbar. Allerdings kann ich durchaus verstehen, weshalb dieses Manuskript nicht gleich von Anfang an veröffentlicht wurde. In “Gehe hin, stelle einen Wächter” gibt es einige Passagen, in denen Jean Louise sich an ihre Kindheit zurückentsinnt und ich muss gestehen, dass ich diese Rückblenden am allerliebsten gelesen habe und ich somit den Vorschlag der Lektoren, die Geschichte komplett 20 Jahre zurückzuverlagern, durchaus als begründet und auch wünschenswert ansehe und auch wirklich froh bin, dass wir so in den Genuss von “Wer die Nachtigall stört” kommen durften. Für mich ist “Gehe hin, stelle einen Wächter” keine zwingende Fortsetzung zu “Wer die Nachtigall stört”. Einige Details aus dem ersten Buch finden sich zwar durchaus dort wieder, die Charaktere sind die gleichen, das Setting auch, aber man kann “Gehe hin, stelle einen Wächter” durchaus auch unabhängig davon lesen. Trotzdem ist für mich – sowohl von der Handlung, als auch vom Schreibstil und dem ganzen Drumherum – “Wer die Nachtigall stört” das literarisch wertvollere Buch. Ich habe die Reise zurück nach Maycomb zwar genossen, finde auch die Botschaft, die in dem Buch steckt, wichtig und gut, aber konnte dennoch nicht die Verbindung zu den Figuren aufbauen, die ich in “Wer die Nachtigall stört” zu ihnen gewinnen konnte. Alles in allem gebe ich “Gehe hin, stelle einen Wächter” 3 von 5 Sternen und rate allen Kritikern, Zweiflern und auch allen anderen Interessierten, sich ein eigenes Bild von dem Buch zu verschaffen.

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