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Rezensionen zu
Leere Herzen

Juli Zeh

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Juli Zeh lohnt sich immer zu lesen, die Frau ist einfach verdammt klug. In ihrem neuen Roman spürt man deutlich ihren Hang zur Politik und ihren kritischen Blick auf die Gesellschaft. "Leere Herzen" spielt in der nahen Zukunft und manchmal erschien mir der Roman weniger Science Fiction Aspekte zu haben, als mir das lieb war. Die Demokratie gibt es nicht mehr, Angela Merkel ist mit Tränen in den Augen zurückgetreten und die herrschende Partei ist die "Besorgte Bürger Bewegung"(BBB). Britta und ihr Geschäftspartner Babak haben eine Psychotherapeutische Praxis, in der sie Hilfe für suizidgefährdete Menschen anbieten. Die AnwärterInnen werden anhand von Algorithmen ermittelt. Sie durchlaufen ein Programm in dem geprüft wird, ob ihre Suizidalität so stark ausgeprägt ist, dass man sie an Organisationen weitervermitteln kann, die SelbstmordattentäterInnen benötigen. Die PatientInnen haben dann das Gefühl für eine gute Sache gestorben zu sein. Die Organisationen bekommen einen auf Herz und Nieren geprüften Kandidaten und Britta und Babak verdienen ein kleines Vermögen. Wer das Programm nicht durchsteht, wird als geheilt entlassen und ist so glücklich darüber, dass er eine größere Summe spendet. Dieser Handlungsstrang macht das Buch sehr spannend, weil sich herausstellt, dass das Unternehmen Konkurrenz bekommen hat und plötzlich sind Britta und Babak und ihre Firma in Gefahr. Mich hat diese düstere Idee, die die Autorin sich hier ausgedacht hat und in allen Details ausführt, sehr fasziniert. Abseits dieses roten Fadens beschreibt Juli Zeh auf eine provokative Art und Weise die Welt und die Gesellschaft in einer Zukunft ohne Demokratie. Immer wieder tauchen intelligente Anspielungen auf die aktuelle politische Situation und auch konkrete Politiker auf. Ein spannender und unterhaltsamer Politthriller, der mich immer wieder zum Nachdenken angeregt hat.

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PS Ein gutes Buch GmbH (Pocket Shop)

Von: Uta Braun aus Schönefeld

05.12.2017

Dieses Buch ist für mich in (mindestens) diesem Jahr der absolute und unangefochtene Platz 1 – es fehlt nichts, was für mich in ein wirklich gutes Buch gehört – wunderbare Sprache, spannende Story, kritische Gedankenexperimente....... Ich bin restlos begeistert! Danke! Und so ist es wenig verwunderlich, dass unsere letzte Bestellung nur wenige Stunden vorrätig war..... 😉 – Ich freue mich und es macht so viel Spaß, Menschen mit dieser Sucht zu infizieren

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Lange nicht mehr hat mich ein Buch so gespalten zurückgelassen. Auf der einen Seite habe ich mich gut unterhalten gefühlt, auf der anderen kam mir die Handlung manchmal sehr irreal vor. Wieso meine Meinung so gespalten ist, könnt ihr in meiner Rezension erkennen. Inhalt (Klappentext) Sie sind desillusioniert und pragmatisch, und wohl gerade deshalb haben sie sich erfolgreich in der Gesellschaft eingerichtet: Britta Söldner und ihr Geschäftspartner Babak Hamwi. Sie haben sich damit abgefunden, wie die Welt beschaffen ist, und wollen nicht länger verantwortlich sein für das, was schief läuft. Stattdessen haben sie gemeinsam eine kleine Firma aufgezogen, "Die Brücke", die sie beide reich gemacht hat. Was genau hinter der "Brücke" steckt, weiß glücklicherweise niemand so genau. Denn hinter der Fassade ihrer unscheinbaren Büroräume betreiben Britta und Babak ein lukratives Geschäft mit dem Tod. Mein Eindruck: Ich habe mir sehr viel von dem neuen Roman Juli Zehs versprochen, da ich zum einen viel positives über ihre Werke erfahren habe, zum anderen habe ich sie einmal auf der Leipziger Buchmesse gesehen, wo ich sie sehr sympathisch fand. Ich kam auch sehr schnell in die Handlung hinein, weil die Autorin einen sehr flüssigen und für den Leser angenehmen Schreibstil hat. Am Anfang wurde ein großer Spannungsbogen aufgebaut, weil der Leser nur Häppchenweise Informationen über "die Brücke“ geliefert bekommt und daher neugierig ist, um was für ein Unternehmen es sich dabei handelt. Zudem fallen immer wieder kleine Andeutungen über die Regierung und das politische System Deutschlands. Das Buch soll in naher Zukunft ( ich schätze zehn Jahren ) spielen. Die Charaktere waren sehr vielfältig. Zum einen ist da Britta, die gegen Ende immer unsympathisch wird. Sie ist kalt und gefühllos, was man auch an ihrer Beziehung zu ihrer Tochter, die sie viel bei einer Freundin lässt, und ihrem Mann sieht. „Die Brücke“ hat in Brittas Leben höchste Priorität, auch vor ihrer Familie. Dann ist da noch Baback, Brittas Geschäftspartner, der etwas mehr Sympathie erwecken kann. Er ist nicht so arrogant wie Britta und zeigt auch mehr Gefühle. Das befreundete Ehepaar Janina und Knut verkörpert den Wunsch nach einem erfüllten Leben, der in jeder Gesellschaft zu finden ist. Die Idee der „Brücke“ hat mir gut gefallen, da sie außergewöhnlich ist. Ich bin mir zwar bewusst, dass die Autorin provozieren will, doch das Szenario einer solchen Einrichtung konnte ich mir noch vorstellen. Was ich mir nicht vorstellen konnte, ist die politische Lage in die Juli Zeh Deutschland versetzt. Merkel ist abgetreten, da eine autoritäre Bewegung Namens „Besorgte Bürger Bewegung“ mit einer Anführerin namens Regula Dreyer, über die man jedoch kaum was erfährt, an die Macht gekommen ist. Insgesamt habe ich mir mehr Informationen über die Machtergreifung dieser Bewegung gewünscht. Das erste Paradoxon beginnt damit, dass immer wieder von „Innenministerin Wagenknecht“ gesprochen wird. Ob es sich dabei um Sahra Wagenknecht handelt bleibt unklar. Merkels Rücktritt unter Tränen erscheint mir ebenso unrealistisch. Die Randbemerkung, Putin und Trump hätten gemeinsam den Syrienkrieg beendet, konnte ich noch eher nachvollziehen als die vollkommen verrückte These, dass durch den amerikanischen Isolationismus der Nah-Ost-Konflikt gelöst worden sei. Auch das weitgehende Verschwinden von islamistischem Terror, konnte ich mir nicht vorstellen. Die Charaktere, ihre Gründe für den Selbstmord und ihre Beziehungen hingegen wirkten echt und authentisch. Der Gedanke eines „früher war alles besser“, das sich durch die Erinnerungen durch die Protagonistin zieht, hat mir gut gefallen. Wenn man das Buch als Literarsches Werk sieht ist es hervorragend. Guter Stil, tolle Figuren, Sätze, die man in Stein meißeln möchte, Metaphern und vieles mehr. Um dies jedoch genug genießen zu können, muss man die politischen Fehleinschätzungen der Autorin ausblenden. Julia Zeh möchte den Leser provozieren und dazu anregen, sich Gedanken über seinen eigenen Lebensstil zu machen.Das ist ihr gelungen.

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Intelligent und spannend!

Von: forti

27.11.2017

Wer denkt "Juli Zeh - ihre Bücher fand ich ja bisher immer gut" oder auch "Juli Zeh - bisher nur Gutes über sie gehört, vielleicht lese ich mal ihren neuen Roman", dem empfehle ich, "Leere Herzen" zu lesen ohne weiter nach Inhaltsangaben, Rezensionen oder Interviews von Denis Scheck zu suchen. Diese enthalten nämlich alle unweigerlich Spoiler und "Leere Herzen" ist ein Buch, das man meiner Meinung nach auch sehr lohnend lesen kann, ohne vorher viel darüber zu wissen. So viel sei gesagt: Juli Zeh ist die selten glückende Kombination eines spannenden und(!) intelligenten Buches gelungen. Absolute Leseempfehlung! . . . . . . . . . . Sie sind ja immer noch hier und wollen offenbar doch noch mehr über das Buch wissen. Das ist okay! Los geht's! Auf Spoiler kann ich ab hier aber leider nicht verzichten. Juli Zeh setzt die Handlung von "Leere Herzen" in der näheren Zukunft (ca. zweites Viertel des 21. Jahrhunderts) in Deutschland an. Erst auf den zweiten Blick offenbaren sich die Schattenseiten einer oberflächlich friedlich lebenden Gesellschaft. Politikverdrossenheit hat weiter um sich gegriffen und Populisten sind in Deutschland an der Macht. Britta Söldner (in die Namen der Protagonisten kann man so einiges interpretieren) hat mit ihrem Geschäftspartner und guten Freund Babak die "Brücke" gegründet, eine Agentur die Selbstmordkandidaten und radikale Gruppierungen zusammen bringt, sodass der Selbstmord einen Sinn bekommen soll. Britta kann dieses Konzept sich selbst gegenüber als saubere Sache und win-win-Situation verkaufen - unbeteiligte Tote gibt es aber auch hierbei weiterhin und vielleicht auch deshalb arbeitet sie in einer Grauzone und selbst der Ehemann und die beste Freundin wissen nicht, was sie genau macht. Während im Leser die Frage aufkommt, wie Britta und Babak vom Staat und anderen Institutionen unbemerkt agieren können, passiert es auch schon: die Brücke gerät unter Druck. Erst langsam klärt sich, wer hier eigentlich was und warum beabsichtigt. Britta und ihre Freundin spielen im Buch mehrmals das "was wäre wenn"-Spiel. Auch der Leser kommt nicht umhin hier mitspielen und sich selbst Fragen zu stellen - über die eigene Moral und das eigene Handeln. Wohin steuern Deutschland und die Welt? Welche Rolle spiele ich dabei? Würde ich mich am Ende so entscheiden wie Britta? Meine liebste Frage: Wenn du auf deine Waschmaschine oder dein Wahlrecht verzichten müsstest- wie entscheidest du dich? Ein wichtiges, aktuelles, hochpolitisches Buch, das gleichzeitig auch spannend ist - ich wollte es garnicht mehr aus der Hand legen.

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Eine düstere Zukunftsvision

Von: milkysilvermoon

26.11.2017

Braunschweig im Jahr 2025: Die Besorgte-Bürger-Bewegung hat die Wahlen gewonnen und beschließt ein Effizienzpaket nach dem anderen, das zulasten der Grundrechte geht. Das Bedingungslose Grundeinkommen wurde eingeführt. Viele haben sich mit den Umständen abgefunden und den Glauben an eine bessere Zukunft verloren. So auch Britta Söldner und ihr Geschäftspartner Babak Hamwi, beide desillusioniert und pragmatisch. In der Zeit der Perspektivenlosigkeit haben die beiden gemeinsam eine kleine Firma, „Die Brücke“, aufgebaut, die sie unter dem Deckmantel einer Heilpraxis betreiben. In Wahrheit floriert in den unscheinbaren Büroräumen aber das Geschäft mit dem Tod. Alles läuft gut, bis unliebsame Konkurrenz auftaucht. Britta und Babak setzen alles daran, die unbekannten Trittbrettfahrer skrupellos auszuschalten… Juli Zehs dystopischer Roman „Leere Herzen“ ist Polit- und Psychothriller zugleich. Meine Meinung: Erzählt wird die Geschichte in 29 Kapiteln, deren Länge ich als angenehm empfunden habe. Sprachlich konnte mich der Roman absolut überzeugen. Der flüssige Schreibstil wirkt zunächst einfach und nüchtern, ist aber auf den zweiten Blick wesentlich detailreicher und raffinierter. Schon ab dem ersten Kapitel war die Neugier auf die Geschichte geweckt und Spannung erzeugt, die dafür gesorgt hat, dass ich das Buch kaum zur Seite legen konnte. Das Bild, das von der nicht allzu ferner Zukunft gezeichnet wird, ist provokant und etwas überspitzt, aber grundsätzlich durchaus vorstellbar. Dabei geht es um heute schon aktuelle Themen. Immer wieder kommt die Kritik an der Gesellschaft und deren Politikverdrossenheit durch. Dadurch ist der Roman mehr als nur bloße Unterhaltung. Er hat mich sowohl zum Nachdenken angeregt als auch schockiert. Einen Spiegel will uns die Autorin vorhalten, denn schon ganz am Anfang heißt es: „Da. So seid ihr.“ Mit Britta dreht sich die Geschichte um eine interessante Hauptprotagonistin. Authentisch und facettenreich werden auch die Personen der Geschichte beschrieben. Dargestellt wird eine Generation, deren Herzen leer sind und die ihre Überzeugungen verloren. Sie gibt dem Roman den treffenden, ansprechenden Titel. Inhaltlich passend dazu ist auch das reduzierte Cover, das ich sehr gelungen finde. Mein Fazit: Mit „Leere Herzen“ ist Juli Zeh in mehrfacher Hinsicht ein sehr lesenswerter Roman gelungen, der mich absolut überzeugen konnte.

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Auf geschickte Weise verknüpft Juli Zeh ihre gesellschaftskritische, dystopische Zukunftsvision von Deutschland mit einem spannenden Polit-Thriller. Sie schreibt gewohnt schnörkel- und schonungslos, beleuchtet all die Makel und Fehler ihrer Figuren detailiert. Die Sprache ist schlicht und direkt, reich an Dialogen und im Vergleich zu beispielsweise Corpus Delicti oder Schilf arm an rhetorischen Mitteln – was jedoch zum hohen Tempo des Romanes beiträgt und die Vereinfachung politischer und gesellschaftlicher Zusammenhänge durch die BBB unterstreicht. Ihre Charaktere erscheinen nahbar und realistisch, ihre Handlungen nachvollziehbar. Und so gelingt es, Personen verletzlich erscheinen zu lassen, ohne sie zu romantisieren. Die Gesellschaft, die Juli Zeh entwickelt, ist unserer so nah und doch so fern. In einigen Teilen erinnert sie an Michel Houellebecqs Unterwerfung, in anderen an Forderungen von AfD und PEGIDA. Es ist illusorisch zu glauben, wir seien vor einer derartigen Entwicklung gefeit. Und das Ende der Sondierungsgespräche sowie die Möglichkeit von Neuwahlen haben zusätzlich dazu beigetragen, dieser düsteren Vision eine erschreckende Glaubhaftigkeit zu verleihen. Es scheint nicht ausgeschlossen, dass sich Deutschland auf genau diesem Weg befindet, den Juli Zeh gezeichnet hat. Und diese Tatsache macht den Reiz und die Schaurigkeit von Leere Herzen aus. Es ist das alte Spiel: Wie wichtig ist die Freiheit? Können wir in einer so übersättigten Zeit wie der unseren Freiheit überhaupt noch wertschätzen? Und wieviel Freiheit ist man bereit, für ein Mehr an Sicherheit aufzugeben? All das sind Fragen, die Politik und Philosophie seit jeher beschäftigen. Sie sind zentral für die Ausgestaltung des Gemeinwesens. Alexis de Tocqueville warnte bereits vor über zweihundert Jahren vor der Anfälligkeit der Demokratie, er misstraute der Masse, befürchtete, sie würde die Freiheit im Tausch für mehr Gleichheit oder mehr Sicherheit zu schnell abgeben. In Leere Herzen spricht Britta von einer Umfrage, „die Leute wurden gefragt, was sie tun würden, wenn sie sich zwischen dem Wahlrecht und ihrer Waschmaschine entscheiden müssten. […] Siebenundsechzig Prozent wählten die Waschmaschine. Fünfzehn Prozent waren unentschieden“ (S. 205). Diese apolitische, desinteressierte, passive Haltung ist charakteristisch für dieses Deutschland 2025. Die Menschen sind leer von Prinzipien und voll von Zynismus. In der Bevölkerung machen sich Politikverdrossenheit und Lethargie breit. Zwar ist es einerseits spannend und faszinierend, von einer Welt zu lesen, in welcher Politikverdrossenheit en vogue ist und politische Teilhabe ihren intrinsischen Wert verloren hat. Andererseits ist aber unglaublich erschreckend, weil sich all diese Gedankenspiele so nah an unserer Realität entlanghangeln. Denn wenn ich beispielsweise an meinen erweiterten Familien- und Freundeskreis denke, bin ich mir auf einmal gar nicht mehr so sicher, wer sich tatsächlich zugunsten des Wahlrechtes gegen eine eigene Waschmaschine entscheiden würde. Juli Zeh gelingt ein leidenschaftlicher Appell für Teilhabe, für demokratische Prinzipien, für Sinnsuche und Lebensfreude. Mittlerweile ist bekannt, wie zerbrechlich die Demokratie ist. Dieser Gedanke dominiert das von Juli Zeh erschaffene Deutschland 2025; der Leser wird Zeuge, wie der demokratische Staat schrittweise unterwandert und ausgehöhlt wird, ohne dass sich größerer Widerstand zu regen scheint. Beinahe wirkt es, als wolle Juli Zeh warnen und wachrütteln, und verpackt dies in die Geschichte von Britta und Babak, die sich im mittelgroßen, mittelmäßigen Braunschweig so durchwurschteln wollen, unter dem Radar fliegen und ja nicht auffallen, sich mit dem System arrangieren und glauben, irgendwie doch etwas Gutes zu tun. Vielleicht ist Leere Herzen ein Roman gewordener Aufruf zum Schutz der Demokratie – das Leseerlebnis stört dies, meines Erachtens nach, allerdings nicht. In vielen Punkten entspricht Leere Herzen genau meinem Geschmack: dystopische Gesellschaftskritik mit aktuellem Bezug wird mit einem fesselnden Polit-Thriller verknüpft. Das Erzähltempo ist hoch, das Buch kurzweilig, durchweg spannend und schnell zu lesen. Freilich entwirft Juli Zeh keine neue Welt und betritt auch keinen neuen Pfad, und dennoch stimmt ihr Thriller Leere Herzen nachdenklich und bietet reichlich Stoff zum Hinterfragen – es ist die Art von Buch, die einem auch nach dem Lesen noch lange durch den Kopf spukt. Ich habe das Buch sehr gerne gelesen und kann es nur wärmstens weiterempfehlen!

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Von leeren Herzen und einer veränderten Welt… Deutschland, einige Jahre in der Zukunft: Die Freunde und Geschäftspartner Britta Söldner und Babak Hamwi haben sich schon lange damit abgefunden, dass sich die Welt stark verändert hat, vorallem im politischen Bereich. Sie wollen nicht mehr für das verantwortlich sein, was schief läuft. So haben sie vor einiger Zeit ein Unternehmen namens „Die Brücke“ gegründet und sind damit sehr erfolgreich. Nach außen hin als Heilpraxis für Psychotherapie getarnt, verbirgt sich jedoch etwas ganz anderes hinter den unscheinbaren Büroräumen – ein Geschäft mit dem Tod. Doch plötzlich taucht unliebsame Konkurrenz auf. Britta versucht sofort, diese aufzuspüren und zu verdrängen. Doch alles läuft anders: Merkwürdiges geht vor, sie fühlt sich plötzlich verfolgt. Noch ahnt Britta nicht, dass sie mit ihren Plänen nicht nur ihr Unternehmen, sondern auch ihr Leben und das von Babak aufs Spiel setzt… „Sie blickten sich mit derart unterschiedlichem Ausdruck an, Hatz freundlich und erwartungsvoll, Britta schwankend zwischen Angst und Wut, dass es ein Wunder ist, dass sie einander überhaupt sehen können.“ – Seite 100, eBook Nachdem mir der außergewöhnliche Roman „Unterleuten“ von Juli Zeh schon so gut gefallen hatte, war ich dementsprechend gespannt auf ihr neuestes Werk – und dieses hat wieder einiges vereint: Zum einen ein spannender Polit-Thriller, zum anderen aber auch ein gesellschaftskritischer Roman mit beunruhigenden Zukunftsvisionen. Der Roman liest sich sehr gut – zuerst lernt man die Hauptfigur Britta kennen – wie sie zusammen mit ihrer Familie lebt, wie sie denkt und wie sie ihren Geschäftspartner Babak kennen gelernt hat. Und dann erfährt man natürlich, was sich genau hinter dem Unternehmen „Die Brücke“ verbirgt und womit die beiden ihr Geld verdienen – dieses ist ziemlich überraschend, sehr erschreckend und überhaupt nicht vorhersehbar. Und dann taucht auch noch unerwartet Konkurrenz auf, die vernichtet werden muss… Die Handlung spielt einige Jahre in der Zukunft und gibt einen eher unheimlichen Ausblick dahin – die Autorin hat ein eher beängstigendes Szenario mit verschiedenen Situationen und Geschehnissen detailliert dargestellt – wahrscheinlich liest sich dieses Buch deshalb so spannend wie ein Thriller. Gerade dieses absolut außergewöhnliche ist ihr wieder sehr gut gelungen. Jedoch bleiben hier trotz gutem Schreibstil meiner Meinung nach die einzelnen Charaktere etwas auf der Strecke. Auch wenn man Britta zu Anfang gut kennen lernt, bleiben die anderen Figuren eher blass – hier hätte ich mir etwas mehr Tiefe gewünscht. Das Cover gefällt mir mit seiner Schlichtheit sehr gut – was sich hinter dem Titel und den Punkten verbirgt, bleibt daher erstmal ein Geheimnis – doch mehr darüber erfährt man im Laufe des Romans. Sehr gut gemacht. „Babak ist aufgestanden und schaut aus dem Fenster, wo die Laternen der Fußgängerzone die Nacht beim Dunkelsein stören.“ – Seite 159. eBook Mein Fazit: Ein Buch, das mit einer sehr außergewöhnlichen Handlung und einem wirklich guten Schreibstil überzeugt. Spannend wie ein Thriller mit erschreckenden Entwicklungen, gleichzeitig aber auch ein gesellschaftskritischer Roman mit einer eher düsteren Zukunftsvision und einem „Was wäre wenn“ -Szenario, was unheimlich interessant zu lesen ist. Nur bei den Charakteren hätte ich mir etas mehr Tiefe gewünscht. Ansonsten kann ich dieses Buch aber empfehlen – es ist wirklich überraschend!

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In Leere Herzen von Juli Zeh ist die Demokratie in Deutschland passé. Die „Besorgte-Bürger-Bewegung“ regiert das Land, die EU zerfällt, die Nato ebenfalls. Eine Zeit, in der das Unternehmen von Britta und ihrem Geschäftspartner Babak floriert. Es trägt den harmlosen Namen „Die Brücke“, scheint an Misanthropie und Perversion jedoch schwerlich zu überbieten zu sein: Das Projekt macht aus dem internationalen Terrorismus und seinen »amokartigen Aktionen« eine buchbare Dienstleistung. Per App, mit Hilfe eines Algorithmus‘, werden geeignete (sprich selbstmordgefährdete) Anwärter rekrutiert. Gezielte Auswahl, gezieltes Training, garantierter Erfolg. Mit diesem Geschäftsmodell – aus dem Zeh in Leere Herzen über weite Strecken ein Geheimnis macht – lässt sich gutes Geld verdienen. Full Hands Empty Hearts // It’s a Suicide World Britta führt ein gut funktionierendes Doppelleben. Nicht einmal ihr eigener Ehemann weiß, womit sie tatsächlich den Lebensunterhalt für sich und die gemeinsame Tochter verdient. Doch dann geschieht ein stümperhaftes Attentat, eine zwielichtige Figur taucht auf und Brittas Welt(bild) gerät ins Wanken. Juli Zeh zeichnet mit klarer, schnörkelloser Sprache das Bild eines dystopisches Deutschlands und im weiteren Sinne einer dystopischen Welt. Die leichte, wenig kunstvolle Sprache, die Zeh für Leere Herzen gewählt hat, verdoppelt das tiefgreifende Unbehagen, das den Leser zwangsläufig bei der Lektüre befällt. In einer vom rechten Populismus durchdrungenen Welt, in der Abgrenzung und Hass mehr als alles andere regieren, ist für Wortverliebtheit als bedeutender Teil der menschlichen Kultur kein Raum. Dem Roman vorangestellt sind die fett gedruckten Worte: Da. So seid ihr. Schaut hin, erkennt euch! Die Lektüre als Blick in den Spiegel? Sind wir so? So gleichgültig? So skrupellos? So manipulierbar? Und letztlich auch so leer im Herzen? Zehs Roman bewegt sich irgendwo zwischen Dystopie, Polit- und Psychothriller. Was ich an Juli Zehs Romanen schätze, ist ihr klarer, unverstellter Blick auf die Dinge und die Scharfsichtigkeit, mit der sie die Welt betrachtet. Eine Agentur, die potenzielle Selbstmordattentäter rekrutiert und vermittelt? Wie abwegig ist dieser Gedanke wirklich? Eine Regierung, die ihre Bürger um immer mehr Rechte bringt? Wie weit sind wir davon entfernt? Letztendlich ist Juli Zehs Roman ein leidenschaftliches Plädoyer für Freiheit und Vielfalt und gegen Nationalismus. Lesenswert!

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