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Rezensionen zu
Dann schlaf auch du

Leïla Slimani

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€ 20,00 [D] inkl. MwSt. | € 20,60 [A] | CHF 27,90* (* empf. VK-Preis)

Myriam, erfolgreich promovierte Anwältin, leidet zunehmend unter ihrer alleinigen Rolle als Mutter und sie fühlt sich immer elender. Ihr Selbstwertgefühl ist auf einem ziemlichen Nullpunkt angelangt, und so ergreift sie kurzentschlossen die Gelegenheit in der Anwaltskanzlei eines ehemaligen Kommilitonen wieder ins Berufsleben einzusteigen. Ihr Ehemann Paul steht diesem Wunsch zunächst skeptisch gegenüber. Doch als sie Louise, eine, als Perle geschilderte Nanny kennenlernen, glauben sie die perfekte Lösung gefunden zu haben um Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen. Paul und Myriam verlassen sich mehr und mehr auf die ihnen eigentlich unbekannte Frau. Obwohl sie Louise teilweise sogar an ihrem Leben teilhaben lassen, wissen sie im Grunde genommen nichts über sie und so sind sie weit davon entfernt zu ahnen auf welche Katastrophe sie unaufhaltsam zusteuern. Fazit Eine ungewöhnliche Geschichte, die sich absehbar ihrem vorweggenommenen Ende nähert, bevor es zum dramatischen Showdown kommt. Ein Buch das zum Nachdenken anregt und einen noch lange beschäftigt.

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Frankreich ist im Oktober 2017 Ehrengast der Frankfurter Buchmesse und aus diesem Grund liegt derzeit ein besonderer Fokus auf der Literatur unseres Nachbarlands. Vor allem eine Neuerscheinung hat dabei mein Interesse geweckt: "Dann schlaf auch du", 2016 mit dem Prix Goncourt ausgezeichnet, das zweite Buch der 1981 in Rabat geborenen, mit 17 Jahren zum Studium nach Paris übersiedelten Autorin Leïla Slimani. Der Roman stand monatelang auf der französischen Bestsellerliste, was nicht immer selbstverständlich mit der Auszeichnung einhergeht. Bereits mit dem ersten Satz schlägt Leïla Slimani zu: „Das Baby ist tot.“ Und zwei Seiten später heißt es am Schluss des ersten Kapitels: „Adam ist tot. Mila wird ihren Verletzungen erliegen.“ Zwei tote Kinder, erstochen von der vermeintlich perfekten Nanny - wie konnte es zu dieser Tragödie kommen? Etwas mehr als 200 Seiten lang berichtet die Autorin nüchtern und ohne zu (ver-)urteilen über die Vorgeschichte des Doppelmords. Sie erzählt von den Eltern, der arabischstämmigen Myriam, der nach der Geburt ihrer Kinder zuhause die Decke auf den Kopf fällt, und die wieder in ihren geliebten Beruf als Anwältin einsteigt, und Paul, dem Musikproduzenten. Als Louise sich bei Ihnen vorstellt, ist es Liebe auf den ersten Blick von Seiten der Eltern und der Kinder. Louise ist die gute Fee, die nicht nur Adam und Mila betreut und letztere bändigt, sie verwandelt die Wohnung in einen hellen, ruhigen, aufgeräumten Ort, kocht für die Familie und deren Gäste und bleibt abends so lange, bis Myriam spät aus dem Büro kommt: „Louise ist da und hält diese fragile Konstruktion aufrecht. Myriam lässt sich bereitwillig bemuttern. Jeden Tag überlässt sie einer dankbaren Louise weitere Aufgaben.“ Und: „Sie ist die Wölfin mit der Zitze, an der sie alle trinken, die verlässliche Quelle ihres Familienglücks.“ Alle beneiden die Familie Massé um diese „Nounou“, doch schlich sich bei mir relativ früh auch ein latentes Gefühl der Bedrohung ein. Und auch Myriam und Paul spüren sie. Louise kommt immer früher und geht immer später, „baut sich beharrlich ihr Nest inmitten der Wohnung“ und übernimmt immer mehr die Kontrolle. Sie ist unverzichtbar und doch träumt Paul schließlich davon, „sich von Louises Herrschaft zu emanzipieren“ und Myriam „würde sie gerne aus ihrem Leben verschwinden lassen“, aber viel zu tief sind bereits die Abhängigkeiten. Dabei wissen die Massés eigentlich kaum etwas über Louise, über ihre finanziellen und familiären Schwierigkeiten, ihre Vergangenheit, ihr Außenseiterdasein als Weiße unter den meist farbigen Nannys und ihre Angst, nicht mehr gebraucht zu werden, wenn Adam in den Kindergarten kommt. Herausragend an Leïla Slimanis Roman waren für mich die Milieuschilderungen der bürgerlichen Mittelschicht, der Generation Y und des Prekariats, die fast protokollarisch wirkende, knappe Erzählweise, bei der es meist nicht einmal Kapitelüberschriften gibt, und das schrittweise einsetzende Gänsehautgefühl, das sich schnell bei mir einstellte und bis zum Ende nicht mehr verschwand.

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Der Tod eines Kindes – für alle Eltern DIE Katastrophe schlechthin. Rund um diesee Thematik hat die französisch-marokkanische Autorin Leila Slimani ihren Roman „Dann schlaf auch du“ (im Original „Chanson douce“) angelegt, der 2016 mit dem renommierten Literaturpreis Prix Goncourt ausgezeichnet wurde. Vater, Mutter, Kinder - eine Bilderbuchfamilie in gesicherten Verhältnissen, bei der alles passt. Paul, der Vater, Musikproduzent und beruflich stark engagiert, Myriam, die Mutter, ausgebildete Juristin, zunehmend unzufrieden mit ihrer Lebenssituation, erschöpft von dem täglichen Einerlei mit den Kindern, möchte wieder in den Beruf zurück. Also suchen und finden sie eine Kinderfrau. Kein junges Ding, sondern Louise, eine gestandene Frau, alleinstehend mit einer erwachsenen Tochter. Die Kinder lieben sie, aber auch Paul und Myriam sind restlos begeistert, denn nebenher nimmt ihnen Louise auch noch jede Menge alltägliche Verrichtungen ab, weshalb sie auch schnell zum unverzichtbaren Bestandteil der Familie wird. Aber genau so, wie die Familie sich in Abhängigkeit von Louise begibt, vereinnahmt auch diese nach und nach deren Alltag. Es ist ein langsamer, schleichender Prozess, und bis sich Paul und Myriam darüber bewusst werden, dass ihre Kinderfrau massive Probleme – nicht nur psychischer Art – hat, ist es bereits zu spät und das Unglück geschehen. Die Geschichte, die Slimani erzählt, ist bitter. Denn gerade die Kleinkindbetreuung ist auch in Deutschland für viele Berufstätige ein Thema. Das Kind jemandem anzuvertrauen, von dem man eigentlich nichts weiß, dürfte, wie bei dieser französischen Familie, auch hier die Regel sein. Zu erwarten, dass die Nanny das fremde Kind wie ihr eigenes liebt, scheint illusorisch, denn trotz allem macht Louise diesen Job zum einen, um ihrer Einsamkeit, ihrem tristen Alltag zu entfliehen, zum anderen ist sie hoffnungslos verschuldet und auf den Verdienst angewiesen. Die Arbeitgeber wissen das nicht, für sie ist diese Frau ein Dienstbote, sie als Person interessiert sie nicht, entscheidend ist nur das Resultat ihrer Beschäftigung. Selbstverwirklichung und Bequemlichkeit, auf diesem Altar wird letztendlich das Leben der Kinder geopfert. Nichts hören, nichts sehen, nichts sagen – bis es zu spät ist. Slimani rollt den Fall von hinten auf. Sie schreibt nüchtern und klar, emotionslos und als distanzierter Beobachter. Damit schildert sie umso eindringlicher den Weg in die Katastrophe. Gleichzeitig hält sie der französischen Gesellschaft, noch immer eine Klassengesellschaft und im Standesdenken verhaftet, damit einen Spiegel vor. Oben und unten, Herren und Diener, wobei die Herren keine Veranlassung sehen, sich für das Schicksal und die Befindlichkeiten der Diener zu interessieren.

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Myriam und Paul sind ein erfolgreiches Ehepaar, sie ist Anwältin und er arbeitet als Musikproduzent. Nach der Geburt der Kinder Mila und Adam bleibt Myriam zunächst zu Hause, doch nach einiger Zeit frustriert sie ihr Leben als Hausfrau, sie will zurück in den Job. Eine Nanny soll sich um die Kinder kümmern und so kommt die Familie zu Louise. Sie scheint perfekt, sie kocht, putzt und die Kinder lieben sie abgöttisch. Louise wird zum Mitglied der Familie, immer flexibel, immer da und auch im Urlaub mit dabei. Louise ist unersetzlich, bis das Unvorstellbare passiert. Leïla Slimanis Roman „Dann schlaf auch du“ ist der intensivste Roman, den ich seit langem gelesen habe. Geschickt erhöht sie durch Rückblenden und Perspektiven anderer Figuren die Spannung und kommt doch immer wieder zurück auf das Zentrum der Geschichte, das Familienleben von Myriam und Paul mit den Kindern und Louise. Da man gleich zu Beginn erfährt, dass etwas wahrlich grausames passiert, wird die Lektüre umso eindringlicher und bewegender, denn über all den glücklichen Szenen schwebt das unweigerliche Damoklesschwert des eigentlich bereits vorweg genommen Endes. Ich habe den Roman fast in einem Zug durchgelesen, weil ich mich von der Spannung und den Figuren nicht lösen konnte und wider besseren Wissens doch irgendwie die ganze Zeit gehofft habe, es ginge noch gut aus. Besonders fasziniert hat mich die absolute Neutralität, mit der Leïla Slimani die Geschichte erzählt, es gibt keine Schuldzuweisungen, keine Erklärungsversuche, sie stellt die Geschichte einfach dar und überlässt es dem Leser, zu urteilen und sich eine Meinung zu bilden. Es geht nicht um Gut oder Böse, um Schuld oder Unschuld, um Rabenmütter oder Vollzeithausfrau, es geht einfach nur um die einzelne Geschichte und ihren Verlauf, ohne Vorbild oder Beispiel zu sein. Der Roman „Dann schlaf auch du“ von Leïla Slimani ist ein beeindruckendes Buch, eine kleine Sternstunde für alle Leser. Für mich ist es das beste Buch, das ich seit langem gelesen habe und es wird mich sicher so schnell nicht loslassen, daher kann ich nur jedem Leser dieses ganz besondere Buch ans Herz legen: Bitte lest es!

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Myriam und Paul Massé sind verheiratet und haben zwei kleine Kinder. Myriam fühlt sich zu Hause unterfordert und als die studierte Juristin nur noch müde und gelangweilt ist, beschließt das Paar, sich eine Nanny zu leisten, damit auch Myriam wieder arbeiten gehen kann. Mit Louise haben sie die perfekte Kinderfrau gefunden. Die Kinder mögen sie auf Anhieb und wie eine Perle kümmert sich Louise bald nicht nur um die Kinder, sondern erledigt auch ungefragt viele Tätigkeiten im Haushalt, geht einkaufen und kocht für Familie und Freunde. Myriam und Paul können sich ganz auf ihre Arbeit konzentrieren und werden von Bekannten, um ihre zuverlässige "Nounou" beneidet. Je mehr sich Louise in der Pariser Altbauwohnung unentbehrlich macht, desto unangenehmer wird ihnen diese für sie eigentlich fremde Frau. Sie wissen nichts über ihre Herkunft, dass ihr Mann Jacques vor Kurzem verstorben ist und einen Berg Schulden hinterlassen hat, dass sie in einem schäbigen Einzimmerappartement haust und ihre eigene Tochter Stéphanie nicht im Griff hatte. Immer häufiger kommt es zu unangenehmen Situationen, wenn Myriam oder Paul mit Louise nicht einer Meinung sind. Diese gibt zwar kaum Widerworte, der unterschwellige Zorn und der Neid auf das Leben der Besserverdiener ist jedoch spürbar. Das Buch beginnt mit dem Ende der Tragödie und in einer chronologischen Rückblende erfährt der Leser, wie es dazu kommen konnte und ob es Anzeichen gegeben hätte, das Drama zu verhindern. Der Roman stellt die Unterschiede der Pariser Gesellschaft sehr eindringlich dar. Auf der einen Seite hat man das bürgerliche Paar, das genügend verdient, um in einer schicken Altbauwohnung im 10. Arrondissement zu wohnen und sich als Doppelverdiener, die sich in ihrem Beruf verwirklichen wollen, eine Nanny leisten können. Auf der anderen Seite ist die soziale Unterschicht, die in den Banlieues wohnt, die sich mit schlecht bezahlten Jobs über Wasser hält. Menschen wie Louise, die vom eigenen Ehemann oder gierigen Vermietern unterdrückt werden und die anderen Nannys aus dem Maghreb oder Asien, die für einen geringen Lohn für gut situierte Paare arbeiten. Ob der soziale Neid oder der Druck, der auf Louise lastete Auslöser für die dramatischen Ereignisse war oder ob das Kindermädchen psychisch krank war, bleibt am Ende offen, was ich etwas schade fand. Ich hätte gern mehr über die Motive von Louise und ihre Verhaltensveränderung gegenüber den Kindern erfahren. Auch wenn das Ende schon zu Beginn vorweg genommen wird, bleibt der Roman durchgehend spannend geschrieben. Louise verursacht durch ihre biedere, verbissene Art bereits sehr früh ein unbehagliches Gefühl und löst Gänsehaut aus. Man spürt die Spannung in der Familie und fragt sich, warum es sich Myriam und Paul so einfach gemacht haben, die Anzeichen der Gefahr für ihre Kinder nicht erkennen konnten oder wollten und sich nicht mehr mit ihrem Kindermädchen auseinandergesetzt haben. Obwohl sie im Kontakt mit Louise zunehmend ein ungutes Gefühl hatten, war es ihnen wichtiger, ihre Kinder versorgt zu wissen, als sich nach einem harten Arbeitstag auch noch Gedanken um eine andere Lösung zu machen. "Dann schlaf auch du" ist ein schockierender Psychothriller, der zeigt, wie hoch der Preis für das bisschen Glück eines perfekten Familienlebens ist und der die Schere zwischen Arm und Reich sehr realitätsnah und aus dem Leben gegriffen schildert. Für meinen Geschmack hätte der kurze Roman noch etwas ausführlicher sein können, insbesondere um das Handeln von Louise besser verstehen zu können oder um mehr Raum für eine detailliertere Aufklärung des Mords durch die Kommissarin Nina zu haben.

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Beklemmende Tour de Force

Von: Readaholic aus Trippstadt

24.08.2017

Das Buch beginnt mit einem Paukenschlag: zwei kleine Kinder wurden ermordet, offensichtlich von ihrem Kindermädchen. Nach diesem schockierenden Auftakt erfährt der Leser in Rückblenden Details über das Leben der Nanny, Louise, sowie des jungen Paares Myriam und Paul mit ihren Kindern Mila und Adam. Louise zu finden erscheint dem Ehepaar zunächst wie ein Segen. Die Nanny, die immer gepflegt und pünktlich ist, von den Kindern geliebt wird, der nie etwas zu viel ist und die zudem hervorragend kocht und die Wohnung in Schuss hält. Myriam und Paul werden von ihren Freunden um sie beneidet. Doch nach und nach erscheinen kleine Risse in der perfekten Fassade. Der Leser ahnt schon vor Myriam und Paul - spätestens bei der Schilderung des grausamen Versteckspiels, das Louise mit den Kindern spielt -, dass mit ihr etwas nicht stimmen kann. Paul, der eines Tages früher als sonst nach Hause kommt, erwischt Louise dabei, wie sie die kleine Mila wie eine Prostituierte geschminkt hat. Er ist entsetzt, doch es folgen keine Konsequenzen. Auch Myriam macht unangenehme Erfahrungen mit dem Kindermädchen, das sich mehr und mehr in ihrem Leben breitmacht, indem sie sogar manchmal die Nacht in der Wohnung verbringt. Alle warnenden inneren Stimmen werden ignoriert. Die Kinder lieben ihre Nanny, und für Paul und Myriam gehen die Bequemlichkeit sowie ihre Karrieren vor. Mit atemloser Spannung verfolgt man als Leser die unheilvolle Entwicklung, weiß man doch von Anfang an, in welcher Katastrophe sie enden wird. „Nun schlaf auch du“ ist ein faszinierendes Buch, das man kaum aus der Hand legen kann. Man taucht tief ein in die Welt der arbeitenden jungen Ehepaare, die ihre Karriere über alles andere stellen, und die diametral entgegengesetzte Welt der Kindermädchen aus aller Welt, die sich um die Kinder dieser Ehepaare kümmern und deren Sorgen ganz anderer Art sind. Die virtuose Erzählweise der Autorin sowie die hervorragende Übersetzung aus dem Französischen machen dieses Buch zu etwas ganz Besonderem.

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Segen oder Alptraum?

Von: Karin Pangl aus Leobersdorf

23.08.2017

Beeindruckend. Dann schlaf auch Du kommt vom Cover her ganz leise daher, entpuppt sich aber als packender Psychothriller. Das Baby ist tot - der erste Satz erzeugt einen Sog dem man nicht entkommt. Ein intensives Buch über das Verlangen und die Zerrissenheit von Frauen allem und sich selbst gerecht zu werden, über Einsamkeit und Verzweiflung, über Wünsche und Abgründe. Die Geschichte hat mich gepackt, fasziniert und ordentlich durchgeschüttelt. Ein anfänglicher Segen endet im Horror.

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Dieses Buch beginnt mit aller Wucht. Das Schlimmste, was passieren kann, tritt ein. Ein Baby tot, das Kleinkind schwerst verletzt. Der Schrei der verzweifelten Mutter schallt laut, so laut durch das Haus. Was ist hier passiert, was hat hinter dieser wunderbaren gutbürgerlichen Fassade so geschwelt, dass zu dieser Explosion gekommen ist? Das junge Paar Myriam und Paul Massé sucht nach einer Nanny für die Kinder. Myriam, die anfangs in ihrer Mutterrolle aufgegangen ist, nur sie meinte zu wissen, was gut für die geliebten Kleinen gut ist, will wieder arbeiten. Sie durchlebt das, was vielen Müttern passiert, ausgelaugt von der täglichen Routine, intellektuell unausgelastet, schier am Verzweifeln. Sie fressen mich auf, klagt sie manchmal. Mit äußerster Sorgfalt wählen die Massès die Frau aus, die auf ihre Kinder aufpassen soll, nicht ohne Papiere, keine Kinder soll sie haben, zumindest nicht in Frankreich, kein Kopftuch. Sie entscheiden sich für Louise, eine zarte mittelalte Französin mit guten Referenzen. Hin und her gerissen zwischen dem schlechten Gewissen den Kindern gegenüber und dem immer erfolgreicheren Berufsleben überlasst Myriam blad das Regiment der Erziehung, aber auch der Haushaltsführung gänzlich Louise. Paul, für den es beruflich auch aufwärts geht, beäugt die Verschiebung der Verhältnisse manchmal kritisch, verzichtet aber zugunsten der Bequemlichkeit auf eine Auseinandersetzung sowohl mit seiner Frau als auch mit dem Kindermädchen. Louise beginnt immer mehr Platz im Leben der Massés einzunehmen, lebt beinahe deren Leben, bis ihre Vergangenheit sie einholt. Leila Slimani schafft mit ihrem literarischen Protokoll eines schrecklichen Verbrechens ein ungemein dichtes Psychodrama. Vor allem die Gegenüberstellung der Bedürfnisse Myriams und Louises zeigt, wie trotz aller Emazipation auch heute noch Frauen versuchen müssen, mehrere Leben miteinander zu vereinbaren. Der Vater, hier Paul, bleibt da zu meist immer noch Statist. Im Grunde beuten Frauen Frauen aus, um selbst im Berufsleben aufgerieben zu werden. Das Nur-Muttsersein findet selbst unter Frauen weder Anerkennung noch Unterstützung. Das Leben ist oft eine einzige Rechtfertigung. Ich habe dieses Buch nahezu am Stück verschlungen, in vielen Gedanken Myriams kommt ich mich auch ein bisschen wieder erkennen. Dieser Roman, der 2016 mit dem Prix Goncourt ausgezeichnet wurde, erhält von mir eine absolute Leseempfehlung.

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