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Robert Hofrichter: Das geheimnisvolle Leben der Pilze

Robert Hofrichter: Das geheimnisvolle Leben der Pilze

Vernetzung als Erfolgsmodell der Evolution

Ein Exemplar der Pilzgattung Russula, der Täublinge, mit fast 750 Arten. Im Durchlicht bekommt der Hut etwas Geheimnisvolles © Robert Hofrichter
Kaum ist der Pilz mit seinem Partnersetzling im Boden, macht er das, was er am besten kann: sich vernetzen. In alle Richtungen dehnen sich die Hyphen aus, um mit anderen Pflanzen und anderen Pilzen Kontakt aufzunehmen.
Das Myzel wird früher oder später auch andere Pflanzen erreichen. Seine Zellen werden in die Wurzeln der Pflanzen eindringen und Leben spenden. Über das Netzwerk werden Nährstoffe ausgetauscht – auch mit Feldfrüchten und Gemüsesorten, die man in der Umgebung anbaut. Gestärkt durch den aus den Pflanzen aufgenommenen Zucker macht sich der Pilz auf die Suche, um auch andere von den Vorteilen des Tauschhandels zu überzeugen. Wahrlich eine wunderbare Erfindung der Natur: Alle verbinden sich zu einer großen Gemeinschaft. Können Pilze auch Lehrmeister sein für unser menschliches Handeln? [...]

Symbiose ist überall und Gemeinsam sind wir stark – diese Erkenntnisse setze ich in der von mir geleiteten Naturschutzorganisation regelmäßig im Unterricht für Jugendliche ein. Und wahrscheinlich mache ich das bis zu einem gewissen Grad auch für mich selbst. Denn die Welt erscheint nicht allein ökologisch in einem derartig beklagenswerten Zustand, dass ich als Lehrer oft nicht mehr weiß, welche positive Botschaft ich Kindern und Jugendlichen überhaupt mitgeben kann. In dieser trostlosen Situation wurde die überragende Bedeutung der Symbiose in der Natur bereits vor Jahren zu einem neuen psychologischen und pädagogischen Lichtblick für mich. Zu einer Krücke für mich selbst.

Plötzlich hatte ich eine naturwissenschaftlich hieb- und stichfeste Botschaft parat, die man Jugendlichen in Zeiten der Verstädterung und Naturentfremdung mit auf den Weg geben kann: Partnerschaften sind eine wesentliche Grundlage des stammesgeschichtlichen Fortschritts.

Freundschaften sind überall rund um uns. Man muss nur die Augen öffnen und sich informieren. Auch wenn die Erde kein selbstregulierender Gaia-Superoganismus ist: Freundschaft ist in dieser Welt voller Egoismen keinesfalls out, sie ist sehr wahrscheinlich sogar eines der wesentlichsten Erfolgsmodelle der Evolution. Wir sind alle vernetzt, also lohnt es sich, der Natur zu helfen – denn damit helfen wir uns als Teil des Netzwerks auch selbst.


Die Natur liefert uns eine sachlich vertretbare, sympathische Weltsicht ohne jede schädliche Begleitideologie.
In dieser Weltsicht spielen vernetzte und vernetzende Pilze eine Schlüsselrolle. [...]
Auszug aus dem Buch Seite 222f und 226f

Aus dem Inhaltsverzeichnis:

PILZSPOREN REISEN UM DIE WELT
Biogeographie oder: Wie der Tintenfischpilz nach Europa kam

ESSBARE PILZE SIND AM WENIGSTEN GIFTIG
Die Meister der organischen Chemie kochen auf

ALTE BEKANNTE UND ZWEIFELHAFTE FREUNDE
Enttäuschende Beziehungen

ÖTZIS REISEAPOTHEKE
Pilze als Wundermedizin?

TRÜFFEL & CO.: DIE ARISTOKRATEN DER PILZE
Mit Hund und Schwein auf Schwammerlsuche

DIE HÄRTESTEN MONATE IM JAHR DES PILZFREUNDES
Mit Schneeschuhen durch die Winterlandschaft

MEIN NÄCHSTER NORDSEEURLAUB
Mit Maske und Schnorchel marine Pilze suchen

TIERISCHE UND MENSCHLICHE PILZZÜCHTER
Ameisen und Termiten treiben es schon viel länger

EIN SYSTEM IST MEHR ALS DIE SUMME SEINER TEILE
Flechten und Darwins Pauschalurteil

MYKOPHILIA: OB ES GLEICH LIEBE WIRD?
Sinnsuche im Pilzgeflecht einer unruhigen Welt