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Rezensionen zu
Zeit der Ernte

James Lee Burke

Hackberry Holland (1)

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€ 18,00 [D] inkl. MwSt. | € 18,50 [A] | CHF 25,50* (* empf. VK-Preis)

„Vor fast neunzig Jahren, während der Sutton-Taylor-Fehde, versenkte John Wesley Hardin ein Dutzend .44er Kugeln in einem Verandapfosten des Hauses, das ich heute bewohne. Damals lebte hier mein Großvater, Old Hack, dermir später auch die Geschichte von jenem AUfeinandertreffen mit dem Outlaw erzählte: […]“ (Buchbeginn) Alles hat einen Anfang und somit natürlich auch die Geschichte um Hackberry Holland. Zu einer Zeit, als er noch grün hinter den Ohren war, eine Frau hatte und in einer gehobenen Gesellschaft lebte. Gut, letzteres war nur seiner Frau Verisa zu verdanken, die aus eben so einem Haushalt kam und diese Leben liebte. Damals, als der Anwalt noch in die Politik aufsteigen will. Den perfekten Background hat er: Veteran, Anwalt und zudem Sohn eines ehemaligen Kongressabgeordneten. Was will man mehr? Kommt euch das nicht auch ein bisschen spanisch vor? Hackberry Holland. Freiwillig. Ein Politiker. Das wirkt, als würde man ein kleines Kind in einen Anzug stecken, auf ein Podium stellen und sagen: Du bist jetzt Politiker! Mach, was daraus! Dass das nicht in Eigenregie passiert, ist eigentlich klar. Da steckt eindeutig seine Frau und sein Bruder dahinter. So kommt es, wie es kommen muss: Hackberry Holland vernachlässigt seine Promotion Tour und taucht zu wichtigen Terminen nicht oder viel zu spät auf. „Ich bin nicht gerade zum Scherzen aufgelegt, Hack. Mir Entschuldigungen aus den Rippen zu leiern und für dich zu lügen macht mir keinen besonders großen Spaß. […]“ (S.39) Stattdessen widmet er sich mit Leidenschaft der Freilassung für einen alten Armeebekannten ein, der zu Unrecht im Gefängnis sitzt. Als schon alles geregelt zu sein scheint, kommt es zum Eklat: Art Gomez wird im Gefängnis ermordet. Und Hack macht das, was er sowieso am besten kann: Sich seinen Leidenschaften widmen. Whiskey trinken, Frauen lieben und seinen Standpunkt befestigen. Dies sind allerdings auch die besten Voraussetzungen, um alte Dämonen heraufzubeschwören. Seine Zeit als Kriegsgefangener hat ihn sehr geprägt und traumatisiert. Damit wir auch wissen, was damals passiert ist, wird in vielen Rückblenden darüber berichtet. Hautnah erlebt man mit, wie die Gefangenen in Korea auf kleinstem Raum mit wenig Nahrung auskommen mussten. Was passiert, wenn man schweigt und sein Land und deren Landsmänner schützen möchte. Etwas, was man nicht selbst erleben möchte. Auf diesem Wege lernen wir jedoch Hack sehr gut kennen und verstehen seine inneren Stimmen. Einen Nachteil hat dieser Band. Er wurde vom deutschen Verlag erst nach seinen beiden Nachfolgern auf den Markt gebracht. Daher kennt man den Ausgang der Geschichte und wird hier nicht überrascht. Trotzdem unterhält er von der ersten, bis zur letzten Seite. Hack ist ein Mann der Leidenschaften, was man wieder deutlich merkt. Ein Mensch mit rauem Äußeren und dennoch sanften Gemüt, der gelegentlich zum Stier wird, es um Gerechtigkeit geht. Mir gingen die Streitereien hier allerdings gelegentlich auf den Zeiger. Daheim wird nur genörgelt und gemeckert und nach draußen eine falsche Fassade aufrecht erhalten. Da habe ich die Abschnitte der Kriegszeit und Hack’s Ausflüge zu den Mexikanern wesentlich lieber gelesen. In den kommenden Bänden wird sich mehr auf die Gegenwart und einen deutlich gereiften Hackberry konzentriert, was mir persönlich lieber ist. Prädikat: Absolute Pflichtlektüre, diese Geschichten um Hackberry Holland!

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„…Die Erde aber bleibt ewiglich. Sie wurde uns anvertraut, und wir werden sie uns nicht von Demagogen, Hetzern oder Scharlatanen nehmen lassen.“ James Lee Burke Der zwischen 1969 und 1971 entstandene Roman Zeit der Ernte erscheint nach beinahe fünf Jahrzehnten als deutsche Erstausgabe bei Heyne Hardcore. Dieser Roman legt den Grundstein für die Jahre später fortgesetzten Geschichten, die im Gesamtbild eine komplexe Chronik über den fiktiven Holland-Clan darstellen, die dank der geschickten Einflechtung der von Burke erlebten Anekdoten und historischen Begebenheiten sehr authentisch wirkt. Nicht nur die Parallelen zum realen Leben des Autors, sondern auch die zur gesellschaftlichen und politischen Situation der USA, die erschreckenderweise heute noch genauso aktuell wie zu Beginn der 70’er Jahre ist, machen aus seinem noch etwas sprunghaft geschriebenen Frühwerk ein glühendes Plädoyer für die Menschlichkeit. Zeit der Ernte (Originaltitel: Lay down my Sword and Shield, USA 1971) erscheint als der Reihe optisch angepasstes Paperback mit Klappenbroschur bei Heyne Hardcore (384 Seiten, €18,00) in einer Übersetzung aus dem Amerikanischen von Daniel Müller. Im Anhang befindet sich ein im Mai dieses Jahres verfasstes Nachwort des Autors. In kraftvollen, sehr bildhaften Worten zeigt sich der Autor mit seinem seinerzeit dritten Roman Zeit der Ernte als sprachgewaltiger Humanist und Ankläger, der sich schon hier den relevanten sozialen Themen widmete. Für Fans des Schriftstellers eine unverzichtbare und sehr zu empfehlende Lektüre! Christian Funke

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Mit seinem Bruder Bailey betreibt der 35-jährige Kriegsveteran Hackberry Holland nach seiner Rückkehr aus dem Koreakrieg 1967 eine Anwaltspraxis in einer texanischen Kleinstadt, nahe der mexikanischen Grenze. Doch statt Ölbarone wie R.C. Richardson mit ihren unmoralischen Geschäftspraktiken vor dem Gefängnis zu bewahren, würde er sich eigentlich lieber um seine Farm und Pferde kümmern. Stattdessen wird er von dem pflichtbewussten Bailey, seiner standesbewussten Frau Verisa, US-Senator Allen B. Dowling und seinen einflussreichen Freunden aus der Öl- und Rüstungsindustrie dazu gedrängt, ein Amt als Kongressabgeordneter in Washington anzustreben. Schließlich hatte schon sein Vater ein politisches Amt bekleidet, er selbst verfügt über einen heldenhaften Ruf als im Koreakrieg verwundeter US-Navy-Sanitäter, der zweiunddreißig Monate in chinesischer Kriegsgefangenschaft überlebt hat, ohne eines der gefälschten Geständnisse zu unterschreiben, Kameraden anzuschwärzen und zum Feind überzulaufen. Doch dann erhält Hackberry einen Hilferuf seines alten Kriegskameraden Arturo Gomez, der in Pueblo Verde wegen tätlichem Angriff gegen einen Texas Ranger im Gefängnis sitzt und als Gewerkschaftsmitglied schlechte Karten in dem von Rassendiskriminierung und Wirtschaftsinteressen geprägten Grenzstädtchen hat. Mithilfe der attraktiven Gewerkschaftsaktivistin Rie wirbelt Hackberry ordentlich Staub in dem erzkonservativen Flecken auf und bringt dabei sowohl seinen Bruder als auch seine Frau und politischen Fürsprecher gegen sich auf. Trotz aller Widerstände gelingt Hackberry jedoch die Bewilligung des Berufungsantrags, doch dann wird Art plötzlich von zwei Schwarzen im Drogenrausch getötet. Sein vom übermäßigen Jack-Daniel’s-Gebrauch und traumatischen Kriegserinnerungen befeuertes Temperament sorgt für weitere gewalttätige Auseinandersetzungen und Probleme … „Noch nie war ich derart müde gewesen. Ich war körperlich vollkommen entkräftet und fühlte mich, als hätte ich zehn Innings hinter mir und alles Pitches aus meinem Arsenal abgefeuert. In meinem Nacken hatte sich eine mit Flüssigkeit gefüllte Blase gebildet, die von der Verbrennung durch die Zigarrenspitze stammte, und eine längliche Beule, die sich anfühlte wie ein neu gewachsener Knochen, zog sich dort, wo der Junge mich mit dem Holzriegel erwischt hatte, über die Seite meines Schädels.“ (S. 333) Mit „Zeit der Ernte“ liegt endlich der langerwartete erste Teil der Hackberry-Holland-Reihe des aus Louisiana stammenden Schriftstellers James Lee Burke vor. „Lay Down My Sword & Shield“, so der Originaltitel, erschien bereits 1971, wurde aber ein Flop, so dass sich Burke erst einmal mit Gelegenheitsjobs und übermäßigem Alkoholkonsum beschäftigte, ehe er 1987 mit dem Start seiner bis heute erfolgreichen Reihe um den Südstaaten-Sheriff Dave Robicheaux wieder Oberwasser bekam. „Zeit der Ernte“ führt den Leser zurück ins Jahr 1967. Hackberry Holland fungiert als Ich-Erzähler und rekapituliert zunächst in kurzen Zügen die turbulente Familiengeschichte, ehe er demonstriert, wie er sich von seiner Frau Verisa entfremdet hat und stattdessen seine bösen Erinnerungen an den Koreakrieg mit Jack Daniel’s und Prostituierten betäubt. Im späteren Verlauf der Geschichte werden die Erlebnisse in der Kriegsgefangenschaft detailliert aufgearbeitet, bis dahin lassen sich Hackberrys temperamentvolle Entgleisungen nur vage erklären. Eindrucksvoll schildert Burke nicht nur die texanische Vegetation und gesellschaftspolitische Atmosphäre, sondern auch den schwierigen Kampf der armen Feldarbeiter für einen gerechten Lohn, gegen die Rassendiskriminierung, die auch nicht bei den Ordnungshütern Halt macht. Die Erzählung wirkt stellenweise etwas sprunghaft, nicht nur in chronologischer Hinsicht, sondern auch in örtlicher und personeller. In schneller Folge wechselt Hackberry von einem Ort zum anderen, hält hier eine Rede vor seinen potentiellen Wählern und lässt wiederum andere sausen. Szenen einer gescheiterten Ehe wechseln mit romantischen Angelausflügen, die Hackberry mit seiner neuen Flamme Rie unternimmt, kurze Besuche in der eigenen Praxis weichen Auseinandersetzungen mit Texas Rangers, die aggressiv gegen Streikposten vorgehen. Das schadet letztlich dem Spannungsaufbau, doch bei aller Sprunghaftigkeit in der Dramaturgie bleibt das Unbehagen über die geschilderten Ereignisse über den ganzen Roman hinweg bestehen. Es ist erschreckend, wie aktuell die 1971 geschriebene Geschichte heute noch ist, wenn man an die jüngsten Entgleisungen in Charlottesville, Virginia, denkt, wo fackeltragende Neonazis durch die Stadt marschierten, Naziparolen skandierten und ein Auto in eine Menschengruppe raste, wobei drei Menschen getötet wurden – und der US-amerikanische Präsident Trump sich nicht von diesen Extremisten distanzierte. Burke ist sich bewusst, dass seine Romane keine gesellschaftspolitischen Lösungen anbieten, wohl aber welche für das Individuum, wie der Autor in einem aktuellen Nachwort zur deutschen Ausgabe betont. In diesem Sinne ist „Zeit der Ernte“ weniger als klassischer Krimi zu verstehen, sondern eher als Plädoyer für die Menschlichkeit.

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