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Rezensionen zu
Die Stunde des Schmetterlings

Pieter Webeling

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„Ein Atlasspinner. Aber glaub mir, das Tier hat ein Riesenproblem, das größer ist als all unsere Probleme zusammen. Dieser Schmetterling hat keinen Saugrüssel. Deshalb lebt er nur 10 Tage…er selbst bekommt von der Schönheit der Natur nur wenig mit…Gott hat es so gewollt“. Weise Worte des alten Priesters im fast zerstörten, fast völlig verlassenen französischem Dorf. In dessen Kirche Julius bereit ist, seinem Leben ein Ende zu setzen. Denn all die Vorfreude, die Mannhaftigkeit, die Worte von Ehre und Stoltz, die Begeisterung, das „wahre Leben“ kennenzulernen (statt nur der Eintönigkeit im eigenen Herkunftsdorf), das „sich bewähren im Eisenhagel des ehrenvollen Krieges“, all das liegt desillusioniert hinter ihm. Und nicht nur das. Gut, dass der Priester und auch der ein oder andere restliche Bewohner des Dorfes nicht auf Rache aus sind. Ihn, den Deutschen nicht einfach bei lebendigem Leib zerreißen. Denn so kann Julius dem Priester, letztlich aber sich selbst seine Geschichte erzählen. In der Webeling diese ganze Welt und Weltordnung des alten Kaiserreiches ebenso zur Sprache kommen lässt, wie die grundlegenden Themen des Menschen, Liebe und Freundschaft, Sinn und Ziel des eigenen Lebensweges. Zeit lässt sich Webeling dabei, die einzelnen Personen in Ruhe vorzustellen. Den „mannhaften“ Claus, Draufgänger und Filou. Den ruhigen, zurückhaltenden Erich, der froh ist, der häuslichen Enge und Gewalt durch seine Verlobte entkommen zu können. Und dies doch hinter sich lässt, um nicht hinter den Freunden zurückzustehen. Theodor, dessen Vater sich auflehnt gegen unwürdige Arbeitsbedingungen und nun Hunger und Armut erst so richtig kennenlernen wird. Das Bild einer patriarchalischen Gesellschaft, in der der Gürtel als Erziehungsinstrument und die Ohrfeige beziehungsklärend eingesetzt wird. In der sich die „Macher“ und Vermögenden alles erlauben können, selbst das eigene Mündel zu befingern. Zeiten auch, in denen die Liebe kompliziert ist, Sexualität überstark im Raume steht und wenig Ventile findet und wenn nur heimlich. Da wundert es nicht, das mit Begeisterung das Abenteuer gesucht wird, blumengeschmückt die Regimenter in den Krieg ziehen. Und unvorbereitet die brachiale Gewalt und Grausamkeit, die Entfremdung voneinander und persönliche Schuld innerhalb kurzer Zeit tiefe Spuren (und Tode) hinterlassen werden. „Der Mensch, mein Junge, hätte eigentlich die Krone der Schöpfung sein sollen. Aber wir haben es vermasselt – schon lange vor diesem Krieg. Der Mensch verpuppt sich vom Schmetterling zur Raupe“. Und doch wird der eine dem anderen zum Teufel. Mit tödlichen Folgen. Und einer offenen Frage zum Ende hin, ob Vergebung einander und sich selbst gegenüber möglich sein könnte. Sprachlich in ganz einfachen Worten und hier und da auch mit Längen und zu breiter Erzählweise gelangt Webeling doch am Ende an die Substanz menschlichen Seins, an die Fragen nach Liebe, Freundschaft, Gefühlsaufwallungen und wo die Grenze ist, an der Vernunft und Zivilisation tieferen Trieben weichen. Zu aller Unglück.

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