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Rezensionen zu
Haarmann

Dirk Kurbjuweit

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“Warte, warte nur ein Weilchen, bald kommt Haarmann auch zu dir, mit dem kleinen Hackebeilchen, macht er Schabefleisch aus dir. Aus den Augen macht er Sülze, aus dem Hintern macht er Speck, aus den Därmen macht er Würste und den Rest, den schmeißt er weg.” (“Haarmann-Lied”) Ich kann mich gut daran erinnern, dass meine Mutter manchmal dieses Lied sang, als ich noch klein war. Das machte mir keine Angst, denn für mich war Haarmann eine ähnliche Gestalt wie der böse Wolf – nur ein Märchen, kein Teil meiner Wirklichkeit. Erst Jahre später begriff ich, dass es diesen Mann tatsächlich gegeben hatte, und dass auch die grausigen Details nicht rein der Fantasie eines Liedermachers entsprungen waren. Als ich in der Verlagsvorschau diesen Roman entdeckte, klang die Melodie des Liedes wieder in meinen Ohren und ich wollte das Buch lesen – nicht unbedingt als Krimi, sondern eher als Tatsachenroman, als Bild der Zeit. Als reiner Krimi gesehen, ist das Buch tatsächlich eher schwach. Man weiß ja von Anfang an, wer der Mörder war – und den, der das ganze Haarmann-Lied kennt (ich habe hier absichtlich nur die erste Strophe abgedruckt), kann auch eine unerwartete Wendung im Fall nicht mehr überraschen. Damit fällt ein Großteil dessen weg, was einen Krimi normalerweise antreibt: 1) die Suche nach der Identität des Täters, 2) eine oft darauf folgende Jagd und 3) für manchen Hardcore-Leser vielleicht auch die schockierend beschriebenen, bluttriefenden Details der Morde, auf die Dirk Kurbjuweit (dankenswerter Weise) verzichtet. Aber der Autor webt ein atmosphärisch dichtes, vielschichtiges Bild der Zwischenkriegszeit. Und darin liegt die große Stärke des Romans. Er beschreibt in bestechender Klarheit das alltägliche Leben der ‘kleinen’ Menschen, insbesondere der Unterschicht: Ihre Armut im geschichtlichen Wandel, am Rande der Goldenen Zwanziger. Ihr Misstrauen gegenüber der ersten deutschen Demokratie. Das nachhallende Trauma des Ersten Weltkriegs. Die Korruption in den Reihen der Polizei. Und die Schattenexistenz der “Puppenjungs” – blutjunge Stricher in einer Zeit, in der “beischlafähnliche Handlungen” unter Männern nach Paragraph 175 immer noch strikt verboten sind und mit Gefängnis geahndet werden können. Auch jenseits der Prostitution entwickelt sich erstmals eine Art Schwulenszene, doch Homosexuelle werden verächtlich “175er” genannt –von Akzeptanz ist das noch weit entfernt. Dass die Opfer Haarmanns vor allem in dieser Szene vermutet werden (zumindest in diesem Roman), empört die Eltern, die eine möglicher Homosexualität des eigenen Kindes weit von sich weisen. Aus all dem ergibt sich eine ganz andere Art von beklemmender Spannung: Fritz Haarmann ist trotz der im Verlaufe der Handlung rasant steigenden Anzahl von Opfern eher Symbolfigur all dessen, was in dieser Zeit im Argen lag, als “nur” Täter und Bösewicht eines Krimis. Mal wirkt Haarmann einfältig oder gar massiv intellektuell beeinträchtigt, dann fragt man sich als Leser wiederum beklommen, ob er das nicht einfach nur geschickt vortäuscht: der (Wer)wolf im Schafspelz. Und die Menschen rund um Haarmann – warum haben die nichts bemerkt, als er die Opfer in seiner schäbigen und sicher dünnwandigen Wohnung totbiss, sie zerlegte und ihre Schädel zertrümmerte? Hier wurde das Wegschauen und Weghören offensichtlich perfektioniert. Man erahnt darin schon die fatalsten Jahre der deutschen Geschichte… Auch den anderen Charakteren kommt bei aller Realitätstreue Symbolcharakter zu. Die meisten gab es wirklich – der Protagonist Robert Lahnstein ist jedoch halb Erfindung, halb Konglomerat der Kriminalbeamten Hermann Lange und Heinrich Rätz. Er wird in seiner Ermittlung behindert und verspottet von Kollegen mit zwielichtigen Eigeninteressen, geschmäht von Presse und Öffentlichkeit, inbrünstig beschworen von teils weinenden, teils zornigen Eltern, während er noch mit seinem eigenen Kriegstrauma kämpft…. Und er hinterfragt im Stillen seine eigene Sexualität, während er gleichzeitig um Frau und Sohn trauert. Für viele wird er zum Inbegriff der Unfähigkeit der Weimarer Republik, ihre Bürger zu schützen. Als er Fleischwaren darauf untersuchen lässt, ob sie Menschenfleisch enthalten, wird er als “Kommissar Wurst” abfällig verlacht. Als Charakter ist Lahnstein manchmal zu gut für diese Welt. Er glaubt an die Grundwerte der Demokratie und daran, dass auch die Polizei gewisse Grenzen nicht überschreiten darf – zum Beispiel durch die Folterung Verdächtiger. Im Laufe des Buches wird er mehr und mehr an die Limits dieser Überzeugung gebracht, denn jeder Tag, der verstreicht, kann das nächste Opfer bringen. Seine Menschlichkeit und seine ehrliche Toleranz machen ihn zum Sympathieträger, aber ich fragte mich beim Lesen dennoch, wie wahrscheinlich und glaubhaft eine Einstellung wie seine vor dem Hintergrund dieser Zeit ist. Ein geschickter Schachzug: Dirk Kurbjuweit lässt seinen Helden auf den Philosophen Theodor Lessing treffen. Der beschwört Lahnstein eindringlich, die Grenzen der Demokratie nicht aus Verzweiflung zu überschreiten, weil Haarmann einfach kein Geständnis ablegen will. Im echten Leben veröffentlichte Lessing 1925 das Buch “Haarmann. Die Geschichte eines Werwolfs”, in dem er auch die dubiosen Machenschaften der hannoverschen Polizei anprangerte. Im Großen und Ganzen verwebt der Autor Realität und Fiktionales gekonnt. Nur manchmal überstrapaziert das Buch den Zufall etwas – inwiefern, das kann ich hier nicht schreiben, ohne zu viel zu verraten – oder spricht mehr sozialphilosophische und gesellschaftskritische Themen an, als der Fall Haarmann als Gerüst gut tragen kann. Dennoch, es liest sich flüssig und… Was? Ich scheue davor zurück, einen Tatsachenroman, in dem es um Serienmord geht, ‘unterhaltsam’ zu nennen, aber er wird nie langweilig und vermittelt ein rundes Bild der Zeit. Der Stil ist meist auf den Punkt gebracht und prägnant formuliert. Interessant ist auch, wie Tätersicht, Opfersicht und Ermittlersicht aufeinander zulaufen, um ein Gesamtbild zu vermitteln. Fazit Verkehrte Welt: hier steht ein wahrer Kriminalfall im Mittelpunkt, das eigentlich Interessante ist meines Erachtens jedoch der Kontext, in dem er geschehen konnte. In den Zwanzigerjahren tötete der Serienmörder Fritz Haarmann 24 Jungen und junge Männer. Er handelte zu der Zeit mit Kleidung und Fleischkonserven – ein Teil der Kleidung ließ sich später zu seinen Opfern zurückverfolgen, während der Verdacht, auch bei den verkauften Konserven habe es sich mitunter um deren Fleisch gehandelt, nicht bewiesen werden konnte. Der Autor zeichnet ein sehr lebendiges Bild der Zwischenkriegszeit in Hannover und nimmt den Fall zum Anlass, die ein oder andere gesellschaftliche Entwicklung zu beschreiben und kritisch zu durchleuchten – “Haarmann” ist in meinen Augen eher der Aufhänger als das eigentliche Sujet.

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ACHTUNG! SPOILER! Da mich der Einband und der Klappentext sehr ansprachen, habe ich das Buch mit hohen Erwartungen gelesen. Ich muss nur klar sagen: Wer sich nicht mit dieser Zeit - der Zeit der 1920er Jahre auskennt, der wird es etwas schwieriger haben, mit diesem Buch klarzukommen, da der Autor doch sehr sparsam ist, in den Beschreibungen. Ansonsten ist der Schreibstil sehr flüssig und man kommt als Leser sehr gut mit. Was mir besonders gut gefällt sind die realistischen Ermittlungen. Diese beinhalten auch viele Rückschläge und wirken daher besonders authentisch. Der Autor hat sich viel Mühe gegeben, das politische Zeitgeschehen miteinfließen zu lassen. Dem Leser wird so ein Gefühl vermittelt, wie schwierig es für ehrliche und aufrechte Polizisten gewesen sein muss, in mitten von Korruption und Vertuschung zu arbeiten. Was mich etwas gestört hat, ist, dass der Autor wohl nicht viel von Satzzeigen hält. Es war für mich schwierig nachzuvollziehen, ob gerade etwas gedacht oder gesprochen wurde. Trotzdem habe ich das Buch recht zügig gelesen und war nach 2 Tagen fertig damit.

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„Warte, warte nur ein Weilchen, bald kommt Haarmann auch zu dir, mit dem kleinen Hackebeilchen, macht er Schabefleisch aus dir.“ Fritz Haarmann, der Werwolf von Hannover, Deutschlands vielleicht berüchtigtster Serienmörder ist keine erfundene Figur. Zwischen 1918 und 1924 ermordete er mindestens 24 junge Burschen und Männer, Haarmanns „Puppenjungs“. Lockte sie mit der Aussicht auf eine Mahlzeit oder eine warme Unterkunft nach Hause, verging sich an ihnen und töte sie, indem er sie zu Tode biss. Viele künstlerische Rezeptionen gibt es zu diesem bizarren Fall: Lieder wie das eingangs erwähnte „Warte , warte nur ein Weilchen“, Filme um Fritz Langs „M- Eine Stadt sucht einen Mörder“ aus dem Jahre 1932 zu erwähnen, Rainer Werner Fassbinders „Zärtlichkeit der Wölfe“ oder „Der Totmacher“ mit einem eindrucksvollen Götz George als Haarmann. Dazu die Prozessbeobachtungen des deutschen Philosophen Theodor Lessing „Haarmann – Die Geschichte eines Werwolfs“ Und nun auch der aktuell vorliegende Kriminalroman „Haarmann“ von Dirk Kurbjuweit. Der deutsche Autor bedient sich hier einer ganz besonderen Erzählweise. Für einen Kriminalroman untypisch stellt er nicht den Mörder, das Monster, den Totmacher in den Vordergrund, sondern Robert Lahnstein, einen fiktiven Charakter, den erfunden leitenden Ermittler im Fall Haarmann. Lahnstein ist ein Getriebener, Zerrissener. Der ausgestandene Erste Weltkrieg hat seine Schrecken für Lahnstein noch nicht verloren. Er hat in Kriegsgefangenschaft überlebt, vermisst seine Frau und seinen Sohn aufs Schmerzlichste. Das Schicksal von Lahnsteins Familie ist lang nicht bekannt, doch ahnt man schon von Anfang der Geschichte nichts Gutes. Lahnstein reibt sich auf an den Ermittlungen, die ins Homosexuellenmilieu, zu den gesellschaftlich geächteten 175ern*), führen. Er traut den eigenen Kollegen, deren Homophobie evident ist, nicht mehr. Dabei ist Lahnstein sich seiner eigenen sexuellen Orientierung nicht wirklich sicher und fühlt sich aufgrund seines monatelanges Scheitern beim Fahndungserfolg mitverantwortlich für den Tod der jungen Männer. Aus wechselnder Perspektive bewegt Dirk Kurbjuweit den Ermittler, eines der letzten Opfer Haarmanns und den Mörder selbst aufeinander zu. Die Ermittlungen verlaufen linear - durchbrochen werden sie von Lahnsteins Kriegserinnerungen – bis zum Prozess und Urteil. Lahnstein gibt der Zeit nach dem Krieg, der Gesellschaft von damals Gesicht und Sprache. Es sind schwierige Zeiten und besonders schwierige Umstände: Es waren keine „goldenen“ 20er Jahre in Deutschland: Kriegsversehrte, wirtschaftliche Not, die Etablierung der jungen Republik, politische Skandale und Machtkämpfe zwischen Monarchisten, Sozialisten, Kommunisten und das wachsenden Geschwür Nationalsozialismus prägen den Alltag. In wahren Kriminalgeschichten geht es selten um die Auflösung. Hier ist der Ermittler Protagonist und die Zeitgeschichte, nicht der Mörder! Letztlich ist dem Autor mit „Haarmann“ ein eindringliches historisches Sittenbild gelungen. Mit dem Auftritt des real existierenden Journalisten und Philosophen Theodor Lessings wird das Werk auch zum Plädoyer für die Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Das ist weit mehr, als ich von einem einfachen Kriminalroman erwarte! *) Der § 175 des deutschen StGB stellte sexuelle Handlungen zwischen Personen männlichen Geschlechts unter Strafe. Erst am 11. Juni 1994 trat Paragraf 175 außer Kraft - und wurde durch eine allgemeine Jugendschutzvorschrift ersetzt.

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Etwas Neues

Von: Heini671

13.04.2020

Vorsicht Spoiler! Das Buch an sich hat mir gefallen. Den Schreibstil finde ich ungewöhnlich. Es sind am meisten kurze aussagekräftige Sätze. Ungefähr nach der 20. Seite gewöhnt man sich daran. Ich lese normalerweise Krimis über moderne Zeit. Damit ist es was Neues für mich über Anfang 19. Jahrhundert zu lesen. Interessant und spannend in dem Roman finde ich die Abwechslung von Ermittlungen zu eigener Geschichte des Ermittlers und zurück.

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Menschliche Abgründe vor historischer Kulisse

Von: Thomas Rudel

12.04.2020

Dirk Kurbjuweit zeichnet in seinem Kriminalroman „Haarmann“ das Leben des titelgebenden Fritz Haarmann nach, der in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg mindestens zwei Dutzend Jungen und junge Männer in Hannover getötet hat und damit zu einem der prominentesten Serienmörder Deutschlands wurde. Der Autor unternimmt dabei nicht den Versuch, das historische Geschehen einfach spannend nachzuerzählen, sondern er vermischt in seinem Werk die bekannten Fakten und Fiktion gekonnt miteinander, sodass die Grenzen selbst für einen leidlich informierten Leser schwer zu trennen sind. Kurbjuweit verwebt das Schicksal Haarmanns mit dem des fiktiven Kommissars Robert Lahnstein, der der eigentliche Protagonist des Romans ist. Sein Ringen um beruflichen Erfolg und das Hadern mit der eigenen, durch Krieg und Not geprägten Historie steht über weite Strecken im Fokus des Autors. Durch Zeitsprünge und Perspektivwechsel schafft dieser sowohl Spannung als auch Verwirrung und fordert immer wieder die ungeteilte Aufmerksamkeit seiner Leserschaft. Diese erfährt zunächst nichts über den Täter, sondern bekommt Einblick in das Leben der Opfer und ihrer Familien. Ebenso wird sie an die Biographie des Kommissars und die politischen und gesellschaftlichen Wirren der jungen Weimarer Republik herangeführt. Auch hier flicht Kurbjuweit immer wieder gekonnt historisch belegte Figuren und Details ein, so dass ein dichtes und überzeugendes Panorama der für die meisten Gesellschaftsschichten gar nicht so goldenen 1920er Jahre entsteht. Als der Kommissar dem Mörder endlich auf die Spur kommt, ringt der Ermittler nicht nur mit ihm, sondern auch zunehmend mit sich selbst, mit seinen eigenen Werten und mit der Frage, wie weit der Rechtsstaat gehen darf oder muss und wie es um die Menschlichkeit im Angesicht des Unmenschlichen bestellt ist. So wird aus der spannenden Geschichte von Jäger und Gejagtem schließlich auch eine Auseinandersetzung mit der Frage nach Schuld und Verantwortung, nach Recht und Gerechtigkeit – und erhält so eine zeitlose Aktualität. Absolut lesenswert!

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Geht so!

Von: Jana

06.04.2020

Als schlecht würde ich das Buch nicht bezeichnen, weil das immer ansichtssache ist, aber für mich war das nix. Die einzelnen Kapitel sind viel zu lang und es ist schwer zu lesen. Es kommen zwischendurch immer wieder Gedanken vor, die dann kursiert geschrieben sind und man weiß oft nicht, von wem die Gedanken gerade sind. Ziemlich durcheinander. Das Thema ist super interessant, aber für mich persönlich nicht gut geschrieben. Ich hätte es mir im Handel nicht gekauft.

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spannend, historisch, fesselnd

Von: J.J.

06.04.2020

Eine wirklich schreckliche Geschichte, sehr ruhig, spannend erzählt. Man fängt an und das Weglegen fällt schwer. Diese grausame, wahre Geschichte lässt nicht los. Man leidet mit dem Ermittler und fällt in eine längst vergangene Zeit.

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Düster und unglaublich spannend

Von: meikim

02.04.2020

Ein extrem spannender Roman, der natürlich durch die dahinter stehende wahre Geschichte umso beklemmender ist. Ich fühlte mich sehr gut unterhalten und kann "Haarmann" ausdrücklich empfehlen. Mir persönlich hat vor allem der Schreibstil von Dirk Kurbjuweit total gefallen, da ich mich regelrecht in die Situationen der Geschichte hinein versetzt fühlte.

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