Sie haben sich erfolgreich zum "Mein Buchentdecker"-Bereich angemeldet, aber Ihre Anmeldung noch nicht bestätigt. Bitte beachten Sie, dass der E-Mail-Versand bis zu 10 Minuten in Anspruch nehmen kann. Trotzdem keine E-Mail von uns erhalten? Klicken Sie hier, um sich erneut eine E-Mail zusenden zu lassen.

Rezensionen zu
Blasse Helden

Norris von Schirach

(3)
(2)
(0)
(0)
(0)
€ 13,00 [D] inkl. MwSt. | € 13,40 [A] | CHF 18,50* (* empf. VK-Preis)

Nach dem Ende der Sowjetunion begibt sich Anton in das aufstrebende Russland, um dort als Geschäftsmann zu arbeiten. Es gefällt ihm dort, es gibt viel Geld zu verdienen, viele schöne Frauen und das kulturelle Umfeld mit Bolschoi Theater, Ballett, Oper und vielem mehr begeistert ihn. Es ist eine wilde und unruhige Zeit in Russland unter Jelzin. Die Zeit, bevor Putin an die Macht kam, es wenig Regeln gab und sich nach dem Umbruch und dem Untergang der Sowjetunion alles finden musste. Und Anton nimmt alles mit, was sich bietet. Bis sich das gesellschaftliche Klima zu ändern beginnt. Es ist ein bizarres Leben, dass Arthur Isarin seinen Protagonisten, den „Blassen Helden“ wie er im Titel heißt, leben lässt. Alles scheint möglich und passiert entweder aberwitzig schnell oder über hunderte Umwege in schleichendem Tempo, Korruption und Bestechung finden sich an jeder Ecke. Obwohl einem Anton eigentlich unsympathisch sein müsste, wie er als westlicher Kapitalist nach Russland kommt und mit seinem Chef die Kohlebranche regelrecht an sich reißt, ich konnte nicht anders, irgendwie wurde er im Laufe des Romans sympathisch. Seine Sicht auf das damalige Russland wirkt so ungefiltert, die 90er Jahre durch seine Augen so wild und fast schon romantisch verklärt, dass man sich von ihm mitreißen lässt in seine Welt und „sein Russland“. Die Geschichte entwickelt schnell einen Sog, man kann nicht mehr aufhören, man muss weiterlesen, weiterleben in dieser chaotischen Welt voller Willkür, aber auch voller Chancen und Möglichkeiten. Es ist wie ein Blick durch ein Schlüsselloch, eine kurze Zeit sieht man einen eingeschränkten Ausschnitt eines größeren Bildes und lässt sich davon faszinieren. Arthur Isarin ist mit „Blasse Helden“ ein spannender Roman gelungen, der einem Russland und die herrschende Mentalität in den 90er Jahren näherbringt. Aber auch etwas das Verständnis für den danach stattfindenden Wandel nährt und die Folgen, die er mit sich brachte. Auf alle Fälle ist es ein großartiger Roman, der einen als Leser anspricht und mitnimmt.

Lesen Sie weiter

"Blasse Helden" von Arthur Isarin entführt uns ins postsowjetische Russland und bringt uns durch Anton das Russland in Zeiten des Wandels näher. "Der romantische Deutsche Anton zieht zu Beginn der 1990er Jahre nach Moskau. Hier hofft er jene Leichtigkeit und Freiheit zu finden, die er im Westen vermisst. Engagiert wird der 32-Jährige Deutsche von einem Rohstoffhändler, der für seine riskanten Geschäfte in der rapide zerfallenden Sowjetunion einen zuverlässigen Mr Fix-it sucht. Anton ist dafür der ideale Mann: Er hat keine politische Haltung, stellt keine moralischen Fragen und beherrscht die Kunst lässig-dionysischen Gleitens. Es verlangt ihn nach schönen Frauen, der hohen Kultur und, natürlich, Geld. Schnell erhält Anton Zugang zu den neuen Eliten des Landes. Er lässt sich treiben und führt als „blasser Held“ ein bizarres Leben unter kultivierten Banditen, Künstlern, Geheimdienstleuten, Betrügern, korrupten Unternehmern, Kokotten und mittellosen Schönheiten. Sein lustvoller Gleitflug endet jäh, als Putin ein Jahrzehnt später die Szene betritt. Anton muss sich entscheiden." (Inhalt Knaus Verlag) Dem Autor Arthur Isarin ist es gelungen, diese Zeit mit ihren Stimmungen perfekt einzufangen und wiederzugeben. Ich war von Anfang an gefesselt von dem Buch, welches mit seinen unterschiedlichen Schreibstilen spielt. Bis auf ein paar kleinere Ausschweifungen, die ich so nicht gebraucht hätte, ist es ein nahezu perfektes Buch. Es hat mir den nötigen Anreiz gegeben, vielleicht doch mal mehr über Russland zu lesen. Die Zeit, in der wir uns bewegen ist geprägt von Machtspielen und Korruption. Während die Oligarchen darauf bedacht sind, noch mehr Geld in ihre Taschen zu scheffeln, wissen manch andere nicht, wie sie überleben sollen, weil sie für ihre Arbeit nicht entlohnt werden. Und mittendrin befindet sich Anton. Anton ist am Anfang ein recht naiver Charakter. Seine Leichtigkeit, seine Gedankenlosigkeit, dieses "Was kostet die Welt, ich habe das nötige Kleingeld" hat mir den ein oder anderen Moment des ungläubigen Kopfschüttelns eingebracht. Doch es ist ein Charakter der sich im Laufe des Buches weiterentwickelt und das finde ich immer gut. Ich mag es überhaupt nicht, wenn ein Charakter immer auf der gleichen Stelle tritt. Der Schreibstil des Autors ist mal schön ausgeschmückt und dann wieder kalt und irgendwie nüchtern. Aber es passte jedes Mal zu der jeweiligen Szene und war immer fesselnd und einnehmend. "Blasse Helden" von Arthur Isarin gehört mit zu den Highlights, die ich dieses Jahr gelesen habe und ich bin froh, mir dieses Buch für eine Leserunde auf LovelyBooks gekauft zu haben. Wer etwas über das postsowjetische Russland erfahren möchte und, dank des sehr guten Schreibstils, mit Anton in diese Zeit eintauchen möchte, der sollte dieses Buch auf jeden Fall lesen.

Lesen Sie weiter

Am 18. März 2018 wurde Wladimir Putin für eine vierte Amtszeit als Präsident der Russischen Föderation wiedergewählt. Angesichts seiner halbdemokratischen, halbautoritären Regierungsweise sprechen westliche Kritiker von Putinismus. Wer verstehen möchte, warum sich dieser ehemalige KBG-Mitarbeiter in Russland großer Zustimmung erfreut, könnte im Roman Blasse Helden des unter Pseudonym schreibenden Arthur Isarin Antworten finden. In sieben Episoden begleiten wir den Protagonisten Anton durch das Russland der Jahre 1990 bis 1999, dem Jahr, als Putin erstmals als Ministerpräsident vereidigt wurde. Anton ist Deutscher, studierter Ökonom, profunder Kenner und Liebhaber russischer Literatur und Musik und arbeitet in Moskau für einen russischen Kohle- und Stahlkonzern. Zu Beginn ist er 32 alt, nach Russland ist er gekommen, „um mehr zu erleben als in London oder New York“. Er fühlt sich frei, genießt die Privilegien, die sich für ihn nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion auftun, beutet als Parasit das Land aus und „lebt zum ersten Mal nicht mehr vorläufig“: „Diese Stadt war für ihn geschaffen, sie verzieh alles, auch seinen Mangel an Grundsätzen, Substanz und Tiefe.“ Es ist die beste Phase seiner Existenz: „Er fühlte sich wohl in Russland, in seiner überbezahlten Position, die ihm alles ermöglichte, wovon ein zur Faulheit neigender Mann seiner Herkunft mit durchschnittlichen Fähigkeiten nur träumen konnte.“ Für Anton zählt nur das Geld, das er für Frauen, Theater- und Konzertbesuche der ersten Kategorie mit vollen Händen ausgibt. Korruption ist sein alltägliches Geschäft, er interessiert sich nicht für Politik, lebt in einer surrealistisch anmutenden Blase und schaut beim Überlebenskampf der Massen gerne weg. Immerhin hat er einige wenige Grundsätze: Er beteiligt sich nicht am Handel mit Drogen, Waffen und Frauen. Ich habe mich mit dem Einstieg in diesen Episoden-Roman nicht leichtgetan, denn Isarin setzt eine Menge Wissen um die neuere russische Geschichte und Politik voraus, und auch die Anspielungen auf die russischen Klassiker habe ich mangels Vorkenntnissen leider nicht immer verstanden. Mit zunehmender Lektüre haben mich der Gang der Handlung und die Atmosphäre des Romans aber immer mehr gefesselt, bis zum Ende 1999, als der „blasse Held“ Anton sich entscheiden muss. Das Volk hat endgültig genug von Korruption, der Macht der Oligarchen, dem Krieg im Kaukasus und der Expansion von McDonald’s. Mit dem Aufstieg Putins kommen alte KGB-Funktionäre wieder in Amt und Würden und einer von ihnen stellt Anton vor die Wahl: entweder Teil des neuen, aufsteigenden Russlands und noch reicher werden oder den russischen Traum aufgeben. Für Anton ist es die Entscheidung zwischen Geld und Freiheit. Auch wenn das Lesen dieses Romans sich für mich manchmal wie Arbeit angefühlt hat, hat sich die Mühe doch eindeutig gelohnt. Neben den Einblicken in die 1990er-Jahre der untergegangenen Sowjetunion habe ich viele Anregungen zum Lesen russischer Klassiker bekommen. Auf einige Sexszenen, vor allem zu Beginn des Romans, hätte ich gerne verzichtet, aber die Ironie Isarins hat mich immer wieder laut auflachen lassen, wenn er beispielsweise die sich nach einem Anschlag in einem Restaurant unter dem Tisch versteckten Gäste beschreibt: „Unter dem Tisch hatte sich eine idyllische Szene entwickelt, die entfernt an Manets ‚Frühstück im Grünen‘ erinnerte.“

Lesen Sie weiter

Ich lese gerne gesellschaftskritische Romane und Erfahrungsberichte, auch über Russland habe ich bereits einiges gelesen. Deswegen war klar, dass ich an diesem Buch nicht vorbei komme. Antons Geschichte, die in den Neunzigern spielt, zeichnet mit den Schablonen, die wir von Russland gewöhnt sind. Oligarchen, Reichtum, Bodenschätze und Partys. Der Autor schildert den damaligen Umstand, dass die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden. Leider hat sich das bis heute nicht geändert, ganz im Gegenteil, die Schere geht noch weiter auseinander. Es hat mir beim lesen sehr leid getan, dass die erwartungsvolle damalige Stimmung tief enttäuscht wurde, denn seit damals hat sich nicht viel geändert. War Putin doch zu Anfang der Hoffnungträger überhaupt, werden heute die kritischen Stimmen immer lauter, auch wenn die Regierung dafür sorgt, dass sie schnell wieder verstummen. Die Geschichte hat ein hohes Erzähltempo, es wird nicht lange an einer Stelle verweilt. Das ist einerseits natürlich wünschenswert, andererseits hatte ich in mancher Situation ganz gerne ein bisschen verharrt, um die Stimmung zu erleben. Der Schreibstil passt zum Protagonisten und seiner Geschichte, er ist flüssig, dabei aber sarkastisch und ironisch, ganz wie ich es mag. Das Ende vom Lied ist ein nachdenklicher Leser und eine Geschichte, die man hoffentlich nicht vergisst.

Lesen Sie weiter

Russland in der Post-Sowjet und vor-Putin Zeit. Oligarchen bedienen sich schamlos am Reichtum und den Bodenschätzen des Landes. Das Geld fließt in ihre Taschen wie abends der Champagner in die Münder fließt. Geschäfte dienen den Reichen, der unteren Hälfte der Gesellschaft bleibt nur der Kampf ums Überleben. Anton entflieht dem Westen, wo sogar Revolutionen friedlich und freundlich verlaufen und stürzt sich in die Moskauer Geschäftswelt. Für den Unternehmer Paul Ehrenthal kümmert er sich um das Kohlegeschäft und löst Probleme, wo sie entstehen: mal in Sibirien, mal in der Ukraine. Schnell lernt der Deutsche sich anzupassen, ohne politische Meinung und als Ausländer wird von ihm nicht viel erwartet und er kann in den 1990ern ein lockeres und entspanntes Leben führen. Doch die Zeiten ändern sich und irgendwann muss auch Anton sich entscheiden. Arthur Isarins Roman ist ein Blick in eine Gesellschaft, die losgelöst vom staatlichen System ihre eigenen Gesetze entwickelt hat und in der alles möglich scheint. Aus heutiger Sicht mit fast 20 Jahren Putin-Herrschaft, ist das Land nicht wiederzuerkennen, verheißungsvoll waren die Jahre nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, die ersten Schritte im Kapitalismus, die jedoch die Versprechungen nicht halten konnten. „Blasse Helden“ fängt den Rausch ein, in dem sich diejenigen befanden, die sich schnell umgestellt und mit den neuen Begebenheiten arrangiert hatten. Anton lebt in einer Blase aus Macht und Spaß-Gesellschaft; er hat keine Verpflichtungen und schafft es, sich lässig zwischen den Russen zu bewegen. Die notwendigen Konventionen hat er schnell übernommen, die Moral über Bord geworfen und sich so gemütlich in seinem Dasein eingerichtet. Man bekommt einen Blick in die Geschäftssitten, die klar auf Gewinnmaximierung und Ignoranz etwaiger Gesetzte ausgerichtet sind. Wen man kennt, ist entscheidender, als was man kann. Schnelllebig wie die damalige Moskauer Zeit liest sich auch das Buch, rasant schreiten die Jahre voran, die Welt außerhalb Antons Kosmos erscheint jedoch immer wieder am Rand. Hier lernt man das andere Moskau, das andere Russland kennen. Armut, Bestechung, Vetternwirtschaft, notwendige Prostitution – die negativen Begleiterscheinungen des Kapitalismus bleiben nicht aus und selbst Anton kann sie nicht gänzlich ausblenden. Auch wenn der Ton bisweilen ironisch oder gar sarkastisch wird, man spürt den Schmerz eines Erzählers, der das Land liebt und sieht, wie es vor die Hunde geht. Die Menschen haben schon immer viel ertragen und stoisch werden sie das auch weiterhin tun. Es schwebt jedoch die Frage über allem, wieviel ein Volk tatsächlich aushalten kann, bis es sich erhebt. Kommunistische Unterdrückung gefolgt von Ausbeutung durch Oligarchen, beide Extreme haben es dem kleinen Mann nicht leicht gemacht und die Versprechungen wurden nie erfüllt - muss ein starker Mann im Kreml da die Lösung sein? Arthur Isarin lässt einem nachdenklich zurück. Ein berauschendes Buch, dessen Nachwirkung ein Kater ist.

Lesen Sie weiter

Wir stellen nicht sicher, dass Rezensent*innen, welche unsere Produkte auf dieser Website bewerten, unsere Produkte auch tatsächlich gekauft/gelesen haben.