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SPECIAL zu »Ich bin raus« von Robert Wringham, Heyne Encore

Interview mit Robert Wringham

Wie sind Sie aufgewachsen?
Robert Wringham: Ich wuchs in einem Städtchen namens Dudley mitten in England auf. Ein trostloser Ort, obwohl es da ein schönes Schloss gibt. Und einen Zoo, falls sie auf Betonmauern und traurige Schimpansen stehen. Meine Eltern haben hart gearbeitet, mein Vater als Bergmann, meine Mutter als Krankenschwester. Nach meiner Geburt wurde er Lastwagenfahrer und sie Tagesmutter. Ich hatte eine glückliche Kindheit – ich dachte mir ständig Geschichten aus, und meine Schwester schaffte es nie, mich beim Hippo-Flip zu besiegen. Wir hatten viel Spaß und erlebten jede Menge Abenteuer. Meine Mutter gehört dem Neuheidentum, an daher verbrachten wir die Ferien mit der Besichtigung von Steinkreisen und trafen eine Menge exzentrischer Leute.

Gibt es eine Person, die Ihr Leben entscheidend geprägt hat?
Robert Wringham: Zuallererst meine Frau Samara. Wir lernten uns unter äußerst ungünstigen Umständen kennen (wir lebten in verschiedenen Ländern und hatten völlig unterschiedliche Zukunftspläne). Daher mussten wir um unserer Beziehung Willen unsere Leben völlig umkrempeln. Das war nicht einfach, aber wo die Liebe hinfällt … Heute bin ich froh darüber.
Dann Ian Macpherson, ein Comedian und guter Freund von mir. Er hat mich stark beeinflusst, wenn auch unabsichtlich. Ich bewundere seinen Anstand, auch wenn ich ihm in dieser Hinsicht nicht das Wasser reichen kann. Immerhin hindert mich sein Beispiel des Öfteren daran, über die Stränge zu schlagen.

Welcher Ort auf der Welt fasziniert Sie am meisten?
Robert Wringham: Japan. Wahrscheinlich, weil ich noch nie dort war.
Ich lese viel über dieses Land und denke viel darüber nach. Ich war auf Hawaii und in Istanbul, also soweit westlich und östlich, wie nur möglich, ohne Asien zu betreten. Ich möchte wirklich gerne mal nach Japan reisen, aber ich glaube, ich bin noch nicht bereit dafür. Für mich ist das so ähnlich, wie mein großes Vorbild zu treffen. Außerdem befürchte ich, dann unter einem umgekehrten Paris-Syndrom zu leiden.

Wovor haben Sie Angst?
Robert Wringham: Vor dem Tod. Ich bin gut mit der berühmten Bestatterin und Bloggerin Caitlin Doughty befreundet. Sie hat gelernt, den Tod zu akzeptieren, und ich sollte mir ein Beispiel an ihr nehmen. Erst wenn man die Unausweichlichkeit des eigenen Todes akzeptiert hat, kann man wirklich frei sein. Manchmal denke ich, jetzt hätte ich es geschafft, aber dann bemerke ich, dass ich immer noch Angst habe. Meine Akzeptanz war nur Verdrängung.
Außerdem fürchte ich die Staatsgewalt. Als Sozialist weiß ich natürlich, dass irgendeine Art von Staatswesen unerlässlich ist. Trotzdem misstraue ich jeder Autorität und der blinden Gefolgschaft, die sie hervorrufen kann. Die Vorstellung, von einer anderen Person angegriffen zu werden, ist schon schlimm, aber die Vorstellung, Opfer staatlicher Willkür zu werden, ist noch schlimmer. Sei es durch Ungehorsam oder einfach nur durch ein Missverständnis - wenn einen die Mühlen der Bürokratie einmal verschlungen haben, spucken sie einen nie wieder aus. Das geschieht öfter, als man denkt.

Was macht Sie glücklich?
Robert Wringham: Das Nichtstun. Jeder Termin in meinem Kalender macht mich ein kleines bisschen unglücklicher. Am liebsten habe ich viel ungestörte Zeit vor mir, die ich nach Belieben füllen kann. Die tägliche Arbeit ist für mich das Gegenteil von Glück.

Können Sie sich einen Tag ohne Musik vorstellen?
Robert Wringham: Kein Problem. Ich mag die Stille und höre auch zu Hause nicht viel Musik. Genauso gut gefallen mir die Geräusche der Stadt, daher höre ich auch auf der Straße keine Musik. Ich besuche höchstens alle zwei Wochen ein Konzert oder ein Festival, dazwischen liegen also viele Tage ohne Musik. Wenn ich mir eine Platte anhöre, dann meistens eine Lyriklesung oder Free Jazz, den die meisten Leute ja für völlig unmusikalisch halten!

Welche Rolle in einem Kinofilm hätten Sie gerne gespielt?
Robert Wringham: Ich bin ein fürchterlicher Schauspieler, aber insgeheim würde ich gerne mal einer Filmfigur meine Stimme leihen. Wenn ich aber in der Zeit zurückreisen und jemand anderem die Show stehlen könnte, hätte ich gerne Gott in Die Ritter der Kokosnuss gesprochen.

Wenn Sie nur noch $10,- übrig hätten, wofür würden Sie sie ausgeben?
Robert Wringham: Für eine große Packung Schokoküsse. Die würden mir die nötige Energie verleihen, mich um meine finanziellen Probleme zu kümmern.

Gibt es Himmel und Hölle?
Robert Wringham: Nein.

Was ist wichtig im Leben?
Robert Wringham: Wenn man alt wird oder mit dem Tod in Berührung kommt, erkennt man, dass das Wichtigste im Leben die Gesundheit, Freundschaft, Freizeit und Ehrlichkeit sind. Schon erstaunlich, dass die Menschen erst eine Grenzerfahrung machen müssen, um das zu kapieren. Und dass wir diesen Leuten eigentlich gar nicht zuhören. Wir halten unsere Gesundheit, unsere Freunde, unsere Freizeit und unsere Entscheidungsfreiheit für eine Art Trostpreis, dabei sind es Grundbedürfnisse. Der Epikureismus ist die Antwort, und der ist immerhin schon 2.300 Jahre alt.