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Rezensionen zu
Der Winter unseres Missvergnügens

John Steinbeck

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€ 25,00 [D] inkl. MwSt. | € 25,70 [A] | CHF 34,50* (* empf. VK-Preis)

Von Geld und Moral

Von: Bookmarked

03.03.2019

„The winter of our discontent“ erschien 1962 als Steinbecks letzter Roman und wurde in dieser schönen Manesse Ausgabe und einer Übersetzung von Bernhard Robben 2018 erneut auf den Markt gebracht. Durch den Verlag erhielt ich auf Anfrage ein kostenloses Rezensionsexemplar. In diesem Buch begleiten wir den Familienvater Ethan Hawley, der als Kind reicher Eltern in Long Island aufwuchs und entsprechendes Ansehen genoss. Als sein Vater das gesamte Geld durch Kapitalanlagen verliert, sieht sich Ethan gezwungen eine eher schlecht bezahlte Stelle als Verkäufer in einem sizilianischen Supermarkt anzunehmen um seine Familie zu versorgen. Obwohl er sich mit dieser Situation arrangiert gibt sich sein gesamtes Umfeld, und besonders seine Frau, mit dieser Bescheidenheit nicht so leicht zufrieden und drängt Ethan zu mehr Ehrgeiz und Geschäftssinn. Durch sein Umfeld legimitiert, lockern sich Ethans moralische Prinzipien allmählich und unaufhaltsam. Mein Eindruck: Ich hatte mir von diesem Buch eine bitterböse Kapitalismus-Kritik erhofft, die den Verfall der moralischen Ansprüche unseres Protagonisten schonungslos dokumentiert und die Gier im Angesicht des greifbaren Reichtums sowie Ethans wachsende Rücksichtslosigkeit zeigt. Bekommen habe ich eine sehr schwerfällige Geschichte, in der auf den ersten 325 Seiten so gut wie nichts passiert. Zumindest wenn man von den immer wiederkehrenden, und in Anbetracht der Thematik erschreckend profanen, Gedanken des Protagonisten einmal absieht. Selbst für mich, die ich keinen spannenden Plot brauche, war das insgesamt zu wenig Handlung. Umso überraschender, dass sich die Ereignisse in der zweiten Hälfte des Buches nahezu überschlugen und alles in die Tat umgesetzt wurde, worüber Ethan zuvor nur nachdachte. Das führte zwar zu einer erträglichen zweiten Hälfte, gab dem Buch allerdings auch eine gewisse Unausgeglichenheit, die mich bis zuletzt störte. Mich wunderte die anfängliche Langatmigkeit des Romans schon deshalb, weil Steinbeck in seinem Roman „Von Mäusen und Menschen“ auf seinen wenigen Seiten eine äußerst vielschichtige Geschichte erzählt, bei der kein einziges Wort zu viel ist. Aufgrund dieses Kontrasts bin ich nun gespannt wie ich seine anderen Romane finde. Dabei steht im Kern dieses Buches eine überaus interessante und fast schon philosophische Fragestellung: Kann ein Mensch zeitweise unmoralisch handeln um sich einen (finanziellen) Vorteil zu verschaffen und anschließend in sein normales, gutbürgerliches Leben zurückkehren ohne, dass es seinen Charakter auf Dauer negativ beeinflusst? Als Beispiel wird der Kriegsdienst genannt, denn obwohl man grundsätzlich nicht töten darf, greift dieses Gesetz für Soldaten im Krieg ganz offensichtlich nicht. Viele Soldaten kehren also faktisch als Mörder zurück, werden von der Gesellschaft und ihren Familien aber nicht als solche gesehen. Lässt sich diese Doppelmoral also auch auf andere Gebiete ausweiten? Bei dieser spannenden Frage hätte ich mir eine Umsetzung mit mehr Tiefgang und Komplexität gewünscht. Das Buch enthält eine Vielzahl an Bezügen zu Herman Melvilles „Moby Dick“, „Macbeth“ von Shakespeare, die Artus Sage sowie die griechische Mythologie und bestimmte Bibelverse. Da ich mich mit all diesen Werken und Themen überhaupt nicht auskenne, konnte ich die entsprechenden Passagen im Buch leider nicht würdigen und erfuhr viele dieser Zusammenhänge erst durch das Nachwort sowie die Anmerkungen. Fazit: Ein Buch über Geld, Moral und Beeinflussung, das mich leider nicht begeistern konnte. Denn obwohl sich dieses Buch mit einer äußert interessanten Fragestellung beschäftigt, entstand daraus keine unterhaltsame Geschichte. Ich hoffe, dass mich die anderen Werke von John Steinbeck mehr begeistern können.

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