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Rezensionen zu
Meinen Hass bekommt ihr nicht

Antoine Leiris

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Antoine Leiris – Jahrgang 1981 – war Kulturredakteur bei den französischen Radiosendern France Info und France bleu. Inzwischen arbeitet er in Paris als freier Journalist. Selten habe ich ein Buch gelesen, welches mich so stark in seinen Bann zieht, dass selbst ellenlange Wartezeiten in der Arztpraxis einem vorkommen wie nur wenige Minuten. Es wurde viel geschrieben und berichtet über die Anschläge in Paris. Die Bilder ziehen auch jetzt, fast ein Jahr später, noch immer lebhaft an einem vorbei, wann immer die Worte Bataclan und Paris in einem Satz fallen. So schrecklich diese Bilder sind, umso schlimmer ist es doch, sich vorzustellen wie dieser Anschlag das Leben so vieler Menschen erschüttert hat. Antoine Leiris gehört zu diesen Menschen, verlor er doch an diesem Abend seine Frau. Und er gehört zu jenen, denen es gelungen ist, die wahren Fluten von Gefühlen und Eindrücken, die in einem solchen Moment über dem eigenen Selbst hereinbrechen, in Worte zu fassen. Und das auf unglaublich berührende Art und Weise. Mit einem Post auf Facebook, den Leiris kurz nach den Anschlägen veröffentlicht, findet er Worte. Worte, die bitter nötig sind dort, wo gerade nur Fassungslosigkeit und Sprachlosigkeit herrschen. Worte, die später zum Titel seinen Buches werden sollten. In „Meinen Hass bekommt ihr nicht“ berichtet Leiris über die ersten Tage, Wochen, nach dem Anschlag. Die Zeit nach diesem einen Augenblick, der ihm den Boden unter den Füßen hinfort gerissen hat. Von jetzt auf gleich ist er allein, allein mit seinem kleinen Sohn, der zu diesem Zeitpunkt gerade einmal 17 Monate alt ist. Ein Mann, der nicht weiß, wie es weitergehen soll, doch der weiß, dass es weitergehen muss. Für seinen Sohn. Leiris lässt den Leser teilhaben an seinen tiefsten Gefühlen. Am Warten und Hoffen auf den erlösenden Anruf nach dem Anschlag, auf die Stimme seiner Frau, die ihm sagt „Alles ist in Ordnung“. Doch dieser Anruf kommt nicht. Er schreibt über seinen neuen Alltag. Die Routine, die ein Leben mit einem Kleinkind fordert. Eine Routine, die Leiris selbst letztendlich dazu zwingt, zu funktionieren, weiterzumachen, nicht aufzugeben. Aber er schreibt auch über seinen Kummer, seine Verzweiflung, über Trauer und Schmerz und Hilflosigkeit. Und über die Liebe. Diese unglaubliche Liebe zu seiner Frau – unendlich sanft und zärtlich, voller Vertrauen und Leidenschaft. Eine Liebe, die durch nichts und niemanden zerstört werden kann. Denn Antoine Leiris hat nicht aufgehört seine Frau zu lieben, auch wenn das Fundament, auf dem diese Liebe gebaut ist, und umso zerbrechlicher erscheint. Eine Liebe, die weiterlebt, in ihrem gemeinsamen Sohn. In „Meinen Hass bekommt ihr nicht“ schreibt sich Leiris alles von der Seele. Liebe, Kummer, Sorgen, Schmerz, Wut, Angst. Alles findet seinen Weg auf das Papier, schonungslos und ungefiltert. Und genau das macht ihn aus, den Zauber, der diesem Buch innewohnt. Leiris lässt es nicht zu, dass die Täter sich an seinem Hass bereichern. Stattdessen lebt er weiter, mit seinem Sohn, um mit dem was ihm geblieben ist, ein glückliches Leben zu führen – und den Tätern damit ins Gesicht zu lachen. Es ist schwer, tatsächlich in Worte zu fassen, welche Achterbahnfahrt an Gefühlen „Meinen Hass bekommt ihr nicht“ bei mir ausgelöst hat. Fakt ist, dass das Buch mir noch lange in Erinnerung bleiben wird, mich wahrscheinlich nie wieder ganz verlassen wird. Denn was Leiris hier mit uns teilt, ist ehrlich, schmerzhaft, und doch voller Liebe und Hoffnung. Lesen! Unbedingt!

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Sicherlich erinnern wir uns alle an die schreckliche Nachricht über die Attentatswelle in Paris. Ungläubig saßen wir vor dem Fernseher und dachten uns: „Jetzt also ist der Terror auch bei uns im Westen endgültig angekommen.“ Die Geschichte der Familie Leiris gibt den Opfern dieses feigen Terroranschlags ein Gesicht. Und sie zeigt, dass nicht nur die Toten und Verletzten Opfer solcher Anschläge sind, sondern auch die Angehörigen, die für den Rest ihres Lebens mit dem Schmerz des Verlustes einer geliebten Person umgehen müssen. Antoine Leiris ist Journalist und macht nach dem tragischen Tod seiner Frau das, was er am Besten kann: Er schreibt. Und er tut dies öffentlich – eigentlich als Facebook-Nachricht an die Freunde seiner Frau, doch seine Worte verbreiten sich rasend schnell und werden zu einer wichtigen Botschaft des Westens an die Terroristen. Dies bewegt den Autor dazu, seine Gefühle und Erlebnisse nach dem Attentat niederzuschreiben und zu veröffentlichen. „Ich hätte mir gewünscht, dass mein erstes Buch eine Geschichte wäre – aber auf keinen Fall meine. Ich hätte die Wörter gern geliebt, ohne sie fürchten zu müssen.“ (S. 130) Das Buch umfasst nur die kurze Zeitspanne von 14 Tagen, vom Attentat am 13.11. bis einen Tag nach Hélènes Beerdigung. In dieser Zeit lebt Antoine Leiris mit seinem Sohn in einer kleinen Blase. Er selbst bezeichnet sich und Melvil als kleine Armee. Es gibt Angehörige, Freunde und – nachdem Leiris bekannt wird – Fremde, die ihre Hilfe anbieten. Meist bleibt er jedoch (bewusst) alleine mit Melvil. Es braucht sicherlich seine Zeit, bis Vater und Sohn alles neu strukturieren ohne die geliebte Frau und Mutter an ihrer Seite. Sie fehlt bei jedem Ritual, bei jedem Handgriff. Und diesen Prozess möchte der Autor bewusst und ungestört mit seinem Sohn durch-/erleben. Das kann ich auch nachvollziehen, aber es hat bei mir bewirkt, dass mich das Buch emotional nur schwer erreichen konnte. Natürlich tun mir die Beteiligten, vor allem der kleine Melvil, der das Ganze noch nicht richtig versteht, aber den Verlust der Mutter und den Schmerz des Vaters dennoch spürt, unendlich leid. Aber ich konnte keine Bindung zu dem Autor aufbauen. „Die Welt“ prophezeite in einem Artikel, dass Leiris Buch bestimmt ein „Bestseller in Sachen Menschlichkeit“ wird. Nun ja, seine Botschaft „Meinen Hass bekommt ihr nicht“ ist klar. Er will sich den Terroristen nicht unterordnen, will kein Leben in Angst führen und ihnen so Genugtuung verschaffen. Das Buch ist aber in meinen Augen weder ein politisches Statement noch ein Plädoyer für ein friedliches Miteinander oder gar für das Verzeihen. Das muss es für mich auch gar nicht sein. Aber vielleicht hat so mancher Leser diese Erwartungshaltung, nachdem der Satz „Meinen Hass bekommt ihr nicht“ in den sozialen Medien solch emotionale Begeisterungsstürme ausgelöst hat. Aber hier wird vor allem die große Liebe Antoines zu Hélène ausgedrückt, die zärtliche Fürsorge um den Sohn, auch natürlich die Verzweiflung eines jungen Witwers. Für mich ist es ein reiner Erlebnisbericht. Ich würde sogar so weit gehen zu behaupten, dass die Attentate in Paris zwar natürlich Erwähnung finden, aber der wesentliche Kern des Buches auch z. B. bei einem Unfalltod der gleiche gewesen wäre. In erster Linie ist „Meinen Hass bekommt ihr nicht“ ein Buch über den Schmerz eines Mannes, der die Liebe seines Lebens verloren hat, und eines Kindes, das seine Mutter nie wiedersehen wird.

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