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Rezensionen zu
Ist da oben jemand?

Bärbel Schäfer

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€ 9,99 [D] inkl. MwSt. | € 9,99 [A] | CHF 15,00* (* empf. VK-Preis)

Inhalt Zwei Schicksalsschläge kurz nacheinander muss Frau Schäfer hinnehmen. Ihr Bruder kommt bei einem Autounfall ums Leben. Sie hat ihn über alles geliebt und konnte sich nicht von ihm verabschieden. Entsprechend heftig fällt sie in ein großes schwarzes Loch, aus dem sie sich mühsam mit Hilfe ihres Partners und von Freunden zu befreien versucht. Kurz vor Ende des Trauerjahres stirbt ihr Vater. Es ist ein langer, aber erwarteter Tod. Frau Schäfer kann sich von ihrem Vater angemessen verabschieden. Sehr einfühlsam beschreibt Frau Schäfer die verschiedenen Phasen der Trauerbewältigung, die sie zu durchlaufen hat, auch wenn diese Phasen nicht als solche benannt werden. Man kann ihr Entsetzen, die Verwirrung, die Suche nach Sinn im Tod ihres Bruders sehr gefühlvoll nachvollziehen. Teil des Versuchs von Frau Schäfer, die Trauer zu bewältigen, ist die Begegnung mit verschiedenen Religionen. Etwas unklar bleibt, warum sie sich an andere Religionen wendet – schließlich ist sie Jüdin und könnte in ihrer eigenen Religion Trost finden. Unabhängig davon beschreibt sie ihre Begegnungen mit den anderen Kulturen nachvollziehbar, interessant und zum Teil humorvoll. Subjektive Eindrücke Der eigentliche Titel könnte auf die falsche Fährte führen und denken lassen, es ginge um den Beistand einer außerweltlichen Macht ganz allgemein im Alltag. Der Klappentext ist dazu allerdings ausreichend deutlich. Die Beschreibungen von Frau Schäfer haben mich sehr berührt. Auch ich habe einen Menschen durch einen Unfall verloren und hätte mir jemanden gewünscht, auf den ich einfach die Verantwortung hätte schieben können. Die Suche nach der unterstützende Religion ist für meinen Geschmack zu wenig mit dem eigentlich Anlass verbunden, auch wenn ich es genossen habe, die entsprechenden Beschreibungen zu lesen. Fazit Wer ein gut geschriebenes Fallbeispiel für Trauerverarbeitung lesen möchte, sollte gern zu diesem Buch greifen. Ob es sich eignet, etwas über die Möglichkeiten der Unterstützung der Trauerarbeit durch Religion oder außerweltliche Kräfte zu erfahren, bin ich unsicher. Es stellt aber interessante Herangehensweise an das Erfahren einer anderen Religion dar. Ich habe das Buch mit viel Mitgefühl, aber auch mit Freude und Interesse gelesen. Allerdings hatte ich mir versprochen, mehr über den Zusammenhang zwischen Religion/Glaube und der Bewältigung von akuten oder Alltagsproblemen zu erfahren. Ich danke dem Verlag für das Zur-Verfügung-Stellen des Rezensionsexemplars.

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Worum geht es? »Ich bin die verwaiste Schwester meines tödlich verunglückten einzigen Bruders und die Freundin eines ebenfalls tödlich verunglückten Lebenspartners. Wie finde ich als Atheistin Trost in einer traumatischen Lebenssituation? Wo finden gläubige Menschen Halt in schwierigen Lebenskrisen?« Bärbel Schäfer erzählt in ihrem Buch von ihrer Suche nach Sinn. Sie gibt tiefe Einblicke in ihr Seelenleben, in ihre Wut, ihren Schmerz und ihre Verzweiflung. Offen beschreibt sie ihre Skepsis und ihr Hadern im Umgang mit Gott und den Religionen der Welt. Wird der Glaube für sie eine Option sein? Meine Meinung Als Jugendliche gehörte die Talkshow von Bärbel Schäfer fast täglich zu meinem Programm. Ich mochte immer ihre fröhliche und authentische Art. In den letzten Jahren tauchte Bärbel Schäfer hier und da in einer Talkshow auf, immer noch sehr sympathisch, aber größere Beachtung schenkte ich ihr nicht mehr. Als ich das Buch von Bärbel Schäfer in einer Empfehlungsliste fand, hat mich der Klappentext sofort berührt. Bärbel Schäfer hat ihren Bruder durch einen tragischen Autounfall verloren und nimmt den Leser mit auf den Weg ihrer Trauer. Sie stellt sich die Frage, ob ein Zugang zu Gott auf dem Weg der Trauer helfen kann. Dabei stößt sie in ihrem Umfeld auf verschiedene Menschen und deren Glauben und beginnt sich mit den jeweiligen Religionen auseinander zu setzen. Sie ist vor Jahren zum Judentum konvertiert, bezeichnet sich jedoch nicht als streng gläubige Jüdin. In ihrer Gemeinde ist sie aufgehoben und kann dies auch als Geschenk annehmen, dennoch findet sie letztendlich nicht gänzlich den Zugang den Glauben auch zu leben. Ihre Freundin Fatma ist gläubige Muslima und findet in ihrem Glauben Kraft, um mit der schweren Krebserkrankung ihres Vaters fertig zu werden. Der ebenfalls kranke Vater von Bärbel Schäfer ist gläubiger Christ und schöpft viel Kraft und Lebensmut aus dem Glauben. Mir gefällt sehr gut, dass Bärbel Schäfer sich den verschiedenen Glaubensfragen stellt, diese offen aufnimmt aber auch immer kritisch beurteilt. Dies macht sie auf eine sehr einfühlsame Art. Den Weg der Trauer beschreibt sie auf sehr berührende Art und Weise und mein Mitgefühl ist ihr sicher. Fazit Ein sehr berührendes Buch über die Trauer nach dem schmerzlichen Verlust des Bruders.

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Welch ehrliche und bewegende Lektüre. Kann es "dort oben" wirklich jemanden geben, wenn doch so viel Leid auf Erden geschieht? Keiner kann darauf eine Antwort geben. Dennoch suchen wir nach ihr, damit unsere Fragen endlich beantwortet werden und nicht mehr einfach nur im Raume stehen. Bärbel Schäfer trauert. Sie trauert um ihren ehemaligen Lebensgefährten und um ihren Bruder. Beide verunglücken tödlich bei einem Autounfall. In diesem Buch schreibt sie sich all ihren Schmerz und ihr Leiden über den Tod der von ihr doch so geliebten Personen von der Seele. Ein nie enden wollender Schmerz, der zermürbt. Die Frage nach dem Warum wird jedoch immer offen bleiben. Morgens in der Früh vor der Haustür der eigenen Mutter stehen, um ihr zu erzählen, dass sie von nun an die verwaiste Mutter eines durch einen Autounfall getöteten Sohnes ist, was gibt es da schlimmeres. Mütter tragen ihre Kinder nicht zu Grabe, nein, es müsste genau umgekehrt sein. Aber auch die Schwester trägt ihren Bruder nicht zu Grabe. Was macht das für einen Sinn? Was will der da oben der Autorin Bärbel Schäfer für eine große Last aufbürden und vorallem warum und wieso? Gibt es da oben überhaupt jemanden? Sitzt er wirklich auf einer Wolke? Warum gibt es so viel Elend, wenn im Himmel doch ein Allmächtiger sitzen soll? Oder sind das alles nur Märchen? Kann überhaupt jemand für all das Unheil, was auf Erden geschieht, verantwortlich sein? Ist es nicht viel zu vermessen, zu glauben, das dort oben jemand alles für uns regelt? Fragen über Fragen, die es zu beantworten gilt. Fragen, die sich insbesondere dann auf tun, wenn wir in Not sind. Kann der Glaube einem helfen, die Last, die Hinterbliebene tragen, erträglicher zu machen? Bärbel Schäfer gerät nach dem Tode ihres Bruders an ihre Grenzen. Bis dato war der Glaube nie eine Option für sie, denn an Gott zu glauben, ist in ihren Augen dann doch ziemlich uncool. Doch diese Situation bringt sie dazu, über den Glauben nachzudenken, sich dem Glauben zu nähern und ihm vielleicht zu folgen. Ist jemand, der an Gott glaubt, vielleicht schon allein durch die Kraft Gottes stärker. Das Buch "Ist da oben jemand?" von Bärbel Schäfer greift ein Thema auf, das schwer in Worte zu fassen ist und mit dem man sich nicht gern beschäftigt, weckt es doch schmerzhafte Erinnerungen oder macht es einem gar bewusst, wie endlich doch unser Leben ist. Ein Buch, das berührt. Ein Buch, das die Hilflosigkeit der Trauernden und deren Ohnmacht wiederspiegelt. Ein Buch, das sich nicht nur an Trauernde und Hinterbliebene richtet, sondern an die Menschen unter uns, die die Frage nach dem Warum gern geklärt hätten und an die, die eine wundervolle und berührende Lektüre in den Händen halten und lesen möchten.

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Die andere Seite (vollständige Rezension auf vorsicht-behmann.de) Regen spritzt auch Bärbel Schäfer an die Beine. Es ist die A9 bei Pegnitz. Einem beschaulichen und langweiligen Ort in Bayern. Nach einem Lehrgang unter hohem Fieber und Halsschmerzen wird mir dieser Ort immer als schaurig in Erinnerung bleiben. Schaurig ist hingegen eine leichte Untertreibung für die Emotionen, die Bärbel Schäfer durch den Kopf zucken, wenn sie von Pegnitz hört. In der Berliner Kurve, einem Unfallschwerpunkt, stirbt im Oktober 2013 ihr Bruder Martin. Ihr einziger Bruder. Bärbel Schäfer kennt der geneigte Fernsehzuschauer aus der gleichnamigen RTL-Talkshow. Neben Hans Meiser und Ilona Christen, war Schäfer die Koryphäe der 90er Jahre. Mit blondem kurzen Lockenkopf und (wie man damals sagte) frechem Auftreten fragte sie sich durch die Untiefen des menschlichen Seins. Sie war die 14:00 Uhr. Das erste, was man nach der Schule auf RTL sehen konnte, wenn man denn den Fernseher einschaltete. Neben ihrer Bekanntheit als TV-Talkerin der ersten Stunden, ist sie in der öffentlichen Wahrnehmung die Ehefrau des von mir sehr verehrten Michel Friedman. Lokaler wird die Gruppe der Menschen, die sie heute als langjährige Moderatorin ihrer eigenen sonntäglichen Gesprächsreihe auf hr 3 kennen. Martin, ihr Bruder, ist sofort tot. Er kommt auf regenasser Fahrbahn mit seinem Porsche ins Schlingern, überschlägt sich mehrmals. Ihm wird der Kopf abgerissen. Keine Chance, no return. Für Bärbel Schäfer sind es schwarze Zeiten, die für sie und ihr Umfeld anbrechen. Tiefschwarz, pechschwarz. Denn Schäfer verliert nicht den ersten nahestehenden Menschen durch einen Verkehrsunfall. Ihr vorheriger Lebensgefährte, der Fotograf Kay Degenhard verunglückt 1998 tödlich. In ihrem Buch „Ist da oben jemand?“ offenbart sich Schäfer und auch wieder nicht. Auf 223 Seiten versucht sie sich dem Unfalltod und den unausweichlichen Fragen des Lebens zu stellen. Sie beschreibt in klaren, schroffen, bisweilen schnoddrigen Sätzen ihr Erleben ab dem Unfall. Genauer gesagt ab der Todesmitteilung. Sie umtreibt die Frage, ob es Gott, Religion und Glauben gibt bzw. nutzt. Sie findet die Fotos der Fotografen an der Unfallstelle exhibitionistisch und kann selber der Versuchung kaum widerstehen, selbige immer und immer wieder zu googlen. Ist das Buch exhibitionistisch? Wäre es verlegt worden ohne ihre Bekanntheit? Ist der inhaltliche Verlauf tragend? Schwierig! Grundsätzlich haben Prominente natürlich für Themen Trägerfunktionen. Sonst wären Schirmherrschaften sinn- und zwecklos. Findet man als Leser eine Analyse, ob Glauben lohnt, was Gott ist oder sein könnte? (TEXT FEHLT WEGEN ZEICHENLIMIT!...vollständige Rezension auf vorsicht-behmann.de) Auf die Entgegnung, sowas habe man schon gelesen, kann man mit gütiger Miene entspannt antworten: Ja, aber nicht von ihr. Denn auch das ist klar nach diesem Buch: Trauer ist sehr individuell und eine einsam zu bewältigende Phase. So fragt ihr Mann in seiner Gesprächsreihe im Schauspiel Frankfurt den ehemaligen EKD-Ratsvorsitzenden Wolfgang Huber, warum es neben Elternzeit, Altersteilzeit und Co. denn keine geregelte Trauerzeit gebe. Wer das Buch von Bärbel Schäfer liest, weiß warum er dies so berechtigt fragt.

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...über die Enden der Welt. Prolog Blut rinnt durch das blaue, wellige Haar. Es verteilt sich, perlt, rinnt und bleibt schließlich stehen. Es färbt die vollen Haare in den purpurroten Saft des Lebens. Ich kann den Fluss des selbigen befeuern oder stoppen, die Richtung beeinflussen. Und wische es spontan mit dem aus Latex bestehenden Handschuh ab. Die Haare sind die von Johann Wolfgang von Goethe. Das Blut nicht. Es rinnt durch seine Haare, weil es nicht seines ist. Es ist das Blut von Katja. Es ist ihr laminierter Studentenausweis. Im Scheckkartenformat. Es regnet, der Wind zerrt an mir und meiner Kleidung. Das Gel in meinen Haaren wird erst dicklich, dann zerläuft es. Beständige Nieseltropfen treffen auf meine Gesichtshaut und malträtieren sie wie kleine Nadeln unablässig. Das Blut auf dem Ausweis verdünnt sich, gibt mehr Blau von Goethes Haar frei. Ich starre in die ungemütliche Nacht. Der Frühling ehrt seinen Charakter mit Wechselwetter. Meine Knie brennen, meine Hose ist nass. Ich schaue auf die Umrisse der Frankfurter Skyline, der Wind weht und pfeift. Atme ein, starre, wische über den Ausweis. Zeit spielt keine Rolle mehr. Denn Katja wird ihren Studentenausweis nie wieder benutzen. Benutzen können. Sie liegt neben mir, hat die Augen geschlossen und auch an ihr zerrt der Wind, lässt ihre Haare tanzen. Katja ist tot. Unwiederbringlich. Im Fachjargon wird es heißen: Verletzungen die mit dem Leben nicht vereinbar sind. Wir sind zusammen auf der Bundesautobahn A5, Fahrtrichtung Frankfurt. Vor zehn Minuten kannte ich sie nicht. Und sie konnte mich gar nicht mehr kennenlernen. In diesem Leben. Als ich mich auf die Couch fallen ließ und das Fernsehen abfällig kommentierte, erlebte sie ihre letzten Minuten; ohne dieses zu wissen. Was sie wohl dachte, erlebte, wahrnahm? Katja wurde nur wenige Minuten nach meinem Dienstbeginn getötet. Bei einem Verkehrsunfall. Von ihrem Kleinwagen ist nichts mehr wie es einmal war. Die Marke nicht zu erkennen, das Lenkrad ein einziger Klumpen. Der Motor auch. Durch eine unglückliche Verkettung von Umständen kam sie ums Leben. Sie war allem Anschein unterwegs von zuhause, südliche Provinz und wollte wieder in die Studenten-Wohnung in Frankfurt. Sie hatte es fast geschafft, als sie durch jemanden anderen ins Schleudern gebracht wird und eine Oberklasselimousine nicht mehr ausweichen kann. Mit hoher Geschwindigkeit wird ihr Kleinwagen zur allumfassenden Knautschzone. Und sie ebenso. Ihr Genick ist entzwei. Die kinetische Energie hat es zerrissen, es liegt zerborsten in ihrem Hals, der Intubationsversuch von uns kann abgebrochen werden. Sinnlos, noch Maßnahmen ergreifen zu wollen. Infaust wie Mediziner sagen, hoffnungslos. Während das wildgewordene Wetter sich an mir austobt, liegt sie auf dem kalten Boden der A5. Wo eben noch der Feierabendverkehr rauschte und raste, herrscht nun Stille. In der Ferne sehe ich die Feuerwehrkollegen beginnen zu kehren. Alles wieder auf Nullstellung. Mein Kollege wühlt im Fahrzeug nach einer Decke. Der Gegenverkehr glotzt auf Katja. Er bedeckt sie, doch die Decke reißt sich immer wieder los. Störrische Decke! Ich starre in den Nachthimmel und halte versteinert das Portemonnaie in der Hand. Und den Ausweis. Alles ist blutgetränkt. Ich warte auf den Notarzt, der in seinem Fahrzeug den Leichenschein sucht. Personalienfeststellung, vorläufiger Leichenschein. Auf den Bestatter warten. Routine. Der Unfall wird einen Zehnzeiler in der Regionalpresse auslösen. Damit ist die öffentliche Anteilnahme abgegolten. Ich schaue auf meine Uhr, es ist Tagesthemen-Zeit. Irgendwo in Süddeutschland sitzt ein Menschenpaar auf der Couch. Gutbürgerlich, Carport, soweit alles sicher geregelt im Leben. So meine freimütige Vermutung. Sie sind Eheleute, und Eltern. Und haben ihr vielleicht einziges Kind verloren. Katja, neben mir liegend. Die Katastrophe des Geschehens ist einsatztaktisch vorüber, gesichert, trainiert. Und doch sitzen zur Sekunde zwei Menschen irgendwo unbedarft und unwissend vor dem Fernseher. Sie mögen sich vielleicht über das gemeinsame Wochenende mit der Tochter unterhalten. Für diese zwei Menschen wird diese Nacht der Auftakt in ein neues Leben. Es wird die wohl schlimmste Zeit ihres Lebens kommen. Ahnen sie, welche einschneidende Dramatik auf sie zurollt? Hatten sie wohl ein ungutes Gefühl? Wie werden sie reagieren, wenn es spätnachts an ihrer Tür klingeln wird? Wie wird ihr Umfeld reagieren? Und: ob sie diese Lebenskrise wohl gemeinsam überstehen? Die Fragen schießen durch meinen Kopf an dem der Regen in Strömen ein Wettrennen herab vollführt. Sie werden mehr und mehr und verschränken sich, blockieren sich und zerfallen in die Vorstellung der Couchsituation. Noch sind sie unberührt in einer Parallelwelt der Nicht-Information. Diese Parallelwelt ist die rigoroseste Einbahnstrasse der Welt. Sie werden sich wünschen, noch wenigstens ein einziges Mal zurückzudürfen, doch unmöglich. Kein Zurück mehr. Nie mehr. Die Zeit der Unbedarftheit tickt unablässig. Ich blicke an mir herab, die weiße Einsatzhose ist getränkt von Öl, Schmutz, Wasser und Katjas Blut, die Reflexstreifen blind. Mir spritzt der Regen an die Beine. Der Notarzt fasst mir auf die Schulter. Er braucht die Papiere. Mit oder ohne Blut. Die andere Seite Regen spritzt auch Bärbel Schäfer an die Beine. Es ist die A9 bei Pegnitz. Einem beschaulichen und langweiligen Ort in Bayern. Nach einem Lehrgang unter hohem Fieber und Halsschmerzen wird mir dieser Ort immer als schaurig in Erinnerung bleiben. Schaurig ist hingegen eine leichte Untertreibung für die Emotionen, die Bärbel Schäfer durch den Kopf zucken, wenn sie von Pegnitz hört. In der Berliner Kurve, einem Unfallschwerpunkt, stirbt im Oktober 2013 ihr Bruder Martin. Ihr einziger Bruder. Bärbel Schäfer kennt der geneigte Fernsehzuschauer aus der gleichnamigen RTL-Talkshow. Neben Hans Meiser und Ilona Christen, war Schäfer die Koryphäe der 90er Jahre. Mit blondem kurzen Lockenkopf und (wie man damals sagte) frechem Auftreten fragte sie sich durch die Untiefen des menschlichen Seins. Sie war die 14:00 Uhr. Das erste, was man nach der Schule auf RTL sehen konnte, wenn man denn den Fernseher einschaltete. Neben ihrer Bekanntheit als TV-Talkerin der ersten Stunden, ist sie in der öffentlichen Wahrnehmung die Ehefrau des von mir sehr verehrten Michel Friedman. Friedman atomisierte sein bürgerliches Leben 2003, als er mit Koks und Zwangsprostituierten erwischt wurde. Das vorläufige Ende seiner öffentlichen Tätigkeit, auch und gerade als Moralist. Schäfer hielt zu ihm, weil sie, wie sie 2009 in der hr-Sendung „höchstpersönlich“ anmerkte, auf alle ihre Fragen Antworten bekommen habe. Sie gab ihm eine zweite Chance – wie die Medienwelt dann auch. Lokaler wird die Gruppe der Menschen, die sie heute als langjährige Moderatorin ihrer eigenen sonntäglichen Gesprächsreihe auf hr 3 kennen. Martin, ihr Bruder, ist sofort tot. Er kommt auf regenasser Fahrbahn mit seinem Porsche ins Schlingern, überschlägt sich mehrmals. Ihm wird der Kopf abgerissen. Keine Chance, no return. Für Bärbel Schäfer sind es schwarze Zeiten, die für sie und ihr Umfeld anbrechen. Tiefschwarz, pechschwarz. Denn Schäfer verliert nicht den ersten nahestehenden Menschen durch einen Verkehrsunfall. Ihr vorheriger Lebensgefährte, der Fotograf Kay Degenhard verunglückt 1998 tödlich. In ihrem Buch „Ist da oben jemand?“ offenbart sich Schäfer und auch wieder nicht. Auf 223 Seiten versucht sie sich dem Unfalltod und den unausweichlichen Fragen des Lebens zu stellen. Sie beschreibt in klaren, schroffen, bisweilen schnoddrigen Sätzen ihr Erleben ab dem Unfall. Genauer gesagt ab der Todesmitteilung. Sie umtreibt die Frage, ob es Gott, Religion und Glauben gibt bzw. nutzt. Sie findet die Fotos der Fotografen an der Unfallstelle exhibitionistisch und kann selber der Versuchung kaum widerstehen, selbige immer und immer wieder zu googlen. Ist das Buch exhibitionistisch? Wäre es verlegt worden ohne ihre Bekanntheit? Ist der inhaltliche Verlauf tragend? Schwierig! Grundsätzlich haben Prominente natürlich für Themen Trägerfunktionen. Sonst wären Schirmherrschaften sinn- und zwecklos. Findet man als Leser eine Analyse, ob Glauben lohnt, was Gott ist oder sein könnte? Nein. Es ist kein analytisches Buch. Zumindest nicht, was die Passagen der Glaubensfindung angeht. Diese sind angenehm zu lesen und der Autorin sicher auch so wiederfahren. Dennoch sind sie nicht das ergreifende an diesem Buch. Vielmehr überzeugt Schäfer als Fürsprecherin von Trauerverarbeitung und nimmt sich höchst selbst als Beispiel. Sie ist ehrlich, sehr offen, man hat die Sorge, sie könnte das Maß an Offenheit verlieren. Man möchte sie beschützen, im Schreiben bremsen. Sie in den Arm nehmen. Und daher beruhigt einen, dass sie wirklich persönlichste Passagen in geschickter Erzählung nicht öffentlich werden lässt. Sie umschreibt den Weg zur getrennten Überbringung der Trauernachricht an ihre Eltern sehr wortreich und verständlich, lässt aber die Reaktion der Eltern aus. Zu Recht und ohne dass es auffällt oder der Dynamik Abbruch täte. Sie öffnet in asynchron langen Kapiteln in wechselndem Textaufbau- und Struktur das Jahr nach dem Tod ihres Bruders. Der Bruder mit dem sie, neben der privaten Basis, auch beruflich fest verbunden war. Mit ihrer Firma Couch Potatoes produzierten sie zeitweise TV zusammen. Es schweißte sie noch mehr zusammen. Sie spart in allem rückwärtigen Pathos aber auch nicht mit Kritik an ihrem Bruder, seinen Fehlern und seinem Fahrverhalten welches ihm zum Verhängnis wurde. Schäfer schafft es mit ehrlicher Klarheit und Öffnung den Leser durchweg zu binden, mit griffigen Wortschöpfungen („Lebensleitplanke“, „Katholische Showtime“) gelingt es ihr kurze Stimmungsaufheller in den sonst tieftraurigen Verlauf ihrer Gefühle zu bringen. Sie nimmt die Leser mit durch ihren Lebensverlauf in den Monaten nach dem Tod. Dazu nutzt sie auch den Blick in die Kindheit und die familiären Verflechtungen. Zwischen Gefühlslagen und der technokratischen Abwicklung dessen, was nach dem Tod eines Menschen geregelt werden muss. Sie schreibt, sie habe sich selbst verloren und geht auf die kreative Suche nach sich selbst. Sei es Yoga, Schweigehaus, Kirche oder glaubende Freunde. Auf die Entgegnung, sowas habe man schon gelesen, kann man mit gütiger Miene entspannt antworten: Ja, aber nicht von ihr. Denn auch das ist klar nach diesem Buch: Trauer ist sehr individuell und eine einsam zu bewältigende Phase. So fragt ihr Mann in seiner Gesprächsreihe im Schauspiel Frankfurt den ehemaligen EKD-Ratsvorsitzenden Wolfgang Huber, warum es neben Elternzeit, Altersteilzeit und Co. denn keine geregelte Trauerzeit gebe. Wer das Buch von Bärbel Schäfer liest, weiß warum er dies so berechtigt fragt. Epilog Das Buch von Bärbel Schäfer ist für mich ein Mosaikstück gewesen. Da ist sie, die andere Seite! Das Gegenstück! Dass was mir im Falle von Katja nur in Gedankenkaskaden möglich war, konnte ich nun auf Papier nachlesen in aller Intensität. Und meine Gedanken haben mich nicht getäuscht. Mit der Überbringung der Todesnachricht fängt das eigentliche Unglück erst an. Mein Kollege fasst bestimmt meine Schulter. Wir müssen los. Die Nachtschicht ist noch lange nicht vorbei. Ich ziehe entkräftet die Beifahrertür zu. Das Leichentuch weht im verregneten Wind. Bärbel Schäfer: „Ist da oben jemand?“, erschienen im Gütersloher Verlagshaus, gebunden, 19,99 EUR.

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