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Rezensionen zu
Was vom Tage übrig blieb

Kazuo Ishiguro

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Mr. Stevens arbeitet seit 30 Jahren als Butler auf Darlington Hall. Er ordnet sein gesamtes Leben seinem Beruf unter, selbst was seine eigenen Gefühlen angeht. Stevens ist ein ergebener Diener der seit vielen Jahren dem adeligen Hausherrn gedient hat und nun steht er im Dienst des neuen amerikanischen Besitzers Mr. Farraday. Sevens soll die ehemalige Hausdame Mrs. Kenton finden, da es schwierig geworden ist, Personal zu finden. Er soll sie nach Darlington Hall zurückholen. Auf seiner Reise erinnert er sich an die vergangenen Dienstjahre, wie er sich in Situationen gegenüber seinem Vater, der Hausdame oder dem Hausherrn Lord Darlington verhalten hat. Er denkt über seinen Beruf nach und lässt Ereignisse Revue passieren. In seiner Pflichterfüllung spührt man eine gewisse Kälte anderen gegenüber, sogar als sein Vater stirbt, der sich, selbst Diener gewesen, auch immer sehr gefühlskalt gegenüber seinem Sohn gezeigt hat. Stevens Senior gibt endlich seinen Gefühlen Ausdruck, doch sein Sohn kann darauf nicht reagieren, antwortet immer wieder dasselbe.... Das Buch ist mit Antony Hopkins und Emma Thompson verfilmt worden und bringt die Atmosphäre des Romans perfekt zur Geltung. Der Film ist ebenso traurig und man hofft immer, dass es irgendwann noch ein Happy-End für Stevens und Mrs. Kento geben könnte, aber eine Liebesgeschichte sucht man vergebens. Natürlich ist das Buch viel besser als der Film, aber zu diesem Schluss bin ich bisher immer gelangt, wenn ich erst den Film sah und dann das Buch gelesen habe!

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Bilanz eines Butlerlebens

Von: Barbara62

21.02.2018

Vieles hat sich seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges im Leben des altgedienten Butlers Stevens auf dem englischen Landsitz Darlington Hall verändert. Auf Lord Darlington, dessen Familie über 200 Jahre im Besitz des Gutes war, ist ein amerikanischer Eigentümer gefolgt. Neuartige Pflichten, ein leichterer Umgangston und ein auf ein Minimum reduzierter Stab von Bediensteten stellen völlig neue Anforderungen an ihn, denen er sich als Mensch mit einer natürlichen Abneigung gegen Veränderungen nur schwer gewachsen fühlt. Im Juli 1956 schlägt sein neuer Arbeitgeber ihm vor, während seiner Abwesenheit eine kleine Reise zu unternehmen, und gestattet ihm sogar die Nutzung seines Automobils. Nach längerem Zögern nimmt Stevens an und beschließt, die in den 1930er-Jahren als Haushälterin in Darlington Hall beschäftigte Miss Kenton in Cornwall zu besuchen und eventuell zu einer Rückkehr zu bewegen. Die sechstägige Reise ohne dienstliche Verpflichtungen gibt ihm die Zeit, über sein Leben, verpasste Gelegenheiten, seinen Stolz auf die geleistete Arbeit in einem vornehmen Haus, in dem die Großen ein und ausgingen und er der Narbe am Rad der Geschichte oft sehr nahe kam, aber auch über seine bedingungslose Loyalität zu einem Dienstherrn, der auf zweifelhafte Weise in die Politik zwischen den Weltkriegen verstrickt und nach 1945 ein gebrochener Mann war, nachzudenken. Und immer wieder beschäftigen ihn auch seine beiden Lieblingsthemen: die Würde des Butlers und die Frage, wann ein Butler ein Großer seines Fachs ist. Gert Heidenreich ist für mich einer der besten deutschen Hörbuchsprecher, so auch bei dieser glücklicherweise ungekürzten Lesung von Kazuo Ishiguros Roman „Was vom Tage übrig blieb“ mit etwa zehn Stunden auf acht CDs, in denen er dem Butler seine Stimme leiht. Vor allem bei den Dialogen zeigt er sein großes Können, aber auch bei den ungewollt komischen Szenen des Berichts. Obwohl der Funke bei mir noch nicht von Beginn an übergesprungen ist, denn ich musste mich an die äußerst umständliche, verlangsamte Denk- und Erzählweise von Stevens erst gewöhnen, hat mich die Tragik seines verpassten Lebens und der bedingungslosen Unterordnung immer mehr gepackt. Mehrfach musste ich an Mr. Carson, den Butler auf Downton Abbey, denken, der wohl ähnlich empfand und formulierte wie Stevens, aber eine ungleich leichtere Aufgabe hatte. Beide verkörpern für mich den englischen Butler schlechthin, loyal bis zur Selbstaufgabe. Kazuo Ishiguro, geboren 1954 in Nagasaki und britischer Schriftsteller japanischer Herkunft, hat 2017 den Literaturnobelpreis unter anderem für diesen außergewöhnlichen Roman erhalten, der 1989 bereits mit dem Booker Prize ausgezeichnet wurde. Wer Spaß an den feinen Nuancen der Sprache, Sinn für das britische Lebensgefühl und ein bisschen Ausdauer hat, wird dieses Hörbuch garantiert mögen.

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Stevens dienst seit Jahren als treuer Butler auf Darlington Hall. So sorgt er dort für einen tadellosen Haushalt und ist die Verschwiegenheit in Person, die Vorgänge im Haus, mögen sie noch so verwunderlich sein, kümmern ihn anderen Personen gegenüber nicht, hat er sich doch voll und ganz in den Dienst seines Herrn gestellt. Als dieser dann verstorben ist und ein Amerikaner einzieht, muss er die Geschicke des Hauses anders lenken und hat auf einmal ein paar freie Tage zur Verfügung, die er unterwegs verbringt. Eine ungewohnte Welt für ihn, aus der er nun ausbricht und dabei die ehemalige Kollegin, Miss Kenton, in Cornwall besucht. Dabei hat man immer wieder Einblicke in sein Denken, außerdem schwelgt er auch immer wieder in der Vergangenheit. Die Geschichte von „Was vom Tage übrig bleibt“ wurde ja mit dem Literaturnobelpreis im Jahr 2017 ausgezeichnet, also war ich hier besonders gespannt auf das Hörbuch. Das Hörbuch wird von Gert Heidenreich gelesen und umfasst gesamt 8 CDs, über zehn Stunden Hörvergnügen – ordentlich also. Den Sprecher finde ich mit Gert Heidenreich, der mir bislang nicht bekannt war, sehr gut gewählt. Er spricht dies sehr gut und man kann ihn sich direkt als Butler Stevens vorstellen, auch wenn er die verschiedenen Aussagen immer wieder unterschiedlich betont. So stellt man sich einen sehr korrekten und immer tadellos agierenden Butler in den 1930-1950er Jahren durchaus vor, finde ich. Hier hat die Geschichte für mich also wirklich einen sehr guten Sprecher gefunden. Die Geschichte an und für sich würde ich als eher schwerere Kost erachten, so schildert Stevens natürlich von seiner Tätigkeit als Butler und all den Aufeinandertreffen mit den unterschiedlichsten Menschen. Auch von der Art und Weise wie es sich zur damaligen Zeit verhalten hat erzählt er einiges, diese Schilderungen sind zwar sehr interessant, waren aber auch immer wieder recht langatmig. Wie er all das erzählt hat seinen ganz eigenen Charme, auch ist es interessant zu hören, wie naiv er an manche Sachen heran geht, das aber selbst überhaupt nicht merkt, sondern als korrektes Verhalten ansieht. Man merkt auch, dass Stevens nicht unbedingt ein großartiger Gefühlsmensch ist, ihn lassen die Dinge immer wieder eher kalt, Hauptsache er erledigt seine Arbeit stets zur Zufriedenheit seines Herrn (und somit auch zu seiner eigenen). Alles in allem war es mal eine ganz andere Geschichte, die ich hier gehört habe. Beim Lesen hätte ich wohl irgendwann aufgehört, weil die Geschichte mehr so vor sich hin plätschert, auch so habe ich das Hörbuch ein wenig eintönig empfunden. Ich wurde zwar durchaus gut unterhalten, da aber wenig Gefühlsausbrüche enthalten sind, es mehr oder weniger eine monotone Erzählung ist, bin ich nicht vollends begeistert davon. Denn auch die Spannung im Buch wird nicht so groß aufgebaut, wie man es vielleicht hätte machen können, meiner Ansicht nach wäre da noch mehr drin gewesen. So erzählt Stevens eben immer von den verschiedensten Ereignissen in der Vergangenheit, was mir manchmal ein wenig wirr vor kam. Entsprechend vergebe ich hier 3 von 5 Sternen und bleibe hinsichtlich einer Empfehlung unentschlossen.

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„Literaturwerkstatt- kreativ“ stellt vor: „Was vom Tage übrig blieb“ (Hörbuch) von Kazuo Ishiguro Kazuo Ishiguro erzählt uns die Geschichte des alternden Butlers Stevens. Dieser ist seit dreißig Jahren auf Darlington Hall beschäftigt, einem der vornehmsten Häuser Englands und Lord Darlington ist sein Dienstherr. Stevens verkörpert genau das was von einem Butler erwartet wird. Ergebenheit, uneingeschränkte Loyalität, Selbstbeherrschung und vor allem Würde. Nach dem Tod von Lord Darlington erwirbt der Amerikaner Mr. Farrady, den Landsitz und übernimmt Stevens gleich mit. Die unkonventionelle, amerikanische Art seines neuen Dienstherrn verwirrt Stevens, vor allem als dieser ihm anbietet Urlaub zu machen und dafür sogar sein Auto zur Verfügung stellt. Stevens nimmt das Angebot letztendlich an, da er zeitgleich einen Brief von Miss. Kenton erhalten hat, einer früheren Haushälterin von Darlington Hall. Sie ist unglücklich verheiratet und er hofft sie bewegen zu können nach Darlington Hall zurück zu kommen. Auf dieser Reise, die sechs Tage dauert, lässt Stevens sein Leben noch einmal wie einen Film an sich vorbei ziehen. Vor allem die lebhaften Auseinandersetzungen mit Miss Kenton kommen ihm wieder in den Kopf, aber auch ihre gemeinsamen Kakao-Abende. Er denkt aber auch über seinen Vater nach, der auch Butter war, aber einer anderen Zeit angehörte. Und er denkt über Lord Darlington nach und seiner uneingeschränkten Loyalität ihm gegenüber. Fazit: Kazuo Ishiguro hat im letzten Jahr den Literaturnobelpreis erhalten und dies habe ich zum Anlass genommen mich mit seiner Literatur zu beschäftigen. Meine Wahl fiel auf das Hörbuch „Was vom Tage übrig blieb“. Gert Heidenreich hat dieses Buch mit seiner sehr angenehmen Stimme wunderbar gelesen und vor allem Stevens hervorragend interpretiert. Ishiguro hat uns durch Butler Stevens an einem kleinen Diskurs der Europäischen Sozialgeschichte des 20. Jahrhunderts teilhaben lassen. Er hat uns mit dem Berufsfeld eines Butlers vertraut gemacht, vor allem aber aufgezeigt, wie Stevens seine eigenen Bedürfnisse – fast schon bis zur Selbstaufgabe – für seinen Herrn zurückstellt. Für mich, wie wohl für die meisten, ist diese unbedingte Loyalität und Selbstaufgabe kaum noch nachvollziehbar und wie aus dem Jahrhundert gefallen. Trotzdem war es interessant in diese mir völlig andere Welt einzutauchen und den Gedankengängen von Stevens zu folgen. Ishiguro besticht mit seiner herrlich wortgewandten und bildhaften Sprache und ihm gelingt es hervorragend, die Zeitepoche in der der Roman spielt, mit ein zu beziehen. Auch die Hauptcharaktere Stevens und Mrs. Kenton hat der Autor so filigran skizziert, das ich deren andauernden amüsanten Fehden bildhaft und lebendig vor Augen hatte. Auch wurde ich durch diesen Roman in meine Kindheit zurückversetzt und mir war die Serie „Das Haus am Eaton Place“ auf einmal wieder sehr präsent. Vor allem dieser Butler kam mir in den Sinn, der genauso steif war wie Stevens. Der Roman wurde bereits mit Anthony Hopkins und Emma Thompson verfilmt. Und falls ich Euch neugierig gemacht mache, habt ihr jetzt die Wahl zischen Buch, Hörbuch oder Film. Ich kann „Was vom Tage übrig blieb“ auf jeden Fall empfehlen, jedoch muss man sich schon ein wenig in eine (fast) Viktorianische Zeit hineinversetzen können. Besten Dank an den Random House Audio Verlag für das Rezensionsexemplar.

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"Was haben wir schließlich davon, wenn wir ständig zurückblicken und uns Vorwürfe machen, weil aus unserem Leben nicht das geworden ist, was wir uns vielleicht einmal vorgestellt hatten?" Mr. Stevens dient schon viele Jahre als Butler auf Darlington Hall, und obwohl der Besitzer des Herrensitzes nach dem Tod Lord Darlingtons gewechselt hat, ist Stevens geblieben - als würde er zum Inventar gehören. Als Stevens neuer Dienstherr, der Amerikaner Mr. Farraday, für mehrere Wochen in die USA reisen möchte, bietet er Stevens an, dass dieser sich seinen Wagen leihen und damit durch England fahren könne. Stevens nimmt das Angebot an und verbindet die mehrtägige Reise zudem mit einem Besuch bei Miss Kenton (nun Mrs. Benn), die auch für Lord Darlington gearbeitet hatte, dann aber geheiratet hat und aus Oxfordshire weggezogen ist. Da das Personal in Darlington Hall zu knapp besetzt ist, möchte Stevens Miss Kenton fragen, ob sie wieder in die Dienste im Herrenhaus eintreten möchte. Auf seiner Reise resümiert Stevens über sein Leben, seine Dienstjahre in Darlington Hall, seinen alten und seinen neuen Dienstherren, seinen Vater und die Ereignisse der letzten Jahrzehnte. ‚Was vom Tage übrig blieb‘ war meine erste Begegnung mit dem diesjährigen Literaturnobelpreisträger Kazuo Ishiguro, und nach dem Hörbuch bin ich mir immer noch nicht ganz sicher, was ich von Ishiguro halten soll, denn wirklich gepackt hat mich die Geschichte nicht, aber die Protagonisten waren so exzellent charakterisiert, dass ich regelrecht Gefühle für sie entwickelt habe, obgleich diese nur negativer Art waren. Ich empfand wirklich alle Personen im Roman als sehr unangenehm: den submissiven Stevens, die bisweilen distanzlose Miss Kenton, den antisemitischen Lord Darlington usw. Bisweilen hat mich das Hörbuch regelrecht wütend gemacht, weil ich die Figuren so anstrengend fand - bis ich mir klar gemacht habe, wie gelungen ihre Charakterisierung ist, wenn so etwas beim Hören/Lesen passiert. Auch die Einblicke in das Leben eines Butlers und auf einem Herrensitz sowie die historischen Begebenheiten, die im Roman immer wieder erwähnt werden, haben mir gefallen, obwohl ich die angerissenen philosophischen Themen und die sehr detailreich beschriebenen Eigenheiten des Butlerdaseins bisweilen allzu ausschweifend und geradezu schwafelig fand. Das Hörbuch wird sehr angenehm von Gert Heidenreich gelesen, der dem Roman angesichts der Epoche, in dem er spielt, und des adeligen bzw. wohlhabenden Umfeldes die passende Würde verleiht, obwohl ich es als störend empfand, dass der Sprecher durchweg ‚Cornwall‘ falsch ausspricht. Nach dem Hörbuch ‚Was vom Tage übrig blieb‘ reizen mich andere Romane Ishiguros eher nicht, obwohl mir der Roman stellenweise gut gefallen hat. Kazuo Ishiguro: Was vom Tage übrig blieb. Aus dem Englischen von Hermann Stiehl. Ungekürzte Lesung mit Gert Heidenreich. Random House Audio, 2017; 20 Euro.

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Der Preisträger des Literaturnobelpreises 2017 ist der in Japan geborene britische Autor Kauz Ishiguro. Sein bekanntestes Werk ist der 1989 mit dem Man Booker Preis ausgezeichnete Roman Was vom Tag übrig blieb. Darin macht sich Stevens, Butler in einem der größten und vornehmsten Häuser Englands, 1956 auf eine mehrtätige Reise nach Cornwall, um Miss Kenton, die ehemalige Haushälterin, zu bitten, auf Darlington Hall zurückzukehren. Die Taschenbuchausgabe der deutschen Übersetzung verspricht "Die bittersüße Liebesgeschichte zweier Bediensteter in einem englischen Herrenhaus", und der Roman erfüllt dieses Versprechen. Während Stevens im eleganten Ford seines neuen amerikanischen Dienstgebers durch die englische Landschaft fährt, erinnert er sich an mehrere Episoden aus der gemeinsamen Arbeit mit Miss Kenton, von der ersten Begegnung bis zu ihrem Abschied. Die Schilderungen lassen keinen Zweifel daran, dass die junge Frau bis über beide Ohren in ihren Kollegen verliebt war und innerhalb des strengen Verhaltenskodex ihres Berufsstandes nichts unversucht gelassen hatte, ihn aus der Reserve zu locken. Stevens‘ Schilderungen geben aber auch Aufschluss darüber, wieso Miss Kentons Bemühungen chancenlos bleiben mussten. Ishiguro gelingt das Kunststück, seinen Protagonisten alles Entscheidende erzählen zu lassen, und gleichzeitig klar zu machen, dass dieser nichts verstanden hat, und das hat die Geschichte für mich so berührend gemacht: Ich habe nachvollziehen können, welche inneren Zwänge Stevens dazu bewegen, sich wie ein Scheusal zu benehmen. Was vom Tag übrig blieb ist aber nicht nur eine Liebesgeschichte mit ungewissem Ausgang, in dem Roman ist mir auch ein hochpolitisches Thema wieder begegnet: Großbritanniens sogenannte Appeasement-Politik gegenüber dem Dritten Reich. Der von Stevens mit bedingungsloser Loyalität verehrte und umsorgte Lord Darlington ist zwar eine fiktive Person, aber bei den Gästen, die sich auf Darlington Hall einfinden, handelt es sich um reale Persönlichkeiten: im März 1923 treffen sich hochrangige europäische und amerikanische Diplomaten und Politiker, um darüber zu beraten, wie man die Folgen des Friedensvertrags von Versailles für die Deutschen abmildern könnte, Anfang der 1930er-Jahre ist Sir Oswald Mosley, Chef der Union britischer Faschisten, zu Gast, und 1936 trifft der Konservative „Lord Halifax“ (Viscount Halifax war ab 1938 britischer Außenminister) auf „Herrn von Ribbentrop“ (so hieß Hitlers Außenminister). Für Butler Stevens handelt Darlington als Gentleman, als er sich um gute Beziehungen zwischen Großbritannien und Nazideutschland bemüht, und als er von seinem Dienstgeber den Auftrag erhält, zwei jüdische Dienstmädchen allein wegen ihrer Religion zu entlassen, tut er das, ohne mit der Wimper zu zucken, schließlich gehe es darum, dafür zu sorgen, dass die Gäste nicht irritiert werden, und so einen Beitrag zum höheren Ziel der Friedenssicherung zu leisten. Auch hier gelingt es dem Autor, Stevens in schonungsloser Aufrichtigkeit alle Fakten auf den Tisch legen zu lassen und ihn gleichzeitig als blind gegenüber der Realität zu zeigen. Meine Meinung: Eine ohne Pathos und Kitsch erzählte Liebesgeschichte, glaubwürdige Charaktere und ein realistisches Setting. Gesellschaftskritik auf Basis historischer Fakten und ohne ideologische Schlagseite. Die Geschichte bleibt ganz ohne dramatische Wendungen bis zum Schluss spannend und hat mich keine Sekunde gelangweilt. Gute Übersetzung. Kazuo Ishiguro, Was vom Tage übrig blieb. Aus dem Englischen von Hermann Stiehl. Wilhelm Heyne Verlag München, 2016. 288 Seiten. Ich danke dem Heyne Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.

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