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Rezensionen zu
Jäger, Hirten, Kritiker

Richard David Precht

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Richard David Precht entwirft in seinem aktuellen Buch „Jäger, Hirten, Kritiker“ eine Utopie für die digitale Gesellschaft. Denn eins ist klar: Die Welt, wie wir sie kennen, wird nicht mehr lange existieren, denn die vierte industrielle Revolution ist im vollen Gang. Die Digitalisierung der Lebens – und Arbeitswelten wird unser gesellschaftliches Zusammenleben verändern, dass laut Precht nur in den Griff zu bekommen ist, wenn die Weichen heute gestellt werden und wir unser Gesellschaftssystem konsequent verändern. Der Grundton seines aktuellen Buches ist, sehr verkürzt ausgedrückt, dass es böse enden wird, wenn es so weiter geht wie bisher und wir bei einem „Weiter so“ bleiben. Der Buchtitel „Jäger, Hirten Kritiker“ geht dabei auf die Definition des Kommunismus in der "Deutschen Ideologie" von Marx und Engels, die in ihrem Buch ein Bild einer postkapitalistischen Gesellschaft entwerfen, zurück. Eine Gesellschaft, die es jedem ermöglichen soll, [Zitat]: „heute dies, morgen jenes zu tun, morgens zu jagen, nachmittags zu fischen, abends Viehzucht zu betreiben, nach dem Essen zu kritisieren, wie ich gerade Lust habe, ohne je Jäger, Fischer, Hirt oder Kritiker zu werden.“ In Marx Jahr 2018, in dem Marx 200 Jahre alt geworden wäre, sind viele Bücher erschienen, die immer wieder betonen, wie aktuell Marx und Engels sind und sein werden. Richard David Precht schließt sich dieser Strömung insofern an, richtet seinen Blick doch in die Zukunft mit der Suche nach Antworten auf die Frage des Zusammenlebens der Gesellschaft. Allerdings ist ein „Weiter so“ wie bisher allerdings nicht möglich, da sich viele der von der Globalisierung bedrohte Berufe auflösen und eine ungeahnte Kraft an Arbeitern freisetzen wird und somit zu einem Verschwinden von traditionellen Berufen führen wird. Dies wird das Traditionelle Rentenmodell überflüssig machen und ein neues Sozialsystem notwendig machen. Die Digitalisierung der Arbeitswelt (Industrie 4.0), die die „Zukunft“ der Gesellschaftsordnung“ gefährdet, ist dabei eine der vielen Gefahren von vielen. Dabei wird sich die Bedeutung und der Wert der Arbeit radikal verändern. Dabei mögen sich Politiker und Bürger dem anhaltenden und unumkehrbaren Fortschritt der Digitalisierung anscheinend nicht stellen und die Augen verschließen, obwohl dies in einigen Industiezweigen bereits etabliert wurde. Die sozialen Folgen des technischen Fortschrittes wollen oder können sich einige wohl nicht vorstellen. Wir leben in einer globalisierten und kapitalistischen Welt, in der wir uns den Folgen einer umfassenden Digitalisierung nicht werden entziehen können. Jedoch ist es möglich, die Digitalisierung zu steuern und vor allem ihre negativen Folgen durch politische Entscheidungen abzumildern und zum eigenen Vorteil umzuwandeln. In seinem Buch diskutiert Precht das Bedingungslose Grundeinkommen – kurz BGE – mit verschiedenen Finanzierungsmodellen sowie weitere Fragen zu einem sich in Zukunft abzeichnenden strukturellen Wandels der Gesellschaft und der Lebens – und Arbeitswelt, in der Retropien und Dystopien mit Katastrophen – Szenarien keinen Platz haben. Die einzige Möglichkeit besteht laut Precht darin, den gesellschaftlichen und arbeitsweltlichen Wandel als Chance zu begreifen. Richard David Precht hat mit Jäger Hirten Kritiker einen wichtigen und gut recherchierten Beitrag zur bevorstehenden und zwingend notwendigen Grundsatzdebatte über die Zukunft der Arbeit verfasst, der sich gut lesen lässt und der viele notwendige Fragen stellt und zum Teil auch beantwortet – zum Beispiel: Wie wollen wir leben? Wie soll der soziale Frieden gewahrt und unser Sozialsystem finanziert werden? Welcher Umgang ist mit dem Verlust der Arbeit großer Teile der Bevölkerung notwendig? Prechts Buch stellt den Ausgangpunkt und die Grundlage für eine gesamtgesellschaftliche Diskussion dar, die zwingend geführt werden muss.

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Vorweggesagt sei, dass allein die Nutzung der hochdeutschen Sprache durch Precht, wieder einmal, fast schon alleine die Lektüre dieses Werks lohnt. Zumindest aber in seiner Bildkraft, dem großen Wortschatz und ob des fließenden Stils, den Precht spielerisch beherrscht, das Buch in einem Guss vorliegt und ohne jede Länge oder Langeweile zu lesen ist. Gedankengebäude, innere Zusammenhänge, Analyse und Synthese geraten an keiner Stelle der Lektüre trocken oder langatmig, sondern lesen sich eher romanhaft unterhaltend. Auch wenn das Objekt der Precht´schen Betrachtung (leider) kein Roman ist. Fast jeder Satz zitierfähig, inhaltlich immer auf den Punkt kommend, man kommt eigentlich gar nicht dazu, den Stift zum Unterstreichen einmal aus der Hand legen zu können. Und zudem, kann man sagen, „endlich“, finden sich auch Ansätze, eine ernsthafte Auseinandersetzung mit „Neu-Nationalen“ Ideen, die mehr bietet als nur Schlagworte, sondern in denen Precht differenziert auf das schaut, was „hinter“ diesen vordergründig provozierenden Sprüchen als „Grundsehnsucht des Menschen“, nämlich die nach Überschaubarkeit, innerer Heimat und wiedererkennbarer kultureller Struktur im näheren Umfeld, zugrunde liegt. Ohne einer „neuen Rechten“ das Wort zu führen (dafür wäre Precht denkbar ungeeignet), setzt er sich doch im Rahmen seines Blickes auf das drängendste Problem der Zeit, der „Digitalisierung“ mit der „Entwurzelung“ des Menschen durch diese technische Revolution im „Höllentempo“, mit diesen Tendenzen auseinander, spricht ihnen ihre emotionale Grundlage nicht ab und verortet dort überzeugend die umfassende und zunehmende Verunsicherung der Gesellschaften und der einzelnen Menschen in diesen Gesellschaften. In klarer Analyse zerlegt Precht den „technischen, (kalten) Fortschrittswahn“ des „Silicon Valley“, arbeitet dessen „nicht auf den Menschen fixiert sein“ griffig heraus, schildert die Folgen (sehr lesenswert seine „Utopie von 2040“ im Buch) und bietet zwar letztlich nichts unbedingt Neues an Vision (eher etwas sehr Altes), begründet aber nachhaltig, warum in der antiken Philosophie und Lebenshaltung (immer schon) der Kern für eine konstruktive statt nur rein funktionale „Zukunft des Menschen“ angelegt ist. Dass damals der Mensch nur „freier Mensch“ war, wenn er sich nicht für seinen Lebensunterhalt „arbeiten musste“. Dass, in direkter Folge dieses Verständnisses des Menschen, die urtümliche Idee der technischen Progression eine absolut „linke Position“ war, das arbeitet Precht hervorragend noch einmal aus. Während in der Antike „Frauen und Sklaven“ für die „Arbeit“ zuständig waren, galt als „linke“ Vision und Utopie, dass der Mensch in Gänze davon einmal befreit sein würde und Maschinen die Rolle der „Frauen und Sklaven“ der Antike übernehmen würde. Was das titelgebende Zitat von Karl Marx zur Zeit der industriellen Revolution noch einmal bekräftigt. „Dass es jedem möglich sein soll, zu tun, wozu er gerade Lust hat“. Das Precht dabei, wie nebenbei, den „neumodischen“ Wertbegriff des Menschen der westlichen Kultur zerlegt (das Individuum gibt sich seinen (auch „inneren“) Wert durch seine Leistung in der „Arbeit“ und verlegt somit das Selbstwertgefühl von innen nach außen), fällt dabei erst nach zig Seiten Lektüre dem Leser erst wirklich auf, auch das der sprachlichen Kunst Prechts geschuldet. Wirtschaftliche Krise, politische Instabilität und individuelle Wertekrise, dass sind jene drei Gefahrenmomente, die Precht vor Augen stellt und die, jedes für sich und alle zusammengenommen, ohne Weiteres die Welt im bekannten Sinne nachhaltig aus dem Lauf bringen können. Daneben aber gäbe es eine Entwicklungsmöglichkeit in stringenter Linie der Lebenshaltung von der Antike bis zur näheren Zukunft. Nicht mehr arbeiten müssen fürs Geld, wobei Geld nur das Synonym für eine Existenzmöglichkeit darstellt, durchaus aber noch arbeiten zu können für „ein mehr an Geld“, das führt das aktuelle „kapitalistische System“ mit den Gedanken der „Freiheit des Menschen zu sich selbst“ zusammen. Dies paart Precht mit der klaren Erkenntnis, dass das aktuelle „System“ von Wachstum und „Jobs, Jobs, Jobs“ sich selbst ad absurdum führt und letztlich bereits gescheitert ist, schaut man sich die Verwerfungen der modernen Digitalindustrie an (wenig neue Arbeitsplätze, wenig Partizipation der Gesellschaft am gebildeten Gewinn, Zersetzung innerer Strukturen von „Heimat“, emotionale Kälte, Betrachtung des Menschen nur als „Kunden-Funktion“ samt, zusammenfassend, der Erkenntnis, dass sich die „Wirtschaft“ seit Langem bereits nicht mehr „dem Menschen“, sondern nur noch sich selbst, zur Verfügung stellt). Ob das bedingungslose Grundeinkommen von 1500 Euro, das Precht als Lösung anbietet, dabei der Weisheit letzter Schluss ist, kann natürlich trefflich diskutiert werden. Sollte es aber auch, um anstehenden Verwerfungen mit globalen Folgen endlich konstruktiv begegnen zu können. Denn eine andere Antwort als die, die stereotyp in Form eines „Weiter so“ gegeben wird, wird nicht tragfähig sein. Dass, wenn nichts geschieht, die Welt, wie man sie kennt, herausgerissen wird aus ihrer langsamen Entwicklung, aus ihrer politischen Stabilität und aus ihrem „Auskommen für Viele“ (eigentlich „für alle“) als Ziel gedacht, dass der Mensch nicht mehr der Mittelpunkt politischer und wirtschaftlicher Interventionen sein wird, dass legt Precht absolut überzeugend und aufrüttelnd offen. Eine hervorragende, differenzierte und überzeugende Lektüre.

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Von: Petar aus Taufkirchen

12.04.2018

Das ist die Lösung Leute unsere Gesellschaftssystem muss sich verändern das ist das beste was uns passieren kann nimmt es an und unterstützt es den es ist was gutes.

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So einfach ist das aber nicht. Um die Zukunft zu "gestalten", müssen wir uns von der Vergangenheit verabschieden. Ich nannte das einmal: "Den Vertrag mit dem Kapital kündigen": http://blog.herold-binsack.eu/2014/01/den-vertrag-mit-dem-kapital-kuendigen/.

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