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Rezensionen zu
Nichts, um sein Haupt zu betten

Françoise Frenkel

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Erinnerungen an ein früheres, gefahrvolles Leben in Deutschland zu Zeiten des Nazi-Regimes – die meisten erst Jahrzehnte später mit zeitlichem Abstand von jüdischen Emigranten oder politisch Verfolgten als Buch veröffentlicht – kennen wir unzählige. Etwas ganz anderes sind die Erinnerungen der polnischen Jüdin Françoise Frenkel (1889-1975), die nach ihrer erst im dritten Versuch geglückten Flucht von Frankreich in die Schweiz in den unmittelbar nachfolgenden Monaten am Ufer des Vierwaldstätter Sees ihre Erlebnisse niederschrieb. Diese Aufzeichnungen erschienen bereits 1945 in einem Schweizer Verlag – und gerieten in Vergessenheit. Erst 70 Jahre später wurde ein Exemplar dieser französischsprachigen Originalausgabe auf einem Trödelmarkt in Frankreich wiederentdeckt und 2015, ergänzt um ein sehr persönliches Vorwort von Nobelpreisträger Patrick Modiano sowie zahlreiche Fotos, erneut veröffentlicht. Die deutsche Übersetzung erschien erstmals im Sommer 2016 unter dem Titel „Nichts, um sein Haupt zu betten“ und nun im Februar 2018 als Taschenbuch im btb-Verlag. Françoise Frenkel, die eigentlich Frymeta Idesa Frenkel hieß, verließ einst ihre polnische Familie im Landkreis Lodz, um in Paris zu studieren. Aus Liebe zur französischen Kultur, Sprache und Literatur eröffnete sie 1921 eher zufällig in Berlin eine Buchhandlung mit ausschließlich französischsprachigen Zeitungen und Büchern. Bald entwickelte sich die Buchhandlung zu einem Treffpunkt französischer Schriftsteller auf Leserreise und intellektuell gebildeter Deutscher. Frenkel hatte sich in wenigen Jahren in Berlin einen Namen als Botschafterin französischer Kultur gemacht. Die Schilderung ihrer Berliner Jahre zwischen 1921 und 1939, jener Jahre der schrittweisen politischen Veränderung in der einst so weltoffenen Reichshauptstadt, ist auf eine Art ebenso faszinierend wie die nachfolgenden Schilderungen ihrer Jahre des Exils erschütternd sind. Im August 1939 sah sich Frenkel nach zunehmender Behinderung durch die Nazis gezwungen, in Berlin alles aufzugeben, mit nur wenigen Koffern erst nach Paris und nach dessen deutscher Besetzung in den Süden nach Nizza zu fliehen. Als auch dort die Razzien durch das kollaborierende Vichy-System zunahmen, wurde sie von französischen Bekannten in wechselnden Verstecken, in Hinterzimmern und sogar einem Kloster verborgen, bis ihr endlich 1943 die Flucht in die Freiheit gelang. Die Aufzeichnungen Frenkels, unmittelbar nach gelungener Flucht verfasst, leben von ihrer Authentizität. Da wird nichts verfälscht, nichts aus späterer „Besserwisserei“ tendenziös dargestellt. Diese Jahre der Heimatlosigkeit mit schließlich dreimaligem Fluchtversuch schildert Frenkel sehr bewegend in allen Einzelheiten. Sie beschreibt tagebuchartig ihre Ängste in den Nächten, ihre Selbstmordgedanken, aber auch ihre Träume und Hoffnungen auf Friedenszeiten. Sie charakterisiert Franzosen als „Menschen guten Willens“, die ihr behilflich waren, auch die teils selbstlosen, teils windigen Fluchthelfer, aber ebenso die Beamten, Polizisten, Milizen und andere Kollaborateure. Wir lernen diese Menschen mit ihren Stärken und Schwächen kennen. Frenkel schildert den alltäglichen Verlauf eines Lebens auf der Flucht oder im Verborgenen, wie es damals in Frankreich für ausländische und erst recht für jüdische Flüchtlinge Alltag war. Das Buch „Nichts, um sein Haupt zu betten“ bewegt auch noch nach 70 Jahren seine Leser, da es eine authentische und unverfälschte Schilderung jener Jahre ist.

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Francoise Frenkel war eine Bücherliebhaberin und Autorin. Sie stammt aus einer polnischen jüdischen Familie. Nachdem sie in Paris Literaturwissenschaft studierte, eröffnete sie 1921 mit ihrem Mann „La Maison du Livre francais“ die erste französische Buchhandlung in Berlin. Doch 1939 flieht sie vor dem Nationalsozialismus, über Paris quer durch Frankreich, bis nach Nizza. In dem Buch „Nichts, um sein Haupt zu betten“ erzählt die Autorin nach dem Krieg von ihren Jahren in Nazi-Deutschland und ihrer Flucht. Das Buch hat fast die Form eines Tagebuches, in dem die Erlebnisse chronologisch erzählt werden. Dabei werden die Kapiteln in Städtenamen aufgeteilt und es ist möglich der Autorin in ihrer Flucht zu folgen. Die dramatischen Ereignisse werden in einer neutralen Sprache wiedergegeben, was vielleicht auch an der Übersetzung liegen kann. Francoise Frenkel hat das Buch im September 1945 in der Schweiz veröffentlicht, das durch Zufall wiederentdeckt und nachgedruckt wurde. Francoise Frenkel erzählt über ihre Erlebnisse sowie Beobachtungen. Sie lernt sehr viele Leute kennen, zum einen die, die für Flüchtlinge ihr Leben riskieren, zum anderen auch die, die sich an den Flüchtlingen bereichern wollen. Es ist mir ehrlich gesagt etwas schwer gefallen, das Buch in ein Genre einzuordnen, man kann das eigentlich auch als einen autobiografischen Roman betrachten, das auf jeden Fall viel zu bieten hat.

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Dieser Zeugenbericht von Françoise Frenkel ist unglaublich und ergreifend zugleich. Die polnische Jüdin erfüllte sich nach ihrem Literaturstudium in Paris einen Traum und eröffnete 1921 eine französische Buchhandlung in Berlin. 19 Jahre später, kurz vor Ausbruch des Krieges, musste sie das Geschäft aufgeben und nach Paris flüchten. Ab da beginnt eine Odyssee quer durch das besetzte Frankreich über Avignon, Vichy und Nizza bis in die Schweiz, die man sich kaum vorstellen kann, würde die Autorin sie nicht so fesselnd und authentisch schildern. Sie berichtet von den Lebensverhältnissen während der Vichy-Regierung, als die Bevölkerung den Besatzern und ihren dekadentem Lebensstil möglichst aus dem Weg ging. Die Lage spitzt sich jedoch immer mehr zu, und bald stehen Diebstähle, Erpressungen, Flucht, Verhaftungen und Deportationen auf der Tagesordnung. Was die Menschen damals nicht alles versucht haben, um sich in Sicherheit zu bringen! Das Besondere an ihrem Bericht ist, dass Frenkel immer wieder die Menschlichkeit hervorhebt, die sie in ihrem durch Einsamkeit, Angst und Schrecken geprägtes Leben erfahren hat. So beschreibt sie viele bewegende Szenen der Solidarität, zum Beispiel auf der Post, wo sich Menschen voller Hoffnung und Erwartung zusammenfanden und sich Mut zusprachen, im Zug, wo Reisende sich gegenseitig Fotos von Familienangehörigen und Mitbringsel zeigten und Lebensmittel schenkten oder im Hotel Roseraie, das Flüchtlinge verschiedenster Nationalitäten aufnahm. Wie anders wäre ihr Leben verlaufen, wenn Frenkel nicht Menschen voller Güte und Fürsorge wie das Ehepaar Marius getroffen hätte, die ihr in Nizza Unterschlupf boten und ihr Leben riskierten. Sie versäumt ebensowenig, ihre Empfänglichkeit für die Schönheit der Natur und der Städte zu beschreiben und die Stimmung an der Promenade des Anglais oder auf einem Blumenmarkt atmosphärisch wiederzugeben. Ihr Zeugenbericht ist ein Juwel und hat sich stark in mein Gedächtnis eingeprägt.

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