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SPECIAL zu Safi Nidiaye »Wieder fühlen lernen«

Vom Wert des Fühlens

Interview mit Safi Nidiaye

Sie sagen, die Menschen hätten das Fühlen verlernt …

Safi Nidiaye: In unserem Kulturkreis, ja. Wir haben unsere Aufmerksamkeit von unserer inneren Wahrnehmung, dem Fühlen, auf die äußere verlegt. Anstatt fühlend - über innen - mit der Realität in Kontakt zu treten, interpretieren wir Sinneseindrücke und halten das für die Realität. Wir können zum Beispiel die Wesensart oder die Stimmung eines Menschen unmittelbar fühlen, aber wir achten nicht auf dieses Gefühl und interpretieren stattdessen sein Aussehen, seine Haltung und das, was er sagt. Dadurch täuschen wir uns über die Realität. Hinzu kommt eine weitere Täuschung: Unsere Interpretation löst in uns Emotionen aus. Diese Emotionen fühlen wir nicht, sondern halten sie unbewusst für Tatsachen. Gegen diese vermeintlichen Tatsachen wehren wir uns. Wir merken nicht, dass es dabei nicht um eine Tatsache geht, die mit dem Anderen zu tun hat, sondern um eine Emotion, die aus unserer eigenen Interpretation, letztlich unserer Kindheitsgeschichte, resultiert. Alle zwischenmenschlichen Probleme, Konflikte, Kriege und unser ganzes persönliches Drama gehen auf diese Verwechslung zurück.

Wird man nicht verwundbar, wenn man sich gefühlsmäßig öffnet - in der heutigen Welt?

Safi Nidiaye: Es ist genau umgekehrt. Fühlend, bin ich geschützt; nicht fühlend, ungeschützt. Wenn ich fühle, bin ich bei mir, und genau das ist es, was schützt. Aber wir sind im Allgemeinen nicht bei uns. Etwas geschieht, das in uns ein Gefühl, beispielsweise von Verletztsein, hervorruft, und statt bei uns zu sein und den Schmerz zu fühlen, geraten wir außer uns und beschäftigen uns damit, auf den Menschen oder die Umstände wütend zu sein, die das ausgelöst haben, vor ihnen zu flüchten oder über sie zu weinen. Unser verletztes Inneres ist dabei völlig ungeschützt, weil wir mit unserer Aufmerksamkeit nicht bei ihm sind.

Wie kann Ihr Buch dabei helfen, wieder fühlen zu lernen?

Safi Nidiaye: Zunächst einmal habe ich mich bemüht, in 40 Thesen so klar wie möglich zusammenzufassen, warum Nichtfühlen Leid erzeugt und Fühlen von Leid befreit. Dann folgen Erzählungen, Erklärungen und Fallbeispiele, in denen sich die Leser wiederfinden können, und schließlich, übers ganze Buch verteilt, eine Vielzahl einfacher und komplexer Übungen, mit denen die Aufmerksamkeit immer wieder auf das Fühlen gerichtet wird; Übungen, die mit dem Atem, dem Instinkt, dem Appetit, der unmittelbaren Wahrnehmung bei Begegnungen und schließlich mit den Emotionen und dem Herzen als dem fühlenden Kern unseres Wesens zu tun haben.

Was hat Fühlen mit Erfolg und Kreativität zu tun?

Safi Nidiaye: Kreativität bedeutet, aus einer unbegrenzten inneren Quelle zu schöpfen, aus der immer Neues spontan auftaucht, und dazu muss man seine Aufmerksamkeit aus dem stark eingegrenzten Feld des Verstandesdenkens ins Unbegrenzte der inneren Welten hinein bringen. Fühlen bringt meine Aufmerksamkeit zu mir zurück, zu dem, was im Innern vorgeht, jenseits des Denkens. Wenn ich fühle, nehme ich die Impulse wahr, die aus dem Innern auftauchen, und das ist kreativ.

... und mit Erfolg?

Safi Nidiaye: Was bedeutet Erfolg? Im Prinzip bedeutet es, dass ich das erreiche, was ich mir wünsche, und dass das, was ich der Welt zu bieten habe, von ihr angenommen wird. Im Idealfall ist es eine gerade Linie, die aus dem Innern (der Seele) über das Herz (Sehnsucht, Begeisterung) ins Bewusstsein und unter Zuhilfenahme von Verstand, Intuition, Willenskraft und den zur Verfügung stehenden Qualitäten in die Manifestation (Außenwelt) führt. Eine gerade Linie. Das Problem ist nur, dass niemand von uns so gerade ist. Wir alle haben gelernt, von unserem Herzen wegzuhören und uns von unserem Verstand und unseren Ängsten leiten zu lassen. Fühlen bringt uns in Kontakt mit unserem Herzen. Unsere wahre Sehnsucht zu fühlen, statt sie zu verdrängen, bringt uns zu unserer Bestimmung, und wenn wir unserer Bestimmung folgen, uns dabei von unserem Gefühl (Instinkt, Intuition, direkte Wahrnehmung) leiten lassen und unser Herz für unsere Ängste öffnen, anstatt sie zu verdrängen, sind wir auf dem Weg der Kraft und des Erfolgs.

Empfehlen Sie uns abschließend eine kleine Übung, mit der man sofort beginnen kann …

Safi Nidiaye: Spüren Sie Ihren Atem? Das ist das Wichtigste. Indem Sie Ihren Atem spüren, fangen Sie an, sich zu spüren, und das ist der Anfang des Fühlens.

Die Fragen wurden gestellt von
Jakob Mallmann

Wieder fühlen lernen

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