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Rezensionen zu
"Sie zu lieben, mein Freund, ist eine hohe Kunst."

Thomas Mann, Agnes E. Meyer, Hans R. Vaget

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Um es gleich vorwegzunehmen: diese Lektüre hat es in sich. Denn Thomas Mann und Agnes Meyer, der deutsche Schriftsteller und die amerikanische Journalistin, verband eine komplizierte und intellektuelle Freundschaft in schwierigen Zeiten. Thomas Mann lernte Meyer 1937 bei einem Interview in New York kennen. Als er im Februar 1938 endgültig in die USA ins Exil ging, half sie ihm mehr als einmal aus existentiellen Schwierigkeiten. Dass sie Deutsch sprach und schrieb, war ebenfalls förderlich, denn sie unterstützte ihn bei öffentlichen Auftritten und übersetzte für ihn. Thomas Mann profitierte, aber auch Agnes Meyer zog ihren Nutzen aus der Freundschaft: Sie besetzte als profunde Kennerin seines Werkes und seiner Person den Posten der ersten Mann-Kritikerin in den USA, und auch wenn das Buch, das sie über ihn plante, nie fertig wurde, wurde sie als versierte Kennerin über die Landesgrenzen hinweg anerkannt. Ob unter diesen Bedingungen – finanzielle Abhängigkeit (zumindest in der ersten Exilzeit) Manns, schwärmerische Begeisterung Meyers – eine Freundschaft auf Augenhöhe hätte entstehen können, ist fraglich. Tatsächlich distanziert sich Thomas Mann immer wieder von seiner Gönnerin, auch wenn er ihr Interesse, ihre Bildung und natürlich auch ihre Unterstützung schätzt. Doch man merkt, dass er bei aller Offenheit, was seine Arbeit angeht, sowohl die politische als auch die schriftstellerische, stets das Visier heruntergeklappt hält: Persönliche Töne sind kaum zu vernehmen. Entsprechend trocken wirken die Briefe. Dennoch entfalten sie im Laufe der Lektüre ihre ganz eigene Wirkung: Denn besser als jede Dokumentation jener Jahre zeichnen sie das kulturelle und politische Klima der damaligen Zeit nach. Auch, und gerade aus den gegensätzlichen Perspektiven eines Europäers und einer US-Amerikanerin (wenn auch eine Tochter deutscher Einwanderer). In dieser Hinsicht ist ein großer Gewinn, dass der Hörverlag Auszüge aus dem Briefwechsel als Hörbuch veröffentlicht hat. Die Schauspieler Dagmar Manzel und Udo Wachtveitl lesen die Briefe, Jesko von Schwichow gibt in Zwischentexten kurze Zusammenfassungen über die jeweils neusten Ereignisse. Auch wenn die meisten Briefe eher kurz sind, sollte man sich Zeit zum Hören nehmen. Denn die Themen wechseln schnell und es braucht eine Weile, bis man sich in die verschiedenen Nuancen der Botschaften einfuchst. Eine überraschende, weil aktuelle Bemerkung stammt von Agnes Meyer, die für die Nachkriegszeit in Europa eine „ärmere“ und womöglich „bessere“ Welt heraufziehen sieht. Wie sehr wünschen auch jetzt wieder Optimisten, dass diese bessere Welt nach der Corona-Pandemie Wirklichkeit wird… „Sie zu lieben, mein Freund, ist eine hohe Kunst…“ – Thomas Mann, Agnes E. Meyer. Der Briefwechsel. Gelesen von Udo Wachtfeitl und Dagmar Manzel. Der Hörverlag 2017. Ich danke Random-House für das Rezensions-Exemplar.

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Agnes E. Meyer war eine reiche Frau. Eine, die sich schlussendlich alles kaufen konnte. Fast alles. Denn die Anerkennung und die Freundschaft Thomas Manns war eine derjenigen „Dinge“, die mit keinem Geld der Welt käuflich waren, dennoch sie daher umso mehr begehrlich wurden. Ab 1937 bis zu seinem Tode 1955 unterhielten beide einen Briefwechsel, der in dieser Audio-Fassung mit großer Liebe zum Detail vertont wurden. Nicht nur die Briefe werden abwechselnd vorgelesen, sondern durch Tagebuchaufzeichnungen Manns ergänzt. So divergiert manchmal das Geschriebene vom Gemeinten. Denn Meyer war Manns Förderin in mäzenatischer Art, wollte aber im Gegenzug Aufmerksamkeit und die Akzeptanz, ihre Ratschläge wahrzunehmen. Die Sprecher Udo Wachtveitl (eher aus dem Münchner Tatort bekannt), Dagmar Manzel und Jesko von Schwichow machen einen guten Job. Die Beziehung von Mäzen zu Künstler ist eine schwierige. Denn sie ist fragil, beruht auf Begehrlichkeiten, die sich der jeweils andere habhaft machen will. Es können Abhängigkeiten entstehen und peinliche Momente. Denn der geförderte ist immer auf das Wohlwollen des Förderers angewiesen und will sich diesem, ähnlich einem Kinde, entziehen. Uli Hoeneß beschrieb das einmal so passend, dass wenn ein Scheich einen Fussballverein fördert, das zwar zu begrüßen sei, aber es klar sein müsse in der Beziehung, dass es kein beliebiges Invest ist. Denn, so Hoeneß, bei manchen Vereinen sei die Situation so, dass wenn der Scheich keine Lust mehr habe und lieber „in Pferdl investieren wolle, man den Verein als Puzzle am Kiosk kaufen könne“. Die Rechnung ist einfach wie schwer: Das Geben und Nehmen muss sich eine Waage halten, es darf nie chemisch kippen. Aber dass tut es natürlich. Andernfalls ließe sich dieser Briefwechsel nicht so gut exkludieren. Denn es passiert natürlich das erwartbare: Beide zerstreiten sich auf das Übelste, hassen sich, demütigen sich, verletzen sich und sind dann nur noch eins: vulnerabel. Die Kinder werden mit einbezogen, es ist ein Stellungskrieg der Emotionen. Die Beziehung wird per Brief und Telefon gepflegt, doch sind wir nicht in der Zeit der blitzschnellen Kommunikation. Frust, Missverständnisse und Mund-zu-Mund-Post können herrlich gedeihen und tun das auch. Die Pein ist beiderseits groß, Mann fühlt sich eingeengt und in Dankbarkeitspose gedrückt, Meyer fühlt sich ungerecht behandelt, da unverstanden. Das ganze kracht also hemmungslos durch die Niveaudecke nach unten, um dann, tja, was wird dann? Die Antwort ist nicht leicht, sie ist auch nicht zu geben. Wichtig ist daraus zu lernen, dass man eher defensiv agieren sollte, denn zerschlagenes Geschirr lässt sich schwer kleben. Es ist mir ein Anliegen zu erwähnen, dass die Ausstattung der CD-Hülle ausserordentlich geschmackvoll geraten ist. „Sie zu lieben, mein Freund, ist eine Kunst.“ ist erschienen in Der Hörverlag/Random House Ich danke dem Verlag; ich erhalte kein Honorar.

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