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Maike Maja Nowak – die "Hundeflüsterin" und ihre Bücher

Interview mit der „Hundeflüsterin“ Maike Maja Nowak

Maike Maja Nowak
© Oliver Selzer
„Wenn es um Hunde geht, hat niemand mehr Recht, als diese selbst!“ (Maike Maja Nowak)

Was bedeutet für Sie gute Führung?
Oft stellen wir uns unter Führung etwas ganz Falsches vor, denn in unseren menschlichen Bereichen gibt es nur wenig gute Vorbilder, die mit Fairness, ohne Druck und mit großer sozialer Kompetenz Menschen führen und leiten. So setzen wir mitunter hartes oder diktatorisches Auftreten und Herrschsucht gleich mit guter Führung des Hundes. Oder wir vermeiden die Führung unseres Hundes ganz, weil wir eben nicht dominant mit ihm umgehen wollen.

Ist ein Training mit Belohnungssystem erfolgreich?
Ein souveräner Leithund oder eine gelassene Hundemama brauchen weder Bespaßungsmethoden, um sich interessant zu machen, Leckerlibestechungen oder Konditionierungen. Sie brauchen einen guten Blick, ein schnelles Urteils- und Entscheidungsvermögen und das Vertrauen des Rudels in ihre Kompetenz. Das Leckerli als Belohnung müsste der bekommen, der im Interesse des Hundes eine gute Entscheidung trifft, also der Mensch.

Wann akzeptieren Hunde den Menschen als Partner?
Alles, was ich lehre, fußt auf der Beobachtung von Hunden, denn sie sind selbst die besten Lehrmeister. Ich zeige nicht, wie man aus einem Hund eine Konditionierungsmaschine macht. Im Gegenteil – ich zeige, wie man eine wunderbare Beziehung aufbauen kann, bei der er der Führung seines Besitzers/seiner Besitzerin vertraut und dessen/deren Entscheidungen deshalb nicht in Frage stellt. Die Erkenntnisse, die ich weitergebe, gibt es, seit es Hunde gibt. Man muss nur den Respekt besitzen, hinzusehen und aufzunehmen, was sie uns Hilfreiches zu vermitteln haben.
Was können wir von Hunden lernen?
Hunde agieren instinktiv und sofort. Wir verpassen viel Zeit zum Handeln, weil wir Zeit mit Denken verbringen. Hunde agieren körpersprachlich und unmissverständlich. Menschen reden, begründen, erklären und missverstehen sich dennoch. Hunde schreiben sich nicht vor, was zu tun ist, sondern nur, was gerade nicht zu tun ist. Deshalb haben sie untereinander viel mehr Freiheit als wir. Hunde leben im JETZT. Deshalb können sie auch zu jeder Zeit neu anfangen.

Stimmt die Volksweisheit: Wie der Herr so das Gescherr?
Ein Hund nimmt die Grundenergie und Gewohnheiten seines Menschen auf. Durch diese Fähigkeit unterscheidet er sich entscheidend vom Wolf.

Darf ein Hund als emotionaler Ersatz „gebraucht“ werden?
Ein Hund ist kein Kindersatz, kein Partnerersatz, kein Ersatz für eigene fehlende Individualität und Originalität, kein Ersatz für irgendetwas, was wir in uns selbst suchen und finden müssten. Ein Hund hat das Recht, nur ein Hund zu sein.

Was ist der größte Unterschied in der Kommunikation von Mensch und Hund?
Uns Menschen wird von Kind an erklärt, was wir zu tun haben und wie die Welt beschaffen ist. Menschen sitzen in Talkshows und erklären etwas und andere Menschen sitzen vor dem TV und hören ihnen zu. Auch ich erkläre Ihnen gerade etwas. Hunde teilen sich dagegen nur selten mit, was zu tun ist, sondern viel mehr, was gerade NICHT stattfinden soll. Sie benötigen eine einzige funktionierende Vokabel: Ein Stoppgeräusch. Ein Leithund hebt nicht die Pfote, weist auf einen Platz und sagt: „Geh du da mal hin und bleibst da.“ Er wird eher den Raum, in dem der andere Hund gerade NICHT sein soll, mit einem Tabu belegen.

Wie äußert sich dieser Unterschied in der Hundeerziehung durch den Menschen?
Wir Menschen haben unsere Art, uns mitzuteilen, dem Hund übergestülpt wie einen fremden Hut und wundern uns, warum er nur wenigen Hunden passen will. So erklären wir nun auch den Hunden, was sie zu tun haben. Zum Beispiel „Sitz“, „Platz“, „Bleib“. Mit Leckerlis ausgerüstet gehen wir auf die Straße und hoffen, dass nichts passiert, was spannender ist, als unser Leckerli. Das hat nichts mit Vertrauen in uns selbst und unseren Hund zu tun. Es ist mehr ein Glücksspiel, bei dem fast immer der Hund gewinnt.

Aber Bücher lehren und Hundeschulen praktizieren die Leckerli-Methode.
Auch Autoren und Trainer sind Menschen, die natürlich menschlich agieren und denken. Es benötigt Mut, sich von der eigenen menschlichen Sicht zu verabschieden und Fremdes zu wagen. Einige Kollegen haben ihn bereits. Das ist wunderbar.

Wie stellen Sie sich einen harmonischen Umgang mit dem Hund vor?
In meinem zehnköpfigen russischen Hunderudel beobachtete ich über viele Jahre, dass Hunde den ganzen Tag lang tun dürfen, was sie wollen, bis der Leithund es für nötig hält, Einhalt zu gebieten, um das Rudel zu schützen oder um die Harmonie zu erhalten. Würden mehr Hundebesitzer ein funktionierendes Stopp und die richtige Führungsenergie speziell für ihren Hund erlernen, um in der Sprache ihres Hundes zu agieren, so würden sie staunen, wie einfach ein Hund zu führen ist. Sie hätten etwas ganz Neues erworben: Kompetenz und Gelassenheit. Und das fühlt sich sehr gut an, auch im restlichen Leben.

Ein Schlusswort?
Hunde sind EINFACH. Das Schwierigste für uns Menschen ist, unsere Kompliziertheiten loszulassen und uns einzulassen auf diese ganz einfachen Dinge.
© Mosaik bei Goldmann, Januar 2011