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Rezensionen zu
Neujahr

Juli Zeh

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€ 20,00 [D] inkl. MwSt. | € 20,60 [A] | CHF 27,90* (* empf. VK-Preis)

Klappentext: Lanzarote am Neujahrsmorgen: Henning will mit dem Fahrrad den Steilaufstieg zum Pass von Fermés bezwingen. Während er gegen Wind und Steigung kämpft, denkt er über sein Leben nach. Eigentlich ist alles in bester Ordnung. Er liebt seine Frau, hat zwei gesunde Kinder und einen passablen Job. Aber Henning geht es schlecht. Familienernährer, Ehemann, Vater – in keiner Rolle findet er sich wieder. Er leidet unter Angstzuständen und Panikattacken, die ihn regelmäßig heimsuchen. Als Henning schließlich den Pass erreicht, trifft ihn die Erkenntnis wie ein Schlag: Er war als Kind schon einmal hier. Damals hat sich etwas Schreckliches zugetragen, das er bis heute verdrängt hat ...
 Meinung: Die Gestaltung des Hörbuchs ist sehr ansprechend und der Zuhörer verspürt direkt Lust zum Loshören. Zu Beginn fand ich das Hörbuch supergut. Hier unternimmt der Protagonist eine Fahrradtour, während der er über sein Leben nachdenkt. Dies führt auch dazu, dass sich der Zuhörer ebenfalls Gedanken über sein Leben macht. Anschließend weckt ein Ort bei der Hauptfigur alte Erinnerungen und beginnt in ihn zu schwelgen. Wir als Zuhörer erfahren von seinem Kindheitstrauma. Dies war mir ein bisschen zu langwierig, weshalb ich kurzzeitig die Lust am Hören verloren habe. Das Ende war dahin Gegend wieder sehr gut. Auch die Stimme des Sprechers passt perfekt zum Hörbuch und er kann die Personen sehr gut verkörpern. Zum Schluss möchte ich betonen, dass das Hörbuch im oberen Drittel der drei Sterne angesiedelt ist.

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NeuJahr

Von: Sternchen aus Neubrandenburg

05.02.2020

Ein Buch welches sich in seichter Psychodramatik versucht, extrem kurzweilig, langweilig und auch nicht tiefsinnig, enttäuschend von der Handlung, Sprache ist gut fesselt aber die Handlung eher schwach, in eigenen Träumen nachvollziehbar aber für einen klasseroman reicht sowas nicht

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"Wenn er versucht, falsche Gedanken zu vermeiden, rennt er wie ein gehetztes Reh durch den eigenen Kopf.“ Neujahr von Julie Zeh ist im November 2019 als Taschenbuchausgabe bei btb erschienen. Am Neujahrsmorgen bezwingt Henning mit einem Fahrrad die Steilauffahrt nach Femés und reflektiert derweil über sein Leben. Eigentlich ist alles in Ordnung, seiner Familie geht es gut, doch er befindet sich in einem unausweichlichen Dauerzustand: Familienernährer, Vater, Ehemann, und ES - seine Panikattacken. Als er schließlich die Spitze des Hangs erreicht, ist Henning körperlich am Ende, bricht zusammen und bemerkt, dass er hier schon einmal war. Erinnerungen brechen über ihn herein und die erschreckende Erkenntnis über die Tragödie, die sich damals zugetragen hat. Da merkt er, dass ihn das, was er zu verdrängen versucht hat, bis heute verfolgt. Wie im Rausch erzählt Julie Zeh die Geschichte von Henning in der Gegenwart, der nahen und der fernen Vergangenheit. Eindrucksvoll beschreibt sie seine Sorgen und Gedanken, was ihn bewegt und ängstigt, womit er umgehen und was er erleiden muss. Erfolgreich hatte er bis zum gemeinsamen Familienurlaub auf Lanzarote verdrängt, dass er bereits einmal dort war und sich Schreckliches zugetragen hat. Durch diese Hilflosigkeit und das Wissen um die Vergangenheit wird unterschwellig eine gewaltige Empathie erzeugt und der Leser zum Reflektieren angeregt. Bis zuletzt ist nicht klar, ob sich die Ereignisse wirklich so zugetragen haben mögen, oder das Ergebnis der Fantasien des dehydrierten Mannes sind. Schließlich kommt er jedoch in einem offenen Ende scheinbar zu einer Erkenntnis. Die so erhaltene Spannung hat mich berauscht durch die Geschichte getragen und in Atem gehalten. Julie Zeh weiß mit Worten umzugehen, mit ihnen zu spielen und auf den Punkt Gedanken und Wendungen einzubringen. So ist dieser Roman inspirierend, erschreckend und ergreifend zugleich, erfordert jedoch die uneingeschränkte Aufmerksamkeit des Lesers. Vielen Dank an den btb Verlag für das kostenlose Rezensionsexemplar.

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Mit seiner Familie ist Henning über die Weihnachtstage nach Lanzarote verreist. Er wollte von zuhause weg und ist nun auf der Insel mit dem Fahrrad unterwegs, möchte den Steilaufstieg nach Fermés bezwingen. Dabei kommen ihm, der in seiner Rolle als Ehemann und Familienvater unzufrieden ist, auf einmal Erinnerungen, die lange in ihm geschlummert haben. Von „Neujahr“ hatte ich immer mal wieder etwas gehört, habe es bislang aber nicht gelesen oder gehört. Nun bin ich in der Bücherei über das Hörbuch gestolpert, habe es ausgeliehen und direkt angehört. Gesprochen bzw. gelesen wird dieses Hörbuch von Florian Lukas. Ihn habe ich vor allem durch eine Rolle im Tatortreiniger „kennengelernt“ („Angehörige“) und schon da hat mir seine angenehme Art sehr gut gefallen. Auch beim Hörbuch ist mir das aufgefallen, er hat eine wirklich angenehme Stimme, die gut zur Geschichte passt, er betont an der richtigen Stelle, bringt Bewegung hinein, es passt einfach. Ihm zuzuhören war echt toll. Von der Geschichte her wusste ich nicht genau was mich wirklich erwartet, so dass ich echt gespannt war, was sich hier für Erinnerungen an einen vorherigen Besuch von Henning auf der Insel auftun. Man merkt, wie unzufrieden er generell mit der Situation ist, was auch beim Radfahren gut umgesetzt wurde, vor allem anhand der Schilderungen, wie er fährt, was er dabei tut, etc. Als die Geschichte dann so richtig in die Tiefe geht, ist mir fast der Atem weggeblieben. Ich hatte dann schon eine kleine Ahnung, aber Schilderungen können doch durchaus heftig sein, wenn man sein Kopfkino entsprechend dazu sieht, welches man ja nicht ausschalten kann. Es sind dramatische Situationen und man entwickelt selbst fast eine Wut, die sich später in einer gewissen Weise aber wieder gelegt hat. Es kommt eben auf die Sichtweise und genauere Erläuterungen an. Dennoch war es für mich eine echt heftige Geschichte, ein krasses Drama, das sehr spannend und tiefgründig war, das aber auch aufgezeigt hat, dass manche Situationen besser aufgearbeitet werden sollten und man diese nicht einfach abtun darf. Mir hat die Geschichte von „Neujahr“ gefallen, sie hat mich aber auch absolut sprachlos gemacht teilweise. Sehr spannend, gut verständlich, alles gut beschrieben. Von mir gibt es 5 von 5 Sternen und eine Empfehlung.

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Am Neujahrsmorgen quält Henning sich einen Steilanstieg auf Lanzarote hinauf. Das Fahrrad ist geliehen und schlecht geeignet, an Wasser hat er nicht gedacht und untrainiert ist er auch noch. Aber aufgeben will er auf gar keinen Fall. Überhaupt wollte er ja wieder mehr Fahrrad fahren, aber zu Hause kommt man ja nicht dazu. Der Job, die Frau, die Kinder. Henning und seine Frau haben beschlossen, die Kinder wirklich gleichberechtigt großzuziehen. Beide arbeiten Teilzeit, beide noch ein bisschen im Home Office. Sie erfolgreicher als er. Verzweifelt ist Henning bemüht, diese Verdienst-Diskrepanz über Leistung in Haushalt und Vatersein wett zu machen. Das alles stresst ihn so sehr, dass er seit einiger Zeit unter Panik-Attacken leidet. Tagsüber kann er das ganz gut überspielen, aber nachts leidet er Todesängste, wenn sein Herz sich verkrampft und er kaum mehr atmen kann. Der gemeinsame Urlaub auf den Kanaren sollte auch eine Flucht davor sein. Doch unverhofft holt ihn noch viel mehr ein als nur die familiäre Krise. Wie auch schon in "Nullzeit" fand ich beeindruckend, wie es Juli Zeh gelingt, die körperliche Beklemmung einer Situation in Worte zu fassen. Man leidet wirklich sehr mit Henning, während er sich an diesem Berg abstrampelt, nicht aufgeben will, aber dem Wind kaum mehr etwas entgegensetzen kann. Man spürt die ungläubige Verzweiflung und das Reißen in den Oberschenkeln, das Brennen in der Lunge. Auch die Geschichten, die Henning nur erinnert, während er auf dem Fahrrad sitzt, werden beeindruckend geschildert. "Neujahr" ist ein knapper, überzeugender und sehr lesbarer Roman.,Am Neujahrsmorgen quält Henning sich einen Steilanstieg auf Lanzarote hinauf. Das Fahrrad ist geliehen und schlecht geeignet, an Wasser hat er nicht gedacht und untrainiert ist er auch noch. Aber aufgeben will er auf gar keinen Fall. Überhaupt wollte er ja wieder mehr Fahrrad fahren, aber zu Hause kommt man ja nicht dazu. Der Job, die Frau, die Kinder. Henning und seine Frau haben beschlossen, die Kinder wirklich gleichberechtigt großzuziehen. Beide arbeiten Teilzeit, beide noch ein bisschen im Home Office. Sie erfolgreicher als er. Verzweifelt ist Henning bemüht, diese Verdienst-Diskrepanz über Leistung in Haushalt und Vatersein wett zu machen. Das alles stresst ihn so sehr, dass er seit einiger Zeit unter Panik-Attacken leidet. Tagsüber kann er das ganz gut überspielen, aber nachts leidet er Todesängste, wenn sein Herz sich verkrampft und er kaum mehr atmen kann. Der gemeinsame Urlaub auf den Kanaren sollte auch eine Flucht davor sein. Doch unverhofft wird er noch mit viel mehr als dem familiären Stress konfrontiert. Wie auch schon in "Nullzeit" fand ich beeindruckend, wie es Juli Zeh gelingt, die körperliche Beklemmung einer Situation in Worte zu fassen. Man leidet wirklich sehr mit Henning, während er sich an diesem Berg abstrampelt, nicht aufgeben will, aber dem Wind kaum mehr etwas entgegensetzen kann. Man spürt die ungläubige Verzweiflung und das Reißen in den Oberschenkeln, das Brennen in der Lunge. Auch die Geschichten, die Henning nur erinnert, während er auf dem Fahrrad sitzt, werden beeindruckend geschildert. "Neujahr" ist ein knapper, überzeugender und sehr lesbarer Roman.

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Neujahr von Juli Zeh Inhalt: Lanzarote, am Neujahrsmorgen: Henning sitzt auf dem Fahrrad und will den Steilaufstieg nach Femés bezwingen. Seine Ausrüstung ist miserabel, das Rad zu schwer, Proviant nicht vorhanden. Während er gegen Wind und Steigung kämpft, lässt er seine Lebenssituation Revue passsieren. Eigentlich ist alles in bester Ordnung. Er hat zwei gesunde Kinder und einen passablen Job. Mit seiner Frau Theresa praktiziert er ein modernes, aufgeklärtes Familienmodell, bei dem sich die Eheleute in gleichem Maße um die Familie kümmern. Aber Henning geht es schlecht. Er lebt in einem Zustand permanenter Überforderung. Familienernährer, Ehemann, Vater – in keiner Rolle findet er sich wieder. Seit Geburt seiner Tochter leidet er unter Angstzuständen und Panikattacken, die ihn regelmäßig heimsuchen wie ein Dämon. Als Henning schließlich völlig erschöpft den Pass erreicht, trifft ihn die Erkenntnis wie ein Schlag: Er war als Kind schon einmal hier in Femés. Damals hatte sich etwas Schreckliches zugetragen - etwas so Schreckliches, dass er es bis heute verdrängt hat, weggesperrt irgendwo in den Tiefen seines Wesens. Jetzt aber stürzen die Erinnerungen auf ihn ein, und er begreift: Was seinerzeit geschah, verfolgt ihn bis heute. Meine Meinung: Juli Zeh hat wie immer einen gewaltigen Roman geschrieben. Sie schildert Kindheitstraumata, die Einfluss auf das Erwachsenenleben und die Psyche des Menschen. Dabei verflechtet sie die menschlichen Abgründe, Macht, Hilflosigkeit, psychische Krankheit und die Gesellschaftsform eindrucksvoll und schildert die Nöte und Ängste vieler Menschen in unserem gesellschaftlichen Hamsterrad. Immer höher, schneller, weiter, besser als alle Anderen, doch zu welchem Preis? Das schildert Juli Zeh eindrucksvoll und zugleich tief berührend, nicht zuletzt durch ihren grandiosen Schreibstil und die klar beschriebenen Protagonisten. Letztendlich besinnt sie den Leser dazu auf seine eigene psychische Gesundheit zu achten und achtsam mit sich selbst umzugehen. Eine Meinung zu diesem Buch zu schreiben, die nichts vom Inhalt verrät ist schwer. Ich kann so viel sagen: Das Buch regt zum Nachdenken an und bleibt unheimlich lange im Kopf des Lesers. Es ist durchaus keine leichte Lektüre und sollte nur von Menschen gelesen werden, die sich nicht gerade in einer psychischen Krise befinden. Es ist unheimlich verstörend und zeitgleich außergewöhnlich. Juli Zeh trifft ein brisantes Thema und beschreibt es dermaßen treffend. Einfach ein Buch, was nachhaltig wirkt.

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Während eines Urlaubs auf Lanzarote begibt sich Henning am Neujahrsmorgen mit dem Fahrrad auf den Weg nach Femés. Sehr unprofessionell ausgestattet, ohne jegliche Verpflegung, mit dem Wetter und dem steilen Anstieg kämpfend, denkt er über sein Leben nach. Er hat alles, was man sich wünschen kann: Eine intakte Beziehung, zwei Kinder und einen guten Job. Doch seine derzeitige Lebenssituation und die neue Rollenverteilung überfordert ihn. Immer wieder wird er von Panikattacken heimgesucht, die ihn an seinem Verstand zweifeln lassen. Als er völlig entkräftet das Bergdorf erreicht, fühlt er sich in seine Kindheit zurückversetzt und muss sich mit dramatischen Erinnerungen auseinandersetzen, die sein ganzes Leben geprägt haben… Mit ihrem sehr kurzen Neuling „Neujahr“ hat Juli Zeh eine schockierende, verstörende und sehr aufwühlende Geschichte geschrieben. In ihrem gewohnt klaren Stil versteht sie es, eine fast unerträgliche Spannung mit der notwendigen Tiefe zu schaffen. Trotz der Kürze dieses Romans werden die traumatischen Erlebnisse und schrecklichen Erinnerungen des Hauptprotagonisten äußerst intensiv geschildert. Man liest wie in Trance weiter und will unbedingt herausfinden, was mit Henning und seiner kleinen Schwester Luna geschehen ist. Was habe ich mit den beiden gefühlt und gelitten… Ein Alptraum, der noch lange nachhallt! Auch wenn dieser Roman für mich nicht an mein Lieblingswerk „Unterleuten“ heranreicht, beweist Juli Zeh dennoch mal wieder große Erzählkunst!

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Juli Zeh ist dafür bekannt, mit ihren Romanen gesellschaftlich virulente Probleme aufzugreifen und in zugespitzt konstruierten Versuchsanordnungen als Gesprächsstoff aufzubereiten. Das zumindest gelingt ihr auch mit ihrem jüngsten Buch Neujahr hervorragend. Reden wir also von Überforderung. Passt ja irgendwie perfekt in die Zeit. Reden wir von dem permanenten Zwang zur guten Performance, von Leistungsdruck und der Erwartung, funktionieren zu müssen, reden wir auch von emotionaler Leere und dem Gefühl, an der Oberfläche auf Betriebstemperatur herunterzukühlen, während darunter die Lava brodelt. Reden wir davon, dass wir uns die Fassade selbst nicht mehr abnehmen, dass uns nach Heulen und Schreien zumute ist und wir dennoch achselzuckend und mit einem leisen Lachen den Schwanz einklemmen. Dass wir weitermachen, weil wir nicht anders können. Reden wir von den Träumen auszusteigen und uns selbst zu verwirklichen, reden wir auch von dem dummen Pflichtgefühl, der Verantwortung, den finanziellen Zwängen. All das steckt in dieser Geschichte von Henning und seiner Familie. Juli Zeh erzählt von einem überforderten Vater, der sich mit Theresa, seiner Frau zu gleichen Teilen Arbeit und Erziehung teilt. Damit trifft sie bei mir so einige wunde Punkte. Die Tretmühle des Alltags, die von früh bis spät kein Halten kennt, der permanente Wechsel zwischen Familienleben und Arbeitsrealität, manchmal nur zwei Wischbewegungen auf dem Smartphone voneinander entfernt, das Gefühl, in beidem nicht sonderlich zu brillieren, sondern sich mit Organisationstalent und viel Glück von Task zu Task zu improvidsieren, die ratternden Gedanken und das Gefühl der Unzulänglichkeit, das auch nachts nicht zur Ruhe kommt – hinlänglich bekannt. Auf den ersten Seiten nimmt mich Neujahr denn auch ziemlich mit. Vom "Funktionieren" und anderen Katastrophen Henning lebt, so heißt es, im ständigen Gefühl, es stünde eine Katastrophe bevor. ... Sein Leben gleicht einer Flucht, er kann nichts zu Ende bringen, hat für nichts richtig Zeit. Dabei funktionieren Theresa und er als Paar richtig gut, glaubt Henning. Nun haben sie über den Jahreswechsel ein Haus auf Lanzarote gemietet, wo sie zusammen mit ihren Kindern einen – je nach Perspektive – ziemlich katastrophalen Urlaub verbringen. Während Henning am Neujahrsmorgen in die Pedalen tritt, um sich, dem Wind entgegen, den Berg hinauf nach Femés zu arbeiten, endlich raus, endlich allein, aus einer Tretmühle in die andere, beschäftigen sich seine Gedanken mit dem Leben zuhaus und dem so ziemlich gescheiterten Urlaub auf der Insel. So langsam wird deutlich: Alles scheint irgendwie zu funktionieren, ja – eigentlich aber fehlt oft die Kraft, noch öfter die Liebe, und Henning wird von einem dunklen Leiden verfolgt, das für schlaflose Nächte sorgt. Der zeitweilige Ausstieg, natürlich selbst auch schon wieder eine extreme Form der Überforderung, führt, man ahnt es schon, hinein das dunkle Zentrum aller Probleme. Ich klettere schon wieder auf einen Berg, denkt Henning. Was ist bloß mit mir los. Ein Sisyphos ohne Stein. Grenzen der Versuchsanordnung Es sind nicht die Klischees in der Familienkonstellation, die mich stören. Klischees können auch Dinge verdeutlichen. Juli Zeh nimmt in ihrem Roman ja auch ein klischeehaftes, aber durchaus allgegenwärtiges gesellschaftliches Rollenbild aufs Korn (junges Paar, Kernfamilie, Vertreter der kreativ arbeitenden Klasse). Allerdings gelingt es ihr nicht so recht, das Rollenbild zu brechen oder den Figuren eine Tiefe zu geben. Mit Ausnahme vielleicht von Henning und seiner (im 2. Teil eine größere Rolle spielenden) Schwester bleiben die Figuren Abziehbilder. Fast scheint es, als hätte es Zeh darauf angelegt, den stereotypen Figuren ihre Individualität zu verweigern, um sie umso allgemeingültiger wirken zu lassen. Schon die gleichförmige, wenig individuelle Sprache der Kinder wie der Erwachsenen führt schnell zu Ermüdungserscheinungen. Während sich Henning den Berg hinaufkämpft, mehren sich noch dazu die Zeichen, dass hier irgendetwas ganz mächtig faul ist; so zieht sich der Anstieg nicht nur in die Länge, mit jeden Höhenmeter schlägt die Autorin auch immer wieder neue Wegweiser in die Landschaft, die überdeutlich und unübersehbar das Kommende ankündigen. Was folgt, ist irgendwann derart vorhersehbar, dass man als Leser nur darauf wartet, dass es endlich auch kommt. Einfache Antworten auf komplexe Probleme Auf dem höchsten Punkt angelegt, steigt Henning hinab in die Tiefen der Erinnerung. Der zweite Teil von Neujahr schildert eine (vergessene) Schlüsselepisode aus seiner Kindheit. Zeh belohnt ihren Protagonisten für seine aufopferungsvolle Bergtour damit, dass sie ihm das größte Geheimnis seines Lebens, die vermeintliche Ursache (all?) seiner Probleme, offenbart – inklusive Lösungsperspektive für die Situation zuhause. Dieser Kurzschluss ist – neben der mit Kontrasten, Metaphern und Analogien überdeutlichen Konstruktion des Romanes – das eigentlich Ägerliche an diesem Buch, das zwei in sich durchaus spannende Erzählungen bietet, aufgeladen mit Symbolik, merkwürdig surreal in ihrer Zuspitzung. Doch wie die eine Erzählung die andere erklären und begründen soll, das ist mir, tut mir leid, doch um einiges zu viel bzw. zu wenig. Angesichts des von der Autorin aufgeworfenen Problems, dem sicherlich nicht nur ich so einiges abgewinnen kann, ist umso irritierender, wie die Überforderung des Individuums, die Suche nach Glück (so der Titel eines Gedichtbandes von Michel Houellebecq, der thematisch gar nicht so weit entfernt ist) und die zu erwartende Enttäuschung auf eine Episode in der Kindheit zurückgeführt wird, die fortan als Trauma das Leben des Protagonisten prägt. Heruntergebrochen: wir sind heute alle so dauererschöpft, können aus dem zwanghaften Verhalten als Helicopter-Eltern, Vorzeige-Papas und erfolgreiche Selbstunternehmer deshalb nicht heraus, weil unsere Eltern uns in entscheidenden Situationen uns selbst überlassen haben. Die erfahrene Lieblosigkeit kompensieren wir mit Liebe bis zur Selbstaufgabe. Dreißig Jahre hat er auf einem unterirdischen Speicher gelebt, auf seiner Höhle, verzweifelt bemüht, das Loch nicht zu sehen, durch das man hineinfallen kann. Einfache Antworten auf komplexe Probleme: am Ende fand ich Neujahr ziemlich enttäuschend. Oder, in der Sprache der Figuren ausgedrückt: Das Buch funktioniert, und darin erschöpft es sich.

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