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Rezensionen zu
Niedergang

Michel Onfray

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Eines muss man Onfray lassen: Schreiben kann er. Sein Schreibstil war wirklich spannend, teilweise zu spannend, weil ich an einigen Stellen nicht mehr von einer quasi "Nacherzählung der Ereignisse" (Historischer Konsens) und Sachbuch unterscheiden konnte. Was ich wirklich seltsam fand, war, dass es hier keine Fußnoten mit entsprechenden Belegen gab, wie ich sie bspw schon in diversen schulischen und universitären Arbeiten anlegen musste. Das Einzige, was 'belegt' wird, sind die Bibel- oder Koranstellen und das auch nur mit den jeweiligen Absatznummern ohne Angabe von Ausgabe oder Hrsg./Übersetzer/Verlag/im Christentum Art der Kirche (kath/prot). Ein Quellenregister ist allerdings vorhanden, doch recht dürftig, wenn man es einmal in Relation zu der Länge des Gesamtwerkes zieht. Toll fand ich persönlich die Chronologie im Anhang, die allem noch einmal abschließend eine gewisse Ordnung und Nachvollziehbarkeit gibt. Ich bin keine Historikerin und kann deshalb nicht sagen, ob dieses Buch nun wissenschaftlich korrekt ist oder nicht. Ich kann mich michael_lehmann-pape (Lovelybooks) nur anschließen, wenn er sagt, dass das Werk eher einer Meinungsäußerung gleichkommt als denn einer wissenschaftlichen Abhandlung. Eine interessante, teilweise wirklich hochkontroverse Meinung, aber nichtsdestotrotz faszinierend in ihren Grundzügen. Deshalb vergebe ich auch 4/5 Sternen.

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Ich lese es zum zweiten Mal diesmal auf deutsch und wenn ich ein Buch empfehlen sollte, dann dieses!

Buchhandlung Hollmann GmbH

Von: Patrice Guin aus Berlin

01.06.2018

Ein großartiges Werk, ein schwieriges Buch. Die Schwierigkeit liegt im Wortschatz - oft in der Wortwahl selbst, die das Heranziehen der Brockhaus Enzyklopädie, für die Franzosen des „Petit Robert“ erforderlich macht; sie liegt auch in den vielen Anspielungen auf rein französisches Gebiet der Kunst und der Philosophie, Sachverhalte und Zusammenhänge, die für den französischenLeser geläufig sind, zumindest nicht fremd, für das deutsche Publikum aber weitgehend unbekannt bleiben. Die Schwierigkeit liegt aber auch -und vor allem tiefer sitzend- in einer grundlegend realistischen, materialistischen Auseinandersetzung mit dem Stoff, um den es geht, sei es die Religion, die Politik, die Kunst, der Krieg etc. Diese Art der Interpretation entspricht schwerlich dem deutschen Geist, der vom Idealismus und Abstraktion traditionell geprägt ist. Wie auch immer ist dieses Buch absolut lesenswert, monumental, aufklärerisch bis zum Manipulativen, den Sie denken nach der Lektüre wenn nicht anders, zumindest differenzierter.

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„Nicht Kulturen bringen Religionen hervor, sondern Religionen sind der Ursprung der Kulturen“. Eher lapidar am Rande dahingesagt, nicht mit Fußnoten versehen (wie im gesamten Buch, zum Ende hin gibt Onfray einen Überblick über seine Quellen), setzt Onfray mit diesem Satz einen der Eckpfeiler seiner Darstellung, die dystopisch vom „Niedergang der christlich-jüdischen“ Kultur (samt deren Gründung und „Hoch-Zeit“) erzählt, von der bevorstehenden „Übernahme der kulturellen Vorherrschaft in Europa durch den Islam“ und, noch weiter in die Zukunft geschaut, von der Abschaffung des Menschen durch einen „Transhumanismus“. Kritsch sei dabei grundlegend bemerkt, dass ob der fehlenden Literaturverweise im Text des Buches selbst und ob der teils stark subjektiv eingefärbten Sprache, der Vereinfachung mancher Sachverhalte und des zudem nicht selten offen Ressentiment-geladenen Tonfalls ein gewisser Abstand bei der Lektüre eingehalten werden sollte. Eher „Meinung“ denn klare, wissenschaftlich gekennzeichnete „Geschichtsphilosophie“ ist es, die Onfray in diesem Werk vorlegt. Im Übrigen natürlich nicht, ohne vorweg zu schicken, warum das Christentum an sich eine künstliche Schöpfung um ein „Konzept“ herum darstellt (Jesus als Person lebte nie). Auch wenn man (hier oder an anderen Orten) der Argumentation Onfrays folgen sollte, so wäre doch deutlich mehr Differenzierung wünschenswert gewesen. Getreu nach Darwin setzt dagegen Onfray, Atheist und Verächter der „Psychoanalyse“ und aller „Anbiederungen an den Zeitgeist“, sowie kopfschüttelnder Kritiker des „Nihilismus“ und konkreter Kunstformen des 20. Jahrhunderts, seine Linie des „Vitalismus“ als roten Faden durch das Werk. Alles, was lebt, Individuen und Kulturen, folgt dem gleichen Muster von Werden und Vergehen. Geboren werden, aufwachsen, Kraft sammeln, sich seinen Teil Welt aneignen. Dann „mächtig“ sein, das direkte Umfeld (und, im Falle von Hochkulturen, größere Teile der Welt an sich ) beeinflussen (bei Onfray im Übrigen immer durch Macht, Gewalt, Härte, durch „das Schwert“ (nicht „das Jesus-Konzept“, sondern Paulus haben die christliche Kultur des Abendlandes durchgesetzt), was im Gefolge dann „Denker, Professoren, Künstler“ nach sich zieht. Am Ende dann Schwäche, Niedergang, Rückzugsgefechte und auf existenzielle Fragen nur mit „kultureller und glaubensschwacher“ Leere antwortend und damit untergehend. Stringent verfolgt Onfray diese Linie, ohne Links und Rechts Blickrichtungen dem Leser zu ermöglichen. Wie er dabei das zweite vatikanische Konzil als einen „inneren Offenbarungseid“ des Katholizismus beschreibt, das ist schon mit Interesse zu lesen, dass Onfray als erklärter Atheist sich mokiert über die zu große „Nähe zu Gott“, der nun geduzt und nicht mehr gesiezt werden soll. Wenn er zudem lapidar feststellt, dass die militärische Macht Europas nicht mehr existiert und eben niemand bei klarem Verstand „sein Leben für ein I-Phone“ opfern würde (im Gegensatz zur begeisterten Opferung des eigenen Lebens für religiöse Ideen), dann scheint an diesen und vielen anderen Stellen im Werk deutlich heraus, wie sehr Onfray die Moderne, den „schwachen Menschen“ und die kraftlosen „Gläubigen“ verachtet. Doch sollte man nicht zu schnell das Tuch über dem Werk zerreißen. Bei aller Angreifbarkeit in Darstellung und vielfach einseitigen, harschen Meinungen (der Islam gewinnt, weil er einfach mehr Nachkommen generiert und will die Scharia und sonst nichts), Onfray gelingt es durchaus, dem Leser Stoff zum Nachdenken zu bieten. Mit seinen klaren Verweisen, dass es immer „Oligarchie“ ist, die das weltweite Geschehen bestimmt, mit seinen Beispielen, wie schnell aus „überzeugten Kommunisten“ ebenfalls „überzeugte Markt-Radikalisten“ wurden. Oder indem er aufzeigt, dass „Kapitalismus“ keine „Religion durch Karl Marx ist“, sondern immer schon das Leben der Kulturen bestimmt hat. Und wenn er, das muss man schon sinken lassen und eine Antwort darauf finden, die Reaktionen der westlichen, vor allem europäischen, Demokratien auf die (immer noch geltende) „Fatwa“ gegen Salman Rushdie und die Reaktionen auf den Anschlag bei Charlie Hebdo zutiefst abwertend anklagt. Gerade im Blick auf Rushdie ist es tatsächlich die Frage, warum Botschafter nicht abgezogen, Sanktionen nicht eingeleitet, ein klarer Bruch zum „religiösen Regime“ in Isfahan nicht vollzogen wurde. Denn einen Autor unter weltweites Todesurteil zu stellen und, am Ende, bis heute, damit durchzukommen, dass ist schon eine Anfrage an die „Verteidiger der Werte der Freiheit“ wert. Und das ist nicht die einzige Frage, die Onfray zu Recht, wenn auch in Form und Stil stark kritisierbar, dem Leser auf den Weg wirft. Eine subjektive, hart wertende Darstellung, wie das Christentum „Weltreligion“ wurde (mit Gewalt), sich an der Macht hielt (mit Gewalt), die Welt heutzutage „kuscht“ (vor Gewalt und markigen Worten), dass vielleicht tatsächlich der christlichen Welt die „alten mosaischen Gesetze“ der patriarchalischen Kultur wieder an vielen, vielen Orten wieder „übergestülpt“ werden, dass der „Konsumismus“ als Religion nicht taugt und dass der Islamismus nicht im Fanatismus an sich, sondern durchaus in einer bestimmten Lesart des Korans verwurzelt. Ein Werk, dass differenziert betrachtet werden sollte, nicht einfach in seinen Thesen übernommen werden kann, aber vielfache Informationen als „Gesamtschau“ enthält mit Folgerungen, die nicht einfach pauschal von der Hand zu weisen sind.

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